„Zitteraale“ – Versionsunterschied

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Der '''Zitteraal''' (''Electrophorus electricus''), altertümlich ''Drillfisch'',<ref>{{DWB|GD04873|Drillfisch, m.}}</ref> ist eine ungewöhnliche Art der [[Neuwelt-Messerfische]], der in der Lage ist, Stromstöße zu erzeugen. Diese können sowohl zur Jagd als auch zur Verteidigung eingesetzt werden. Er lebt in schlammigen und sauerstoffarmen [[Gewässer|Süßgewässern]] im nördlichen und mittleren [[Südamerika]], im [[Amazonasbecken]], im Stromgebiet des [[Orinoco]] und in den damit verbundenen Flusssystemen.
Der '''Zitteraal''' (''Electrophorus electricus''), altertümlich ''Drillfisch'',<ref>{{DWB|GD04873|Drillfisch, m.}}</ref> ist eine ungewöhnliche Art der [[Neuwelt-Messerfische]], der in der Lage ist, Stromstöße zu erzeugen. Diese können sowohl zur Jagd als auch zur Verteidigung eingesetzt werden. Er lebt in schlammigen und sauerstoffarmen [[Gewässer|Süßgewässern]] im nördlichen und mittleren [[Südamerika]], im [[Amazonasbecken]], im Stromgebiet des [[Orinoco]] und in den damit verbundenen Flusssystemen. Neben dem als Zitteraal bekannten ''Electrophorus electricus'' gibt es mit dem ''Electrophorus voltai'' und dem ''Electrophorus varii'' noch zwei weitere (elektrische) Aalarten derselben Gattung.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/amazonas-forscher-entdecken-rekord-zitteraal-a-1286118.html |titel=Amazonas - Forscher entdecken Rekord-Zitteraal |werk= |hrsg= |datum= |abruf=10.09.2019 |sprache=}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://www.nature.com/articles/s41467-019-11690-z?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+ncomms%2Frss%2Fcurrent+%28Nature+Communications+-+current%29 |titel=Unexpected species diversity in electric eels with a description of the strongest living bioelectricity generator |werk= |hrsg= |datum= |abruf=10.9.2019 |sprache=en}}</ref>


== Beschreibung ==
== Beschreibung ==

Version vom 10. September 2019, 23:41 Uhr

Zitteraal

Zitteraal

Systematik
Kohorte: Otomorpha
Unterkohorte: Ostariophysi
Ordnung: Neuwelt-Messerfische (Gymnotiformes)
Familie: Messeraale (Gymnotidae)
Gattung: Electrophorus
Art: Zitteraal
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Electrophorus
Gill, 1864
Wissenschaftlicher Name der Art
Electrophorus electricus
Linnaeus, 1766

Der Zitteraal (Electrophorus electricus), altertümlich Drillfisch,[1] ist eine ungewöhnliche Art der Neuwelt-Messerfische, der in der Lage ist, Stromstöße zu erzeugen. Diese können sowohl zur Jagd als auch zur Verteidigung eingesetzt werden. Er lebt in schlammigen und sauerstoffarmen Süßgewässern im nördlichen und mittleren Südamerika, im Amazonasbecken, im Stromgebiet des Orinoco und in den damit verbundenen Flusssystemen. Neben dem als Zitteraal bekannten Electrophorus electricus gibt es mit dem Electrophorus voltai und dem Electrophorus varii noch zwei weitere (elektrische) Aalarten derselben Gattung.[2][3]

Beschreibung

Der Zitteraal ist kein Aal, wie der Name und sein Aussehen vermuten lassen, sondern zählt zu den Neuwelt-Messerfischen. Mit den eigentlichen Aalen hat er einen langen zylindrischen Körper gemein. Seine Afterflosse verläuft fast über den ganzen Körper und endet an der Schwanzspitze. Rücken-, Schwanz- und Bauchflosse sind nicht vorhanden. Die Länge der Zitteraale kann bis zu 2,8 Meter bei einem Gewicht von bis zu 20 Kilogramm betragen. Der breite, gerundete und abgeflachte Kopf trägt ein mächtiges Maul und kennzeichnet diesen Fisch als Räuber. Die Färbung reicht von grau bis bräunlich. Der Zitteraal lebt in schlammigen, sauerstoffarmen Gewässern. Rund 80 Prozent des benötigten Sauerstoffs werden durch die speziell ausgebildeten Blutgefäße in der nahezu zahnlosen Mundhöhle aufgenommen, wozu der Zitteraal durchschnittlich alle zehn bis fünfzehn Minuten auftaucht, um an der Wasseroberfläche Luft zu holen. Weitere 20 Prozent des Sauerstoffs werden durch die Kiemen aufgenommen.

