„Therianthropie“ – Versionsunterschied

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'''Therianthropie''' (von [[Altgriechische Sprache|altgr.]] θηρίον ''therion'' „wildes Tier“ und {{lang|grc|ἄνθρωπος}} ''anthrōpos'' „Mensch“, auch '''Zooanthropie''') bezeichnet die Verwandlung (so genannte ''Theriomorphose'') eines [[Mensch]]en in ein [[Tier]] oder in ein Wesen, das sowohl menschliche als auch tierische Eigenschaften besitzt. Sie ist ein altbekanntes Motiv in Kunst und Kultur.
{{Belege fehlen|In der Einleitung sind keinerlei Quellen vorhanden.}}{{Infobox International Classification of Diseases 11
| Code-01 = 6E8Y
| Data-01 = Sonstige näher bezeichnete psychische Störungen, Verhaltensstörungen oder neuronale Entwicklungsstörungen [Lykanthropie]
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| Data-02 = Sonstiger näher bezeichneter Wahn [Lykanthropie]
}}
'''Therianthropie''' (von [[Altgriechische Sprache|altgr.]] θηρίον ''therion'' „wildes Tier“ und {{lang|grc|ἄνθρωπος}} ''anthrōpos'' „Mensch“) bezeichnet die Verwandlung (so genannte ''Theriomorphose'') eines [[Mensch]]en in ein [[Tier]] oder in ein Wesen, das sowohl menschliche als auch tierische Eigenschaften besitzt. Sie geschieht entweder im Rahmen von [[Mythos|Mythen]] oder rein [[spirituell]].


== Unterscheidung nach Tier ==
Die bekannteste Form der Therianthropie ist die Verwandlung in einen [[Werwolf]], auch als [[Lykanthropie]] bekannt. Der Begriff wird häufig auch auf andere Tiere ausgedehnt und damit gleichbedeutend zu Therianthropie verwendet.
Die Wahl des Tieres hängt davon ab, welchen Tieren in der jeweiligen Kultur Bedeutung zugesprochen wird.<ref>{{Literatur |Autor=Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof |Titel=Lykanthropie |Hrsg=Petra Garlipp und Horst Haltenhof |Sammelwerk=Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie |Verlag=Steinkopff |Ort=Berlin |Datum=2010 |Seiten=22 |DOI=10.1007/978-3-7985-1877-3_3}}<br />{{Literatur |Autor=P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich |Titel=Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens |Sammelwerk=Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie |Band=69 |Nummer=5 |Datum=2001 |Seiten=216 |DOI=10.1055/s-2001-13929}}</ref> Die bekannteste Form der Therianthropie ist die Verwandlung in einen [[Werwolf]], auch als [[Lykanthropie]] bekannt. Dieser Begriff wird in englischsprachigen Veröffentlichungen häufig auch auf andere Tiere ausgedehnt und damit gleichbedeutend zu Therianthropie verwendet.<ref>Vor allem im amerikanischen Englisch werden die Begriffe ''lycanthropy'' und ''zoanthropy'' oft synonym verwendet, vgl. {{Literatur |Autor=J. Kräenbring, N. Zellner und J. Warninghoff |Titel=Seltener Wahninhalt Zooanthropie |Sammelwerk=Nervenarzt |Band=89 |Datum=2018 |Seiten=92 |DOI=10.1007/s00115-017-0285-3}}<br/>{{Literatur |Autor=P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich |Titel=Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens |Sammelwerk=Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie |Band=69 |Nummer=5 |Datum=2001 |Seiten=215 |DOI=10.1055/s-2001-13929}}</ref> Weniger bekannt ist die [[Werkatze|Ailuranthropie]] oder Galeanthropie, also Verwandlung in eine (Wer-)Katze, die Kynanthropie (Verwandlung in einen Hund) sowie die Boanthropie (Verwandlung in ein Rind).<ref>Vgl. {{Literatur |Autor=Jan Dirk Blom |Titel=When doctors cry wolf: a systematic review of the literature on clinical lycanthropy |Sammelwerk=History of Psychiatry |Band=25 |Nummer=1 |Datum=2014 |Seiten=87–102 |DOI=10.1177/0957154X13512192 |Sprache=en}}</ref>
Weitere Beispiele sind bestimmte [[Totemismus|totemistische]] Ideen im [[Schamanismus]] oder die Darstellungen des ägyptischen Gottes [[Re (Ägyptische Mythologie)|Ra]] als Mensch mit Falkenkopf.


