Circa instans
Circa instans, auch De simplicibus medicinis, ist eine um 1150 entstandene Arzneidrogenkunde.[1] Es gilt als ein zentrales Werk der Medizinschule von Salerno und umfasst etwa 270 Pflanzenmonografien.
Inhalt
Jedes der etwa 270 Kapitel ist in zwei Abschnitte gegliedert. Im ersten Teil werden neben dem Namen die Primärqualitäten genannt, die Droge wird beschrieben und es werden die Qualitätsmerkmale angegeben. Auf mögliche Fälschungen wird bei teuren Drogen hingewiesen. Abgeschlossen wird der erste Abschnitt jeweils mit Angaben zur Haltbarkeit und zum Wirkspektrum nach der Humoralpathologie. Der zweite Teil eines jeden Kapitels behandelt die Anwendungsmöglichkeiten, mögliche Kombinationen mit anderen Drogen und häufig auch Ersatzmittel.
Als Quellen für das Werk werden in der Fachliteratur meist die Materia medica von Dioskurides und der Liber graduum von Constantinus Africanicus genannt, doch unterscheiden sich die Indikationen teils deutlich. Das Circa instans ist stark mit anderen Werken aus Salerno verflochten.
Urheberschaft
Umstritten als Autor ist Matthaeus Platearius[2], Mitglied einer berühmten salernitanischen Ärztefamilie. Nicolaus Salernitanus, der um 1150 an der Salerner Schule lehrte[3], gilt als weiterer möglicher Autor, da dessen Werk Antidorarium Nicolai zu einer ähnlichen Zeit entstanden ist und ein vergleichbares pharmazeutisches Programm vertritt (vgl. Gerabek 2005).
Nachwirkung
Das Circa instans war neben dem Macer floridus und der Materia medica über mehrere Jahrhunderte ein bestimmendes Werk der Phytotherapie (siehe u.a. De simplici medicina, 14. Jh.).[4] Es gilt als wichtige Quelle für den Gart der Gesundheit[5] (1485), einem der ersten gedruckten Kräuterbücher, das starken Einfluss auf spätere Werke hatte.[6] Mehrere Handschriften sind erhalten und werden heute u.a. in Breslau, Wien und Erlangen aufbewahrt.
Eine neuhochdeutsche Übersetzung hat Konrad Goehl angefertigt, Teile daraus wurden 2009 als Begleittext für das Herbarium des Vitus Auslasser veröffentlicht, eine vollständige Übersetzung erschien 2015.
Literatur
- Hans Wölfel: Circa instans. Das Arzneidrogenbuch Circa Instans in einer Fassung des 13. Jahrhunderts. A. Preilipper, Hamburg 1939.
- Paul Dorveaux: Le Livre des simples médicines. Traduction française du Liber de simplici medicina dictus Circa instans de Platearius, tirée d'un manuscrit du XIIIe siècle (Ms. 3133 de la Bibliothèque de Ste Généviève de Paris et publiée pour la première fois par le Dr. Paul Dorveaux), avec un fac-simile d'une page dudit manuscrit, Paris 1913 (= Publication de la Sociéte française d'Histoire de la Médicine, 1).
- Jürg Blome: Fachnomenklatorische Untersuchungen zu einem der ältesten bebilderten Kräuterbücher Mitteleuropas. (Kurzfassung der Dissertation: Transkription, Übersetzung und systematisch-botanische Bearbeitung der in der Basler Universitätsbibliothek aufbewahrten Kräuterbuch-Handschrift 'Circa instans' (Mscr. K II 11) aus dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts. Basel 1978) In: „gelêrter der arzeniê, ouch apotêker“. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte. Festschrift zum 70. Geburtstag von Willem F. Daems. Hrsg. von Gundolf Keil, Horst Wellm Verlag, Pattensen/Hannover 1982 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 24), ISBN 3-921456-35-5, S. 551–588.
- Nigel F. Palmer und Klaus Speckenbach: Träume und Kräuter. Studien zur Petroneller "Circa instans"-Handschrift und zu den deutschen Traumbüchern des Mittelalters. Böhlau Verlag, Köln Wien 1990.
- Konrad Goehl und Johannes Gottfried Mayer (Hrsg.): Editionen und Studien zur lateinischen und deutschen Fachprosa des Mittelalters. Festgabe für Gundolf Keil. Königshausen und Neumann, Würzburg 2000. ISBN 3-8260-1851-6
- Werner E. Gerabek (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, 2005.
- Johannes Gottfried Mayer, Konrad Goehl und Katharina Englert: Die Pflanzen der Klostermedizin in Darstellung und Anwendung. Mit Pflanzenbildern des Benediktiners Vitus Auslasser (15. Jh.) aus dem Clm 5905 der Bayerischen Staatsbibliothek München (= DWV-Schriften zur Medizingeschichte. Bd. 5). Deutscher Wissenschafts-Verlag, Baden-Baden, 2009. ISBN 978-3-86888-007-6.
- Konrad Goehl: Das 'Circa Instans'. Die erste große Drogenkunde des Abendlandes. Deutscher Wissenschafts-Verlag, Baden-Baden, 2015. ISBN 978-3-86888-096-0.
Weblinks
- Das ‚Circa instans’ (‚de simplicibus medicinis’), Forschergruppe Klostermedizin
- Digitalisat, spätes 12. Jahrhundert, Mertz Digital Collections
- London: British Museum, MS Harley 270 Blatt 123r-149v Circa instans (zwischen 1175 und 1249) Digitalisat
- London: British Museum, MS Egerton 747. Circa instans (zwischen 1280 und 1310) Digitalisat
- München: Bayrische Staatsbibliothek, Clm 325. Circa instans 14. Jh. Digitalisat
- Digitalisat, um 1450, e-manuscripta
- München: Bayrische Staatsbibliothek, Inkunabel Circa instans Venedig 1497 Digitalisat
Einzelnachweise
- ↑ Gundolf Keil: Circa instans. In: Verfasserlexikon I, 1282–1285.
- ↑ Leo Jules Vandewiele: Een Middelnederlandse versie van de Circa instans van Platearius naar de Hss. Portland, British Museum MS. Loan 29/332 (XIVe eeuw) en Universiteitsbibliotheek te Gent Hs. 1457 (XVe eeuw). Oudenaarde (Belgien) 1970.
- ↑ Christine Becela-Deller: Die Weinraute (Ruta graveolens L.) als Beispiel für eine Heilpflanze zur Zeit der Schule von Salern (10.–14. Jh.). Würzburger medizinhistorische Mitteilungen 12 (1994), S. 143-152; S. 145
- ↑ Johannes Gottfried Mayer, Konrad Goehl: Kräuterbuch der Klostermedizin. Reprint-Verlag Leipzig 2013, S. 35. ISBN 978-3-8262-3057-8
- ↑ Otto Beßler: Prinzipien der Drogenkunde im Mittelalter. Aussage und Inhalt des Circa instans und Mainzer Gart. Mathematisch-naturwissenschaftliche Habilitation, Halle an der Saale 1959.
- ↑ Johannes Gottfried Mayer: Die Wahrheit über den Gart der Gesundheit (1485) und sein Weiterleben in den Kräuterbüchern der Frühen Neuzeit. In: Sabine Anagnostou, Florike Egmond und Christoph Friedrich (Eds.): A passion for plants: materia medica and botany in scientific networks from the 16th to 18th centuries. (Quellen und Studien zur Geschichte der Pharmazie, Bd. 95) Stuttgart 2011, S. 119-128. ISBN 978-3-8047-3016-8.