Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis

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Der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (CMBC) ("Maximilians Bayerisches Zivilgesetzbuch") von 1756 ist ein historisches bayerisches Gesetzeswerk. Die auch als "Bayerisches Landrecht" bezeichnete Kodifikation trat mit der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuches am 1. Januar 1900 außer Kraft.

Er ist nicht zu verwechseln mit dem mehrteiligen Codex Maximilianeus von 1616 („Landrecht, Policey-, Gerichts-, Malefitz- und andere Ordnungen der Fürstenthumben Obern- und Nidern-Bayern“), der erstmals Rechtseinheit in Ober- und Niederbayern herstellte.

Entstehungsgeschichte

Der Schwerpunkt der Bayerischen Gesetzgebung lag bei den Landrechten und den Landesordnungen. Letztere enthielten insbesondere das, was man heute unter Straf-, Polizei- und öffentlichem Recht versteht; unter ihnen werden Herzog Ludwigs Landshuter Landesordnung von 1474, die Landesordnung von 1516 und deren Revision von 1553 gezählt. Die Landrechte dagegen enthielten eher privatrechtliche Normen. Das erste (ober-) bayerische Landrecht von 1346 und dessen Reformation aus dem Jahre 1518 enthielten kein vollständiges Privatrechtssystem nach heutiger Vorstellung. Das Landrecht von 1616 nähert sich mehr oder weniger einer umfassenden Regelung des bürgerlichen Rechts, dennoch bestand bis ins 18. Jahrhundert das Bedürfnis nach einem in sich geschlossenen Privatrechtssystem. Der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756 stellt laut Helml[1] sowohl den Höhepunkt als auch den Abschluss dieser Entwicklung dar.

Maximilian III. Joseph, Kurfürst von Bayern, erbte von seinem Vater Karl Albrecht einen vom Krieg erschöpften zweitrangigen Staat, dessen Heer und Finanzen sich in kläglichem Zustand befanden. Schon bald leitete Maximilian III. Maßnahmen ein, um „die inneren Verhältnisse des Staates zu bessern und ihn leistungsfähiger zu machen“[2] In dieser Hinsicht kann „die Kodifikation als Instrument zur Kontrolle der politischen Macht“ verstanden werden.[3] Die Staatsreform bedeutete aber auch eine Rechtsreform, dessen „unmittelbarer Anstoß (...) die 1749 und 1751 veröffentlichten Teile des Projekts des Corporis Juris Fridericiani“ waren.[4]

Unter der Regierung des Kurfürsten Maximilian III. ist der Codex Maximilianeus Bavaricus Criminalis 1751 erschienen, 1752 der Kommentar dazu; der Codex Judiciarii im Jahr 1753, 1754 die Anmerkungen dazu. 1756 trat das umfangreichste Teil, der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis, in Kraft; (mit 4 Teilen und über 800 Paragraphen) im Laufe der folgenden Jahre bis 1768 erschienen die fünfbändigen Anmerkungen dazu. Diese drei Gesetzbücher waren „ein in sich geschlossenes Werk“[5] und bildeten über mehrere Jahrzehnte hinweg die „Grundlage der bayerischen Rechtsordnung“[6] „Trotz der noch altertümlichen (und im Strafrecht abstoßenden) Züge ist diese Gesetzgebung ein würdiges Vorspiel der kommenden großen Kodifikationen“[7] 1785 erschien zusätzlich eine Wechselordnung.

Wiguläus Xaverius Aloysius Freiherr von Kreittmayr

Diese Gesetze, Kommentare und Anmerkungen waren allesamt die Arbeit von Wiguläus Xaverius Aloysius Freiherr von Kreittmayr, Vizekanzler seit 1749. „Kreittmayrs Aufgabe und Werk war, das völlig unübersichtlich gewordene Recht seiner Zeit in Bayern in brauchbare Formen zusammenzuschreiben - ein Auftrag, an den sich nur jemand wie er mit umfassenden Kenntnissen, weitreichender Belesenheit und ungewöhnlichem Fleiß wagen konnte“[8] Kreittmayr bewältigte diese ihm 1750 übertragene Aufgabe „meisterhaft“[9] und „in erstaunlich kurzer Zeit“[10] Berühmtheit erreicht haben Kreittmayrs juristische Werke schließlich auch als „unterhaltende Rechtslektüre“ wegen seines „körnigen, bisweilen sogar derben“ Humors und wegen ihres knappen Stils, der damals als kunstlos und derb bezeichnet wurde.[11]

Der CMBC

Durch den CMBC, das „Hauptwerk Kreittmayrs“[12] und „das älteste deutsche umfassende, d. h. in sich verständliche Privatrechtsgesetzbuch“[13] wurde die ältere Gesetzgebung (wie das Landrecht von 1616.) hinfällig, obwohl laut Kobler[14] das Landrecht von 1616 „Voraussetzung und Grundlage zahlreicher Normen des CMBC ist, (...) wenn auch nur stillschweigend“. Das römische Recht hingegen galt weiterhin hilfsweise für den Fall einer Gesetzeslücke oder zur Auslegung des Codex. Wichtige Merkmale des CMBC sind dessen Ausführlichkeit und dass den Quellen des gemeinen Rechts noch subsidiäre Geltung zunerkannt wurde.[15] Die Absicht des CMBC war, das gültige Recht zu sammeln. Somit enthielt der CMBC wenig neues Recht, sondern nur das ältere, sowohl gemeine als auch statuarische Recht; (wie es im Publikationspatent heißt) nach Pöpperls Meinung wären Neuerungen im konservativen Bayern auf Kritik und Ablehnung gestoßen und wurden deshalb verborgen[16] und deshalb wurden „grundlegende Neuerungen nur behutsam“ angegangen.[17] Der CMBC „kann als ein Beginn aufklärerischer Reformen mit einem Mehr an Berechenbarkeit der Rechtspflege und Rechtssicherheit angesehen werden“[18] Er galt „länger, als es einen unabhängigen bayerischen Staat gab, nämlich bis 1900, als alle territorialen Zivilrechte durch das BGB abgelöst wurden“[19] Somit wurde der CMBC zur letzten bayerischen Kodifikation des Privatrechts.

