„Marrakesch-Abkommen“ – Versionsunterschied

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Als '''Marrakesch-Abkommen''' wird das Gründungsabkommen der [[Welthandelsorganisation]] (WTO) bezeichnet. Es wurde nach jahrelangen Verhandlungen im Rahmen der [[Uruguay-Runde]] am 15. April 1994 in Marrakesch beschlossen und wurde nach seinem Beschlussort benannt.<ref>WTO: [https://www.wto.org/english/docs_e/legal_e/marrakesh_decl_e.htm Marrakesh Declaration of 15 April 1994]</ref> Der Vertrag trat zum 1. Januar 1995 in Kraft. Der offizielle Titel lautet: ''Marrakesh Agreement establishing the World Trade Organization'' oder im deutschen Amtsgebrauch ''Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO)''.
Als '''Marrakesch-Abkommen''' wird das Gründungsabkommen der [[Welthandelsorganisation]] (WTO) bezeichnet. Es wurde nach jahrelangen Verhandlungen im Rahmen der [[Uruguay-Runde]] am 15. April 1994 in Marrakesch beschlossen und wurde nach seinem Beschlussort benannt.<ref>WTO: [https://www.wto.org/english/docs_e/legal_e/marrakesh_decl_e.htm Marrakesh Declaration of 15 April 1994]</ref> Der Vertrag trat zum 1. Januar 1995 in Kraft. Der offizielle Titel lautet: ''Marrakesh Agreement establishing the World Trade Organization'' oder im deutschen Amtsgebrauch ''Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO)''.


Das Abkommen wird als Hauptquelle für das Recht der WTO und als das „ambitionierteste und weitreichendste internationales Abkommen“ bezeichnet.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=[[Peter van den Bossche]], [[Werner Zdouc]] |Titel=The Law and Policy of the World Trade Organization |Auflage=5 |Verlag=Cambridge Verlag |Datum=2022 |Seiten=45-47}}</ref> Zusammen mit verschiedenen Entscheidungen und Erklärungen der Minister der Mitglieder bildet es die [[Final Act embodying the results of the Uruguay Round of Multilateral Trade Negotiations|Uruguay Schlussakte]].
Das Abkommen wird als Hauptquelle für das Recht der WTO und als das „ambitionierteste und weitreichendste internationales Abkommen“ bezeichnet.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=[[Peter van den Bossche]], [[Werner Zdouc]] |Titel=The Law and Policy of the World Trade Organization |Auflage=5 |Verlag=Cambridge Verlag |Datum=2022 |Seiten=45-47}}</ref> Zusammen mit verschiedenen Entscheidungen und Erklärungen der Minister der Mitglieder bildet es die [[Final Act embodying the results of the Uruguay Round of Multilateral Trade Negotiations|Uruguay Schlussakte]]. Alle weiteren Abkommen der Welthandelsorganisation sind als Anhang zu diesem Abkommen erlassen worden.


== Entstehungsgeschichte ==
== Entstehungsgeschichte ==
Die Uruguay-Runde war eine jahrelange [[Welthandelsrunde]] von 1986 bis 1994. Diese Welthandelsrunden wurden organisiert im Rahmen des [[Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen|Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens]] (GATT). Während dieser Runde gab es zahlreiche Verhandlungsrunden bei welchen die einzelnen Abkommen und die Errichtung der Welthandelsorganisation diskutiert wurden.<ref name=":0" /> Dabei arbeiteten die einzelnen Komitees zuerst vollkommen unabhängig und begannen erst kurz vor Ende der Verhandlungen die Abkommen anzugleichen, konnten sich oft jedoch nicht einigen den bereits vorher nach langen Auseinandersetzungen in den Komitees noch zu ändern. Aus diesem Grund wurde Art. XVI:3 in das Marrakesch-Abkommens eingefügt, welcher den Konflikt zwischen verschiedenen Artikeln und Paragraphen der Abkommen regelt.<ref name=":0" />
Die Uruguay-Runde war eine jahrelange [[Welthandelsrunde]] von 1986 bis 1994. Die Vertragsstatten wollten dabei die bisherige Welthandelsrunde reformieren.<ref>{{Literatur |Autor=Franziska Sucker |Titel=Der Schutz und die Förderung kultureller Vielfalt im Welthandelsrecht: Eine völkerrechtliche Studie zum Stand und zu Verbesserungsmöglichkeiten am Beispiel audiovisueller Medien |Verlag=Springer-Verlag |Datum=2018-07-12 |ISBN=978-3-662-56820-0 |Kapitel=3 |Online= |Abruf=}}</ref> Diese Welthandelsrunden wurden organisiert im Rahmen des [[Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen|Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens]] (GATT). Während dieser Runde gab es zahlreiche Verhandlungsrunden bei welchen die einzelnen Abkommen und die Errichtung der Welthandelsorganisation diskutiert wurden.<ref name=":0" /> Dabei arbeiteten die einzelnen Komitees zuerst vollkommen unabhängig und begannen erst kurz vor Ende der Verhandlungen die Abkommen anzugleichen, konnten sich oft jedoch nicht einigen den bereits vorher nach langen Auseinandersetzungen in den Komitees noch zu ändern. Aus diesem Grund wurde Art. XVI:3 in das Marrakesch-Abkommens eingefügt, welcher den Konflikt zwischen verschiedenen Artikeln und Paragraphen der Abkommen regelt.<ref name=":0" />

