Berlin um die Ecke

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Film
Titel Berlin um die Ecke
Produktionsland DDR
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 1965
Länge 85 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Gerhard Klein
Drehbuch Wolfgang Kohlhaase
Produktion DEFA, Künstlerische Arbeitsgruppe „Berlin“
Musik Georg Katzer
Kamera Peter Krause
Schnitt Evelyn Carow
Besetzung

Berlin um die Ecke ist ein vom DEFA-Studio für Spielfilme KAG Berlin produzierter Film von Regisseur Gerhard Klein. Der Film war bis 1990 in der DDR verboten, da er sich kritisch mit dem Sozialismus auseinandersetzte.

Es ist der vierte Film der Berlin-Reihe von Gerhard Klein und Wolfgang Kohlhaase, welcher vom Leben kleiner Leute im Berlin der 1960er Jahre handelt. Berlin um die Ecke wurde 1965 verboten, da der Film einen Generationenkonflikt unterstelle, an dem die Alten schuld seien. Darauf wurde er im Zustand des Rohschnitts, also ungemischt und ohne Musik, abgebrochen, eingelagert und erst 25 Jahre später beendet – und zwar so, „dass die Wunden seiner Entstehung deutlich sichtbar bleiben“. (Zitat Wolfgang Kohlhaase)

Handlung

Berlin in den 1960er-Jahren: Olaf und Horst sind Freunde. Beide sind in der Jugendbrigade eines Metallbetriebs tätig. Sie sind über die Zustände in ihrem Betrieb verbittert, in dem sie mit veralteten Maschinen arbeiten müssen und ständig Materialmangel herrscht. Sie begehren gegen die Missstände auf. Unterstützung erfahren sie nur durch ihren alten Arbeitskollegen Paul Krautmann. Paul stirbt plötzlich, was den Freunden sehr nahegeht. Sie werden in der Betriebszeitung ungerechtfertigt kritisiert und fühlen sich gekränkt, so dass sich Olaf dazu hinreißen lässt, den verantwortlichen Redakteur Hütte tätlich anzugreifen.

Neben beruflichen Problemen hat Olaf auch privat Sorgen, so erwidert die Sängerin und Großküchenmitarbeiterin Karin seine Liebe nicht. Erst, als sie sein beharrliches Werben bemerkt und weiß, dass er es ernst meint, werden beide ein Paar. Die Jugendbrigade löst sich schließlich auf und bringt den Abschied von Freund Horst: Er geht als Arbeiter auf eine Großbaustelle.

Zeitliche Einordnung

Berlin um die Ecke versucht, sich kritisch mit den „Schwächen“ des Sozialismus auseinanderzusetzen. Der Film steht im engen Zusammenhang mit einer vorübergehenden Phase der Liberalisierung nach dem VI. Parteitag der SED im Januar 1963. Die Entwicklung einer kritischen Auseinandersetzung wurde zunächst von der SED gefördert. Es entstanden zahlreiche Werke, darunter Denk bloß nicht, ich heule, Das Kaninchen bin ich, Karla, oder auch Spur der Steine.

Im Umfeld des XI. Plenums des ZK der SED 1965 war jedoch jegliche Kritik am Staat unerwünscht. Der neue erste Mann in der Sowjetunion Leonid Iljitsch Breschnew verfolgte einen deutlich konservativeren Kurs als sein Vorgänger Nikita Sergejewitsch Chruschtschow. Diese Kursänderung der Sowjetunion hatte natürlich auch Auswirkungen auf die DDR und ihre Kulturpolitik. Die damalige DDR war in einer außerordentlichen Situation, weil der Staat nur halb aufgebaut war. Der generelle Optimismus in der Filmproduktion beweist, dass die neue Generation sich bereit fühlte, ihre Rolle in der Gesellschaft zu übernehmen.

Im Verlauf des Jahres 1965 wurden insgesamt zwölf Filme der DEFA verboten – dieser Wert entsprach fast der gesamten Jahresproduktion. Insofern kann festgestellt werden, dass das XI. Plenum des ZK der SED das Ende des neuen DDR-Films bedeutete. In der Folge wurden alle verbotenen Filme dieser Epoche als „Kellerfilme“ oder „Kaninchenfilme“ bezeichnet.

Literatur

  • Ingrid Poss, Peter Warnecke (Hrsg.): Spur der Filme, Zeitzeugen über die DEFA. Berlin 2006.
  • Adge Günther (Hrsg): Kahlschlag - das 11. Plenum der SED. Studien und Dokumente. 2. erw. Auflg. Berlin 2000.
  • Christiane Mückenberger (Hrsg): Prädikat: besonders schädlich, Filmtexte. Henschel Verlag, Berlin, 1990.
  • Henning Wrage: Die Zeit der Kunst. Literatur, Film und Fernsehen in der DDR der 1960er Jahre. Heidelberg: Winter 2009

Weblinks