„Chromgerbung“ – Versionsunterschied

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== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Chromgerbung wurde ab 1858 von [[Friedrich Ludwig Knapp|Friedrich Knapp]] entwickelt.<ref name="Covington 11">Tony Covington: ''Tanning Chemistry'', Kapitel 11: ''Mineral Tanning: Chromium(III)''. Royal Society of Chemistry, Cambridge, 2009. ISBN 978-0-85404-170-1, S. 204ff.</ref><ref>Friedrich Knapp: ''Natur und Wesen der Gerberei und des Leders''. In: ''Dinglers Polytechnisches Journal'' 149, 1858. S. 305, 378.</ref><ref>Friedrich Knapp: ''Natur und Wesen der Gerberei und des Leders'', In: ''Abhandlungen der Naturwissenschaftlich-Technischen Commission bei der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München''. Cotta, München, 1858. [[doi: 10.24355/dbbs.084-200905060200-1]]. S. 144, 154.</ref> Im Jahr 1884 wurde ein industrielles Verfahren zur Chromgerbung patentiert, mit einer Einbringung von Chromsäure in einem ersten Schritt und einer [[Reduktion (Chemie)|Reduktion]] des Chroms und simultaner [[Fixierung (Präparationsmethode)|Fixierung]] in einem zweiten Schritt.<ref name="Covington 11" /><ref>{{Internetquelle|autor=Augustus Schultz |url=https://patents.google.com/patent/US291784A/en |titel=US291784A - Augustus schultz (1884)|werk=patents.google.com | sprache=en |datum= |abruf=2022-08-18}}</ref> Seit etwa 1900 ist die Gerbung mit Mineralsalzen, vor allem die Gerbung mit [[Chrom(III)-sulfat|Chrom-III-Salzen]], aufgrund ihrer nur wenige Tage dauernden Gerbung die wichtigste Gerbmethode. Die heutige Form der Chromgerbung wird bei etwa 75 % des weltweit hergestellten Leders verwendet. Im Jahr 2008 betrug der Anteil chromgegerbten Leders bei Schuhoberleder 95 %, bei Möbelleder 70 %, bei Autoleder 50 %, bei Bekleidungsleder 100 %, bei Galanterieleder (für Lederschmuck und andere Kleinlederwaren) 60 % und bei Sohlleder 0 %.<ref>Zeitschrift ''Leder & Häute Markt'', 3/2008, Verein für Gerberei-Chemie und -Technik e.V. (VGCT), Reutlingen. ISSN 0342-7641. S. 46.</ref> Bei Auto- und Möbelleder gibt es eine abnehmende Tendenz der Chromgerbung zugunsten der [[Aldehydgerbung]] mit [[Glutardialdehyd]].
Die Chromgerbung wurde ab 1858 von [[Friedrich Ludwig Knapp|Friedrich Knapp]] entwickelt.<ref name="Covington 11">Tony Covington: ''Tanning Chemistry'', Kapitel 11: ''Mineral Tanning: Chromium(III)''. Royal Society of Chemistry, Cambridge, 2009. ISBN 978-0-85404-170-1, S. 204ff.</ref><ref>Friedrich Knapp: ''Natur und Wesen der Gerberei und des Leders''. In: ''Dinglers Polytechnisches Journal'' 149, 1858. S. 305, 378.</ref><ref>Friedrich Knapp: ''Natur und Wesen der Gerberei und des Leders'', In: ''Abhandlungen der Naturwissenschaftlich-Technischen Commission bei der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München''. Cotta, München, 1858. [[doi: 10.24355/dbbs.084-200905060200-1]]. S. 144, 154.</ref> Im Jahr 1884 wurde ein industrielles Verfahren zur Chromgerbung patentiert, mit einer Einbringung von Chromsäure in einem ersten Schritt und einer [[Reduktion (Chemie)|Reduktion]] des Chroms und simultaner [[Fixierung (Präparationsmethode)|Fixierung]] in einem zweiten Schritt.<ref name="Covington 11" /><ref>{{Internetquelle|autor=Augustus Schultz |url=https://patents.google.com/patent/US291784A/en |titel=US291784A - Augustus schultz (1884)|werk=patents.google.com | sprache=en |datum= |abruf=2022-08-18}}</ref> Seit etwa 1900 ist die Gerbung mit Mineralsalzen, vor allem die Gerbung mit [[Chrom(III)-sulfat|Chrom-III-Salzen]], aufgrund ihrer nur wenige Tage dauernden Gerbung die wichtigste Gerbmethode. Die heutige Form der Chromgerbung wird bei etwa 75 % des weltweit hergestellten Leders verwendet. Im Jahr 2008 betrug der Anteil chromgegerbten Leders bei Schuhoberleder 95 %, bei Möbelleder 70 %, bei Autoleder 50 %, bei Bekleidungsleder 100 %, bei Galanterieleder (für Lederschmuck und andere Kleinlederwaren) 60 % und bei Sohlleder 0 %.<ref>Zeitschrift ''Leder & Häute Markt'', 3/2008, Verein für Gerberei-Chemie und -Technik e.V. (VGCT), Reutlingen. ISSN 0342-7641. S. 46.</ref> Bei Auto- und Möbelleder gibt es eine abnehmende Tendenz der Chromgerbung zugunsten der [[Aldehydgerbung]] mit [[Glutardialdehyd]].