Viele der Abkommen, die heute Teil des Abkommens sind, wurden erst nach 1994 erlassen, beispielsweise im Rahmen des [[Bali-Paket|Bali-Pakets]],<ref>{{Internetquelle |url=https://orf.at/v2/stories/2209410/ |titel=WTO vor Durchbruch für Freihandelsabkommen |datum=2013-12-06 |sprache=de |abruf=2022-08-21}}</ref> und in das Abkommen eingefügt.


== Inhalt ==
== Inhalt ==
Artikel I stellt die Gründung der [[Welthandelsorganisation]] (WTO) fest und Artikel XI stellt fest, dass alle Mitglieder des [[GATT 1947]] ursprüngliche Mitglieder der WTO werden.
Artikel I stellt die Gründung der [[Welthandelsorganisation]] (WTO) fest und Artikel XI stellt fest, dass alle Mitglieder des [[GATT 1947]] ursprüngliche Mitglieder der WTO werden. Damit ist die WTO die Nachfolgeorganisation des GATT.<ref>{{Literatur |Autor=Marcus Ring |Titel=China und das Recht des geistigen Eigentums: die Vereinbarungen mit der WTO und ihre Umsetzung |Verlag=Diplomica Verlag |Datum=2008-05 |ISBN=978-3-8366-0843-5 |Seiten=27 |Online= |Abruf=}}</ref>


Die Präambel stellt einige Grundsätze der Welthandelsorganisation fest. Dabei sind die dort festgelegten Ziele durchaus relevant für die Auslegung der einzelnen Regelungen.<ref>{{Literatur |Titel=[[WTO Analytical Index]], Abschnitt WTO Agreement Preamble |Hrsg=Welthandelsorganisation |Datum=2021-07 |Sprache=en}}</ref>
Die Präambel stellt einige Grundsätze der Welthandelsorganisation fest. Dabei sind die dort festgelegten Ziele durchaus relevant für die Auslegung der einzelnen Regelungen.<ref>{{Literatur |Titel=[[WTO Analytical Index]], Abschnitt WTO Agreement Preamble |Hrsg=Welthandelsorganisation |Datum=2021-07 |Sprache=en}}</ref>
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Sämtlich Abkommen und Vereinbarungen der Welthandelsorganisation sind als Anhänge zum Marrakesch-Abkommen erlassen worden.
Sämtlich Abkommen und Vereinbarungen der Welthandelsorganisation sind als Anhänge zum Marrakesch-Abkommen erlassen worden.


