Borneo Orangutan Survival Deutschland

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Borneo Orangutan Survival Deutschland
Rechtsform eingetragener Verein
Gründung 2001
Sitz Berlin
Umsatz 2.092.392 Euro (2019)
Website www.orangutan.de

Der Verein Borneo Orangutan Survival Deutschland e. V. (BOS Deutschland) ist eine politisch unabhängige Umweltorganisation in Deutschland, die sich für Fortbestand und Entwicklung der Orang-Utan-Bestände sowie der dafür notwendigen ausgedehnten Regenwaldgebiete auf Borneo einsetzt. Dies geschieht durch finanzielle Unterstützung sowie Beratung und Evaluation der BOS Foundation in Indonesien und ihrer Projekte. Ebenso klärt der Verein die Öffentlichkeit in Deutschland über die Ursachen der Bedrohung von Regenwald und Orang-Utans auf, unter anderem mit Schulprojekten. Dies betrifft vor allem den Raubbau am Regenwald durch Holzeinschlag und die Anlage großer, industriell betriebener Plantagen - letzteres auf Borneo in erster Linie zur Gewinnung von Palmöl.

Rechtsform und Finanzierung

BOS Deutschland ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein. Seine Organe sind die jährlich stattfindende Mitgliederversammlung, der besondere Mitgliederausschuss, der ehrenamtliche Vorstand sowie der Beirat.[1] Sitz des Vereins und der Geschäftsstelle ist Berlin. Der Verein finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden, mit denen sowohl die Projekte der BOS Foundation unterstützt als auch die Arbeit in Deutschland durchgeführt wird. Davon unabhängig können einzelne Projekte gegebenenfalls auch über Stiftungsgelder und ähnliches finanziert werden, z.B. Bildungsarbeit an ausgesuchten Berliner Schulen über Ressourcenproblematik (Papier, Palmöl).

Gründung und Geschichte

Straßenaktion gegen Raubbau am Regenwald 2009

Die Ärzte Dr. Jochen-Peter Collin und Dr. Eberhard Kreikemeier waren in der Deutsch-Indonesischen Gesellschaft aktiv und sammelten bereits vor der Gründung von BOS Deutschland Geld zur Unterstützung der BOS Foundation. Der Natur- und Artenschutzcharakter der Initiative ließ jedoch eine Organisation außerhalb der eher kulturell orientierten Deutsch-Indonesischen Gesellschaft zweckmäßig erscheinen, was 2001 zur Gründung von BOS Deutschland führte. In den Folgejahren entwickelte sich der Verein aus einer kleinen privaten Initiative zu einer dauerhaften Nichtregierungsorganisation. 2004 verlegte BOS Deutschland seinen Sitz von Kiel nach Berlin und richtete dort auch eine ständige Geschäftsstelle ein. Seit 2007 fungiert der Grünen-Politiker Jürgen Trittin als Schirmherr des Vereins.

In den Jahren 2009 und 2010 wurde BOS Deutschland kritisiert, Spendengelder ungerechtfertigt zurückgehalten oder unsachgemäß verwendet zu haben. Bei den daraus folgenden rechtlichen Auseinandersetzungen konnten die Vorhaltungen jedoch widerlegt werden.[2]

Transparenz und Richtlinien

BOS Deutschland verpflichtet sich zur Einhaltung definierter Richtlinien ethischen Verhaltens und transparenter Darstellung der Aktivitäten und Finanzen.[3] Auch müssen Kooperationen mit Firmen und anderen Institutionen bestimmten Prinzipien genügen, um „Greenwashing“ und einer Korrumpierung der Vereinsziele vorzubeugen.[4]

Der Verein publiziert jedes Jahr einen Tätigkeits- und Rechenschaftsbericht, in dem Herkunft und Verwendung der Mittel im Einzelnen erläutert werden.[5]

Im Mai 2013 nahm der Deutsche Spendenrat BOS Deutschland als ordentliches Mitglied auf.[6] Im Oktober 2013 wurde BOS Deutschland Mitglied der Initiative Transparente Zivilgesellschaft[7].

Geförderte Projekte in Indonesien

BOS Deutschland beteiligt sich neben anderen internationalen Organisationen an der Unterstützung der Aktivitäten der BOS Foundation im Bereich Orang-Utan- und Regenwaldschutz.

Rettung von Orang-Utans

Die BOS Foundation betreibt auf Borneo in Samboja Lestari (Provinz Ost-Kalimantan) und Nyaru Menteng (Provinz Zentral-Kalimantan nahe Palangka Raya) zwei Auffang- und Rehabilitationsstation für insgesamt ca. 800 Orang-Utans (Stand Ende 2014).[8],[9] Die Wege, auf denen die Orang-Utans zu BOS gelangen, sind unterschiedlich und für die Tiere meist leidvoll. Viele von ihnen werden durch Polizei und die Naturschutzbehörde BKSDA (Balai Konservasi Sumber Daya Alam) aus privater Gefangenschaft konfisziert und in die Obhut der Stiftung gegeben. Andere kommen zu BOS, nachdem sie auf Ölpalmenplantagen oder in der Nähe von Siedlungen aufgegriffen werden. Darunter sind oft verwaiste Jungtiere, deren Mütter getötet wurden oder anderweitig umgekommen sind.