Obwohl der Codex in der Zeit des späten Naturrechts entstand und als „erste umfassende Kodifikation des Naturrechtzeitalters“ gilt,[20] wurden eher die Anmerkungen als der CMBC selber von naturrechtlichen Einflüssen geprägt;[21] im CMBC selbst ist vom Naturrecht nur „[an] der Idee einer umfassenden Aufzeichnung des Rechts, [am] Versuch, dieses in ein System zu bringen, und [am] Streben nach allgemein fasslicher Formulierung“ zu spüren.[22] Kreittmayr schien das Naturrecht „zu wenig konkret und in seinen Prämissen zu willkürlich“ zu sein, um das römische Recht zu verdrängen; stattdessen sollte das Naturrecht lediglich als Gerechtigkeitsmaßstab gelten.[23] Von der Methode her, das einheimische und das gemeine Recht zu verbinden, steht der Codex dem usus modernus nahe.

Der Kommentar zum CMBC, der zum „Standardwerk des bürgerlichen Rechts“[24] wurde und auch außerhalb Bayerns viel benutzt wurde,[25] verfolgte drei Ziele: den CMBC auszulegen, dessen Vorschriften zu begründen und zu belegen, und letztens ein Lehrbuch zu schaffen.[26] Dem Kommentar hat die Judikatur gesetzesgleiche Autorität zugesprochen.[27]

Literatur

  • Raimund Eberle, Wiguläus Xaver Aloys von Kreittmayr: Was früher in Bayern alles recht war. Rosenheimer Verlagshaus, Rosenheim 1976, ISBN 3-475-52172-5.
  • Ulrich Eisenhardt: Deutsche Rechtsgeschichte. 4. Auflage. Verlag C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51996-2.
  • Helmut Glöckle: Das Vormundschaftsrecht des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis. Dissertation, Wilhelms-Universität Münster 1977.
  • Ewald Helml: Die geschichtliche Entwicklung der bayerischen Erbrechtsnormen: Vom oberbayerischen Landrecht des Jahres 1346 zum Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis. Dissertation, Universität Passau 1985.
  • Gerd Kleinheyer, Jan Schröder: Deutsche Juristen aus fünf Jahrhunderten. 3. Auflage. C. F. Müller Verlag, Heidelberg 1989, ISBN 3-8114-4488-3.
  • Michael Kobler: Bayerische Kodifikationen des Naturrechtzeitalters. In: Adalbert Erler (Hrsg.) u.a.: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band 1. Erich Schmidt Verlag, Berlin 1971, ISBN 3-503-00015-1.
  • Barbara Dölemeyer: Bayerische Kodifikationen des Naturrechtzeitalters. In: Albrecht Cordes (Hrsg.) u.a.: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band 1, 2. Auflage. Erich Schmidt Verlag, Berlin 2008, ISBN 978-3-503-07912-4, Sp. 478–480.
  • Peter Pöpperl: Quellen und System des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis. Dissertation, Julius-Maximilians-Universität zu Würzburg 1967.
  • Hans Schlosser: Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte. 10. Auflage. C. F. Müller Verlag, Heidelberg 2005, ISBN 3-8252-0882-6.
  • Gerhard Wesenberg, Gunter Wesener: Neuere deutsche Privatrechtsgeschichte im Rahmen der europäischen Rechtsentwicklung. 4. Auflage. Hermann Böhlaus Nachf., Graz/ Wien 1985, ISBN 3-205-08375-X.
  • Franz Wieacker: Privatrechtsgeschichte der Neuzeit. 2. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1967, ISBN 3-525-18107-8.

Weblinks

Siehe auch

Referenzen

  1. S. 6.
  2. Pöpperl, S. 1.
  3. Schlosser, S. 111.
  4. Pöpperl, S. 2; auch Kobler, S. 337.
  5. Kobler, S. 337.
  6. Kleinheyer und Schröder, S. 154.
  7. Wieacker, S. 327.
  8. Eberle, S. 15–17.
  9. Eberle, ibid.
  10. Pöpperl, S. 2.
  11. Glöckle, S. 127; siehe auch Kleinheyer und Schröder, S. 155, und Eberle, S. 20.
  12. Kobler, S. 338.
  13. Wesenberg und Wesener, S. 158.
  14. Kobler, S. 338.
  15. Helml, S. 32–34.
  16. Pöpperl, S. 8, 10.
  17. Kobler, S. 337; siehe auch die Anmerkung zum CMBC, Teil I, Kapitel 3, §3, nota 2
  18. Eisenhardt, S. 209.
  19. Helml, S. 33.
  20. Kleinheyer und Schröder, S. 153; eher kritisch dazu äußert sich Schlosser, S. 112–115.
  21. Helml, S. 32–34; Kobler, S. 339; Eisenhardt, S. 209.
  22. Kobler, S. 337.
  23. Kleinheyer und Schröder, S. 155.
  24. Helml, S. 33.
  25. Kleinheyer und Schröder, S. 155.
  26. Glöckle, S. 125.
  27. Schlosser, S. 115.