Alle Abkommen in den Anhängen 1, 2 und 3 sind integrale Teile des Abkommens und damit verbindend für alle Mitglieder. Der [[WTO Appellate Body]] hat in dem Fall ''Brazil - Desiccated Coconut'' klargestellt, dass das Marrakesch-Abkommen zwar aus verschiedenen Abkommen bestehen würde, jedoch von den Mitgliedern als eine Entscheidung beschlossen wurde.<ref name=":0" /><ref>Appellate Body Report, ''Brazil - Desiccated Coconut'' (1997), S. 12.</ref> Weiterhin stellt er später fest, dass das gesamte Abkommen ein „untrennbares Paket von Rechten und Pflichten“ darstellt.<ref name=":0" /><ref>Appellate Body Report, ''Argentina - Footwear'' (EC) (2000), Paragraph 81.</ref> Die Abkommen in Anhang 4 sind nur verbindend für die Mitglieder, die sie ratifiziert haben.<ref name=":0" />
Alle Abkommen in den Anhängen 1, 2 und 3 sind integrale Teile des Abkommens und damit verbindend für alle Mitglieder. Der [[WTO Appellate Body]] hat in dem Fall ''Brazil - Desiccated Coconut'' klargestellt, dass das Marrakesch-Abkommen zwar aus verschiedenen Abkommen bestehen würde, jedoch von den Mitgliedern als eine Entscheidung beschlossen wurde.<ref name=":0" /><ref>Appellate Body Report, ''Brazil - Desiccated Coconut'' (1997), S. 12.</ref> Weiterhin stellt er später fest, dass das gesamte Abkommen ein „untrennbares Paket von Rechten und Pflichten“ darstellt.<ref name=":0" /><ref>Appellate Body Report, ''Argentina - Footwear'' (EC) (2000), Paragraph 81.</ref> Die Mitglieder wollten damit sicherstellen, dass alle Staaten die gleichen Pflichten haben.<ref>{{Literatur |Autor=Katja Freistein, Julia Leininger |Titel=Handbuch Internationale Organisationen: Theoretische Grundlagen und Akteure |Verlag=Walter de Gruyter |Datum=2012-09-18 |ISBN=978-3-486-71423-4 |Seiten=284 |Online= |Abruf=}}</ref> Die Abkommen in Anhang 4 sind nur verbindend für die Mitglieder, die sie ratifiziert haben.<ref name=":0" />


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Im Anhang 2 befindet sich das [[Dispute Settlement Understanding]], welches die Regeln für die Streitbeilegung der Welthandelsorganisation, bestehend aus dem [[Dispute Settlement Body]] und den Gerichtsinstanzen, den [[WTO Panel]]s und dem [[WTO Appellate Body]], festlegt.
Im Anhang 2 befindet sich das [[Dispute Settlement Understanding]], welches die Regeln für die Streitbeilegung der Welthandelsorganisation, bestehend aus dem [[Dispute Settlement Body]] und den Gerichtsinstanzen, den [[WTO Panel]]s und dem [[WTO Appellate Body]], festlegt. Mit diesem Anhang hat die Welthandelsorganisation eine der effektivsten internationalen Streitbeilegungsmechanismen eingeführt.<ref>{{Internetquelle |autor=Infodienst-LEL Schwäbisch Gmünd |url=https://lel.landwirtschaft-bw.de/pb/,Lde/Startseite/Unsere+Themen/4_1_3+WTO |titel=4.1.3 WTO |sprache=de |abruf=2022-08-21}}</ref>


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Artikel XII regelt den Beitritt zum Abkommen. Der Beitritt steht jedem Staat oder Zollterritorium zu und wird von einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder beschlossen.
Artikel XII regelt den Beitritt zum Abkommen. Der Beitritt steht jedem Staat oder Zollterritorium zu und wird von einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder beschlossen.


Die 36 Beitrittsabkommen sind ebenso Teil des Marrakesch-Abkommens.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Peter van den Bossche, Werner Zdouc |Titel=The Law and Policy of the World Trade Organization |Auflage=5 |Verlag=Cambridge |Datum=2022 |Seiten=56}}</ref> In jedem Beitrittsabkommen wird dieser Umstand angeordnet. Es ist jedoch nicht klar, was dieser Umstand rechtlich bedeutet. So wurde im Rahmen des Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens diskutiert, ob China sich auf diesen Artikel im Rahmen seiner Pflichten in seinem Beitrittsabkommen berufen kann, jedoch entschied der Appellate Body, dass der Umstand, dass die Beitrittsabkommen Teil des Marrakesch-Abkommens sind, noch nichts darüber aussagt, wie ihre Beziehung zu einzelnen Vorschriften in den Anhängen aussagt.<ref name=":1" /><ref>Appellate Body Report, ''China - Rare Earth'' (2014), Paragraph 5.74.</ref>
Die 36 Beitrittsabkommen sind ebenso Teil des Marrakesch-Abkommens.<ref name=":1">{{Literatur |Autor=Peter van den Bossche, Werner Zdouc |Titel=The Law and Policy of the World Trade Organization |Auflage=5 |Verlag=Cambridge |Datum=2022 |Seiten=56}}</ref> In jedem Beitrittsabkommen wird dieser Umstand angeordnet. Es ist jedoch nicht klar, was dieser Umstand rechtlich bedeutet. So wurde im Rahmen des Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens diskutiert, ob China sich auf diesen Artikel im Rahmen seiner Pflichten in seinem Beitrittsabkommen berufen kann, jedoch entschied der Appellate Body, dass der Umstand, dass die Beitrittsabkommen Teil des Marrakesch-Abkommens sind, noch nichts darüber aussagt, wie ihre Beziehung zu einzelnen Vorschriften in den Anhängen aussagt.<ref name=":1" /><ref>Appellate Body Report, ''China - Rare Earth'' (2014), Paragraph 5.74.</ref><ref>{{Literatur |Autor=Cheng Shi |Titel=Rechtliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen China und der EU im Rohstoffsektor |Verlag=LIT Verlag Münster |Datum=2016 |ISBN=978-3-643-13436-3 |Seiten=169 |Online= |Abruf=}}</ref>


