„Beobachter (Regelungstechnik)“ – Versionsunterschied

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Version vom 5. Juni 2009, 07:45 Uhr

Ein Beobachter ist ein System, das unter Verwendung eines Modells aus bekannten Eingangsgrößen (z. B. Stellgrößen oder messbaren Störgrößen) und Messgrößen nicht messbare Größen (Zustände) rekonstruiert. Er wird einerseits in der Regelungstechnik beim Einsatz von Zustandsreglern zur Rekonstruktion nicht messbarer Zustandsgrößen, anderseits in der Messtechnik als Ersatz einer technisch oder wirtschaftlich nicht möglichen Messung eingesetzt.

Ein Beobachter bildet das System in einem Modell nach und beinhaltet einen Regler, der die messbaren Zustandsgrößen nachführt.

Prinzipdarstellung von Strecke und Beobachter

Eine durchgängige Theorie wurde ab 1964 von dem amerikanischen Regelungstechniker David Luenberger für lineare Systemmodelle und einer konstanten proportionalen Rückführung des Fehlers entwickelt.

Das Verfahren kann prinzipiell auf nichtlineare Modelle erweitert werden.[FOE:NL2 1]

Ein Beobachter kann nur dann entworfen werden, wenn das System über die vorhandenen Messgrößen beobachtbar ist. Daher ist die Feststellung der Beobachtbarkeit anhand von Kriterien notwendige Voraussetzung für den Beobachterentwurf.

Beobachter werden heutzutage (2009) als Rechnerprogramme realisiert.

Luenberger-Beobachter

Blockdiagramm Luenberger-Beobachter :Fehlerbehebung: Der Eingang von L muss als gebildet werden.

Die Idee von Luenberger 1964 beruht auf einer Parallelschaltung vom Beobachter zum Regelstreckenmodell[LUN:RT2 1]. Dabei wird die Differenz zwischen dem Messwert der Strecke und dem "Messwert" des Beobachters, also auf das Modell zurückgeführt. Damit kann der Beobachter auf Störungen beziehungsweise eigene Ungenauigkeiten reagieren. Die grundsätzliche Gleichung des Beobachters ist:

mit

dabei bestimmt sich

somit ergibt sich für den Beobachter

Für den Beobachtungsfehler eines Luenberger-Beobachters gilt daher , wenn alle Eigenwerte der Matrix negative Realteile besitzen.

Die Bestimmung der Rückführung erfolgt analog zum Reglerentwurf durch Polvorgabe indem folgende Ersetzungen vorgenommen werden[FOE:RT 1]:

statt
statt
statt


Das Beispielsystem hat die Eigenwerte und . Damit der Beobachter dem System folgen kann müssen dessen Eigenwerte links von denen des Systems liegen. Diese Forderung ist für erfüllt. Die charakteristische Gleichung lautet in diesem Fall

und damit und . Die Rückführmatrix ist damit

.

Für den vollständigen Beobachter lautet die Differenzialgleichung

.

Definition vollständiger Beobachtbarkeit

Blockdiagramm Zustandsraumdarstellung

Die Zustandsraumdarstellung eines linearen Systems lautet

.

Das System ist beobachtbar, wenn bei bekannter Steuerfunktion und bekannten Matrizen und aus dem Verlauf des Ausgangsvektors über ein endliches Zeitintervall der Anfangszustand eindeutig bestimmt werden kann.

Im folgenden wird als Beispiel ein System mit einem Eingang und einem Ausgang (SISO: Single Input, Single Output)

verwendet. Es beschreibt die Reihenschaltung von zwei PT1-Gliedern mit den Zeitkonstanten und .

Definition strukturelle Beobachtbarkeit[LUN:RT2 2]

Systeme können aus zwei Gründen nicht beobachtbar sein. Erster Grund ist eine konkrete Parameterkombination, die zur Nichtbeobachtbarkeit führt. Zweiter Grund ist die Struktur des Systems, die dazu führt, dass bei beliebiger Besetzung der Nichtnullelmente der Systemmatrix das System nicht beobachtbar ist. Dies ist der Fall, wenn notwendige Signalkopplngen zwischen Zustands- und Messgrößen fehlen. Für die Praxis, bei der die Nichtnullelemente von physikalischen Parametern abhängig ist, bedeutet das, dass das System bei keiner Kombination von Parametern beobachtbar ist.

Damit ist die strukturelle Beobachtbarkeit leicht nachzuweisen, wenn gezeigt werden kann, dass eine bestimmte Parameterkombination (z.B. alle Nichtnullelemente==1) zu ein vollständig beobachtbares System beschreibt. Um nachzweisen, dass ein System strukturell nicht beobachtbar ist, müssen graphentheoretische Verfahren eingesetzt werden.


Nachweis vollständiger Beobachtbarkeit

Strukturelle Beobachtbarkeit ist eine notwendige Bedingung für die vollständige Steuerbarkeit. Jedoch werden zumeist nur die folgenden Beobachtbarkeitskriterien genutzt, um eine vollständige Beobachtbarkeit nachzuweisen.

Das Beobachtbarkeitskriterium nach Kalman ist relativ einfach zu bestimmen, jedoch kann man dabei die Beobachtbarkeit nicht auf einzelne Eigenvorgänge beziehungsweise Eigenwerte beziehen. Dies kann mit Hilfe des Gilbert- und des Hautuskriteriums geschehen.

