Benutzer:ThePeter/UKK1962

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Amt und Wahlverfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den prägenden Zügen der finnischen Verfassung von 1919 gehörte die starke Stellung des Präsidenten. Der Präsident war der Oberbefehlshaber der Armee, die Außenpolitik unterstand seiner Autorität. Er hatte das jederzeitige Recht, das Parlament nach eigenem Ermessen aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen. Vom Parlament beschlossene Gesetze bedurften grundsätzlich der Unterschrift des Präsidenten. Verweigerte er die Ausfertigung, konnte das Gesetz erst nach den nächsten Parlamentswahlen durch das neue Parlament erneut beschlossen werden. In diesem Fall trat es auch ohne die Ausfertigung des Präsidenten in Kraft.

Die Wahl des Präsidenten erfolgte für eine Amtszeit von sechs Jahren über ein direkt vom Volk gewähltes, mit 300 Personen besetztes Wahlmännergremium. In den Wahlen zum Wahlmännerausschuss traten regelmäßig Wahlbündnisse an, die jeweils einen konkreten Präsidentschaftskandidaten unterstützten. Parteien und Wahlbündnisse konnten aber auch ohne einen eigenen Kandidaten antreten. In der Ausübung ihres Mandats waren die Wahlmänner frei. Es war weder ausgeschlossen noch unüblich, dass auch noch während des Wahlverfahrens im Wahlmännerausschuss neue Kandidaten ins Spiel gebracht wurden. Im Wahlmännerausschuss wurde der Präsident in bis zu drei Wahlgängen gewählt. In den ersten beiden Wahlgängen war die absolute Mehrheit der Wahlmänner erforderlich. Soweit kein Kandidat diese Mehrheit erreichte, fand zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen ein Stichentscheid im dritten Wahlgang statt.

Ausgangslage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Amtsinhaber Urho Kekkonen hatte sich in der Präsidentschaftswahl 1956 als Kandidat des Landbundes mit der knappestmöglichen Mehrheit von 151 gegen 149 Stimmen gegen seinen sozialdemokratischen Gegenkandidaten Karl-August Fagerholm durchgesetzt. Kekkonen räumte der Außenpolitik Vorrang vor allen anderen Fragen ein, wobei der Schwerpunkt der Außenpolitik ebenso wie bei seinem Amtsvorgänger Juho Kusti Paasikivi auf der Pflege der guten Beziehungen zur Sowjetunion lag.

Stärker als Paasikivi entwickelte Kekkonen das Neutralitätselement der finnischen Nachkriegspolitik fort und machte es zum Grundpfeiler seiner Außenpolitik. Gleichzeitig führte er aber auch die Pflege persönlicher Beziehungen als Werkzeug zur Gestaltung der finnisch-sowjetischen Beziehungen ein. Während seiner ersten Amtszeit knüpfte er enge, oft auch als freundschaftlich bezeichnete Beziehungen zu Nikita Chruschtschow, Parteichef der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und ab 1958 auch Ministerpräsident. Gleichzeitig unternahm Kekkonen aber auch neue Initiativen zur Stärkung der Beziehungen nach Westen. Im Jahr 1961 unternahm er die ersten offiziellen Besuche eines finnischen Präsidenten in Großbritannien und in den Vereinigten Staaten.

Die Rücksichtnahme auf die Interessen des östlichen Nachbarn hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Bildung der finnischen Regierungen. Aus Sicht der Sowjetunion bestanden gegen eine Regierungsbeteiligung der rechtskonservativen Nationalen Sammlungspartei wegen deren reservierter Einstellung zu Kekkonens Ostpolitik erhebliche Vorbehalte. Das gleiche galt ab 1957 auch für die Sozialdemokratische Partei Finnlands, nachdem Väinö Tanner zu deren Vorsitzenden gewählt wurde. Tanner, der schon seit den Zeiten des Bürgerkrieges einflussreicher Antikommunist war und während der Kriege gegen die Sowjetunion zum engsten Führungskreis Finnlands gehörte, wurde von der Sowjetunion als einer der wesentlichen Kriegsschuldigen angesehen.

Dass diese Befindlichkeiten nicht leicht ignoriert werden konnten, zeigte sich in der sogenannten Nachtfrostkrise. Nach den Parlamentswahlen 1958 bildete sich eine breite Mehrheitsregierung unter Ministerpräsident Fagerholm, der neben dem Landbund und zwei kleineren Parteien auch die Sozialdemokraten und die Sammlungspartei angehörte. Die Sowjetunion reagierte auf diese Regierungsbildung, indem sie das wichtigste Personal aus der Botschaft abzog und so die diplomatischen Beziehungen weitgehend einfror. Auch die laufenden Verhandlungen über für Finnland wichtige Handelsverträge wurden auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Der massive Druck führte schließlich im Dezember 1958 zum Sturz der Regierung.