Artikel XV ist im Gegensatz die Grundlage für die Möglichkeit des Austritts aus der WTO.
Artikel XV ist im Gegensatz die Grundlage für die Möglichkeit des Austritts aus der WTO.

== Reformbestrebungen ==
Aufgrund der Blockade der USA, welche eine Disfunktionalität des Appellate Body herbeiführte, fordern viele Staaten eine Reform der Welthandelsorganisation, welche auch das ihr zugrunde liegende Abkommen umfasst.<ref>{{Internetquelle |autor=Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz |url=https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2019/20190415-25-geburstag-der-wto-grosse-erfolgsgeschichte.html |titel=Altmaier zum 25. Geburstag der WTO: „Große Erfolgsgeschichte, müssen die WTO jetzt aber fit für das 21. Jahrhundert machen“ |sprache=de |abruf=2022-08-21}}</ref>


== Weitere Informationen ==
== Weitere Informationen ==

Version vom 21. August 2022, 22:41 Uhr

Als Marrakesch-Abkommen wird das Gründungsabkommen der Welthandelsorganisation (WTO) bezeichnet. Es wurde nach jahrelangen Verhandlungen im Rahmen der Uruguay-Runde am 15. April 1994 in Marrakesch beschlossen und wurde nach seinem Beschlussort benannt.[1] Der Vertrag trat zum 1. Januar 1995 in Kraft. Der offizielle Titel lautet: Marrakesh Agreement establishing the World Trade Organization oder im deutschen Amtsgebrauch Übereinkommen zur Errichtung der Welthandelsorganisation (WTO).

Das Abkommen wird als Hauptquelle für das Recht der WTO und als das „ambitionierteste und weitreichendste internationales Abkommen“ bezeichnet.[2] Zusammen mit verschiedenen Entscheidungen und Erklärungen der Minister der Mitglieder bildet es die Uruguay Schlussakte. Alle weiteren Abkommen der Welthandelsorganisation sind als Anhang zu diesem Abkommen erlassen worden.

Entstehungsgeschichte

Die Uruguay-Runde war eine jahrelange Welthandelsrunde von 1986 bis 1994. Die Vertragsstatten wollten dabei die bisherige Welthandelsrunde reformieren.[3] Diese Welthandelsrunden wurden organisiert im Rahmen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT). Während dieser Runde gab es zahlreiche Verhandlungsrunden bei welchen die einzelnen Abkommen und die Errichtung der Welthandelsorganisation diskutiert wurden.[2] Dabei arbeiteten die einzelnen Komitees zuerst vollkommen unabhängig und begannen erst kurz vor Ende der Verhandlungen die Abkommen anzugleichen, konnten sich oft jedoch nicht einigen den bereits vorher nach langen Auseinandersetzungen in den Komitees noch zu ändern. Aus diesem Grund wurde Art. XVI:3 in das Marrakesch-Abkommens eingefügt, welcher den Konflikt zwischen verschiedenen Artikeln und Paragraphen der Abkommen regelt.[2]

Viele der Abkommen, die heute Teil des Abkommens sind, wurden erst nach 1994 erlassen, beispielsweise im Rahmen des Bali-Pakets,[4] und in das Abkommen eingefügt.

Inhalt

Artikel I stellt die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) fest und Artikel XI stellt fest, dass alle Mitglieder des GATT 1947 ursprüngliche Mitglieder der WTO werden. Damit ist die WTO die Nachfolgeorganisation des GATT.[5]

Die Präambel stellt einige Grundsätze der Welthandelsorganisation fest. Dabei sind die dort festgelegten Ziele durchaus relevant für die Auslegung der einzelnen Regelungen.[6]

Organe der Welthandelsorganisation

Artikel IV des Abkommens stellt die grundsätzliche Struktur der Welthandelsorganisation fest. So soll es die WTO Ministerkonferenz, den Allgemeinen Rat, den Trade Policy Review Body, den Dispute Settlement Body, mehrere Räte, unter anderem einen Rat für das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen, einen für das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen, einen für das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums.

