„Klinische Lykanthropie“ – Versionsunterschied

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Als '''Lykanthropie''' oder als '''Zooanthropismus''' wird die [[Wahn]]&shy;vorstellung eines Menschen bezeichnet, sich in ein Tier zu verwandeln, die als seltenes Symptom bei [[Psychiatrie|psychiatrischen Erkrankungen]] auftreten kann. Es kann als sekundäres [[Wahnsymptom]] die gefühlte Gewissheit, sich in ein Tier zu verwandeln oder bereits verwandelt zu sein, bei [[Schizophrenie|schizophrenen Psychosen]], [[Affektive Psychose|schizoaffektiven Psychosen]], [[Demenz]] sowie seltener bei [[Persönlichkeitsstörung]]en und als Folge der Einnahme [[Psychotrope Substanz|psychotroper Substanzen]] auftreten. Das Phänomen gilt als eins der ältesten beschriebenen psychiatrischen Symptome und tritt weltweit auf, allerdings vergleichsweise selten. Dabei ist die Ausprägung, z.&nbsp;B. bei der Art des Tieres, stark abhängig von kulturellen Faktoren. Die Behandlung zielt auf die Grunderkrankung ab und basiert auf [[Psychopharmaka|medikamentöser]] Therapie und [[Psychotherapie]]. Dabei gilt die klinische Lykanthropie als kurzfristiges Symptom, das in der Regel bald abklingt.<ref>Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich, Horst Haltenhof: Lykanthropie. In: Petra Garlipp, Horst Haltenhof (Hrsg.): ''Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie - Diagnostik - Therapie'' [[Springer Science+Business Media|Springer DE]], 2010, S. 22–26.</ref>
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Als '''Klinische Lykanthropie''' (seltener '''Lykomanie''') wird die [[Wahn]]&shy;vorstellung eines Menschen bezeichnet, in einen Wolf verwandelt zu sein oder zu werden. Sie kann als seltenes Symptom bei [[Psychiatrie|psychiatrischen Erkrankungen]] auftreten. Vor allem in englischsprachigen Veröffentlichungen wird Lykanthropie auch verallgemeinernd als Bezeichnung für [[klinische Zooanthropie]] verwendet, also die Wahnvorstellung, in ein (beliebiges) Tier verwandelt zu sein.<ref>Vgl. {{Literatur |Autor=J. Kräenbring, N. Zellner und J. Warninghoff |Titel=Seltener Wahninhalt Zooanthropie |Sammelwerk=Nervenarzt |Band=89 |Datum=2018 |Seiten=92 |DOI=10.1007/s00115-017-0285-3}}<br/>{{Literatur |Autor=P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich |Titel=Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens |Sammelwerk=Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie |Band=69 |Nummer=5 |Datum=2001 |Seiten=215 |DOI=10.1055/s-2001-13929}}</ref>

== Geschichte ==
Die Bezeichnung [[Lykanthropie]] geht zurück auf [[Lykaon (Arkadier)|König Lykäon]], welcher der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] zufolge als göttliche Strafe in einen Wolf verwandelt wurde.<ref>{{Literatur |Autor=[[Andreas Marneros]] |Titel=Außergewöhnliche Syndrome kurzgefasst: Lykanthropie |Sammelwerk=Die Psychiatrie |Band=8 |Nummer=2 |Datum=2011 |Seiten=126 |DOI=10.1055/s-0038-1671883}}</ref>

Das Phänomen der klinischen Lykanthropie gilt als eines der ältesten beschriebenen psychiatrischen Symptome und tritt weltweit auf, allerdings vergleichsweise selten.<ref>{{Literatur |Autor=Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof |Titel=Lykanthropie |Hrsg=Petra Garlipp und Horst Haltenhof |Sammelwerk=Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie |Verlag=Steinkopff |Ort=Berlin |Datum=2010 |Seiten=22 |DOI=10.1007/978-3-7985-1877-3_3}}</ref>

Unter 56 Fällen klinischer Zooanthropie, die in der medizinischen Fachliteratur von 1850 bis 2012 beschrieben wurden, waren 13 Fälle klinischer Lykanthropie vertreten.<ref>{{Literatur |Autor=Jan Dirk Blom |Titel=When doctors cry wolf: a systematic review of the literature on clinical lycanthropy |Sammelwerk=History of Psychiatry |Band=25 |Nummer=1 |Datum=2014 |Seiten=87–102 |DOI=10.1177/0957154X13512192 |Sprache=en}}</ref> Eine weitere [[Systematische Übersichtsarbeit|Übersichtsstudie]] zählte 20 Fälle klinischer Lykanthropie von 1852 bis 2020.<ref>{{Literatur |Autor=Sélim Benjamin Guessoum, Laelia Benoit, Sevan Minassian, Jasmina Mallet und Marie Rose Moro |Titel=Clinical Lycanthropy, Neurobiology, Culture: A Systematic Review |Sammelwerk=Frontiers in Psychiatry |Band=12 |Datum=2021 |ArtikelNr=718101 |Sprache=en |DOI=10.3389/fpsyt.2021.718101}}</ref>

