Broczyno

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Broczyno (deutsch Brotzen, früher Brozen[1]) ist ein Dorf in der Landgemeinde (Gmina) Czaplinek (Tempelburg) im Powiat Drawski (Dramburger Kreis) der polnischen Woiwodschaft Westpommern.

Geographische Lage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Dorf liegt im Netzedistrikt des ehemaligen Westpreußen, am Großen Brotzen-See, etwa 35 Kilometer nordnordwestlich von Deutsch Krone (Wałcz), 28 Kilometer nordöstlich von Märkisch Friedland (Mirosławiec) und 15 Kilometer nordwestlich von Rederitz (Nadarzyce).

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dorfkirche, bis 1945 Gotteshaus der evangelischen Gemeinde Brotzen (Oktober 2007)
Brotzen am Großen Brotzen-See, Lage der Ortsteile A und B (oder I und II) um 1600
Grenzveränderungen der Goltzenherrschaft Brotzen seit dem 14. Jahrhundert[2]

Die Grenzregion des Netzedistrikts, in der das Dorf liegt, hatte ursprünglich zum Herzogtum Pommern gehört, war vorübergehend unter polnische Herrschaft gelangt und dann an die Markgrafen von Brandenburg gekommen. Im Rahmen der Ersten Teilung Polen-Litauens kam das Dorf 1772 zusammen mit dem Landkreis Deutsch Krone an Preußen.

Die Ortschaft Brotzen gehörte einst zu den sogenannten Goltzschen Gütern. Ältere Ortsbezeichnungen sind Bzuczina (1286), Broek (1633), Brocz (17. Jh.), neupolnisch Broce. Die Ortschaft war unterteilt in Brotzen A und B. Brotzen A war Sitz der Goltzenherrschaft Brotzen.[2] 1783 besaßen das Dorf hälftig die Familien von der Goltz und von Kleist.[1] 1805 gehörte es zur Hälfte dem Grafen von Schmettau und zur Hälfte der Frau von Kleist. Die erste Hälfte wurde auf 17.000 Taler, die zweite auf 5000 Taler taxiert.[3] Gustav Karl Heinrich Brümmer, in Gütergemeinschaft mit seiner Ehegattin Pauline Marianne, geb. Henning, kaufte Brotzen B am 16. November 1858 für 57.000 Taler.[4]

Die Gemeinde Brotzen hatte um 1930 eine 24,4 km² große Gemarkungsfläche, und auf dem Gemeindegebiet befanden sich sechs Wohnplätze, auf denen insgesamt 101 bewohnte Wohnhäuser standen:[5]

  • Bahnhof Milkow
  • Brotzen
  • Buschhof
  • Milkow, Gut
  • Wassergrund
  • Ziegelei

Im Jahr 1945 gehörte Brotzen zum Landkreis Deutsch Krone im Regierungsbezirk Grenzmark Posen-Westpreußen der preußischen Provinz Pommern des Deutschen Reichs. Brotzen war Sitz des Amtsbezirks Brotzen.

Im Februar 1945 wurde Brotzen von der Roten Armee besetzt. Nach Beendigung der Kampfhandlungen wurde die Region seitens der sowjetischen Besatzungsmacht zusammen mit ganz Hinterpommern und der südlichen Hälfte Ostpreußens – militärische Sperrgebiete ausgenommen – der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Es wanderten nun Polen zu. Brotzen wurde unter der polnischen Ortsbezeichnung „Broczyno“ verwaltet. Die einheimische Bevölkerung wurde von der polnischen Administration aus Brotzen vertrieben.

Demographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bevölkerungsentwicklung bis 1945
Jahr Einwohner Anmerkungen
1783 adliges Dorf mit zwei Vorwerken und einer evangelischen Kirche, 49 Feuerstellen (Haushaltungen), im Netzedistrikt, Kreis Krone[1]
1818 227 Dorf, adlige Besitzung[6]
1864 824 davon 615 im Dorf A (darunter 602 Evangelische und zwei Katholiken), 103 im Rittergut A (108 Evangelische, fünf Katholiken) und 106 im Gut B (105 Evangelische, eine katholische Person)[7]
1910 698 am 1. Dezember, davon 596 in der Landgemeinde (darunter 592 Evangelische und drei Katholiken) und 102 im Gutsbezirk (101 Evangelische und eine katholische Person; eine Person mit polnischer Muttersprache)[8]
1925 894 darunter 858 Evangelische und 36 Katholiken[5]
1933 880 [9]
1939 923 [9]

Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Protestanten der bis 1945 anwesenden Dorfbevölkerung gehörten zum evangelischen Kirchspiel Brotzen.[10]

