„Zellfreie Genexpression“ – Versionsunterschied

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Die '''zellfreie Genexpression''' (''[[in vitro]]''-[[Genexpression]], zellfreie Proteinsynthese, ''in vitro''-[[Translation (Biologie)|Translation]]) ist eine im Labor angewendete Methode zur Proteinsynthese. Sie beruht auf der Tatsache, dass zur Biosynthese von [[Protein]]en nicht die Integrität einer lebenden [[Zelle (Biologie)|Zelle]] benötigt wird. So kann auch der [[Transkription (Biologie)|Transkriptions]]- und [[Translation (Biologie)|Translations]]apparat einer [[Zytolyse|lysierten]] Zelle verwendet werden. Energieträger und [[Aminosäure]]n werden über ein Membransystem zugegeben.
Die '''zellfreie Genexpression''' (''[[in vitro]]''-[[Genexpression]], zellfreie Proteinsynthese, ''in vitro''-[[Translation (Biologie)|Translation]]) ist eine im Labor angewendete Methode zur Erzeugung von [[Protein]]en, meist von [[Rekombinantes Protein|rekombinanten]] Proteinen.


== Eigenschaften ==
Der größte Vorteil dieser Methode gegenüber der Synthese in Zellen ist, dass auch toxische Proteine synthetisiert und künstliche Aminosäuren eingeführt werden können. Gegenüber chemischer Proteinsynthese zeichnet sie sich durch die einfachere Herstellung langer Aminosäureketten aus. Beide Methoden, zellfreie Genexpression und chemische Synthese, haben ihre Vor- und Nachteile, was z. B. Länge, Aminosäuresequenz und Quantität des erhaltenen Proteins betrifft.
Zur Biosynthese von [[Protein]]en wird nicht die Integrität einer lebenden [[Zelle (Biologie)|Zelle]] benötigt. So kann auch der [[Transkription (Biologie)|Transkriptions]]- und [[Translation (Biologie)|Translations]]apparat einer [[Zytolyse|lysierten]] Zelle verwendet werden. Energieträger und [[Aminosäure]]n werden über ein Membransystem zugegeben.


Der größte Vorteil dieser Methode gegenüber der Synthese in Zellen ist, dass auch [[Toxizität|toxische]] Proteine synthetisiert und [[nichtproteinogene Aminosäuren]] eingeführt werden können. Gegenüber chemischer Proteinsynthese zeichnet sie sich durch die einfachere Herstellung langer Aminosäureketten aus. Beide Methoden, zellfreie Genexpression und chemische Synthese, haben ihre Vor- und Nachteile, was z. B. Länge, Aminosäuresequenz und Quantität des erhaltenen Proteins betrifft.
Im Labormaßstab werden die Proteine häufig in einem Extrakt aus [[Escherichia coli|E. coli]], Insektenzellen, [[Weizen]]keimen oder [[Retikulozyten]] des Kaninchen erzeugt. Die Extrakte werden mit einer, in der Regel mittels [[In-vitro-Transkription|in vitro-Transkription]] erzeugten, [[Ribonukleinsäure|RNA]] und einer Aminosäuremischung in einem geeigneten Puffersystem inkubiert. Die erzeugten Proteine können anschließend im [[Western Blot]] nachgewiesen und abhängig vom Protein ihre Eigenschaften, wie der Substratumsatz bei [[Enzym]]en, oder die [[Protein-DNA-Interaktion|DNA-Interaktion]] bei [[Transkriptionsfaktor]]en, untersucht werden. Um die synthetisierten Proteine nachzuweisen, kann eine Aminosäure auch durch eine radioaktiv markierte (meistens <sup>35</sup>S-Methionin) oder eine mit einem [[Fluoreszenz|fluoreszierenden Farbstoff]] markierte Aminosäure ersetzt werden. Die entsprechenden Translationsextrakte sind als ''Kits'' von verschiedenen Anbietern erhältlich. Ein Nachteil der Methode ist die Gefahr des Abbaus der RNAs durch [[Ribonuklease|RNasen]]. Daher und wegen der damit verbundenen Zeitersparnis haben sich Systeme, bei denen Transkription und Translation gekoppelt sind, durchgesetzt. Die kommerziell erhältlichen Extrakte werden, zusätzlich zu Aminosäuren und Puffer, mit der geeigneten [[RNA-Polymerase]] aus [[Bakteriophagen]] (T3, [[T7-RNA-Polymerase|T7]], SP6) und dem gewünschten DNA-Template, einem [[Plasmid]]vektor, der flankierend zur [[Polylinker|multiplen Klonierungsstelle]] mindestens einen geeigneten [[Promotor (Genetik)|Promotor]] enthält, versetzt.