== Geschichte ==
Im Mittelalter und bei vielen sogenannten „[[Naturvolk|Naturvölkern]]“ gehörte Therianthropie zum Weltbild der Menschen. Im Zuge der Aufklärung wurden Menschen, die glaubten, sich in ein Tier verwandeln zu können, zunehmend als [[psychische Störung|psychisch krank]] eingeordnet.
{{Belege fehlen}}
Bereits prähistorische Darstellungen von [[Mischwesen]], unter anderem in [[Höhlenmalerei]]en aus der [[Drei-Brüder-Höhle]]<ref>Vgl. {{Internetquelle |url=https://www.britannica.com/place/Trois-Freres |titel=Trois Frères |werk=Britannica |sprache=en |abruf=2024-02-06}}</ref> oder als Skulpturen wie der [[Löwenmensch]] vom Lonetal, lassen sich entsprechend interpretieren. Ein weiteres Beispiel sind die Darstellungen des ägyptischen Gottes [[Re (Ägyptische Mythologie)|Ra]] als Mensch mit Falkenkopf, genauer handelt es sich dabei jedoch um [[Theriokephalie]] (Tierköpfigkeit). Allgemein wird in archäologischen Zusammenhängen oft von Therianthropie oder Zooanthropie gesprochen, wenn es um Mensch-Tier-Mischwesen geht.


Als Untergruppe der [[Metamorphose (Mythologie)|mythologischen Metamorphosen]] ist die Verwandlung eines Menschen in ein Tier unter anderem aus der [[Griechische Mythologie|griechischen Mythologie]] bekannt. Im Mittelalter und bei vielen sogenannten „[[Naturvolk|Naturvölkern]]“ (zum Beispiel in [[Skinwalker]]-Erzählungen) gehörte Therianthropie zum Weltbild der Menschen. In der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] wurde Lykanthropie in Europa mit Teufelsbesessenheit oder Hexerei in Verbindung gebracht. Im Zuge der Aufklärung wurden Menschen, die glaubten, sich in ein Tier verwandeln zu können, zunehmend als [[psychische Störung|psychisch krank]] eingeordnet.
== Wissenschaftliche Einstufung ==
Der Begriff ''Therianthropie'' wird vor allem über [[Soziales Netzwerk (Internet)|soziale Netzwerke]] verbreitet. Gerade im Jahr 2021 wurde der Begriff auf Plattformen wie [[TikTok]] zum Trend und Suchanfragen im Internet erhöhten sich.<ref>{{Internetquelle |autor=Caleb Hammond |url=https://www.moviemaker.com/wolf-nathalie-biancheri-species-dysphoria/ |titel=Writer-Director Nathalie Biancheri Uses Species Dysphoria as a Jumping Off Point to Explore Identity |werk=MovieMaker |datum=2021-12-08 |sprache=en-US |abruf=2023-08-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.tiktok.com/search?lang=de-DE&q=%23therian |titel=#Therian |werk=[[TikTok]] |sprache= |abruf=2023-08-13}}</ref><ref>vgl. [[Google Trends]]</ref> Wissenschaftliche Untersuchungen, spezifisch zum Phänomen der Therianthropie, existieren zum aktuellen Zeitpunkt nur vereinzelt. Klinisch wird Therianthropie als Lykanthropie bezeichnet.<ref>{{Literatur |Autor=P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof, D. E. Dietrich |Titel=Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens |Hrsg=[[Peter Falkai]] |Sammelwerk=Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie |Band=69 |Nummer=5 |Verlag=[[Ludwig-Maximilians-Universität München|LMU München]] / [[Thieme Gruppe|Georg Thieme]] |Ort=München / Stuttgart / New York |Datum=2001 |ISSN=0720-4299}}</ref><ref name=":0">{{Literatur |Autor=Petra Garlipp, Detlef Dietrich, Horst Haltenhof |Titel=Seltene Wahnstörungen |Verlag=Dr. Dietrich Steinkopff Verlag |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2009 |ISBN=9783798518766 |Kapitel=Lykanthropie |Seiten=22 ff.}}</ref> Zur [[Differentialdiagnose]] werden folgende Punkte genannt:<ref name=":0" />