Elektrizitätsorgane

Der größte Teil seines Körpers ist mit elektrischen Organen (Elektroplax) besetzt, eigentlich umgebildete Muskeln, die hohe Spannungen freisetzen können. Jedes dieser Organe besteht aus einer großen Zahl stromerzeugender Elemente, von denen jedes nur eine geringe Spannung erzeugt. Diese sind wie in einer Batterie angeordnet, in der die Platten in Serie bzw. Reihe (Reihenschaltung) geschaltet werden, wodurch Zitteraale mit etwa 5.000 bis 6.000 Elektrozyten gemeinsam aktiv Stromimpulse produzieren können. Abhängig von deren Körpergröße, können die meisten ausgewachsenen Tiere mindestens 600 Volt, manche besonders großen Exemplare eine Spannung von bis zu 860 Volt bei einem Strom von 1 Ampere in zwei Millisekunden und somit kurzfristig eine Leistung von 860 Watt erzeugen.[4][5][6] Die gleichzeitige Entladung der Elektrocyten (EOD = Electric Organ Discharge) erfolgt über eine Berührung des Opfers mit der Kopf- (Pluspol) bzw. der Schwanzspitze (Minuspol).

Dabei schützen sowohl die isolierende Haut als auch zusätzliche Fettschichten lebenswichtige Organe des Fisches vor Stromschlägen durch sich selbst oder andere Individuen.

Die Organe dienen zum Fang von Beute, der Verteidigung, zur Orientierung sowie zur Revierabgrenzung. Die Spannung erlaubt zwar nur das Töten kleinerer Fische, kann jedoch auch einen Menschen tödlich verletzen. Selbst für größere Tiere kann ein elektrischer Schlag des Zitteraales zum Verhängnis werden, da diese betäubt werden und ertrinken können, wie Alexander von Humboldt auf seiner berühmten Südamerika-Expedition im März 1800 beschreibt:[7]

„Die Furcht vor den Schlägen des Zitteraals ist im Volke so übertrieben, dass wir in den ersten drei Tagen keinen bekommen konnten. Unsere Führer brachten Pferde und Maultiere und jagten sie ins Wasser. Ehe fünf Minuten vergingen, waren zwei Pferde ertrunken. Der 1,6 Meter lange Aal drängt sich dem Pferde an den Bauch und gibt ihm einen Schlag. Aber allmählich nimmt die Hitze des ungleichen Kampfes ab, und die erschöpften Aale zerstreuen sich. In wenigen Minuten hatten wir fünf große Aale. Nachdem wir vier Stunden lang an ihnen experimentiert hatten, empfanden wir bis zum anderen Tage Muskelschwäche, Schmerz in den Gelenken, allgemeine Übelkeit.“

Dieses von Humboldt beschriebene Verhalten wurde von späteren Forschern mit Skepsis betrachtet, konnte jedoch durch neuere Forschung zum Verteidigungsverhalten von Zitteraalen durch Catania belegt werden.[8]

Für die Orientierung im trüben Wasser, der Revierabgrenzung und dem Auffinden von Fortpflanzungspartnern gibt der Zitteraal nur schwache elektrische Impulse ab.

Ernährung

Die Jungen des Zitteraals fressen auf dem Gewässergrund lebende Wirbellose; die Erwachsenen hingegen ernähren sich vorwiegend von Fischen, die vor dem Verzehr getötet werden.

Fortpflanzung

Zitteraale suchen ihren Partner für die Paarung mit Hilfe von Stromstößen: Dabei produzieren sie nur schwache Stromstöße, die ein eventueller Partner im trüben Wasser fühlen kann. Die Fortpflanzung findet meist zwischen September und Dezember statt. Die Männchen bauen Nester aus Wasserpflanzen. Sie bewachen die Eier und später die Larven. Diese sind beim Schlüpfen zehn Millimeter lang.

Gefährdungssituation

Die Weltnaturschutzunion IUCN führt den Zitteraal in der Roten Liste gefährdeter Arten und bewertet ihn auf Grund seiner großen Verbreitung und seiner Fähigkeit, sich an sich ändernde Lebensräume anzupassen, als nicht gefährdet (Least Concern).

Bilder

Weblinks

Commons: Zitteraal – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Drillfisch, m.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Hirzel, Leipzig 1854–1961 (woerterbuchnetz.de, Universität Trier).
  2. Amazonas - Forscher entdecken Rekord-Zitteraal. Abgerufen am 10. September 2019.
  3. Unexpected species diversity in electric eels with a description of the strongest living bioelectricity generator. Abgerufen am 10. September 2019 (englisch).
  4. Amazon Shocker Facts. In: Nat Geo WILD. 6. Juni 2014, abgerufen am 15. Juni 2016.
  5. Monster Eel, Monster Shock? In: Nat Geo TV Blogs. 21. Juli 2014, abgerufen am 15. Juni 2016.
  6. How do electric eels generate a voltage and why do they not get shocked in the process? In: Scientific American. Abgerufen am 15. Juni 2016.
  7. Alexander von Humboldt: Jagd und Kampf der electrischen Aale mit Pferden. In: Annalen der Physik . Band 25, Nr. 1, 1807, S. 34–43, doi:10.1002/andp.18070250103 (Commons Volltext).
  8. Kenneth C. Catania: Leaping eels electrify threats, supporting Humboldt’s account of a battle with horses. In: PNAS. 6. Juni 2016, doi:10.1073/pnas.1604009113 (englisch).