Von der gescheiterten Nachtfrostregierung abgesehen wurde Finnland in den Jahren von 1957 bis 1962 durchgehend von Minderheits- oder Beamtenregierungen regiert, die aufgrund ihres schwachen parlamentarischen Rückhalts instabil und kurzlebig waren. Soweit es sich um politische Minderheitsregierungen handelte, bildete deren Kern der Landbund, der in diesen Jahren die wesentlichste parlamentarische Stütze des Präsidenten darstellte. Die außen vor bleibenden Parteien, besonders die Sozialdemokraten und die Sammlungspartei, empfanden die wiederholten Minderheitsregierungen als Diskriminierung, welche sie Präsident Kekkonen anlasteten.[1]

In der Parteienlandschaft hatten sich indessen Verwerfungen ereignet. Die Sozialdemokratische Partei hatte sich in den Fünfzigerjahren in einen eskalierenden Streit verwickelt, in welchem sich die Lager um den Parteivorsitzenden Emil Skog und den Parteisekretär Väinö Leskinen gegenüberstanden. Nachdem sich das Lager Leskinens 1957 mit der Wahl Tanners zum neuen Vorsitzenden durchgesetzt hatte, formierten sich die Anhänger Skogs bald in einer eigenen Partei, dem Sozialdemokratischen Bund der Arbeiter- und Kleinbauernschaft (TPSL). Anders als die Mutterpartei stellte sich der TPSL vorbehaltlos hinter die Außenpolitik Kekkonens. Von Teilen der Mehrheitssozialdemokraten wurde Kekkonen vorgeworfen, er habe an der Parteispaltung aktiv mitgewirkt, da er 1957 zuließ, dass Vertreter der innerparteilichen Opposition gegen den Willen der Partei in eine Minderheitsregierung eintraten.[2] Auch vom Landbund spaltete sich eine neue Partei ab, als deren Abgeordneter Veikko Vennamo, der die außenpolitische Linie des Präsidenten ablehnte, 1959 die Kleinbauernpartei Finnlands gründete.

Gemessen am Wahlergebnis der letzten Parlamentswahl 1958 war stärkste Partei in Finnland die Demokratische Union des Finnischen Volkes (Volksdemokraten), die im Wesentlichen den parlamentarischen Flügel der Kommunistischen Partei Finnlands darstellte, mit 50 der 200 Parlamentssitze. Die Sozialdemokraten verfügten ursprünglich über 48 Sitze, wurden aber bald durch elf Überläufer zum TPSL dezimiert. Letzterer hatte in der Wahl nur drei Sitze erhalten. Der Landbund verfügte ebenfalls über 48, die Sammlungspartei über 29 Sitze. Weiterhin im Parlament vertreten war die Schwedische Volkspartei mit 13 und die Volkspartei Finnlands mit 8 Sitzen.

Kandidaten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da Präsident Kekkonen ohne weiteres bereit war, für eine zweite Amtsperiode zu kandidieren, drängte sich dieser als Kandidat seiner Stammpartei Landbund auf. Der Parteitag im Juni 1960 wählte ihn dann auch frühzeitig und einstimmig zum Präsidentschaftskandidaten der Partei.

Unter den politischen Gegnern Kekkonens begannen im gleichen Jahr die Bemühungen, einen gemeinsamen parteiübergreifenden Gegenkandidaten zu finden. Nachdem im Herbst 1960 Gespräche zwischen den Parteiführungen der Sammlungspartei und der Sozialdemokraten keine Ergebnisse brachten, nahm sich um den Jahreswechsel eine Gruppe von Politikern verschiedener Parteien des Projektes an. Den Kern dieser Gruppe, die ohne offizielles Mandat ihrer Parteien arbeitete, bildeten Veikko Vennamo von der Kleinbauernpartei, Tuure Junnila von der Sammlungspartei, der Sozialdemokrat Kaarlo Pitsinki sowie Nils Meinander von der Schwedischen Volkspartei.[3]