== Schamanismus ==
* Der Betroffene berichtet, dass er sich als Tier fühlt oder sich Phasenweise als Tier fühlt;
Die Identifikation mit einem Tier spielt in verschiedenen [[Schamanismus|schamanistischen]] Ritualen und für bestimmte [[Totemismus|totemistische]] Ideen eine Rolle. Bisweilen werden auch durch Drogeneinfluss entsprechende Wahnvorstellungen ausgelöst, sodass keine klare Abgrenzung zur [[Klinische Zooanthropie|klinischen Therianthropie]] besteht.<ref>Vgl. {{Literatur |Autor=P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich |Titel=Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens |Sammelwerk=Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie |Band=69 |Nummer=5 |Datum=2001 |Seiten=217 |DOI=10.1055/s-2001-13929}}</ref> Manchmal wird die kurzzeitige Übernahme tierischer Verhaltensweisen auch durch die Verbundenheit mit einem [[Krafttier|Tiergeist]] erklärt.<ref>Vgl. {{Literatur |Autor=Michael Oppitz |Titel=Kultur-Tiger |Hrsg=Thomas Kaiser |Sammelwerk=Tigermenschen. Texte zur Tigerwandlung der Khasi Nordostindiens |Verlag=Völkerkundemuseum der Universität Zürich |Datum=2003 |Seiten=8 |Online=[https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/74451/ online]}}</ref>
* Der Betroffene ahmt tierähnliche Verhaltensweisen nach.
Abweichend von der neurologisch-psychiatrischen Definition kann Therianthropie auch als [[Esoterik|esoterisches]] Weltbild verstanden werden, wobei erstere Definition auf Personen anzuwenden ist, die sich tatsächlich als Tier [[Identität|identifizieren]], letztere auf Personen, die sich im Rahmen von Esoterik oder [[Okkultismus]] lediglich temporär vorstellen, sie seien mit einem [[Krafttier|Tiergeist]] verbunden.<ref>{{Literatur |Autor=Natalie Bricker |Titel=Life Stories of Therianthropes: An Analysis of Nonhuman Identity in a Narrative Identity Model |Verlag=[[Lake Forest College]] Publications |Ort=Lake Forest (Illinois) |Datum=2016}}</ref>


== Literatur und Weblinks ==
== Literatur und Film ==
In der Literatur ist die Verwandlung eines Menschen in ein Tier ein beliebtes [[Motiv (Literatur)|Motiv]]. Zahlreiche Beispiele sind in den [[Metamorphosen (Ovid)|Metamorphosen]] des [[Ovid]] aus der Antike zu finden. Sehr bekannt ist ''[[Die Verwandlung]]'', eine Erzählung von [[Franz Kafka]]. Auch in einigen von [[Grimms Märchen]] spielen Verwandlungen in Tiere eine Rolle. Viele [[Formwandler|Gestaltwandler]] aus Fantasy- und Science-Fiction-Werken können eine Tierform annehmen.


Um die Verwandlung eines Menschen in einen Hund dreht sich beispielsweise die Filmkömodie ''[[Der unheimliche Zotti|The Shaggy Dog]]'' (1959), deren Vorlage der Roman ''[[Der Hund von Florenz]]'' (1923) war und zu der mehrere Fortsetzungen und Neuverfilmungen entstanden.<ref>Vgl. {{Literatur |Autor=Dick Tomasovic |Titel=Du poil à la patte. La thérianthropie selon Disney |Sammelwerk=La septième obsession |Nummer=34 |Datum=2021 |Seiten=90–92 |Sprache=fr |Online=[https://orbi.uliege.be/bitstream/2268/291786/1/animaux%20poil%20pattes.pdf PDF]}}</ref>
* Petra Garlipp, [[et al.]]: Seltene Wahnstörungen – Psychopathologie, Diagnostik, Therapie. [[Dr. Dietrich Steinkopff Verlag]], 2009, ISBN 978-3-7985-1876-6.
* reporter ([[Funk (Medienangebot)|Funk]]): [https://www.zdf.de/funk/reporter-11853/funk-sie-sieht-sich-nicht-als-mensch--alice-ist-teil-der-otherkin-community-102.html Sie sieht sich nicht als Mensch]. [[Zdf.de|ZDF.de]], 2022 [barrierefrei abrufbar].


