„Remipedia“ – Versionsunterschied

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Die '''Remipedia''' stellen eine [[Klasse (Biologie)|Klasse]] innerhalb der [[Krebstiere]] dar. Bislang sind aus dieser erst in den 1980er Jahren entdeckten Tiergruppe neun Arten bekannt, weitere werden in Höhlen mit Meereskontakt erwartet.
Die '''Remipedia''' stellen eine [[Klasse (Biologie)|Klasse]] innerhalb der [[Krebstiere]] dar. Bislang sind aus dieser erst in den 1980er Jahren entdeckten Tiergruppe vierundzwanzig Arten bekannt, weitere werden in Höhlen mit Meereskontakt erwartet. Bisher alle gefundenen Arten sind auf die Tropen beschränkt.


== Lebensweise der Remipedia ==
== Lebensweise der Remipedia ==


Die Remipedia wurden bei Tauchgängen in von Meerwasser überfluteten Kalksteinhöhlensystemen auf den [[Bahamas]] und der Halbinsel [[Yucatán (Halbinsel)|Yucatán]] sowie in Lavatunneln auf [[Lanzarote]] entdeckt. Gemeinsames Merkmal dieser Höhlen ist die Verbindung zum Meer sowie der Zugang vom Land. Aus diesem Grunde wird in den Höhlen das tiefe Meerwasser durch Süß- und Brackwasser überlagert (anchialine Höhlen). Die Remipedia leben dabei immer in der sauerstoffarmen Meerwasserzone unterhalb der Schichtungsgrenze.
Die Remipedia wurden bei Tauchgängen in von Meerwasser überfluteten Kalksteinhöhlensystemen auf den [[Bahamas]] und der Halbinsel [[Yucatán (Halbinsel)|Yucatán]] (hier "Cenotes" genannt) sowie in Lavatunneln auf [[Lanzarote]] entdeckt, jüngst auch in ähnlichen Lebensräumen in Westaustralien (Bundera Sinkhole, Cape Range Peninsula). Gemeinsames Merkmal dieser Höhlen ist die Verbindung zum Meer sowie der Zugang vom Land. Aus diesem Grunde wird in den Höhlen das tiefe Meerwasser durch Süß- und Brackwasser überlagert (anchialine Höhlen). Die Remipedia leben dabei immer in der sauerstoffarmen Meerwasserzone unterhalb der Schichtungsgrenze. Der Lebensraum ist recht lebensfeindlich und dadurch nahrungsarm.


Die Tiere leben räuberisch und fangen mit ihren [[Mundwerkzeuge]]n kleinere Krebse. Dies Verhalten wurde mit einer Garnele beobachtet, die von den Maxillen und dem Maxillipeden ergriffen und zum Mund geführt wurde. Mit ihren Schwimmbeinen bewegen sie sich durch das Wasser, wobei die Beine in einer Wellenbewegung fortlaufend geschlagen werden. Dieses Schwimmverhalten kann bei der Flucht in einen synchronen Schlag umgewandelt werden.
Die Tiere leben räuberisch und fangen mit ihren [[Mundwerkzeuge]]n kleinere Krebse. Dies Verhalten wurde mit einer Garnele beobachtet, die von den Maxillen und dem Maxillipeden ergriffen und zum Mund geführt wurde. Mit ihren Schwimmbeinen bewegen sie sich durch das Wasser, wobei die Beine in einer Wellenbewegung fortlaufend geschlagen werden. Dieses Schwimmverhalten kann bei der Flucht in einen synchronen Schlag umgewandelt werden.
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== Bau der Remipedia ==
== Bau der Remipedia ==