== Literatur ==
* J. W. Harlan, S. H. Feairheller: ''Chemistry of the crosslinking of collagen during tanning.'' In: ''[[Advances in Experimental Medicine and Biology]].'' Band 86A, 1977, S.&nbsp;425–440, {{DOI|10.1007/978-1-4684-3282-4_27}}, PMID 562612.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 22. August 2022, 10:50 Uhr

Chromgegerbtes Leder in Marrakesch

Die Chromgerbung auch Chromgerberei ist eine Methode zur Gerbung von Häuten mit Chromsalzen, wodurch chromgegerbtes Leder entsteht. Die Chromgerbung ist aufgrund der Geschwindigkeit und den geringen Kosten die weltweit am häufigsten verwendete Gerbmethode.

Eigenschaften

Reaktionsmechanismus der Chromgerbung

Bei der Chromgerbung werden Tierhäute mit Chromsalzen der Oxidationsstufe drei behandelt, Cr(III). Meistens wird basisches Cr(OH)SO4 verwendet.[1] Das Chromsalz bildet mit Carboxygruppen der Kollagenfasern (an den Aminosäuren Asparaginsäure und Glutaminsäure) in der Haut eine unlösliche Komplexbindung, die Nässe und für eine kurze Zeit (5 min.) auch Kochen übersteht.[1] Die Haut wird durch die Chromgerbung zu Leder unter Zunahme der Stabilität und Resistenz gegen mikrobielle Zersetzung.

Rotierende Trommel

Als Vorbehandlung erfordern alle Mineralgerbstoffe einen „Pickel“. Der Pickel besteht aus Säuren (meist Schwefelsäure oder Ameisensäure) und Neutralsalz (Natriumchlorid oder Natriumsulfat). Durch das Sauerstellen der Haut auf einen pH-Wert von 2,5 bis 3 können die Mineralgerbstoffe die Haut vollständig durchdringen.

Zusammensetzung der Chromgerbsalze[1]

Bestandteil
in Massenprozent
0 % basisch 33 % basisch 42 % basisch 50 % basisch
Dichromat 100 100 100 100
Schwefelsäure 133 100 91 83
Glucose 25 25 25 25

Meistens wird zur Chromgerbung 33 %ig basisches Chrom(III)-Sulfat in wässriger Lösung verwendet. Die Temperatur und die Basizität des Chromsalzes bestimmen die Diffusion in die Haut und die Reaktivität mit der Haut.[1] Beide Parameter sind in einer reziproken Beziehung. Wenn die Diffusion groß ist, sinkt die Reaktivität, was in guter Durchdringung, aber schlechter Fixierung des Gerbstoffs im Leder resultiert. Und wenn die Reaktivität zu groß ist, sinkt die Diffusion, was in einer geringen Durchdringung und schlechter Gerbung der inneren Schicht des Leders resultiert. Die Reaktionskinetik der Chromgerbung folgt einer Reaktion pseudoerster Ordnung.[1]

Reaktionsbedingungen[1]

Phase pH-Wert Temperatur Reaktionsrate Diffusionsrate
Anfang 2,5–3,0 Raumtemperatur: 15–25 °C langsam schnell
Ende 3,5–4,0 erwärmt: 40–60 °C schnell langsam

Im Anschluss daran werden die Gerbstoffe durch die schrittweise Zugabe von Laugen im Leder fixiert (Basifizieren). Die Durchführung erfolgt in rotierenden Gerbfässern. Die Gerbung ist in 10 bis 15 Stunden fertig. Zur Vervollständigung der Ledereigenschaften ist aber eine Neutralisation, Nachgerbung, Färbung und Fettung erforderlich. Da das Leder nach der Chromgerbung im nassen Zustand leicht bläulich ist, wird dieses Leder in nassem Zustand auch als wet blue (engl. für ‚nass blau‘) bezeichnet.[1]

