Am Tor des Himmels

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Joseph Nicolas Robert-Fleury (1847): Galilei vor der römischen Inquisition

Am Tor des Himmels ist eine Novelle von Gertrud von le Fort, die 1954 im Insel-Verlag in Wiesbaden erschien.[1]

Die Autorin geht einer Frage nach: Ist Naturwissenschaft ein Fluch der Menschheit?

Zeit, Ort und Form[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Rahmenerzählung spielt um 1945 in einer deutschen Stadt, die Binnenerzählung im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts in Padua und in Rom. Für jede der beiden betreffenden Zeiten gibt es einen Ich-Erzähler. Der junge deutsche Erzähler aus dem 17. Jahrhundert verschweigt aus Furcht vor der Inquisition bedeutsame Namen – wie zum Beispiel den Galileis oder den „jenes Kardinals“[2].

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1945, kurz vor Kriegsende: Die Ich-Erzählerin wohnt auf dem Lande und reist zu Verwandten in die Stadt, um kostbare alte Familiendokumente vor drohenden Bombenangriffen zu retten. Ein junger hoch begabter, promovierter Naturwissenschaftler, der in einem Rüstungsbetrieb gearbeitet hat, hilft der Erzählerin bei der Sichtung und Auswahl. Ein rettungswürdiges Papier ist das Galileische Dokument. Ein Gelehrter aus der Familie, Schüler Galileis, berichtet darin über den Prozess gegen den berühmten Italiener.

17. Jahrhundert: Vom Tor des Himmels aus, das ist ein hoch gelegenes Zimmer, beobachtet jener junge Deutsche, dem großen Krieg entronnen, zusammen mit der heimlich geliebten Diana, einer Nichte und Schülerin Galileis, die Mediceischen Sterne. Bei deren Anblick kommen Diana Zweifel am Glauben. Sie vermutet, es gäbe die Naturgesetze, uns selbst und weiter nichts. Kein Gott ist demnach für uns da.

Galilei wird in Rom im Palast der Inquisition festgehalten. Seinen Schülern wird auf Befehls „jenes Kardinals“[2] geraten, unverzüglich in ihre Heimatländer zu reisen. Der junge Deutsche missachtet die Anordnung und folgt Diana nach Rom. Jener Kardinal ist der Onkel Dianas[3]. Er hat sie zu ihrem Schutz nach Rom beordert. In Rom darf der junge Deutsche den Palast des Kardinals nicht verlassen. Von einem Gast des Kardinals wird der Ich-Erzähler verhört. Erst nach dem „Gespräch“ wird er sich dessen Charakters bewusst; erfährt, dass sein „Gesprächspartner“ der Zensor der Römischen Inquisition war. Der Zensor hatte zum Thema Forscherdrang bemerkt, der kleine Mensch solle nicht versuchen, die Geheimnisse Gottes zu lüften. Der junge Deutsche hatte darauf seine Vorstellung von Wahrheit ins Gespräch gebracht. Der Forscher befrage die Natur; nicht Gott. Was Wahrheit sei, bestimme die Heilige Kirche, hatte der Zensor streng entgegnet und die Gesellschaft beim Kardinal war mit einem Mal verstummt.

In einer Auseinandersetzung zwischen Onkel und Nichte treten unüberbrückbare gegensätzliche Sichten auf die Welt zu Tage. Der Kardinal fasst das Schreckliche zusammen. Wenn kein Forscher mehr an Gott glaubt, dann wird am Ende der Mensch überhaupt keine Furcht mehr kennen. Der Kardinal hat einen Plan. Er will seine Nichte aus der Schusslinie nehmen, indem er sie mit einem Marquis verheiratet. Diana lehnt ab und wird in ein Kloster verbracht. Der junge Deutsche gesteht zuvor Diana seine Liebe. Die Frau kann diese nicht erwidern, denn sie liebe Galilei. Diana weiß, auch ihre Liebe wird nicht erwidert. Galilei liebe einzig die Sterne. Aber um eines bittet Diana den jungen Deutschen. Er solle die Lehre Galileis bewahren. Das sei seine Aufgabe. Bevor der junge Deutsche in die vom Krieg überzogene Heimat abreist, hat er ein Gespräch mit dem Kardinal. Darin gesteht er seine Liebe zu Diana. Diese sei das Kostbarste, das er kenne. Der Kardinal belehrt ihn, es gäbe etwas Größeres. Das sei der freiwillige Verzicht auf die Geliebte. Darauf belauscht der junge Deutsche aus einem Versteck den Prozess gegen Galilei. Der verehrte Meister schwört ab; widerruft die eigene Lehre. Der deutsche Lauscher vernimmt, Galilei wird begnadigt. Als der Deutsche abreist, ist er von seiner Kirche enttäuscht und will den unermesslichen Kosmos ausforschen.