Die Remipedia sind farblose und augenlose [[Höhlentiere]], die eine Körperlänge von 9 bis 45 Millimetern erreichen. Ihr Körper ist in einen Kopf und einen Rumpf gegliedert, wobei der Rumpf aus einer arttypischen Anzahl von Segmenten (bei den bekannten Arten 16 bis 38) besteht. Diese Rumpfsegmente sind mit doppelästigen Schwimmbeinen bestückt, wobei die beiden Äste ([[Endopodit]] und [[Exopodit]], siehe auch [[Spaltbein]]) etwa gleich lang sind. Das letzte Körpersegment, das [[Telson]], trägt auf jeder Seite einen Anhang, die gemeinsam als [[Furca (Biologie)|Furca]] (auch Furka, lat. „Gabel“) bezeichnet werden.
Die Remipedia sind farblose und augenlose [[Höhlentiere]], die eine Körperlänge von 9 bis 45 Millimetern erreichen. Ihr Körper ist in einen Kopf und einen Rumpf gegliedert, wobei der Rumpf aus einer hohen Anzahl von Segmenten (bei den bekannten Arten 16 bis 38) besteht. Diese Rumpfsegmente sind alle mit in sich gleichartigen doppelästigen Schwimmbeinen bestückt, wobei die beiden Äste ([[Endopodit]] und [[Exopodit]], siehe auch [[Spaltbein]]) etwa gleich lang sind, die Extremitäten nehmen zum Hinterende hin an Länge ab. Gliedmaßenknospen an den hintersten Segmenten auch an geschlechtsreifen Tieren deuten darauf hin, dass die Tiere auch nach der Geschlechtsreife bei jeder Häutung Segmente hinzugewinnen. Das letzte Körpersegment, das [[Telson]], trägt auf jeder Seite einen Anhang, die gemeinsam als [[Furca (Biologie)|Furca]] (auch Furka, lat. „Gabel“) bezeichnet werden. Die Anatomie mit lediglich zwei Körperabschnitten (Tagmata) und die hohe Anzahl in sich gleichartiger Rumpfgliedmaßen gelten als Anzeichen eines besonders altertümlichen, wenig abgewandelten Körperbaus.


Der Kopf (Cephalon), in den das erste Rumpfsegment verschmolzen ist (erkennbar an einem [[Maxilliped]]en als [[Mundwerkzeuge|Mundwerkzeug]]), ist von einem Kopfschild bedeckt. Die 1. [[Fühler (Biologie)|Antenne]] ist zweiästig und relativ lang. Sie besitzt ein vergrößertes Grundglied, an dem mehrere Reihen von Sinnesrezeptoren (Aesthetasken) sitzen. Die 2. Antenne besteht ebenfalls aus zwei Ästen, wobei der Exopodit blattförmig und ständig Wasser über die Sinneszellen leitet. Die [[Mandibel]]n besitzen einen beweglichen Teil (Lacinia mobilis) und die beiden [[Maxille]]n sowie der Maxilliped sind als einästige Greifwerkzeuge konstruiert. Die 1. Maxille trägt die Öffnung einer großen Drüse, die vermutlich Verdauungsenzyme produziert.
Der Kopf (Cephalon), in den das erste Rumpfsegment verschmolzen ist (erkennbar an einem [[Maxilliped]]en als [[Mundwerkzeuge|Mundwerkzeug]]), ist von einem Kopfschild bedeckt. Die 1. [[Fühler (Biologie)|Antenne]] ist zweiästig und relativ lang. Sie besitzt ein vergrößertes Grundglied, an dem mehrere Reihen von Sinnesrezeptoren (Aesthetasken) sitzen. Die 2. Antenne besteht ebenfalls aus zwei Ästen, wobei der Exopodit blattförmig und ständig Wasser über die Sinneszellen leitet. Die [[Mandibel]]n besitzen einen beweglichen Teil (Lacinia mobilis) und die beiden [[Maxille]]n sowie der Maxilliped sind als einästige Greifwerkzeuge konstruiert. Die 1. Maxille trägt die Öffnung einer großen Drüse, die vermutlich Verdauungsenzyme produziert.
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== Fortpflanzung und Entwicklung ==
== Fortpflanzung und Entwicklung ==


Die Remipedia sind [[Hermaphroditismus|Zwitter]]. Sie besitzen ein [[Eierstock|Ovar]] oberhalb des Darmes mit Ausführgängen am 8. Rumpfsegment sowie [[Hoden]] mit Ausführgängen im Bereich des 14. Rumpfsegments. Dabei sind die Spermien in [[Spermatophore]]n zu jeweils sechs Spermien zusammengefasst.
Die Remipedia sind (simultane) [[Hermaphroditismus|Zwitter]]. Sie besitzen ein [[Eierstock|Ovar]] oberhalb des Darmes mit Ausführgängen am Protopoditen des Beinpaars am 7. Rumpfsegment sowie [[Hoden]] mit Ausführgängen im Bereich des 14. Rumpfsegments. Dabei sind die Spermien in [[Spermatophore]]n zu jeweils sechs Spermien zusammengefasst. Über die Paarung der Remipedia ist bislang nichts bekannt.