== Hintergrund und Behandlung ==
Die gefühlte Gewissheit, sich in ein Tier zu verwandeln oder bereits verwandelt zu sein, kann als sekundäres [[Symptom|Wahnsymptom]] bei [[Schizophrenie|schizophrenen Psychosen]], [[Affektive Psychose|schizoaffektiven Psychosen]], [[Demenz]] sowie seltener bei [[Persönlichkeitsstörung]]en und als Folge der Einnahme [[Psychotrope Substanz|psychotroper Substanzen]] auftreten. Dabei ist die Ausprägung, z.&nbsp;B. bei der Art des Tieres, stark abhängig von kulturellen Faktoren. Die Behandlung zielt auf die Grunderkrankung ab und basiert auf [[Psychopharmaka|medikamentöser]] Therapie und [[Psychotherapie]]. Dabei gilt die klinische Lykanthropie als kurzfristiges Symptom, das in der Regel bald abklingt.<ref>{{Literatur |Autor=Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof |Titel=Lykanthropie |Hrsg=Petra Garlipp und Horst Haltenhof |Sammelwerk=Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie Diagnostik Therapie |Verlag=Steinkopff |Ort=Berlin |Datum=2010 |Seiten=22–26 |DOI=10.1007/978-3-7985-1877-3_3}}</ref>

== Literatur ==
* {{Literatur |Autor=Paul E. Keck, Harrison G. Pope, James I. Hudson, Susan L. McElroy und Aaron R. Kulick |Titel=Lycanthropy: alive and well in the twentieth century |Sammelwerk=Psychological Medicine |Band=18 |Nummer=1 |Datum=1988 |Seiten=113–120 |Sprache=en |DOI=10.1017/S003329170000194X}}


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />

{{Gesundheitshinweis}}


[[Kategorie:Psychische Störung]]
[[Kategorie:Psychische Störung]]

Version vom 8. Februar 2024, 22:35 Uhr

Klassifikation nach ICD-11
6E8Y Sonstige näher bezeichnete psychische Störungen, Verhaltensstörungen oder neuronale Entwicklungsstörungen [Lykanthropie]
MB26.0Y Sonstiger näher bezeichneter Wahn [Lykanthropie]
ICD-11: EnglischDeutsch (Entwurf)

Als Klinische Lykanthropie (seltener Lykomanie) wird die Wahn­vorstellung eines Menschen bezeichnet, in einen Wolf verwandelt zu sein oder zu werden. Sie kann als seltenes Symptom bei psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Vor allem in englischsprachigen Veröffentlichungen wird Lykanthropie auch verallgemeinernd als Bezeichnung für klinische Zooanthropie verwendet, also die Wahnvorstellung, in ein (beliebiges) Tier verwandelt zu sein.[1]

Geschichte

Die Bezeichnung Lykanthropie geht zurück auf König Lykäon, welcher der griechischen Mythologie zufolge als göttliche Strafe in einen Wolf verwandelt wurde.[2]

Das Phänomen der klinischen Lykanthropie gilt als eines der ältesten beschriebenen psychiatrischen Symptome und tritt weltweit auf, allerdings vergleichsweise selten.[3]

Unter 56 Fällen klinischer Zooanthropie, die in der medizinischen Fachliteratur von 1850 bis 2012 beschrieben wurden, waren 13 Fälle klinischer Lykanthropie vertreten.[4] Eine weitere Übersichtsstudie zählte 20 Fälle klinischer Lykanthropie von 1852 bis 2020.[5]

Hintergrund und Behandlung

Die gefühlte Gewissheit, sich in ein Tier zu verwandeln oder bereits verwandelt zu sein, kann als sekundäres Wahnsymptom bei schizophrenen Psychosen, schizoaffektiven Psychosen, Demenz sowie seltener bei Persönlichkeitsstörungen und als Folge der Einnahme psychotroper Substanzen auftreten. Dabei ist die Ausprägung, z. B. bei der Art des Tieres, stark abhängig von kulturellen Faktoren. Die Behandlung zielt auf die Grunderkrankung ab und basiert auf medikamentöser Therapie und Psychotherapie. Dabei gilt die klinische Lykanthropie als kurzfristiges Symptom, das in der Regel bald abklingt.[6]

Literatur

  • Paul E. Keck, Harrison G. Pope, James I. Hudson, Susan L. McElroy und Aaron R. Kulick: Lycanthropy: alive and well in the twentieth century. In: Psychological Medicine. Band 18, Nr. 1, 1988, S. 113–120, doi:10.1017/S003329170000194X (englisch).

Einzelnachweise

  1. Vgl. J. Kräenbring, N. Zellner und J. Warninghoff: Seltener Wahninhalt Zooanthropie. In: Nervenarzt. Band 89, 2018, S. 92, doi:10.1007/s00115-017-0285-3.
    P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich: Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens. In: Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie. Band 69, Nr. 5, 2001, S. 215, doi:10.1055/s-2001-13929.
  2. Andreas Marneros: Außergewöhnliche Syndrome kurzgefasst: Lykanthropie. In: Die Psychiatrie. Band 8, Nr. 2, 2011, S. 126, doi:10.1055/s-0038-1671883.
  3. Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof: Lykanthropie. In: Petra Garlipp und Horst Haltenhof (Hrsg.): Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie. Steinkopff, Berlin 2010, S. 22, doi:10.1007/978-3-7985-1877-3_3.
  4. Jan Dirk Blom: When doctors cry wolf: a systematic review of the literature on clinical lycanthropy. In: History of Psychiatry. Band 25, Nr. 1, 2014, S. 87–102, doi:10.1177/0957154X13512192 (englisch).
  5. Sélim Benjamin Guessoum, Laelia Benoit, Sevan Minassian, Jasmina Mallet und Marie Rose Moro: Clinical Lycanthropy, Neurobiology, Culture: A Systematic Review. In: Frontiers in Psychiatry. Band 12, 2021, 718101, doi:10.3389/fpsyt.2021.718101 (englisch).
  6. Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof: Lykanthropie. In: Petra Garlipp und Horst Haltenhof (Hrsg.): Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie. Steinkopff, Berlin 2010, S. 22–26, doi:10.1007/978-3-7985-1877-3_3.