Benutzer:JeKr/Bürgerschaftliches Engagement

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Bürgerschaftliches Engagement (B. E.) ist ein sozialwissenschaftlicher Oberbegriff, der spezifischere Gegenstände wie Ehrenamt, Selbsthilfe, politische Partizipation, Freiwilligenarbeit u.a. umfasst und in einen konzeptionellen Zusammenhang bringt.[1] Im wissenschaftlichen Diskurs werden aktuell häufig die Begriffe "freiwilliges Engagement" oder "Zivilengagement" synonym zu B.E. gebraucht; umgangssprachlich insbesondere "Ehrenamt".


Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

entweder:
"Unter bürgerschaftlichem Engagement wird in der Regel ein individuelles Handeln verstanden, das sich durch Freiwilligkeit, fehlende persönliche materielle Gewinnabsicht und eine Ausrichtung auf das Gemeinwohl auszeichnet (vgl. United Nations 1999: 2; Heinze/Olk 2001; Beher et al. 2000; Zimmer/Närlich 2000; Klages/Gensicke 1997). Betont wird darüber hinaus das Stattfinden dieser Tätigkeit im öffentlichen Raum, um vor allem Teilhabe, Transparenz, Verantwortung und Dialog durch Öffentlichkeit zu sichern (Enquete-Kommission 2002: 57). Die Gemeinwohlorientierung schließt einen individuellen Nutzen in Form der Aneignung von Wissen und Kompetenz, das Knüpfen und die Pflege sozialer Beziehungen oder andere ideelle Erträge nicht aus." [2]

oder:
Bürgerschaftliches Engagement bezeichnet das freiwillige, nicht auf persönliche materielle Vorteile gerichtete, das Gemeinwohl fördernde Engagement von Bürgern zur Erreichung gemeinsamer Ziele. Im Gegensatz zum hoheitlichen Handeln der Verwaltung oder des Staates entsteht b. E. aus der Zivilgesellschaft (vgl. Subsidiarität) Bürgerschaftliches Engagement wird, im Wesentlichen dem Bericht der Enquete-Kommission "Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements" des Deutschen Bundestages von 2002 folgend, durch folgende Merkmale definiert[3]:

  1. B. E. ist freiwillig. Die bürgerschaftliche Qualität des Engagements wird durch Selbstorganisation und Selbstbestimmtheit des freiwillig ausgeübten Engagements bestimmt.
  2. B. E. ist nicht auf persönlichen materiellen Gewinn gerichtet. Es wird also nicht, wie Erwerbsarbeit, zeit- oder leistungsäquivalent bezahlt und findet folglich nicht vorrangig aufgrund von Bezahlung statt. Ausdrücklich nicht ausgeschlossen wird persönlicher Nutzen in Form der Aneignung von Wissen und Kompetenz, Pflege sozialer Beziehungen oder anderer ideeller Erträge.
  3. Mindestens ein Effekt des b. E. muss ein positiver Effekt für Dritte sein, es muss also Gemeinwohlbezug haben.
  4. B. E. findet im öffentlichen Raum statt, wodurch Teilhabe, Transparenz, Dialog und gesellschaftliche Verantwortung gesichert werden.
  5. In der Regel wird b. E. gemeinschaftlich bzw. kooperativ ausgeübt.[4]

Forschung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Engagementforschung ist bisher kein eigenständiger Forschungsbereich mit entsprechender Infrastruktur in Deutschland. Einzelne Forschungsprojekte oder Lehrveranstaltungen sind an unterschiedlichen Fachbereichen angesiedelt.

Die umfassendste empirische Untersuchung zum B.E. in Deutschland ist der seit 1999 im Auftrag des BMFSFJ alle fünf Jahre von TNS Infratest durchgeführte Freiwilligensurvey, der in Telefoninterviews eine repräsentative Stichprobe der Bevölkerung ab 14 Jahren befragt.

Eine weitere bundesweite Erhebung ist der Engagement Atlas des "Generali Zukunftsfonds". Im Aufbau befindet sich das Gemeinschaftsprojekt Zivilgesellschaft in Zahlen von Bertelsmann Stiftung, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und Fritz Thyssen Stiftung, das bis Ende 2011 eine umfassende Statistik des Dritten Sektors bereitstellen soll.

Engagementquote[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Engagementquote bezeichnet den Anteil "freiwillig Engagierter"[5] an der Bevölkerung, d.h. Menschen, die "bestimmte Aufgaben, Arbeiten oder Funktionen in der Zivilgesellschaft" übernehmen [6]. Diese Quote lag laut Freiwilligensurvey 2009 bei 36 %.