Die Entwicklung ist bisher bei einer Art ''Pleomothra apletocheles'', beschrieben worden, ihre Erforschung ist schwierig, weil sich die Tiere im Labor nicht lange lebend halten und gar nicht züchten lassen. Erstes Larvenstadium ist ein (Ortho-)[[Nauplius]]. Die weitere Entwicklung erfolgt über mindestens vier Metanauplius-Stadien. Bisher wurde nur ein einziges älteres Jungtier gefunden, das in seiner Morphologie bereits den adulten Tieren ähnelt. Bis zu diesem Stadium nehmen die Larven keine Nahrung auf, sie leben vom Dottervorrat aus dem Ei. Die Existenz weiterer Larvenstadien ist möglich, sie sind aber bisher nicht gefunden worden.
Über die Paarung und die Entwicklung der Remipedia ist bislang nichts bekannt.


== Systematik der Remipedia ==
== Systematik der Remipedia ==


Alle lebenden Remipedia gehören zur Ordnung Nectiopoda. Für zwei ausgestorbene, fossile Arten aus dem [[Karbon]] wurde die Ordnung Enantiopoda eingerichtet. Die lebenden Arten werden in drei Familien: Speleonectidae, Godzilliidae und Micropacteridae, mit insgesamt acht Gattungen eingeteilt.
Aufgrund ihres einheitlich gegliederten Körpers sowie vor allem der zweiästigen 1. Antenne werden die Remipedia heute den anderen Krebstieren (Eucrustacea) als Schwestergruppe gegenüber gestellt. Allerdings wird auch diskutiert, ob die Remipedia überhaupt den Krebstieren zugeschlagen werden oder ob sie ein eigenes basales [[Taxon]] innerhalb der [[Mandibeltiere]] bilden, welches den Krebstieren und den [[Tracheentiere]]n gemeinsam gegenüber gestellt werden muss. Die endgültige Entscheidung über diese Frage ist abhängig vom Fund der Larven der Remipedia, die als Krebse ein [[Nauplius]]auge ausgebildet haben müssen. Die neuesten Befunde sprechen für die Zuordnung zu den Höheren Krebsen/Malacostraca, vgl. Weblinks unten.

Die Stellung der Remipedia innerhalb des Systems der Krebstiere wird sehr kontrovers diskutiert. Verschiedene Taxonomen haben aus dem einfachen Körperbau den Schluss gezogen, dass es sich um eine besonders urtümliche Gruppe handelt, die basal innerhalb der Krebstiere, eventuell als Schwestergruppe aller anderen Crustacea, anzuordnen wäre. Die gleichfalls einfach gegliederten [[Cephalocarida]] wurden auch vielfach als Schwestergruppe betrachtet. Zahlreiche andere Gruppierungen, z.B. mit den [[Cirripedia]] oder den [[Malacostraca]] als Schwestergruppe werden aber zur Zeit diskutiert. In einigen Analysen gelten sie sogar als Schwestergruppe der [[Hexapoda]] (auch der [[Diplura]] oder [[Collembola]]), wären also ein basales Taxon der Tetraconata insgesamt und würden gar nicht zu den Krebstieren (im engeren Sinn) zählen. Wenn eine dieser Hypothesen zuträfe, wäre die einfache Körpergliederung eher als sekundäre Vereinfachung zu betrachten.