Rehabilitation von Orang-Utans

Unter Rehabilitation sind hier alle Maßnahmen zu verstehen, die verwaiste, kranke oder verletzte Orang-Utans befähigen, wieder selbständig im Dschungel zu überleben und sich dort auch fortzupflanzen. Die konkreten Maßnahmen sind abhängig vom Alter und Gesundheitszustand des einzelnen Tieres.

Die Aufzucht verwaister junger Orang-Utans in Borneo.

Lediglich diejenigen Tiere, die zu alt oder zu krank für ein Leben in freier Wildbahn sind, werden dauerhaft in den Stationen gehalten. Bei allen Übrigen ist es das Ziel, sie wieder auszuwildern. Orang-Utans, die als erwachsene oder fast erwachsene Tiere aus der Wildnis zu BOS kommen, werden nach einem Gesundheitscheck umgehend in andere Waldgebiete umgesiedelt (Translocation). Alle Fähigkeiten für ein Leben in der Wildnis bringen sie bereits mit.

Orang-Utans, im Alter von drei bis fünf Jahren, die zumindest grundlegende Fertigkeiten für ein Überleben im Wald besitzen, werden in den Stationen medizinisch versorgt und in ihrem natürlichen Verhalten unterstützt. Diese Tiere können sich relativ schnell wieder an ihre natürliche Umgebung gewöhnen.

Verwaiste Jungtiere im Babyalter dagegen, die noch völlig von ihrer Mutter abhängig wären, werden in einem in der Regel sechs- bis siebenjährigen Training (entsprechend der Betreuungszeit von sechs bis acht Jahren durch die Mutter unter natürlichen Bedingungen) auf ein Leben in ihrem natürlichen Habitat vorbereitet. Notwendige Fähigkeiten der Orang-Utans sind zum Beispiel das Erkennen und Auffinden essbarer Pflanzen und Früchte, das Erkennen giftiger Tiere und Pflanzen, der Bau von Schlafnestern, effiziente und sichere Kletter- und Fortbewegungstechniken in den Baumkronen, Orientierung im Wald, soziale Interaktionen mit Artgenossen und anderes. Ebenso bedürfen besonders diese sehr jungen Orang-Utans intensiver emotionaler Zuwendung durch das menschliche Pflegepersonal (sogenannte Baby Sisters), zumal sie durch den oft gewaltsamen Tod der Mutter meist auch traumatisiert sind.

Während des Rehabilitationsprozesses durchwandern die Jungtiere verschiedene Lernstufen und leben in Gruppen, getrennt nach Alter und Entwicklungsstand. BOS nutzt bei den Stationen jeweils kleine Waldstücke als „Waldschulen“, in denen die jungen Orang-Utans tagsüber für ein Leben in der Wildnis angelernt und trainiert werden. Ihre letzte Station bis zur Auswilderungsbefähigung sind Flussinseln, in denen die Tiere dann schon fast unter natürlichen Bedingungen leben.[10]

Waldsicherung und –management

Grundvoraussetzung für die Auswilderung von Orang-Utans ist das Vorhandensein von Waldgebieten, die bestimmten Mindestkriterien gerecht werden: - Ausreichend Nahrungspflanzen, z.B. Flügelfruchtgewächse - Ausreichend großes Territorium - Schutz vor Abholzung oder Brandrodung, generell langfristiger Schutzstatus - Keine Konkurrenz zu eventuell schon in den Schutzgebieten lebenden Orang-Utan-Populationen

Der Kehje-Sewen-Schutzwald - eines der Waldgebiete, in denen die BOS Foundation Orang-Utans auswildert.

Waldgebiete, die alle diese Bedingungen erfüllen, sind im heutigen Borneo schwer zu finden, daher war es für die BOS Foundation lange Zeit kaum möglich, Orang-Utans auszuwildern. Zudem kann Land in größerem Umfang nach indonesischem Recht nicht als Privateigentum erworben werden, sondern verbleibt grundsätzlich beim Staat. Der Staat vergibt allerdings verschieden definierte Nutzungskonzessionen, verpachtet das Land also gegen Entgelt zu in der Regel kommerziellen Zwecken wie Holzeinschlag oder der Anlage von Plantagen. Allerdings gibt es seit 2008 die Möglichkeit, eine Konzession speziell für Naturschutzzwecke (Eco System Restauration Concession) zu erwerben. Diese ist rechtlich einer kommerziellen Konzession gleichgestellt und kann nur von Unternehmen erworben werden. Aus diesem Grund hat die BOS Foundation die Firma PT Restorasi Habitat Orangutan Indonesia (PT RHOI) gegründet, die technisch für die Auswilderungen und Auswilderungsgebiete verantwortlich ist. [11]

Der Erwerb der genannten Naturschutzkonzession ist auf 60 bis 90 Jahre angelegt, aber vergleichsweise teuer. So schlug das erste Konzessionsgebiet der BOS Foundation bzw. von PT RHOI (Kehje Sewen – „Wald der Orang-Utans“ – in Ost-Kalimantan) mit umgerechnet über einer Million US-Dollar zu Buche.[12],[13] Weitere Auswilderungsgebiete dieser Art sind in Vorbereitung. Zudem schließt die BOS Foundation auch Abkommen mit privaten Konzessionshaltern und nutzt Auswilderungsmöglichkeiten in schon bestehenden staatlichen Schutzgebieten.