Im Labormaßstab werden die Proteine häufig in [[Lyse (Biologie)|Lysaten]] oder [[Extrakt]]en aus [[Escherichia coli|E. coli]], Insektenzellen, [[Weizen]]keimen oder [[Retikulozyten]] des Kaninchen erzeugt.<ref>T. Terada, T. Murata, M. Shirouzu, S. Yokoyama: ''Cell-free expression of protein complexes for structural biology.'' In: ''Methods in molecular biology.'' Band 1091, 2014, S.&nbsp;151–159, {{DOI|10.1007/978-1-62703-691-7_10}}, PMID 24203330.</ref><ref>A. K. Brödel, D. A. Wüstenhagen, S. Kubick: ''Cell-free protein synthesis systems derived from cultured mammalian cells.'' In: ''Methods in molecular biology.'' Band 1261, 2015, S.&nbsp;129–140, {{DOI|10.1007/978-1-4939-2230-7_7}}, PMID 25502197.</ref><ref>Dmitriy A. Vinarov, Carrie L. Loushin Newman, Ejan M. Tyler, John L. Markley, Mark N. Shahan: ''Wheat Germ Cell‐Free Expression System for Protein Production.'' In: ''Current Protocols in Protein Science'' (2006). Band 44, Ausgabe 1, S. 5.18.1-5.18.18. [[doi:10.1002/0471140864.ps0518s44]].</ref> Die Extrakte werden mit einer, in der Regel mittels [[In-vitro-Transkription|in vitro-Transkription]] erzeugten, [[Ribonukleinsäure|RNA]] und einer Aminosäuremischung in einem geeigneten [[Puffer (Chemie)|Puffersystem]] inkubiert. Die erzeugten Proteine können anschließend im [[Western Blot]] nachgewiesen und abhängig vom Protein ihre Eigenschaften, wie der Substratumsatz bei [[Enzym]]en, oder die [[Protein-DNA-Interaktion|DNA-Interaktion]] bei [[Transkriptionsfaktor]]en, untersucht werden. Um die synthetisierten Proteine nachzuweisen, kann eine Aminosäure auch durch eine [[Isotopenmarkierung|radioaktiv markierte]] (meistens <sup>35</sup>S-Methionin) oder eine mit einem [[Fluoreszenzfarbstoff|fluoreszierenden Farbstoff]] markierte Aminosäure ersetzt werden. Die entsprechenden Translationsextrakte sind als ''Kits'' von verschiedenen Anbietern erhältlich. Ein Nachteil der Methode ist die Gefahr des Abbaus der RNAs durch [[Ribonuklease|RNasen]]. Daher und wegen der damit verbundenen Zeitersparnis haben sich Systeme, bei denen Transkription und Translation gekoppelt sind, durchgesetzt. Die kommerziell erhältlichen Extrakte werden, zusätzlich zu Aminosäuren und Puffer, mit der geeigneten [[RNA-Polymerase]] aus [[Bakteriophagen]] (T3, [[T7-RNA-Polymerase|T7]], SP6) und dem gewünschten DNA-Template, einem [[Plasmid]]vektor, der flankierend zur [[Polylinker|multiplen Klonierungsstelle]] mindestens einen geeigneten [[Promotor (Genetik)|Promotor]] enthält, versetzt.


In Deutschland forscht u.&nbsp;a. die [[Fraunhofer-Gesellschaft]] im Rahmen des [[BMBF]]-Strategieprozesses "Biotechnologie 2020+" an der Weiterentwicklung der zellfreien Genexpression. Ziel ist die Entwicklung eines modularen Bioreaktor für die effiziente zellfreie Proteinsynthese.
In Deutschland forscht u.&nbsp;a. die [[Fraunhofer-Gesellschaft]] im Rahmen des [[BMBF]]-Strategieprozesses "Biotechnologie 2020+" an der Weiterentwicklung der zellfreien Genexpression. Ziel ist die Entwicklung eines modularen Bioreaktor für die effiziente zellfreie Proteinsynthese.


Alternativ kann teilweise ein Protein ''[[in vitro]]'' per chemischer [[Merrifield-Synthese]] von Peptiden und anschließender [[Proteinligation]] erzeugt werden.
== Siehe auch ==
* Chemische [[Merrifield-Synthese]] von Peptiden


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Lutz Essers: ''Renaissance der zellfreien Proteinbiosynthese.'' In: [http://www.genomxpress.de/content/ausgaben/GenomXPress-2008-4.pdf GENOMXPRESS 4.08] (PDF; 8,2&nbsp;MB), S. 13–15 (Übersichtsartikel)
* Lutz Essers: ''Renaissance der zellfreien Proteinbiosynthese.'' In: [http://www.genomxpress.de/content/ausgaben/GenomXPress-2008-4.pdf GENOMXPRESS 4.08] (PDF; 8,2&nbsp;MB), S. 13–15 (Übersichtsartikel)

== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Biochemische Methode]]
[[Kategorie:Biochemische Methode]]

Version vom 1. Mai 2018, 22:03 Uhr

Die zellfreie Genexpression (in vitro-Genexpression, zellfreie Proteinsynthese, in vitro-Translation) ist eine im Labor angewendete Methode zur Erzeugung von Proteinen, meist von rekombinanten Proteinen.