== Weiterführende Literatur ==
== Weiterführende Literatur ==
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* Fanenbruck, M. und S. Harzsch (2005): A brain atlas of Godzilliognomus frondosus Yager, 1989 (Remipedia, Godzilliidae) and comparison with the brain of Speleonectes tulumensis Yager, 1987 (Remipedia, Speleonectidae): implications for arthropod relationships. Arthropod Structure & Development 34(3); 343-378
* Fanenbruck, M. und S. Harzsch (2005): A brain atlas of Godzilliognomus frondosus Yager, 1989 (Remipedia, Godzilliidae) and comparison with the brain of Speleonectes tulumensis Yager, 1987 (Remipedia, Speleonectidae): implications for arthropod relationships. Arthropod Structure & Development 34(3); 343-378
* Fanenbruck, M., S. Harzsch, und J. W. Wägele (2004): The brain of the Remipedia (Crustacea) and an alternative hypothesis on their phylogenetic relationships; Proceedings of the National Academy of Sciences (USA) 101 (11), 3868-3873
* Fanenbruck, M., S. Harzsch, und J. W. Wägele (2004): The brain of the Remipedia (Crustacea) and an alternative hypothesis on their phylogenetic relationships; Proceedings of the National Academy of Sciences (USA) 101 (11), 3868-3873
* Stefan Koenemann, Jørgen Olesen, Frederike Alwes, Thomas M. Iliffe, Mario Hoenemann, Petra Ungerer, Carsten Wolff, Gerhard Scholtz (2009): The post-embryonic development of Remipedia (Crustacea)—additional results and new insights. Development Genes and Evolution 219: 131–145 {{doi|10.1007/s00427-009-0273-0}}
* Marco T. Neiber, Tamara R. Hartke, Torben Stemme, Alexandra Bergmann, Jes Rust, Thomas M. Iliffe, Stefan Koenemann (2011): Global Biodiversity and Phylogenetic Evaluation of Remipedia (Crustacea). PLoS ONE 6(5): e19627. {{doi|10.1371/journal.pone.0019627}} (open access).
* Schminke HK (1997): "Crustacea, Krebse"; in Westheide, Rieger (Hrsg.): "Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere"; Gustav Fischer Verlag
* Schminke HK (1997): "Crustacea, Krebse"; in Westheide, Rieger (Hrsg.): "Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere"; Gustav Fischer Verlag
* Schram F, Yager J, Emerson MJ (1986): "Remipedia. Part I. Systematics"; San Diego Society Natural History Memoir 15, 1-60
* Schram F, Yager J, Emerson MJ (1986): "Remipedia. Part I. Systematics"; San Diego Society Natural History Memoir 15, 1-60

Version vom 29. Oktober 2011, 23:33 Uhr

Remipedia
Systematik
Überstamm: Häutungstiere (Ecdysozoa)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Unterstamm: Krebstiere (Crustacea)
Klasse: Remipedia
Wissenschaftlicher Name
Remipedia
Yager, 1981
Ordnungen

Die Remipedia stellen eine Klasse innerhalb der Krebstiere dar. Bislang sind aus dieser erst in den 1980er Jahren entdeckten Tiergruppe vierundzwanzig Arten bekannt, weitere werden in Höhlen mit Meereskontakt erwartet. Bisher alle gefundenen Arten sind auf die Tropen beschränkt.

Lebensweise der Remipedia

Die Remipedia wurden bei Tauchgängen in von Meerwasser überfluteten Kalksteinhöhlensystemen auf den Bahamas und der Halbinsel Yucatán (hier "Cenotes" genannt) sowie in Lavatunneln auf Lanzarote entdeckt, jüngst auch in ähnlichen Lebensräumen in Westaustralien (Bundera Sinkhole, Cape Range Peninsula). Gemeinsames Merkmal dieser Höhlen ist die Verbindung zum Meer sowie der Zugang vom Land. Aus diesem Grunde wird in den Höhlen das tiefe Meerwasser durch Süß- und Brackwasser überlagert (anchialine Höhlen). Die Remipedia leben dabei immer in der sauerstoffarmen Meerwasserzone unterhalb der Schichtungsgrenze. Der Lebensraum ist recht lebensfeindlich und dadurch nahrungsarm.

Die Tiere leben räuberisch und fangen mit ihren Mundwerkzeugen kleinere Krebse. Dies Verhalten wurde mit einer Garnele beobachtet, die von den Maxillen und dem Maxillipeden ergriffen und zum Mund geführt wurde. Mit ihren Schwimmbeinen bewegen sie sich durch das Wasser, wobei die Beine in einer Wellenbewegung fortlaufend geschlagen werden. Dieses Schwimmverhalten kann bei der Flucht in einen synchronen Schlag umgewandelt werden.