Diese Gruppe einigte sich schließlich auf den 67-jährigen Justizkanzler Olavi Honka als gemeinsamen Kandidaten. Dieser wurde trotz und auch gerade wegen seiner völlig fehlenden politischen Erfahrung als passender Kandidat angesehen, der von den beteiligten Parteien mit ihrem verschiedenen ideologischen Hintergrund akzeptiert werden und zudem einen radikalen Gegenentwurf zum Berufspolitiker Kekkonen darstellen könnte.[4]

Da nach Einschätzung der beteiligten Politiker die Unterstützung des bürgerlichen Honka den Sozialdemokraten am schwersten fallen würde, wurden diesen die öffentliche Initiative überlassen. Das Parteiorgan Suomen Sosialidemokraatti meldete am 22. Februar 1961, dass die Parteiführung am Vortag Olavi Honka um seine Einwilligung gebeten habe, als Präsidentschaftskandidat der Partei zu fungieren. Honka habe unter der Bedingung zugestimmt, dass seine Kandidatur breite Zustimmung über Parteigrenzen hinweg erfahre. Die Meldung wurde von einer Erklärung des Parteivorstandes begleitet, in welcher dieser feststellte, die Wiederwahl Kekkonens könne die Unabhängigkeit des Landes und den Erhalt der demokratischen Staatsverfassung gefährden. Entsprechend dem Wunsch Honkas werde die Partei sich zugleich an andere „demokratisch ausgerichtete“ Parteien wenden.[5]

Die Initiative des sozialdemokratischen Parteivorstandes, die an den übrigen Parteigremien vorbei ergriffen worden war, stieß in der Partei auf Kritik. Es gelang dem Vorsitzenden Tanner jedoch, die Entscheidung unter Einsatz seiner Autorität durchzusetzen. Am 12. April 1961 bestätigte der Parteirat die Kandidatur Honkas. Die Sammlungspartei schloss sich bald an, obwohl die engere Parteiführung im Voraus von den Planungen nicht unterrichtet worden war. Der Parteitag nominierte Honka am 16. April. Unmittelbar danach schlossen sich auch die Kleinbauernpartei sowie der nicht im Parlament vertretene liberale Freidenkerbund dem entstehenden großen Wahlbündnis an, das als Honka-Bund bezeichnet wurde.[6]

Die beiden „Volksparteien“ wurden dagegen von dem Honka-Projekt vor eine Zerreißprobe gestellt. In der Volkspartei Finnlands hatte sich der Vorsitzende Veli Merikoski früh auf eine Unterstützung Kekkonens festgelegt. Der Parteitag am 22. und 23. April 1961 stellte sich aber mit 46-29 Stimmen hinter Honka. Merikoski trat daraufhin zurück und viele der in die Minderheit Geratenen kandidierten später als Privatpersonen auf den Listen Kekkonens, wodurch die Partei faktisch gespalten wurde. In der Schwedischen Volkspartei strebte die Parteiführung in den Honka-Bund, stieß aber auf gut organisierten Widerstand vor allem unter den schwedischsprachigen Kreisen in Österbotten. Der Parteitag sprach sich im Juni 1961 mit 203 zu 85 Stimmen für Honka aus, verzichtete aber im Gegensatz zur Volkspartei Finnlands auf eine offizielle Teilnahme am Honka-Bund. Vielmehr wurde den Parteimitgliedern in der Präsidentenfrage freie Hand gelassen und so eine Parteispaltung abgewendet.[7]

Der von den Sozialdemokraten abgespaltene Arbeiter- und Kleinbauernbund und die Volksdemokraten, von denen erwartet wurde, dass sie im Ernstfall die Wiederwahl Kekkonens unterstützen würden, stellten für die Wahl zum Wahlmännerausschuss dennoch eigene Präsidentschaftskandidaten auf: die Minderheitssozialdemokraten ihren Vorsitzenden Emil Skog, die Volksdemokraten ihren ersten stellvertretenden Vorsitzenden Paavo Aitio.

Wahlkampf[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

...