Auswilderung

Ein wichtiger Aspekt aller Auswilderungs- und Schutzvorhaben ist die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung. Außer Informationsveranstaltungen werden Trainings z.B. für einkommensschaffende Maßnahmen initiiert sowie die Anstellung ortskundiger Personen als Ranger. Die eigentliche Freisetzung der Orang-Utans im Schutzwald ist dann mit einem erheblichen logistischen und finanziellen Aufwand verbunden. So müssen in den abgelegenen Auswilderungsgebieten Stationen für Ranger, Veterinäre und Wissenschaftler einschließlich der notwendigen Versorgungsinfrastruktur bereitgestellt werden. Für den Transport der Orang-Utans werden Flugzeuge oder Helikopter organisiert, mitunter müssen auch provisorische Hubschrauberlandeplätze angelegt werden.[14]

Die Auswilderung eines Orang-Utans durch die BOS Foundation in Borneo.

Die auszuwildernden Menschenaffen werden noch in den Stationen geimpft und umfangreichen Gesundheitschecks unterzogen. Nach erfolgter Auswilderung wird jedes Individuum wenigstens ein Jahr lang beobachtet, durch Sichtkontakt und über in die Haut implantierte Mini-Sender. Bei den Auswilderungen neueren Datums (Februar 2012 bis April 2014) konnten 162 Tiere in die Freiheit entlassen werden. In diesem Zeitraum wurden zwei Geburten und 11 Todesfälle registriert. Weitere Auswilderungen sind in Planung.

Aufforstung

Das etwa 1.800 ha große Gebiet Samboja Lestari wurde von BOS Deutschland durch ein eigens dafür entwickeltes Spendenwerkzeug unterstützt: Interessenten konnten online einzelne Quadratmeter des Geländes symbolisch „erwerben“ und per Google Earth den Fortschritt der Aufforstung nachvollziehen. Seit 2011 sind die Aufforstungen im Wesentlichen abgeschlossen und die Arbeit der BOS Foundation konzentriert sich in Samboja Lestari auf Erhaltungsmaßnahmen und die Pflege der dort untergebrachten Tiere (Orang-Utans und Malaienbären).[15]

Malaienbären

Neben Orang-Utans trägt BOS auch für etwa 50 Malaienbären Sorge, die hauptsächlich in Samboja Lestari gehalten werden. Die Tiere stammen durchweg aus nicht artgerechter und illegaler Privathaltung und können in aller Regel nicht mehr ausgewildert werden. Die Bären sind meist zu sehr an Menschen gewöhnt und würden freigelassen die Nähe menschlicher Siedlungen suchen, was ernste Konflikten nach sich zöge.[16]

Umweltbildung

Um die Orang-Utans und den Regenwald zu schützen, will BOS Deutschland darüber aufklären, wie eine Änderung des Konsumverhaltens zum Schutz der Orang-Utans beitragen kann. Dazu startete BOS im Jahr 2013 ein Umweltbildungsprojekt, bei dem gemeinsam mit Berliner Schulen komplexe Themen wie Papierverbrauch, Papierrecycling, Palmölproblematik und Regenwaldschutz integriert werden. Die für das Projekt entwickelten und zusammengestellten Materialien werden in Form des Bildungskoffers PaPa-laPapp Schulen und anderen Bildungseinrichtungen kostenfrei zur Verfügung gestellt.[17]

Einzelnachweise

  1. BOS Deutschland: Satzung BOS Deutschland e.V.
  2. BOS Deutschland: Erfolge gegen die falschen Vorwürfe in den Medien
  3. BOS Deutschland: Code of Conduct
  4. BOS Deutschland: Prinzipien für Kooperationen mit Unternehmen und anderen Dritten
  5. Finanzen BOS Deutschland: Jahresberichte
  6. Deutscher Spendenrat: Mitglieder Deutscher Spendenrat
  7. Initiative transparente Zivilgesellschaft: Transparenz und Sparsamkeit im Umgang mit Spenden
  8. Station Samboja Lestari: Rehabilitation und Auswilderung in Ostkalimantan (engl.)
  9. Station Nyaru Menteng: Rehabilitation und Auswilderung in Zentralkalimantan (engl.)
  10. Rehabilitation: Vom Orang-Utan-Waisenkind zum Waldmenschen
  11. Restorasi Habitat Orangutan Indonesia (RHOI): Forest Forever for Orangutans
  12. Kehje Sewen: Land der Orang-Utans
  13. Kehje Sewen: Kehje Sewen - a Home for Everyone
  14. Auswilderung: Klappe auf, Affe raus?
  15. Aufforstung: Das Aufforstungsprojekt Samboja Lestari
  16. Malaienbären: The BOS Sun Bear Sanctuary
  17. Umweltbildung: BOS Schulprojekt