Bau der Remipedia

Die Remipedia sind farblose und augenlose Höhlentiere, die eine Körperlänge von 9 bis 45 Millimetern erreichen. Ihr Körper ist in einen Kopf und einen Rumpf gegliedert, wobei der Rumpf aus einer hohen Anzahl von Segmenten (bei den bekannten Arten 16 bis 38) besteht. Diese Rumpfsegmente sind alle mit in sich gleichartigen doppelästigen Schwimmbeinen bestückt, wobei die beiden Äste (Endopodit und Exopodit, siehe auch Spaltbein) etwa gleich lang sind, die Extremitäten nehmen zum Hinterende hin an Länge ab. Gliedmaßenknospen an den hintersten Segmenten auch an geschlechtsreifen Tieren deuten darauf hin, dass die Tiere auch nach der Geschlechtsreife bei jeder Häutung Segmente hinzugewinnen. Das letzte Körpersegment, das Telson, trägt auf jeder Seite einen Anhang, die gemeinsam als Furca (auch Furka, lat. „Gabel“) bezeichnet werden. Die Anatomie mit lediglich zwei Körperabschnitten (Tagmata) und die hohe Anzahl in sich gleichartiger Rumpfgliedmaßen gelten als Anzeichen eines besonders altertümlichen, wenig abgewandelten Körperbaus.

Der Kopf (Cephalon), in den das erste Rumpfsegment verschmolzen ist (erkennbar an einem Maxillipeden als Mundwerkzeug), ist von einem Kopfschild bedeckt. Die 1. Antenne ist zweiästig und relativ lang. Sie besitzt ein vergrößertes Grundglied, an dem mehrere Reihen von Sinnesrezeptoren (Aesthetasken) sitzen. Die 2. Antenne besteht ebenfalls aus zwei Ästen, wobei der Exopodit blattförmig und ständig Wasser über die Sinneszellen leitet. Die Mandibeln besitzen einen beweglichen Teil (Lacinia mobilis) und die beiden Maxillen sowie der Maxilliped sind als einästige Greifwerkzeuge konstruiert. Die 1. Maxille trägt die Öffnung einer großen Drüse, die vermutlich Verdauungsenzyme produziert.

Fortpflanzung und Entwicklung

Die Remipedia sind (simultane) Zwitter. Sie besitzen ein Ovar oberhalb des Darmes mit Ausführgängen am Protopoditen des Beinpaars am 7. Rumpfsegment sowie Hoden mit Ausführgängen im Bereich des 14. Rumpfsegments. Dabei sind die Spermien in Spermatophoren zu jeweils sechs Spermien zusammengefasst. Über die Paarung der Remipedia ist bislang nichts bekannt.

Die Entwicklung ist bisher bei einer Art Pleomothra apletocheles, beschrieben worden, ihre Erforschung ist schwierig, weil sich die Tiere im Labor nicht lange lebend halten und gar nicht züchten lassen. Erstes Larvenstadium ist ein (Ortho-)Nauplius. Die weitere Entwicklung erfolgt über mindestens vier Metanauplius-Stadien. Bisher wurde nur ein einziges älteres Jungtier gefunden, das in seiner Morphologie bereits den adulten Tieren ähnelt. Bis zu diesem Stadium nehmen die Larven keine Nahrung auf, sie leben vom Dottervorrat aus dem Ei. Die Existenz weiterer Larvenstadien ist möglich, sie sind aber bisher nicht gefunden worden.

Systematik der Remipedia

Alle lebenden Remipedia gehören zur Ordnung Nectiopoda. Für zwei ausgestorbene, fossile Arten aus dem Karbon wurde die Ordnung Enantiopoda eingerichtet. Die lebenden Arten werden in drei Familien: Speleonectidae, Godzilliidae und Micropacteridae, mit insgesamt acht Gattungen eingeteilt.

Die Stellung der Remipedia innerhalb des Systems der Krebstiere wird sehr kontrovers diskutiert. Verschiedene Taxonomen haben aus dem einfachen Körperbau den Schluss gezogen, dass es sich um eine besonders urtümliche Gruppe handelt, die basal innerhalb der Krebstiere, eventuell als Schwestergruppe aller anderen Crustacea, anzuordnen wäre. Die gleichfalls einfach gegliederten Cephalocarida wurden auch vielfach als Schwestergruppe betrachtet. Zahlreiche andere Gruppierungen, z.B. mit den Cirripedia oder den Malacostraca als Schwestergruppe werden aber zur Zeit diskutiert. In einigen Analysen gelten sie sogar als Schwestergruppe der Hexapoda (auch der Diplura oder Collembola), wären also ein basales Taxon der Tetraconata insgesamt und würden gar nicht zu den Krebstieren (im engeren Sinn) zählen. Wenn eine dieser Hypothesen zuträfe, wäre die einfache Körpergliederung eher als sekundäre Vereinfachung zu betrachten.