Der Amtsinhaber Urho Kekkonen teilte Anfang November 1961 mit, dass er sich für eine Anzahl von Wahlveranstaltungen von seinen Amtspflichten lösen und dann nur als Präsidentschaftskandidat sprechen werde. Kekkonen wich damit von der Praxis seines Amtsvorgängers Paasikivi ab, der jegliche Wahlkampftätigkeit für mit dem Präsidentenamt unvereinbar hielt und daher vor seiner Wiederwahl 1950 am Wahlkampf in keiner Weise teilgenommen hatte. Aus dem Kreis der Honka-Parteien wurde das Vorgehen Kekkonens entsprechend kritisch kommentiert. Kekkonens Wahlveranstaltungen wurden als würdevolle Bürgerfeste organisiert. Die größte Veranstaltung dieser Art fand im Messezentrum Helsinki vor 6000 Besuchern statt.[8]

Zu den Neuerungen des Wahlkampfes gehörte, dass im Januar 1962 erstmals in der Geschichte eine Wahldebatte mit allen Kandidaten im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

Neuorientierung der Honka-Parteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Sozialdemokraten machten sich in zwei Sitzungen des Parteivorstandes am 28. und 30. November 1961 auf die Suche nach einem neuen eigenen Kandidaten. Wenige Wochen vor der Wahl schienen die Aussichten auf einen Wahlerfolg verschwindend. Nach langwierigen Gesprächen verständigte sich der Vorstand schließlich auf Rafael Paasio als neuen Kandidaten. Paasio war ein prominenter Vertreter der so genannten dritten Linie, die im Parteistreit der Sozialdemokraten eine vermittelnde Position anstrebte. Die Kandidatur Honkas hatte Paasio von Anfang an offen kritisiert. Paasio selbst stand seiner Kandidatur wenig enthusiastisch gegenüber – in der ansonsten einstimmigen Kadidatenkür stimmte er gegen sich selbst. Die Stimmung vor der Kandidatenentscheidung beschrieb er später so: „Wir stellten fest, dass wir niemanden haben. Es war völlig gleichgültig, wer antritt.“ In seinem folgenden Wahlkampf, in dem er nur lustlose Unterstützung seiner Partei erhielt, drückte er seine Anerkennung der Außenpolitik Kekkonens aus und nahm auch sonst nur maßvoll zu aktuellen Streitfragen Stellung.[9]

Auch die Sammlungspartei beschäftigte sich Ende November in den Parteigremien mit der neuen Lage. Pateivorstand und Parteirat waren tief zerstritten. Während manche befürworteten, dass die Partei sich hinter Kekkonen stelle, drohten andere, in diesem Fall andere Parteien zu wählen. Schließlich beschloss die Partei, ohne Kandidaten in die Wahl zu gehen. Die Anhänger der Partei wurden aufgefordert, Wahlmänner ihres Vertrauens zu wählen, die dann später nach eigenem Ermessen über ihr Stimmverhalten entscheiden würden. Während diese Entscheidung zunächst den Zusammenhalt der Partei bewahrte, stellten die Kandidaten für den Wahlausschuss bald fest, dass die Wählerschaft ihre Stimmen lieber Kandidaten gebe, deren Position im voraus bekannt ist. So begannen im Januar viele Kandidaten, ihre Präferenzen offen zu legen. Es stellte sich bald heraus, dass fast zwei Drittel der Kandidaten bereit waren, ihre Stimme Kekkonen zu geben.[10]

Die Finnische Volkspartei vollzog bereits in der Nacht des Rückzugs Olavi Honkas eine Kehrtwendung und erklärte öffentlich ihre Unterstützung für Urho Kekkonen. Diese Entscheidung blieb jedoch nicht einmütig. Zunächst entschieden sich nur 12 der 14 Bezirksverbände für eine Teilnahme am Wahlbündnis Urho Kekkonen. Die Minderheit blieb gemeinsam mit der Sammlungspartei ohne eigenen Kandidaten im ehemaligen Honka-Wahlbündnis. Auch der kleine Liberale Bund blieb förmlich im alten Bündnis, erklärte aber, die Wiederwahl Kekkonens zu befürworten. In der Schwedischen Volkspartei konnten sich die Bezirke nicht auf eine einheitliche Linie einigen. Ein Teil der Kandidaten der Partei trat schließlich auf den Listen des Kekkonen-Bündnisses an, während ein anderer Teil eine eigene Wahlliste von schwedischsprachigen, aber nicht an einen bestimmten Kandidaten gebundenen Kandidaten bildete. Die Kleinbauernpartei entschied sich dagegen dazu, an der Präsidentschaftswahl überhaupt nicht teilzunehmen.[11]

Wahlen zum Wahlmännerausschuss[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Partei / Wahlbündnis Wahlmänner Stimmen Anteil
Wahlbündnis Urho Kekkonen 145 975 248 44,3 %
Volksdemokraten / Paavo Aitio 63 451 750 20,5 %
Sammlungspartei u.a. (ohne Kandidat) 39 307 897 14,0 %
Sozialdemokraten / Rafael Paasio 36 289 366 13,1 %
Schwedischsprachige (ohne Kandidat) 15 111 741 5,1 %
Minderheitssozialdemokraten / Emil Skog 2 66 166 3,0 %