Evangelische Geistliche bis 1945
  • Christian Ramslow, † 1656[3]
  • Daniel Raddatz, 1657–1687[3]
  • Andreas Crisenius, 1688–1711[3]
  • George Schwarzlaff, 1712–1749[3]
  • George Friedrich Schwarzlaff, des vorherigen Sohn, 1749–1759[3]
  • Daniel Friedrich Lentz, 1759–1801[3]
  • Johann David Kirsch, 1802–1817, ging von hier nach Neugolz[3]
  • Friedrich Leopold Wilhelm Weise, 1818[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Brotzen, Dorf und Rittergut, Kreis Deutsch Krone, Regierungsbezirk Marienwerder, Provinz Westpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Brotzen (meyersgaz.org).
  • Milkow, Gut, Kreis Deutsch Krone, Regierungsbezirk Marienwerder, Provinz Westpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Milkow (meyersgaz.org).
  • Friedrich Wilhelm Ferdinand Schmitt: Geschichte des Deutsch Croner Kreises. Lambeck, Thorn 1867, S. 243–244 (Google Books).
  • Agathon Harnoch: Chronik und Statistik der evangelischen Kirchen in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Neidenburg 1890, S. 463–464 (Google Books).
  • Friedrich von der Goltz: Nachrichten über die Familie der Grafen und Freiherrn von der Goltz. R. Schultz & Comp., Straßburg 1885, S. 263–276 (Google Books).
  • Gustav Brümmer: Die Goltzen Herrschaft Brotzen – Geschichtliche Darstellung eines ländlichen Bezirkes mit einem Anhange bisher ungedruckter Urkunden (= Abhandlungen zur Landeskunde der Provinz Westpreussen, herausgegeben von der Provinzial-Kommission zur Verwaltung der westpreussischen Provinzial-Museen, Heft VI), Verlag Th. Bertling, Danzig 1893 (Google Books).
  • Gustav Brümmer: Die Geschichte des Kirchspiels Brotzen und der umliegenden Gegend. Ein Beitrag zur Geschichte des Templer- und Johanniter-Ordens. In: Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder, Heft II, Marienwerder 1877, S. 15–42 (Google Books).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Broczyno – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Zweiter Theil welcher die Topographie von West-Preussen enthält. Anhang (mit neu beginnender Seitenzählung): Volständige Topographie vom West-Preußischen Cammer-Departement, Marienwerder 1789, S. 26 (Google Books).
  2. a b Gustav Brümmer: Die Goltzen Herrschaft Brotzen – Geschichtliche Darstellung eines ländlichen Bezirkes mit einem Anhange bisher ungedruckter Urkunden (= Abhandlungen zur Landeskunde der Provinz Westpreussen, herausgegeben von der Provinzial-Kommission zur Verwaltung der westpreussischen Provinzial-Museen, Heft VI), Verlag Th. Bertling, Danzig 1893 (Google Books).
  3. a b c d e f g h i Friedrich Wilhelm Ferdinand Schmitt: Geschichte des Deutsch Croner Kreises. Lambeck, Thorn 1867, S. 243–244 (Google Books).
  4. Gustav Brümmer: Die Goltzen Herrschaft Brotzen – Geschichtliche Darstellung eines ländlichen Bezirkes mit einem Anhange bisher ungedruckter Urkunden (= Abhandlungen zur Landeskunde der Provinz Westpreussen, herausgegeben von der Provinzial-Kommission zur Verwaltung der westpreussischen Provinzial-Museen, Heft VI), Verlag Th. Bertling, Danzig 1893, S. 44 (Google Books).
  5. a b Die Gemeinde Brotzen im ehemaligen Kreis Deutsch Krone in Pommern (Gunthard Stübs und Pommersche Forschungsgemeinschaft, 2011).
  6. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 1: A–F, Halle 1821, S. 182, Ziffer 5040 (Google Books).
  7. E. Jacobson: Topographisch-statistisches Handbuch für den Regierungsbezirk Marienwerder. Danzig 1868. Ortschaft-Verzeichnis des Regierungsbezirks Marienwerder, S. 54–55, Ziffer 19–21 (Google Books).
  8. Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft III: Regierungsbezirk Marienwerder, 3. Kreis Deutsch Krone, S. 12–13, Ziffer 12 (Google Books), und S. 16–17, Ziffer 102 (Google Books).
  9. a b Michael Rademacher: Deutschkrone. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  10. Agathon Harnoch: Chronik und Statistik der evangelischen Kirchen in den Provinzen Ost- und Westpreußen, Neidenburg 1890, S. 463–464 (Google Books).

Koordinaten: 53° 31′ N, 16° 19′ O