Weiterführende Literatur

  • Ax P (1999): "Das System der Metazoa II. Ein Lehrbuch der phylogenetischen Systematik"; Gustav Fischer Verlag.
  • Carpenter, J. H. (1999): Behavior and ecology of Speleonectes epilimnius (Remipedia: Speleonectidae) from surface water of an anchialine cave on San Salvador Island, Bahamas; Crustaceana 72, 979-991
  • Gruner HE (1993):"Klasse Crustacea"; in Gruner HE (Hrsg.): "Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Band I, 4. Teil: Arthropoda (ohne Insecta)"; Gustav Fischer Verlag
  • Fanenbruck, M. und S. Harzsch (2005): A brain atlas of Godzilliognomus frondosus Yager, 1989 (Remipedia, Godzilliidae) and comparison with the brain of Speleonectes tulumensis Yager, 1987 (Remipedia, Speleonectidae): implications for arthropod relationships. Arthropod Structure & Development 34(3); 343-378
  • Fanenbruck, M., S. Harzsch, und J. W. Wägele (2004): The brain of the Remipedia (Crustacea) and an alternative hypothesis on their phylogenetic relationships; Proceedings of the National Academy of Sciences (USA) 101 (11), 3868-3873
  • Stefan Koenemann, Jørgen Olesen, Frederike Alwes, Thomas M. Iliffe, Mario Hoenemann, Petra Ungerer, Carsten Wolff, Gerhard Scholtz (2009): The post-embryonic development of Remipedia (Crustacea)—additional results and new insights. Development Genes and Evolution 219: 131–145 doi:10.1007/s00427-009-0273-0
  • Marco T. Neiber, Tamara R. Hartke, Torben Stemme, Alexandra Bergmann, Jes Rust, Thomas M. Iliffe, Stefan Koenemann (2011): Global Biodiversity and Phylogenetic Evaluation of Remipedia (Crustacea). PLoS ONE 6(5): e19627. doi:10.1371/journal.pone.0019627 (open access).
  • Schminke HK (1997): "Crustacea, Krebse"; in Westheide, Rieger (Hrsg.): "Spezielle Zoologie Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere"; Gustav Fischer Verlag
  • Schram F, Yager J, Emerson MJ (1986): "Remipedia. Part I. Systematics"; San Diego Society Natural History Memoir 15, 1-60
  • Yager, J. (1987): Cryptocorynetes haptodiscus, new genus, new species, and Speleonectes benjamini, new species, of remipede crustaceans from anchialine caves in the Bahamas, with remarks on distribution and ecology; Proceedings of the Biological Society of Washington 100, 302-320.
  • Yager J, Schram F (1986): "Lasionectes entricoma, new genus, new species (Crustacea: Remipedia) from anchialine caves in the Turks and Caicos, British West Indies." Proc. Biol. Soc. Wash. 99, 65-70
  • Yager J. and W. F. Humphreys (1996): Lasionectes exleyi, sp. nov., the first remipede crustacean recorded from Australia and the Indian Ocean, with a key to the world species; Invertebrate Taxonomy 10, 171-187
  • Yager, J. (1989): Pleomothra apletocheles and Godzilliognomus frondosus, two new genera and species of remipede crustaceans (Godzilliidae) from anchialine caves of the Bahamas; Bulletin of Marine Science 44, 1195-1206
  • Yager, J. (1981): Remipedia, a new class of crustacea from a marine cave in the Bahamas; Journal of Crustacean Biology 1, 328-333.
  • Yager J. (1991): "The Remipedia (Crustacea): Recent investigations of their biology and phylogeny"; Verh. Dtsch. Zool. Ges. 84, 261-269
  • Yager, J. and J. H. Carpernter (1999): Speleonectes epilimnius, new species (Remipedia: Speleonectidae) from surface water of an anchialine cave on San Salvador Island, Bahamas. Crustaceana 72, 965-977
  • Yager, J. (1994): Speleonectes gironensis, new species (Remipedia: Speleonectidae) from anchialine caves in Cuba, with remarks on biogeography and ecology; Journal of Crustacean Biology 14, 752-762
  • Yager J (1987): "Speleonectes tulumensis n. sp. (Crustacea: Remipedia) from two anchialine cenotes from the Yucatan peninsula, Mexico"; Stygology 3, 160-165