Die sechsten Wahlen zum Wahlmännerausschuss im unabhängigen Finnland wurden am 15. und 16. Januar 1962 abgehalten. Die Wahlbeteiligung erreichte 81,5 % und war damit höher als je zuvor in einer Präsidentschafts- oder Parlamentswahl. Die Abstimmung endete in einem erdrutschartigen Sieg für Urho Kekkonen. Sein Wahlbündnis erhielt 44,3 % der Stimmen und stellte damit 145 der 300 Wahlmänner. Als Kekkonen sechs Jahre zuvor erstmals gewählt worden war, hatte er nur 88 Wahlmännermandate errungen.

Paavo Aitio von den Volksdemokraten erzielte das zweitbeste Ergebnis und errang 20,5 % der Stimmen und 63 Wahlmännermandate, was ungefähr der Stärke der Volksdemokraten bei den zurückliegenden Parlamentswahlen entsprach. Die Sozialdemokraten und Rafael Paasio erlitten dagegen eine verheerende Niederlage. Sie erhielten nur 13,1 % der Stimmen und 36 Mandate. In den Nachbetrachtungen der Partei stellte man fest, dass man vor allem unter den älteren Wählern und unter den Frauen in großem Umfang Stimmen an Kekkonen verloren habe. Die Parteipresse erklärte dies unmittelbar nach der Wahl damit, dass die Wahl in einer Atmosphäre der Furcht und der Einschüchterung stattgefunden habe.[12]

Der von der Sozialdemokratischen Partei abgespaltete Sozialdemokratische Bund der Arbeiter- und Kleinbauernschaft, die in diesen Wahlen erstmals Gelegenheit hatte, ihren Rückhalt in der Wählerschaft zu messen, erlebte ein Debakel. Emil Skog erhielt nur 3,0 % der Stimmen und war nur mit zwei Wahlmännern im Wahlmännerausschuss vertreten. Der ohne Kandidaten angetretene Rest des Honka-Bundes unter Führung der Sammlungspartei erhielt 39, der aus Teilen der Schwedischen Volkspartei gebildete schwedischsprachige Wahlbund kam auf 15 Sitze.

Präsidentenwahl[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kandidat Stimmen
Urho Kekkonen 199
Paavo Aitio 62
Rafael Paasio 37
Emil Skog 2

Im Vorfeld der eigentlichen Präsidentenwahl begann sich abzuzeichnen, dass Urho Kekkonen von einer breiten Mehrheit zum alten und neuen Präsidenten gewählt werden würde. Am 13. Februar 1962 empfahl der Parteivorstand der Sammlungspartei deren Wahlmännern, ihre Stimme Kekkonen zu geben. Die Wahlmänner der Schwedischen Volkspartei beschlossen in ihrer Sitzung am 14. Februar einstimmig, für Kekkonen zu stimmen. Die am gleichen Tag versammelten Parteiorgane der Volksdemokraten und der Kommunistischen Partei empfahlen ihren Vertretern dagegen, jedenfalls im ersten Wahlgang für den eigenen Kandidaten Aitio zu stimmen. Die „Empfehlung“ wurde dadurch unterstrichen, dass die Stimmzettel der Volksdemokraten bereits im Voraus mit Aitios Namen bedruckt wurden.[13]

Die Sozialdemokraten taten sich mit ihrer Entscheidung schwer. Am 12. Februar sandte Rafael Paasio ein Rundschreiben an die Wahlmänner der Partei, in dem er vorschlug, bereits im ersten Wahlgang für Kekkonen zu stimmen. In der Sitzung des Parteivorstandes am folgenden Tag begründete er seinen Vorschlag damit, dass die 36 sozialdemokratischen Wahlmänner auf das Endergebnis ohnehin keinen Einfluss nehmen könnten, dass aber ein Einscheren hinter Kekkonen die Handlungsspielräume der Partei in den Folgejahren vergrößern könne. Der Vorschlag stieß aber auf den Widerstand der Parteiführung um Väinö Tanner, der feststellte, es dürfen nicht alle Handlungen der entstandenen Panikstimmung untergeordnet werden. Am 14. Februar entschied sich die sozialdemokratische Wahlmännergruppe schließlich gegen Paasios Vorschlag dafür, Paasio zu wählen.[14]

Die 300 Wahlmänner und -frauen traten am 15. Februar 1962 im Parlamentsgebäude in Helsinki zusammen. Die Wahl wurde bereits im ersten Wahlgang entschieden. Urho Kekkonen erhielt 199 Stimmen, also alle Stimmen der nicht sozialistischen Parteien. Paavo Aitio erhielt 62 Stimmen. Ein Vertreter der Volksdemokraten hatte überraschend für Paasio gestimmt, der so auf 37 Stimmen kam. Skog erhielt die Stimmen seiner beiden Wahlmänner. Präsident Urho Kekkonen war damit für eine zweite Amtszeit, beginnend am 1. März 1962 und endend am 1. März 1968, gewählt.

Auswirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für Präsident Urho Kekkonen bedeutete die Wiederwahl eine spürbare Stärkung seiner innenpolitischen Stellung. War er 1956 noch mit nur einer Stimme Mehrheit gewählt worden, konnte er sich nun auf den Rückhalt der großen Mehrheit des Volkes berufen. Während Kekkonen sich in seiner ersten Amtszeit im Wesentlichen ausschließlich auf den Landbund stützen konnte, ermöglichte seine gestärkte Stellung während seiner zweiten Amtszeit die Bildung von stabileren Mehrheitsregierungen, beginnend mit der im April angetretenen Regierung unter Ahti Karjalainen, der neben dem Landbund und mehreren kleineren Parteien auch die Sammlungspartei angehörte.

In der sozialdemokratischen Bewegung herrschte nach dem Wahldebakel beider Teilparteien Katerstimmung. Die außenpolitische Linie der Stammpartei und die Spaltung der Bewegung in zwei Parteien schien in eine Sackgasse geführt zu haben. In der Stammpartei erhielten die Vertreter der so genannten Dritten Linie Aufschwung. Unmittelbar nach der Wahl unternommene Versuche, den Parteivorsitzenden Tanner abzulösen, schlugen fehl. Zum Wechsel kam es dann aber 1963, als Rafael Paasio zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Ende 1963 nahmen die abtrünnigen Sozialdemokraten unter Emil Skog Versöhnungsgespräche mit der Stammpartei auf, als deren Resultat Skog und seine Anhänger 1964 wieder der Partei beitragen. Der Sozialdemokratische Bund der Arbeiter- und Kleinbauernschaft wurde allerdings von dessen linken Flügel fortgeführt.

Urho Kekkonen ging aus der Wahl und der vorangegangenen Notenkrise als unumstrittene Führungspersönlichkeit der finnischen Außenpolitik hervor. Seine unangefochtene Stellung beruhte in erster Linie auf der Wahrnehmung, dass die Pflege von guten Beziehungen zur Sowjetunion in entscheidender Weise von der Person Kekkonens abhängig sei. In den Folgejahren blieb die Haltung der Sowjetunion zur Neutralitätspolitik Finnlands reserviert. Immer wieder drohten verschiedene politische und wirtschaftliche Fragen von der Anschaffung von Kernkraftwerken bis zum Abschluss von Freihandelsvereinbarungen mit der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu krisenartigen Verschlechterungen der Ostbeziehungen zu führen. Vor diesem Hintergrund blieb der während der Notenkrise etablierte Eindruck der Unentbehrlichkeit Kekkonens bestehen und trug wesentlich dazu bei, dass dessen Amtszeit schließlich bis 1982 andauern sollte.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Zur Kritik an der Regierungspolitik Kekkonens siehe Tuure Junnila: Noottikriisi tuoreeltaan tulkittuna. WSOY, Helsinki, 1962, S. 22-36.
  2. Tuure Junnila: Noottikriisi tuoreeltaan tulkittuna. WSOY, Helsinki, 1962, S. 13-22.
  3. Suomi, S. 390-396.
  4. Suomi, S. 396; Junnila, S. 51.
  5. Junnila, S. 53 f.; Suomi, S. 394.
  6. Suomi, S. 397-401.
  7. Suomi, S. 401-405.
  8. Suomi, S. 567-570.
  9. Suomi, S. 560 f.; detailliertere Darstellung der Kandidatenfindung bei Tuomas Keskinen: Aika sotia - aika sopia. Väinö Leskinen 1917-1972. Tammi, Helsinki 1978, ISBN 951-30-4454-8, S. 241-246. Paasiozitat nach Keskinen, a.a.O., S. 246.
  10. Suomi, S. 561-563.
  11. Suomi, S. 263 f.
  12. Suomi, S. 571 f.
  13. Suomi, S. 597.
  14. Suomi, S. 597 f.