Eigenschaften

Zur Biosynthese von Proteinen wird nicht die Integrität einer lebenden Zelle benötigt. So kann auch der Transkriptions- und Translationsapparat einer lysierten Zelle verwendet werden. Energieträger und Aminosäuren werden über ein Membransystem zugegeben.

Der größte Vorteil dieser Methode gegenüber der Synthese in Zellen ist, dass auch toxische Proteine synthetisiert und nichtproteinogene Aminosäuren eingeführt werden können. Gegenüber chemischer Proteinsynthese zeichnet sie sich durch die einfachere Herstellung langer Aminosäureketten aus. Beide Methoden, zellfreie Genexpression und chemische Synthese, haben ihre Vor- und Nachteile, was z. B. Länge, Aminosäuresequenz und Quantität des erhaltenen Proteins betrifft.

Im Labormaßstab werden die Proteine häufig in Lysaten oder Extrakten aus E. coli, Insektenzellen, Weizenkeimen oder Retikulozyten des Kaninchen erzeugt.[1][2][3] Die Extrakte werden mit einer, in der Regel mittels in vitro-Transkription erzeugten, RNA und einer Aminosäuremischung in einem geeigneten Puffersystem inkubiert. Die erzeugten Proteine können anschließend im Western Blot nachgewiesen und abhängig vom Protein ihre Eigenschaften, wie der Substratumsatz bei Enzymen, oder die DNA-Interaktion bei Transkriptionsfaktoren, untersucht werden. Um die synthetisierten Proteine nachzuweisen, kann eine Aminosäure auch durch eine radioaktiv markierte (meistens 35S-Methionin) oder eine mit einem fluoreszierenden Farbstoff markierte Aminosäure ersetzt werden. Die entsprechenden Translationsextrakte sind als Kits von verschiedenen Anbietern erhältlich. Ein Nachteil der Methode ist die Gefahr des Abbaus der RNAs durch RNasen. Daher und wegen der damit verbundenen Zeitersparnis haben sich Systeme, bei denen Transkription und Translation gekoppelt sind, durchgesetzt. Die kommerziell erhältlichen Extrakte werden, zusätzlich zu Aminosäuren und Puffer, mit der geeigneten RNA-Polymerase aus Bakteriophagen (T3, T7, SP6) und dem gewünschten DNA-Template, einem Plasmidvektor, der flankierend zur multiplen Klonierungsstelle mindestens einen geeigneten Promotor enthält, versetzt.

In Deutschland forscht u. a. die Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen des BMBF-Strategieprozesses "Biotechnologie 2020+" an der Weiterentwicklung der zellfreien Genexpression. Ziel ist die Entwicklung eines modularen Bioreaktor für die effiziente zellfreie Proteinsynthese.

Alternativ kann teilweise ein Protein in vitro per chemischer Merrifield-Synthese von Peptiden und anschließender Proteinligation erzeugt werden.

Weblinks

Literatur

  • Lutz Essers: Renaissance der zellfreien Proteinbiosynthese. In: GENOMXPRESS 4.08 (PDF; 8,2 MB), S. 13–15 (Übersichtsartikel)

Einzelnachweise

  1. T. Terada, T. Murata, M. Shirouzu, S. Yokoyama: Cell-free expression of protein complexes for structural biology. In: Methods in molecular biology. Band 1091, 2014, S. 151–159, doi:10.1007/978-1-62703-691-7_10, PMID 24203330.
  2. A. K. Brödel, D. A. Wüstenhagen, S. Kubick: Cell-free protein synthesis systems derived from cultured mammalian cells. In: Methods in molecular biology. Band 1261, 2015, S. 129–140, doi:10.1007/978-1-4939-2230-7_7, PMID 25502197.
  3. Dmitriy A. Vinarov, Carrie L. Loushin Newman, Ejan M. Tyler, John L. Markley, Mark N. Shahan: Wheat Germ Cell‐Free Expression System for Protein Production. In: Current Protocols in Protein Science (2006). Band 44, Ausgabe 1, S. 5.18.1-5.18.18. doi:10.1002/0471140864.ps0518s44.