Vergleich zur pflanzlichen Gerbung

  • Geschwindigkeit: Die Chromgerbung dauert weniger als 24 Stunden im Gegensatz zu mehreren Monaten bei der pflanzlichen Gerbung.[1]
  • Stabilität gegenüber Wasser und Hitze: mit der Chromgerbung ist eine Schrumpftemperatur von 110 °C erreichbar im Vergleich zu maximal 85 °C bei der pflanzlichen Gerbung, je nach pflanzlichem Gerbstoff.[1]
  • Wenig modifiziertes Kollagen: chromgegerbtes Leder enthält 4 % Cr2O3 im Vergleich zu 30 % Tannine, wodurch das pflanzlich gegerbte Leder steifer wird und weniger Anwendungsmöglichkeiten erlaubt.[1]
  • Hydrophobierung: chromgegerbtes Leder ist wasserabweisender als pflanzlich gegerbtes Leder, wodurch eine Hydrophobierung leichter zu erreichen ist.[1]
  • Helle Farbe: die helle Farbe chromgegerbten Leders erlaubt ein Färben mit hellen Farbtönen. Zudem wirkt Chrom(III) als Mordant bei der Fixierung von Farbstoffen im Leder.[1]
  • Lichtechtheit: je nach verwendetem Tannin verliert pflanzlich gegerbtes Leder Farbe unter Bestrahlung mit UV-Licht.[1]

Entsorgung

Chromsalze dürfen in den meisten Ländern nicht in Abwässer entsorgt werden. In manchen Schwellen- und Entwicklungsländern, die eine unzureichende Umweltgesetzgebung oder eine unzureichende Umsetzung der Gesetzgebung aufweisen, werden die Abfälle verklappt. Die beiden Orte Ranippettai (Indien) und Hazaribagh (Stadtteil von Dhaka, Bangladesch) standen unter anderem deshalb auf der Liste der zehn am stärksten verseuchten Orte der Welt, die seit 2006 vom amerikanischen Blacksmith Institute herausgegeben wird.[2]

Geschichte

Die Chromgerbung wurde ab 1858 von Friedrich Knapp entwickelt.[1][3][4] Im Jahr 1884 wurde ein industrielles Verfahren zur Chromgerbung patentiert, mit einer Einbringung von Chromsäure in einem ersten Schritt und einer Reduktion des Chroms und simultaner Fixierung in einem zweiten Schritt.[1][5] Seit etwa 1900 ist die Gerbung mit Mineralsalzen, vor allem die Gerbung mit Chrom-III-Salzen, aufgrund ihrer nur wenige Tage dauernden Gerbung die wichtigste Gerbmethode. Die heutige Form der Chromgerbung wird bei etwa 75 % des weltweit hergestellten Leders verwendet. Im Jahr 2008 betrug der Anteil chromgegerbten Leders bei Schuhoberleder 95 %, bei Möbelleder 70 %, bei Autoleder 50 %, bei Bekleidungsleder 100 %, bei Galanterieleder (für Lederschmuck und andere Kleinlederwaren) 60 % und bei Sohlleder 0 %.[6] Bei Auto- und Möbelleder gibt es eine abnehmende Tendenz der Chromgerbung zugunsten der Aldehydgerbung mit Glutardialdehyd.

Literatur

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i j k l m n o Tony Covington: Tanning Chemistry, Kapitel 11: Mineral Tanning: Chromium(III). Royal Society of Chemistry, Cambridge, 2009. ISBN 978-0-85404-170-1, S. 204ff.
  2. Blacksmith Institut: Top Ten Threats 2013. (englisch, PDF-Datei) Auf: worstpolluted.org; Abgerufen 7. April 2015.
  3. Friedrich Knapp: Natur und Wesen der Gerberei und des Leders. In: Dinglers Polytechnisches Journal 149, 1858. S. 305, 378.
  4. Friedrich Knapp: Natur und Wesen der Gerberei und des Leders, In: Abhandlungen der Naturwissenschaftlich-Technischen Commission bei der Königl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München. Cotta, München, 1858. doi: 10.24355/dbbs.084-200905060200-1. S. 144, 154.
  5. Augustus Schultz: US291784A - Augustus schultz (1884). In: patents.google.com. Abgerufen am 18. August 2022 (englisch).
  6. Zeitschrift Leder & Häute Markt, 3/2008, Verein für Gerberei-Chemie und -Technik e.V. (VGCT), Reutlingen. ISSN 0342-7641. S. 46.