== Siehe auch ==
== Subkulturen ==
Als Therianthropen oder ''therian'' bezeichnen sich auch Personen, die sich als Tier [[Identität|identifizieren]].<ref>{{Literatur |Autor=O. Scribner |Titel=Otherkin Lexicon. A Multi-Lingual Dictionary of Jargon Used in the Communities of Otherkin, Therianthropes, and Other Similar Peoples |Datum=2013-01-21 |Seiten=31 |Sprache=en |Online=[https://frameacloud.com/wp-content/uploads/2014/07/Scribner_Lexicon_0-1.pdf PDF]}}</ref><ref>Thomas Lerner: {{Webarchiv |url=https://www.dn.se/insidan/insidan-hem/ibland-far-jag-lust-att-yla-som-en-varg |wayback=20110909073826 |text=”Ibland får jag lust att yla som en varg” (DN.se, 7. April 2010)}} (schwedisch)</ref> Sie bilden einen Teil der [[Otherkin]]-Subkultur.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.zdf.de/funk/reporter-11853/funk-sie-sieht-sich-nicht-als-mensch--alice-ist-teil-der-otherkin-community-102.html |autor=reporter ([[Funk (Medienangebot)|Funk]]) |titel=Sie sieht sich nicht als Mensch – Alice ist Teil der Otherkin Community |werk=[[Zdf.de|ZDF.de]] |datum=2022-01-21 |abruf=2024-02-08}}</ref> Dies kann, muss aber nicht in den Rahmen eines [[Esoterik|esoterischen]] Weltbildes fallen.<ref>{{Literatur |Autor=Natalie Bricker |Titel=Life Stories of Therianthropes: An Analysis of Nonhuman Identity in a Narrative Identity Model |Verlag=[[Lake Forest College]] Publications |Ort=Lake Forest (Illinois) |Datum=2016 |Sprache=en}}</ref> Es gibt auch Überschneidungen mit der [[Furry]]-Subkultur.<ref>{{Literatur |Autor=Courtney N. Plante, Stephen Reysen, Sharon E. Roberts und Kathleen C. Gerbasi |Titel=FurScience! A Summary of Five Years of Research from the International Anthropomorphic Research Project |Ort=Waterloo, Ontario |Datum=2016 |Seiten=112 |Sprache=en |Online=[https://furscience.com/wp-content/uploads/2017/10/Fur-Science-Final-pdf-for-Website_2017_10_18.pdf PDF]}}</ref>
* [[Formwandler]]
<!-- folgendes ist nicht belegt bzw. die Belege passen nicht zur Aussage: Der Begriff ''Therianthropie'' wird vor allem über [[Soziales Netzwerk (Internet)|soziale Netzwerke]] verbreitet. Gerade im Jahr 2021 wurde der Begriff auf Plattformen wie [[TikTok]] zum Trend und Suchanfragen im Internet erhöhten sich.<ref>{{Internetquelle |autor=Caleb Hammond |url=https://www.moviemaker.com/wolf-nathalie-biancheri-species-dysphoria/ |titel=Writer-Director Nathalie Biancheri Uses Species Dysphoria as a Jumping Off Point to Explore Identity |werk=MovieMaker |datum=2021-12-08 |sprache=en-US |abruf=2023-08-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.tiktok.com/search?lang=de-DE&q=%23therian |titel=#Therian |werk=[[TikTok]] |abruf=2023-08-13}}</ref><ref>vgl. [[Google Trends]]</ref> -->
* [[Petplay]]

Eine andere Subkultur stellt die [[Petplay]]-Szene dar, in der Menschen zeitweise die Rolle eines Tieres einnehmen.<ref>Vgl. {{Literatur |Autor=Katja Wollmer |Titel=Die wollen doch nur spielen! Einblicke in die Subkultur des Petplay |Ort=Gießen |Datum=2020 |Seiten=131 |DOI=10.30820/9783837974553}}</ref>

== Psychiatrie ==
Die wahnhafte Vorstellung, in ein Tier verwandelt zu sein, wird als [[Klinische Zooanthropie|klinische Therianthropie]] bezeichnet. Sie ist ein seltenes Phänomen.<ref>{{Literatur |Autor=Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof |Titel=Lykanthropie |Hrsg=Petra Garlipp und Horst Haltenhof |Sammelwerk=Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie |Verlag=Steinkopff |Ort=Berlin |Datum=2010 |Seiten=22–26 |DOI=10.1007/978-3-7985-1877-3_3}}</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
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[[Kategorie:Esoterik]]
[[Kategorie:Stoff oder Motiv in Kunst, Kultur und Medien]]
[[Kategorie:Thema, Stoff oder Motiv in der Mythologie]]
[[Kategorie:Tiere in der Kultur]]
[[Kategorie:Tiere in der Kultur]]
[[Kategorie:Psychische Störung]]
[[Kategorie:Esoterik]]