1945: Während eines Bombenangriffs erhält das Haus, in dem die Ich-Erzählerin sitzt, einen Treffer. Alle zusammengesuchten Dokumente – auch das Galileische – gehen dabei unwiederbringlich verloren. Die Erzählerin und der junge Dr. rer. nat. kommen mit dem Leben davon. Einige Monate nach Kriegsende trifft sich die Erzählerin noch einmal mit dem jungen Doktor, um das Galileische Dokument aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren. Erstaunt erfährt sie, er geriet nicht in Gefangenschaft, sondern wird in der US-Forschung weitermachen. Der junge Deutsche aus der Familie der beiden hat die Forschungsergebnisse aus dem 17. Jahrhundert also tatsächlich bewahrt. Es wird nach Hiroshima[4] weitergehen. Der Doktor hört nicht auf seine ältere Verwandte, die Erzählerin. Er ist auf sein Vorwärtskommen in der amerikanischen Rüstungsindustrie bedacht. Der Doktor meint, Dianas Befürchtung, Gott bei der Ausforschung des Kosmos zu übersehen, sei ohne Bedeutung. Kritisch werde es seiner Ansicht nach aber, wenn Gott beim Forschen wiedergefunden werden würde. Dann entstünde das Problem seiner Einordnung in das naturwissenschaftliche Gedankengebäude.

Zitat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • „Die Erkenntnis wird stets mit dem Tode bezahlt.“[5]

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfilmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einem Drehbuch von Horst Dallmayr verfilmte Franz Josef Wild die Novelle unter dem Titel Ein Schweigen am Himmel (oder auch Ein Schweigen vom Himmel). Peter Pasetti spielte den Kardinal, Paola Loew seine Nichte. Die Sendung wurde am 11. Januar 1968 in der ARD ausgestrahlt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Quelle
  • Gertrud von le Fort: Am Tor des Himmels. Novelle. 29. bis 40. Tausend. 87 Seiten. Insel-Verlag Wiesbaden 1957.
Erstausgabe
  • Gertrud von le Fort: Am Tor des Himmels. Novelle. 87 Seiten. Insel-Verlag Wiesbaden 1954, Leinen, roter, goldgeprägter Einband, Farbkopfschnitt, mit Schutzumschlag.
Ausgaben
Sekundärliteratur
  • Rolf Füllmann: Gertrud von le Forts ‚Am Tor des Himmels‘ – das Ende der Neorenaissance in einer Novelle über das Ende der Renaissance. In: Ders.: Die Novelle der Neorenaissance zwischen 'Gründerzeit' und 'Untergang' (1870-1945): Reflexionen im Rückspiegel. Tectum-Verlag, Marburg 2016. S. 455–502, ISBN 978-3-8288-3700-3
  • Nicholas J. Meyerhofer: Gertrud von LeFort (= Köpfe des 20. Jahrhunderts. Bd. 119). Morgenbuch-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-371-00376-0.
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A – Z. 4., völlig neubearbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 2004, ISBN 3-520-83704-8, S. 382, linke Spalte, 9. Z.v.o.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Meyerhofer, S. 103, Eintrag anno 1954
  2. a b Quelle, S. 21, 11. Z.v.o.
  3. Quelle, S. 34, 8. Z.v.u.: Dianas Mutter und der Kardinal sind Geschwister.
  4. Quelle, S. 83, 14. Z.v.o.
  5. Quelle, S. 56, 5. Z.v.o.
  6. Meyerhofer, S. 82