Artikel VI und VII stellen die grundsätzlichen Regeln und Rechte des Sekretariats und des Generaldirektors fest.

Entscheidungsfindung in der Welthandelsorganisation

Der neunte Artikel beschäftigt sich mit der Entscheidungsfindung der Welthandelsorganisation. Dabei stellt er im ersten Absatz fest, dass grundsätzlich alle Entscheidungen im Konsens getroffen werden sollen und nur in selten Fällen bei einer Mitgliedermehrheit.

Im zweiten Absatz wird dem Allgemeinen Rat und der WTO-Ministerkonferenz dass alleinige Recht eingeräumt Interpretationen von Abkommen anzunehmen. Hierfür ist eine Dreiviertelmehrheit vorgesehen.

Die Abschnitte drei und vier beschäftigen sich damit, dass einem Staat eine Ausnahme zu den Pflichten eines Abkommens erteilt werden kann. Dieses wurde im Rahmen der 12. Ministerkonferenz für COVID-19 Impstoffpatente für Entwicklungsländer beschlossen.

Die Ergänzung und Änderung von Abkommen wird von Artikel X geregelt, welcher je nach Entscheidung unterschiedliche Anforderungen an die Annahme stellt.

Umgang mit anderen Organisationen und Staaten

Der fünfte Artikel beschreibt, dass den Umgang mit anderen internationalen Organisationen der Allgemeine Rat bestimmt und dafür angemessene Vereinbarungen treffen soll.

Artikel VIII hat den Status der WTO zum Thema, so soll jedes Mitglied der Welthandelsorganisation sämtliche Kompetenzen und Rechte zusprechen, die für die Ausübung der Funktionen der WTO notwendig sind. Dabei stellt der vierte Absatz klar, dass diese Rechte und Pflichten die gleichen sein sollen, die ein Staat auch den Agenturen der Vereinten Nationen zusprechen soll.

Anhänge

Sämtlich Abkommen und Vereinbarungen der Welthandelsorganisation sind als Anhänge zum Marrakesch-Abkommen erlassen worden.

Alle Abkommen in den Anhängen 1, 2 und 3 sind integrale Teile des Abkommens und damit verbindend für alle Mitglieder. Der WTO Appellate Body hat in dem Fall Brazil - Desiccated Coconut klargestellt, dass das Marrakesch-Abkommen zwar aus verschiedenen Abkommen bestehen würde, jedoch von den Mitgliedern als eine Entscheidung beschlossen wurde.[2][7] Weiterhin stellt er später fest, dass das gesamte Abkommen ein „untrennbares Paket von Rechten und Pflichten“ darstellt.[2][8] Die Mitglieder wollten damit sicherstellen, dass alle Staaten die gleichen Pflichten haben.[9] Die Abkommen in Anhang 4 sind nur verbindend für die Mitglieder, die sie ratifiziert haben.[2]

Anhang 1A

Anhang 1 A enthält 13 verschiedene Abkommen.[2]

Das Agreement on Textiles and Clothing gehörte ursprünglich auch zu den Abkommen, trat jedoch 2005 außer Kraft.

Ebenso enthält Anhang 1A noch eine Interpretationsvorschrift, welche allen Abkommen vorgestellt ist, und regelt, wie der Konflikt zwischen den verschiedenen Vorschriften zu lösen ist.

Anhang 1B

Der zweite Teil enthält das Allgemeine Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS).

Anhang 1C

Der dritte Teil des ersten Anhang enthält das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS). Es gilt dabei in der Form der Ergänzung und Änderung durch das 2005 Protokoll zur Änderung des Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums.

Anhang 2

Im Anhang 2 befindet sich das Dispute Settlement Understanding, welches die Regeln für die Streitbeilegung der Welthandelsorganisation, bestehend aus dem Dispute Settlement Body und den Gerichtsinstanzen, den WTO Panels und dem WTO Appellate Body, festlegt. Mit diesem Anhang hat die Welthandelsorganisation eine der effektivsten internationalen Streitbeilegungsmechanismen eingeführt.[10]

Anhang 3

Der dritte Anhang regelt die Regeln des dritten wichtigen Organs der WTO, des Trade Policy Review Body, unter dem Namen Trade Policy Review Mechanism. Sie gelten in der Form vom 26. Juli 2017, wurden dort durch eine Entscheidung des General Council geändert.