Version vom 9. Februar 2024, 11:33 Uhr

Therianthropie (von altgr. θηρίον therion „wildes Tier“ und ἄνθρωπος anthrōpos „Mensch“, auch Zooanthropie) bezeichnet die Verwandlung (so genannte Theriomorphose) eines Menschen in ein Tier oder in ein Wesen, das sowohl menschliche als auch tierische Eigenschaften besitzt. Sie ist ein altbekanntes Motiv in Kunst und Kultur.

Unterscheidung nach Tier

Die Wahl des Tieres hängt davon ab, welchen Tieren in der jeweiligen Kultur Bedeutung zugesprochen wird.[1] Die bekannteste Form der Therianthropie ist die Verwandlung in einen Werwolf, auch als Lykanthropie bekannt. Dieser Begriff wird in englischsprachigen Veröffentlichungen häufig auch auf andere Tiere ausgedehnt und damit gleichbedeutend zu Therianthropie verwendet.[2] Weniger bekannt ist die Ailuranthropie oder Galeanthropie, also Verwandlung in eine (Wer-)Katze, die Kynanthropie (Verwandlung in einen Hund) sowie die Boanthropie (Verwandlung in ein Rind).[3]

Geschichte

Bereits prähistorische Darstellungen von Mischwesen, unter anderem in Höhlenmalereien aus der Drei-Brüder-Höhle[4] oder als Skulpturen wie der Löwenmensch vom Lonetal, lassen sich entsprechend interpretieren. Ein weiteres Beispiel sind die Darstellungen des ägyptischen Gottes Ra als Mensch mit Falkenkopf, genauer handelt es sich dabei jedoch um Theriokephalie (Tierköpfigkeit). Allgemein wird in archäologischen Zusammenhängen oft von Therianthropie oder Zooanthropie gesprochen, wenn es um Mensch-Tier-Mischwesen geht.

Als Untergruppe der mythologischen Metamorphosen ist die Verwandlung eines Menschen in ein Tier unter anderem aus der griechischen Mythologie bekannt. Im Mittelalter und bei vielen sogenannten „Naturvölkern“ (zum Beispiel in Skinwalker-Erzählungen) gehörte Therianthropie zum Weltbild der Menschen. In der frühen Neuzeit wurde Lykanthropie in Europa mit Teufelsbesessenheit oder Hexerei in Verbindung gebracht. Im Zuge der Aufklärung wurden Menschen, die glaubten, sich in ein Tier verwandeln zu können, zunehmend als psychisch krank eingeordnet.

Schamanismus

Die Identifikation mit einem Tier spielt in verschiedenen schamanistischen Ritualen und für bestimmte totemistische Ideen eine Rolle. Bisweilen werden auch durch Drogeneinfluss entsprechende Wahnvorstellungen ausgelöst, sodass keine klare Abgrenzung zur klinischen Therianthropie besteht.[5] Manchmal wird die kurzzeitige Übernahme tierischer Verhaltensweisen auch durch die Verbundenheit mit einem Tiergeist erklärt.[6]

Literatur und Film

In der Literatur ist die Verwandlung eines Menschen in ein Tier ein beliebtes Motiv. Zahlreiche Beispiele sind in den Metamorphosen des Ovid aus der Antike zu finden. Sehr bekannt ist Die Verwandlung, eine Erzählung von Franz Kafka. Auch in einigen von Grimms Märchen spielen Verwandlungen in Tiere eine Rolle. Viele Gestaltwandler aus Fantasy- und Science-Fiction-Werken können eine Tierform annehmen.