Handlungsfelder[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Freiwilligensurvey unterscheidet 14 Handlungsfelder bürgerschaftlichen Engagements (Bereichs-Engagementquoten von 2009) [7]:
Sport und Bewegung (10,1 %); Kindergarten und Schule (6,9 %); Kirche und Religion (6,9 %); Soziales (5,2 %); Kultur und Musik (5,2 %) sowie Freizeit und Geselligkeit (4,6 %); Feuerwehr / Rettungsdienste (3,1 %) Umwelt- und Tierschutz (2,8 %); Politik / Interressenvertretung (2,7 %); Jugendarbeit / Bildung (2,6 %); Gesundheit (2,2 %); Lokales Bürgerengagement (1,9 %); berufliche Interessenvertretung (1,8 %); Justiz / Kriminalitätsprobleme (0,7 %).

Organisationsformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Freiwilligensurvey organisieren sich die bürgerschaftlich Engagierten in folgenden Formen (%-Werte von 2009) [8]:
Verein (46%); Kirche oder religiöse Einrichtung (14 %); Gruppen, Initiativen (13 %); Staatliche oder kommunale Einrichtung (9 %); Verband (7 %); Partei, Gewerkschaft (4 %); Private Einrichtung, Stiftung, Sonstiges (7 %). Dabei sind aus Gründen der Vergleichbarkeit mit vorherigen Erhebungen unter "Sonstiges" auch Personen subsummiert, die sich in die neue Antwortkategorie "allein, nicht in einer Gruppe, Organisation oder Einrichtung" einordneten (vgl. Informelles Engagement).

Gesellschaftlicher Nutzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Dimensionen des gesellschaftlichen Nutzens bürgerschaftlichen Engagements werden unterschiedlich definiert und gewichtet. Das WZB resümmierte 2009: "Potenziale sieht man vor allem in den demokratisierenden und sozial integrativen Funktionen sowie in den Beiträgen zur Wohlfahrtsproduktion bzw. zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur und zur Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten."[9]

Integration / Inclusion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Demokratisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Monetäre Bewertung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aus ökonomischer Sicht wird B.E. auch als Wertschöpfungsform betrachtet. Der Engagementatlas 2009 errechnet für bürgerschaftlich Engagierte ein Volumen von über 4,6 mrd Arbeitsstunden jährlich und damit "7,5 % der Gesamtarbeitsstunden in Deutschland". Bei einem bewusst niedrigen fiktiven Stundensatz von 7,50 € würde "der volkswirtschaftliche Beitrag des Engagements" demnach ca. 2 % des Volkseinkommens ausmachen.[10]
Mit dem Projekt "Zivilgesellschaft in Zahlen" (vgl. Forschung) soll künftig ein Satellitensystem zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung etabliert werden, das den Dritten Sektor insgesamt abbildet.

Die monetäre Bewertung des Bürgerschaftlichen Engagements ist sowohl methodisch als auch normativ umstritten.

Befürworter sehen darin einen Nachweis der Bedeutung des B.E. sowie eine Rechtfertigung für staatliche Förderung (im Sinne eines Return on Investment).

Kritiker befürchten eine Verstärkung vorhandener Tendenzen der Monetarisierung des Engagements und indirekt die Gefahr einer Instrumentalisierung als "Ausfallbürge des Sozialstaats". [11]

Im Grundsatz besteht weitgehende Einigkeit, dass eine Instrumentalisierung des B.E. dessen "Eigensinn" untergraben und damit die gesellschaftliche Funktion beeinträchtigen würde: "Staatliche Förderung ist allerdings falsch angelegt, wenn sie Motive wie die Entlastung öffentlicher Kassen oder die Sicherstellung von Dienstleistungen, die anderweitig nur schwer zu erbringen sind, in den Vordergrund stellt. Die Instrumentalisierung der Engagierten für (partei-) politische oder ökonomische Zwecke würde mit der Zerstörung des Grundansatzes der Selbstermächtigung und Selbstorganisation auch den gesellschaftlichen Nutzen bürgerschaftlichen Engagements nachhaltig beeinträchtigen und womöglich ganz zerstören." [12]

Freiwilligenmanagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit der Institutionalisierung der Engagementförderung (vgl. Benutzer:JeKr/Engagementpolitik) geht in den Vereinen, Verbänden etc., in denen regelmäßig bürgerschaftlich Engagierte tätig sind, eine Professionalisierung einher. Zunehmend werden insbes. 'FreiwilligenkoordinatorInnen' ausgebildet, die in Organisationen haupt- oder selbst ehrenamtlich für die Gewinnung, Qualifizierung und Begleitung der Engagierten zuständig sind.