Anhang 4

Im vierten Anhang des Abkommens sind nur solche Verträge aufgeführt, die nicht automatisch bindend für alle Mitglieder sind, sondern nur für die Vertragsstaaten, die sie unterzeichnet haben. Ursprünglich wurden in der Tokio-Runde vier sogenannte Codes ausgehandelt, davon wurden zwei der Abkommen in andere Abkommen eingearbeitet und Teil des Anhangs wurden das Agreement on Trade in Civil Aircraft und das Agreement on Government Procurement.

Beitrittsabkommen

Artikel XII regelt den Beitritt zum Abkommen. Der Beitritt steht jedem Staat oder Zollterritorium zu und wird von einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder beschlossen.

Die 36 Beitrittsabkommen sind ebenso Teil des Marrakesch-Abkommens.[11] In jedem Beitrittsabkommen wird dieser Umstand angeordnet. Es ist jedoch nicht klar, was dieser Umstand rechtlich bedeutet. So wurde im Rahmen des Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens diskutiert, ob China sich auf diesen Artikel im Rahmen seiner Pflichten in seinem Beitrittsabkommen berufen kann, jedoch entschied der Appellate Body, dass der Umstand, dass die Beitrittsabkommen Teil des Marrakesch-Abkommens sind, noch nichts darüber aussagt, wie ihre Beziehung zu einzelnen Vorschriften in den Anhängen aussagt.[11][12][13]

Artikel XV ist im Gegensatz die Grundlage für die Möglichkeit des Austritts aus der WTO.

Reformbestrebungen

Aufgrund der Blockade der USA, welche eine Disfunktionalität des Appellate Body herbeiführte, fordern viele Staaten eine Reform der Welthandelsorganisation, welche auch das ihr zugrunde liegende Abkommen umfasst.[14]

Weitere Informationen

Die für das Abkommen verbindlichen Sprachen und damit auch die Amtssprachen der WTO sind Englisch, Spanisch und Französisch.[15]

Einzelnachweise

  1. WTO: Marrakesh Declaration of 15 April 1994
  2. a b c d e f g Peter van den Bossche, Werner Zdouc: The Law and Policy of the World Trade Organization. 5. Auflage. Cambridge Verlag, 2022, S. 45–47.
  3. Franziska Sucker: Der Schutz und die Förderung kultureller Vielfalt im Welthandelsrecht: Eine völkerrechtliche Studie zum Stand und zu Verbesserungsmöglichkeiten am Beispiel audiovisueller Medien. Springer-Verlag, 2018, ISBN 978-3-662-56820-0, Kap. 3.
  4. WTO vor Durchbruch für Freihandelsabkommen. 6. Dezember 2013, abgerufen am 21. August 2022.
  5. Marcus Ring: China und das Recht des geistigen Eigentums: die Vereinbarungen mit der WTO und ihre Umsetzung. Diplomica Verlag, 2008, ISBN 978-3-8366-0843-5, S. 27.
  6. Welthandelsorganisation (Hrsg.): WTO Analytical Index, Abschnitt WTO Agreement Preamble. Juli 2021 (englisch).
  7. Appellate Body Report, Brazil - Desiccated Coconut (1997), S. 12.
  8. Appellate Body Report, Argentina - Footwear (EC) (2000), Paragraph 81.
  9. Katja Freistein, Julia Leininger: Handbuch Internationale Organisationen: Theoretische Grundlagen und Akteure. Walter de Gruyter, 2012, ISBN 978-3-486-71423-4, S. 284.
  10. Infodienst-LEL Schwäbisch Gmünd: 4.1.3 WTO. Abgerufen am 21. August 2022.
  11. a b Peter van den Bossche, Werner Zdouc: The Law and Policy of the World Trade Organization. 5. Auflage. Cambridge, 2022, S. 56.
  12. Appellate Body Report, China - Rare Earth (2014), Paragraph 5.74.
  13. Cheng Shi: Rechtliche Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen China und der EU im Rohstoffsektor. LIT Verlag Münster, 2016, ISBN 978-3-643-13436-3, S. 169.
  14. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: Altmaier zum 25. Geburstag der WTO: „Große Erfolgsgeschichte, müssen die WTO jetzt aber fit für das 21. Jahrhundert machen“. Abgerufen am 21. August 2022.
  15. Artikel XVI. Marrakesch-Abkommen