DNA-Analysedatei

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Die DNA-Analysedatei bzw. DNA-Analyse-Datei, kurz DAD, ist eine am 17. April 1998 zur Speicherung von DNA-Profilen eingerichtete Datenbank für Deutschland. Die DAD wird vom Bundeskriminalamt (BKA) zentral betrieben.

Speicherinhalte und Hintergrund

Es werden sowohl die durch eine DNA-Analyse ermittelten genetischen Fingerabdrücke von bekannten Personen (sogenannte Personendatensätze) als auch von Tatort-Spuren, die von unbekannten Personen stammen (sogenannte Spurendatensätze), registriert und abgeglichen.

Der DNA-Beweis ist heute das erfolgreichste kriminalistische Instrument bei der Identifizierung von Tätern und der Zuordnung von Tatspuren.

Im polizeilichen Bereich werden (in Deutschland üblicherweise die bei den Landeskriminalämtern angesiedelten) Laboratorien damit beauftragt, aus DNA-Proben die für die Identifizierung wichtigen Teile herauszufiltern und der polizeilichen DNA-Datenbank zu Verfügung zu stellen, die dann unbekannte DNA-Profile (etwa von Tatortspuren oder unbekannten Leichen) mit gespeicherten DNA-Profilen von bekannten Personen vergleicht. Die bekannten Profile stammen von Straftätern, bei denen man durch Mundhöhlenabstrich (freiwillig) oder Blutprobe (wenn die Person ein Eindringen in eine Körperöffnung verweigert) eine biologische Probe genommen hat.

In Deutschland wurden anfänglich die fünf Merkmalssysteme D21S11, TH01, VWA, FGA/FIBRA und ACTBP2/SE33 analysiert. Seit Anfang 2001 werden die acht Merkmalssysteme D21S11, TH01, VWA, FGA/FIBRA, D3S1358, D8S1179, D18S51 und ACTBP2/SE33 analysiert. Zu jedem Merkmalssystem werden die Anzahl der Wiederholungen des Basenpaarmotivs (Short tandem repeat) auf den beiden Chromosomen in Form von zwei Zahlen abgespeichert.[1][2]

Zahlen

Bis Mai 2003 enthielt die Datei 273.387, davon 235.126 Personendatensätze und 38.261 Spurendatensätze. Bis Mai 2003 gab es 3.462 Spur-Spur-Treffer und 7.882 Spur-Person-Treffer. 84 % der Spur-Person-Treffer nehmen Diebstahlsdelikte ein, 7 % Raub und Erpressung, 4 % Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, 2 % Straftaten gegen das Leben.[2]

Gemäß der Statistik des Bundeskriminalamts umfasste die DNA-Analyse-Datei mit Ablauf des Jahres 2013 (2008) einen Bestand von 1.048.771 (756.990) Datensätzen, die sich aus 805.856 (611.868) Personendatensätzen und 242.915 (145.122) Spurendatensätzen zusammensetzen. Jeden Monat werden etwa 7.000 (9.000) neue Datensätze in der DNA-Analyse-Datei erfasst.[3] Unter den Personendatensätzen befinden sich auch die Daten von über 1400 Personen, die aufgrund eines Verdachtes auf Beleidigung eine DNA-Probe abgeben mussten.[4]

Als erste Landespolizei überschritt die bayerische Polizei Mitte 2007 die Grenze von 100.000 Datensätzen, die in der Datei zur Verfügung gestellt werden[5]. Nordrhein-Westfalen folgte dieser Zahl Mitte des Jahres 2008.

Seit Errichtung der Datei bis Dezember 2013 wurden 166.070 Treffer erzielt, davon wurde in 34.282 Fällen ein Tatzusammenhang festgestellt (Spur-Spur-Treffer). 131.788 mal wurde eine Tatortspur einer Person zugeordnet, davon zu 16,8 % bei Straftaten.[3]

Rechtsgrundlage

Die gesetzlichen Grundlagen zur Speicherung sind in § 81g StPO niedergelegt. Gemäß § 81g Abs. 3 StPO besteht ein Richtervorbehalt, es sei denn, es besteht Gefahr in Verzug oder der Betroffene willigt ein. Es handelt sich um eine Maßnahme des Erkennungsdienstes. Voraussetzung ist der Verdacht für eine erheblichen Straftat oder für ein nicht notwendig erhebliches Sexualdelikt.[6]

Nach Ausschöpfung des Rechtsweges ist gegen einen DNA-Beschluss die Beschwerde zum Bundesverfassungsgericht zulässig, denn die Anordnung der Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren stellt einen staatlichen Eingriff in das durch Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar.

Nach den im BKA-Gesetz (§ 32 BKAG) vorgeschriebenen Löschfristen von zehn Jahren bei Erwachsenen und fünf Jahren bei Jugendlichen wird geprüft, ob die Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Spuren werden ebenfalls nach zehn Jahren vom BKA intern überprüft. In der Entschließung der 53. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 17./18. April 1997 haben die Datenschutzbeauftragten Richtlinien formuliert für den Umgang mit genetischen Informationen in Datenbanken der Polizei für erkennungsdienstliche Zwecke. Der dort geforderte und zunächst gesetzlich vorgesehene Richtervorbehalt vor staatlicher Speicherung von Erbgutinformationen ist mittlerweile aufgehoben worden.

Ausland

In Großbritannien werden DNA-Profile in der UK National DNA Database gespeichert, darin sind über drei Millionen Datensätze mit jeweils 11 analysierten Merkmalen vorhanden. In den USA liegen über vier Millionen gespeicherte DNA-Profile mit jeweils 13 analysierten Merkmalen vor.

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. bka.de Infos rund um die DNA-Analyse
  2. a b C. Hohoff and B. Brinkmann Übersichtsarbeit Trends in der forensischen Molekulargenetik In: Rechtsmedizin, Volume 13, Number 4, 183-189, doi:10.1007/s00194-003-0213-7
  3. a b DNA-Treffer Statistik
  4. Die Polizei, Dein Freund und Datensammler Spiegel online, 5. März 2007.
  5. Allgäuer Zeitung vom 9. Juni 2007, Seite 6: Bayern ist deutscher Meister im Genspuren-Sammeln
  6. Rechtsgrundlage § 81g StPO