Informelles Engagement[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

"Immer stärker setzt sich ein Verständnis von Engagement durch, das nachbarschaftliche Netzwerke und soziale Netzwerke mit einbezieht. Informelles Engagement wird in Deutschland nicht statistisch erfasst, was seiner Bedeutung nicht gerecht wird. Insbesondere Migrantinnen und Migranten engagieren sich häufig im nicht erfassten informellen Bereich außerhalb von Vereinen und Verbänden. Dies belegen zum Beispiel Studien aus den Niederlanden." [13] Der Freiwilligensurvey 2009 unternimmt durch die Erweiterung des ansonsten konstanten Fragenkatalogs (vgl. Abschnitt Forschung) eine erste Quantifizierung informellen Engagements.

Referenzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. R.G. Heinze / T. Olk: Bürgerengagement in Deutschland - Zum Stand der wissenschaftlichen und politischen Diskussion, in: R.G. Heinze / T. Olk (Hrsg.): Bürgerengagement in Deutschland. Bestandsaufnahmen und Perspektiven. Opladen 2001. S.%nbsp;14f.
  2. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) / BMFSFJ (Hrsg.): Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Berlin 2009. S. 10
  3. Deutscher Bundestag: Bericht der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements". Bürgerschaftliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. Berlin 2002. Bundestags-Drucksache 14/8900. S. 86ff.
  4. Deutscher Bundestag: Bericht der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements". Bürgerschaftliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. Berlin 2002. Bundestags-Drucksache 14/8900. S. 74.
  5. Im Freiwilligensurvey wird "freiwillig engagiert" synonym zu "bürgerschaftlich engagiert" benutzt, in anderen Kontexten können beide Begriffe Bedeutungsunterschiede aufweisen.
  6. Gensicke, Thomas / Geiss, Sabine: Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 - Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Bürgerschaftlichem Engagement. München 2010. S. 8.
  7. Vgl. Gensicke, Thomas / Geiss, Sabine: Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 - Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Bürgerschaftlichem Engagement. München 2010. S. 7.
  8. Vgl. Gensicke, Thomas / Geiss, Sabine: Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 - Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Bürgerschaftlichem Engagement. München 2010. S. 174.
  9. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) / BMFSFJ (Hrsg.): Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Berlin 2009. S. 5.
  10. Vgl. prognos / Generali Deutschland: Engagementatlas 09 - Daten.Hintergründe. Volkswirtschaftlicher Nutzen. 2009. S. 13f.
  11. Zur Monetarisierungsdebatte vgl. Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement des Deutschen Bundestages: Protokoll 14. Sitzung. Berlin 2011.
  12. Deutscher Bundestag: Bericht der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements". Bürgerschaftliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. Berlin 2002. Bundestags-Drucksache 14/8900. S. 57f.
  13. Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE) (Hrsg): Nationales Forum für Engagement und Partizipation Band 4: Engagementpolitik im Dialog – Kommentare und Stellungnahmen zur Engagementstrategie der Bundesregierung. Berlin 2010, ISBN 978-3-00-033445-0 (nfep_bd4). S. 11.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) / BMFSFJ (Hrsg.): Bericht zur Lage und zu den Perspektiven des bürgerschaftlichen Engagements in Deutschland. Berlin 2009 (wzb_BE_2009 (PDF)).
  • Deutscher Bundestag: Bericht der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements". Bürgerschaftliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. Berlin 2002. Bundestags-Drucksache 14/8900.
  • R.G. Heinze, / T. Olk (Hrsg.): Bürgerengagement in Deutschland. Bestandsaufnahmen und Perspektiven. Opladen 2001.
  • T. Gensicke / S. Geiss: Hauptbericht des Freiwilligensurveys 2009 - Ergebnisse der repräsentativen Trenderhebung zu Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Bürgerschaftlichem Engagement. München 2010 (Gesamtbericht (PDF)) (Zusammenfassung (PDF)).
  • prognos / Generali Deutschland: Engagementatlas 09 - Daten.Hintergründe. Volkswirtschaftlicher Nutzen. 2009.
  • T. Klie  / P. Stemmer / M. Wegner: Untersuchung zur Monetarisierung von Ehrenamt und Bürgerschaftlichem Engagement in Baden-Württemberg. Freiburg 2009.

Links[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]


Kategorie:Direkte Demokratie Kategorie:Soziales Engagement