Beobachtbarkeitskriterium von Kalman

Das System (A,C) ist genau dann nach Kalman vollständig beobachtbar[LUN:RT2 3], wenn die Beobachtbarkeitsmatrix den Rang hat bzw. deren Determinante im Falle nur einer Messgröße ungleich 0 ist:

mit

Für das Beispielsystem gilt

und

mit der Beobachtbarkeitsmatrix

.

Es gilt und damit ist der Rang gleich 2. Das System ist vollständig beobachtbar.

Beobachtbarkeitskriterium von Gilbert

Wenn das Modell in kanonischer Normalform (Jordansche Normalform)

mit

und als Matrix der Eigenvektoren vorliegt, gilt das Kriterium von Gilbert[LUN:RT2 4]:

Ein System , dessen Zustandsraummodell in kanonischer Normalform vorliegt, ist genau dann vollständig beobachtbar, wenn die Matrix keine Nullspalte besitzt und wenn die p Spalten , der Matrix , die zu den kanonischen Zustandsvariablen eines p-fachen Eigenwerts gehören, linear unabhängig sind.

Die kanonische Normalform des Beispielsystems lautet

Die Matrix besitzt nur Spalten (hier Elemente) ungleich 0. Der Test auf lineare Abhängigkeit entfällt hier, da das System einfache Eigenwerte hat.

Das System ist vollständig beobachtbar.

Beobachtbarkeitskriterium von Hautus

Das System (A,C) ist genau dann vollständig beobachtbar nach Hautus[LUN:RT2 4], wenn die Bedingung:

für alle Eingenwerte der Matrix A erfüllt ist.

Die Systemmatrix des Beispiels hat die Eigenwerte und . Für beide Eigenwerte ist die Bedingung

erfüllt. Das System ist also vollständig beobachtbar.

Beobachtbarkeit von Abtastsystemen

Die oben genannten Beziehungen gelten auch für Abtastsysteme, wenn durch die Transitionsmatrix ersetzt wird. Nach [LUN:RT2 5] kann die Überprüfung vereinfacht werden, indem zunächst die Bedingungen für das kontinuierliche System geprüft werden und dann die Zusatzbedingung

für

erfüllt ist.

Beobachter-Normalform

Für ein System mit einem Eingang und einem Ausgang kann die Beobachter-Normalform unter anderem aus der zur Übertragungsfunktion äquivalenten Differentialgleichung bestimmt werden.

.

Das Beispielsystem hat die Übertragungsfunktion

.

Daraus folgt mit , und


Reduzierter Beobachter

Oft können einige Zustandsgrößen direkt gemessen werden. Damit ist es nicht notwendig, diese zu rekonstruieren. Ein reduzierter Beobachter kann daher hergeleitet werden, der nur noch die nicht gemessenen Zustandsgrößen rekonstruiert. Die Ordnung des reduzierten Beobachters ist gegenüber dem vollständigen Beobachter um die Anzahl der Messgrößen reduziert. Dieses Verfahren läßt sich auch für den Fall erweitern, dass die Messgrößen keine Zustandsgrößen sind.[LUN:RT2 6]

Nach Umsortieren der Matrizenzeilen in gemessene und beobachtete Zustände lautet die Zustandsraumdarstellung des Eingrößensystems

Die Zustandsgleichung des vollen Systems ist

und die des reduzierten Systems ist

Die Messgleichung des vollen Systems ist

und die des reduzierten Systems ist

Die Substitution

in die Gleichung des vollen Beobachters eingesetzt ergibt

In dieser Darstellung stört noch die zeitliche Ableitung von y. Die Transformation

ergibt die Gleichung

und daraus den geschätzten Zustandsvektor

Quellen

Otto Föllinger: Regelungstechnik, Einführung in die Methoden und ihre Anwendung. ISBN 3-7785-2336-8.

  1. Abschn. 13.7.2 / Formel (13.158)

Otto Föllinger: Nichtlineare Regelungen. 7., überarb. u. erw. Auflage. Band 2 Harmonische Balance, Popow- und Kreiskriterium, Hyperstabilität, Synthese im Zustandsraum. Oldenbourg, München 1993.

  1. Abschnitt 7.5

Jan Lunze: Regelungstechnik 2: Mehrgrößensysteme Digitale Regelung. 5. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-78462-3.

  1. Abschnitt 3.3.2
  2. Abschnitt 3.4
  3. Abschnitt 3.2.2
  4. a b Abschnitt 3.2.4
  5. Abschnitt 11.3.3
  6. Abschnitt 8.4

Siehe auch

Literatur

  • S.D.G. Cumming: Design of observers of reduced dynamics. Electronic Letters 5, 1961, S. 213–214.
  • D. G. Luenberger: Observing the state of a linear system. IEEE Transaction on Military Electronics, (8), 1964, S. 74–80.
  • R.E. Kalman and B. Bucy: New results in linear filtering and prediction theory. Trans ASME, Series D, Journal of Basic Engineering(ASME),83D, 1961, S. 98–108.
  • A. Gelb: Applied Optimal Estimation. The MIT press, Massachusetts Institute of Technology, Massachusetts 1974.
  • Otto Föllinger: Regelungstechnik, Einführung in die Methoden und ihre Anwendung. ISBN 3-7785-2336-8.