Um die Verwandlung eines Menschen in einen Hund dreht sich beispielsweise die Filmkömodie The Shaggy Dog (1959), deren Vorlage der Roman Der Hund von Florenz (1923) war und zu der mehrere Fortsetzungen und Neuverfilmungen entstanden.[7]

Subkulturen

Als Therianthropen oder therian bezeichnen sich auch Personen, die sich als Tier identifizieren.[8][9] Sie bilden einen Teil der Otherkin-Subkultur.[10] Dies kann, muss aber nicht in den Rahmen eines esoterischen Weltbildes fallen.[11] Es gibt auch Überschneidungen mit der Furry-Subkultur.[12]

Eine andere Subkultur stellt die Petplay-Szene dar, in der Menschen zeitweise die Rolle eines Tieres einnehmen.[13]

Psychiatrie

Die wahnhafte Vorstellung, in ein Tier verwandelt zu sein, wird als klinische Therianthropie bezeichnet. Sie ist ein seltenes Phänomen.[14]

Einzelnachweise

  1. Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof: Lykanthropie. In: Petra Garlipp und Horst Haltenhof (Hrsg.): Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie. Steinkopff, Berlin 2010, S. 22, doi:10.1007/978-3-7985-1877-3_3.
    P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich: Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens. In: Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie. Band 69, Nr. 5, 2001, S. 216, doi:10.1055/s-2001-13929.
  2. Vor allem im amerikanischen Englisch werden die Begriffe lycanthropy und zoanthropy oft synonym verwendet, vgl. J. Kräenbring, N. Zellner und J. Warninghoff: Seltener Wahninhalt Zooanthropie. In: Nervenarzt. Band 89, 2018, S. 92, doi:10.1007/s00115-017-0285-3.
    P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich: Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens. In: Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie. Band 69, Nr. 5, 2001, S. 215, doi:10.1055/s-2001-13929.
  3. Vgl. Jan Dirk Blom: When doctors cry wolf: a systematic review of the literature on clinical lycanthropy. In: History of Psychiatry. Band 25, Nr. 1, 2014, S. 87–102, doi:10.1177/0957154X13512192 (englisch).
  4. Vgl. Trois Frères. In: Britannica. Abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  5. Vgl. P. Garlipp, T. Gödecke-Koch, H. Haltenhof und D. E. Dietrich: Lykanthropie/Zooanthropismus – Erörterung eines psychopathologischen Phänomens. In: Fortschritte der Neurologie · Psychiatrie. Band 69, Nr. 5, 2001, S. 217, doi:10.1055/s-2001-13929.
  6. Vgl. Michael Oppitz: Kultur-Tiger. In: Thomas Kaiser (Hrsg.): Tigermenschen. Texte zur Tigerwandlung der Khasi Nordostindiens. Völkerkundemuseum der Universität Zürich, 2003, S. 8 (online).
  7. Vgl. Dick Tomasovic: Du poil à la patte. La thérianthropie selon Disney. In: La septième obsession. Nr. 34, 2021, S. 90–92 (französisch, PDF).
  8. O. Scribner: Otherkin Lexicon. A Multi-Lingual Dictionary of Jargon Used in the Communities of Otherkin, Therianthropes, and Other Similar Peoples. 21. Januar 2013, S. 31 (englisch, PDF).
  9. Thomas Lerner: ”Ibland får jag lust att yla som en varg” (DN.se, 7. April 2010) (Memento vom 9. September 2011 im Internet Archive) (schwedisch)
  10. reporter (Funk): Sie sieht sich nicht als Mensch – Alice ist Teil der Otherkin Community. In: ZDF.de. 21. Januar 2022, abgerufen am 8. Februar 2024.
  11. Natalie Bricker: Life Stories of Therianthropes: An Analysis of Nonhuman Identity in a Narrative Identity Model. Lake Forest College Publications, Lake Forest (Illinois) 2016 (englisch).
  12. Courtney N. Plante, Stephen Reysen, Sharon E. Roberts und Kathleen C. Gerbasi: FurScience! A Summary of Five Years of Research from the International Anthropomorphic Research Project. Waterloo, Ontario 2016, S. 112 (englisch, PDF).
  13. Vgl. Katja Wollmer: Die wollen doch nur spielen! Einblicke in die Subkultur des Petplay. Gießen 2020, S. 131, doi:10.30820/9783837974553.
  14. Petra Garlipp, Detlef E. Dietrich und Horst Haltenhof: Lykanthropie. In: Petra Garlipp und Horst Haltenhof (Hrsg.): Seltene Wahnstörungen. Psychopathologie – Diagnostik – Therapie. Steinkopff, Berlin 2010, S. 22–26, doi:10.1007/978-3-7985-1877-3_3.