Diskussion:Wildgänse rauschen durch die Nacht

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Letzter Kommentar: vor 2 Jahren von BurghardRichter in Abschnitt Verschiedene Textvariationen
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Fassung des Gedichts[Quelltext bearbeiten]

Ich habe den Text des Gedichts mit den beiden mir bekannten Fassungen, nämlich der im "Wanderer" sowie der (als "Nachtposten im März") im Gedichtband "Im Felde zwischen Nacht und Tag" enthaltenen abgeglichen und dementsprechend manches geändert. V.a. in der Zeichensetzung stimmte die ursprüngliche Version nicht mit Flex' Original überein; ich habe dementsprechend einige Kommata hinzugefügt. Manchmal waren die Abweichungen ernsthafter (z. B. Fragezeichen statt Ausrufezeichen in Strophe 3, Zeile 4, oder gar "Singt uns im Herbst ein Amen." statt "Rauscht uns im Herbst ein Amen!" in der letzten Zeile). Ich habe auch - und dies mag strittiger sein - Flex' ursprüngliche Rechtschreibung wieder eingesetzt, sogar, wo sie nicht mit der heutigen amtlichen Rechtschreibung übereinsimmt (z.B. "unstäte Fahrt" statt "unstete Fahrt", "habt acht!" statt "habt Acht!", "Rausch' zu" statt "Rausch zu"). Gibt es verschiedene Versionen des Gedichts, die die Diskrepanzen erklären könnten? --Helmold 17:07, 1. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Gleiches gilt für die Entstehungsgeschichte: ich habe statt "die Verse" "ein paar Verse" (so "Wanderer") eingefügt. --Helmold 17:11, 1. Sep. 2007 (CEST)Beantworten

Ich habe meinerseits eine kleine, aber meines Erachtens nach wichtige Textveränderung im Abschnitt über die Entstehunggeschichte vorgenommen: Es handelt sich um die ANGEBLICHE Entstehungsgeschichte des Gedichtes, die Flex im "Wanderer zwischen beiden Welten" niederschrieb. Einige Indizien sprechen jedoch dafür, dass es sich hierbei zumindest um eine starke Stilisierung der realen Entstehungsgeschichte handelt: - Methodisch gesehen handelt es sich beim "Wanderer" um einen mit starken autobiografischen Elementen arbeitenden fiktionalen Text, der weder den Anspruch erhebt, die "historische Wahrheit" zu berichten noch folglich unter diesem Blickwinkel gelesen werden darf. Wie für den gesamten Text so gilt dies auch für die in ihm enthaltenen Gedichte einschließlich des "Wildgänse"-Gedichtes. - Literaturgeschichtlich ist Flex mit seinem "Wanderer" wesentlich der "Stilkunst um 1900" (Jost Hermand) zuzurechnen: Stilgeschichtlich gehört sein Werk dem Jugendstil und Expressionismus an, während der Gattungsmix aus Prosa und Lyrik im formalen Aufbau neoromantisch ist. Wie in vielen Werken der Neoromantik sind auch im "Wanderer" die Gedichte mehr als nur Textauflockerungen, sie sind in der Tradition der "symphonia" textimmanente literarische Bedeutungsträger. Daher werden sie auch - wie hier - mit einer Prosa-Exposition versehen, die auf ihre textimmante Bedeutung verweist. Im konkreten Fall stellt das "Wildgänse"-Gedicht, das nicht zufällig im ersten Abschnitt des Textes vorkommt, die lyrisch hochaggregierte Schau des Kommenden dar, die den Leser emotional auf das Geschehen einstellen und auf dessen Ausgang vorbereiten soll. Nicht von ungefähr greift Flex im Schlussabschnitt nach dem Tode Wurches dann noch einmal explizit auf das "Wildgänse"-Gedicht zurück und verdeutlicht so, dass sich das eingangs angekündigte Schicksal vollzogen und damit der Handlungsrahmen geschlossen hat. Diese Form von symphonischem Symbolismus kann als topisch für die Literatur der Neoromantik angesprochen werden. Wenn das Gedicht und seine Exposition aus dem literarischen Kontext gerissen und "realistisch" umgedeutet werden verleitet dieses daher leicht zu Fehlinterpretationen. - Charakteristisch für den "Wanderer zwischen beiden Welten" ist die Überfülle der Allusionen und Montagen, aus denen der gesamte Text geradezu besteht. Das "Wildgänse"-Gedicht macht hiervon keine Ausnahme: Es ist eine Adaption von Nikolaus Lenaus "Wildgänse"-Gedicht und arbeitet darüber hinaus mit Allusionen bezüglich der germanenmythischen Libretti Richard Wagners. Mit anderen Worten: Der Text dieses Gedichtes "riecht" an allen Ecken und Enden nach Bibliothek und nicht nach Schützengraben. Auch wenn er Authentizität evozieren will - das heißt so tut, als sei er im Schützengraben entstanden. - Eine metrische und stilistische Detailanalyse der Verse und der Strophik bis hinunter auf die morphologische Ebene würde diese These noch bestärken. Aus Platzgründen und um hier Wikipedia nicht mit literaturwissenschaftlichem Fachjargon vollzustopfen möchte ich an dieser Stelle jedoch darauf verzichten.

Für Leserinnen und Leser, die an einer weitergehenden Interpretation des Gedichtes interessiert sind, möchte ich stattdessen auf den brillianten Artikel von Gerhard Kurz verweisen: Graue Romantik. Zu Walter Flex´ "Wildgänse rauschen durch die Nacht". In: Holger Helbig u.a. (Hgg.): Hermenautik -Hermeneutik. Literarische und geisteswissenschaftliche Beiträge zu Ehren von Peter Horst Neumann. Würzburg 1996. S. 133-152. Vergl. auch die entsprechenden Passagen in meinem Buch (Hans Rudolf Wahl: Die Religion des deutschen Nationalismus. Eine mentalitätsgeschichtliche Studie zur Literatur des Kaiserreichs: Felix Dahn, Ernst von Wildenbruch, Walter Flex. Heidelberg 2002). Dr. Hans Rudolf Wahl

Nachtrag: Ich bitte nochmals darum, die im "Wanderer zwischen beiden Welten" erzählte angebliche Entstehungsgeschichte des Gedichtes nicht einfach unbesehen als die reale zu übernehmen. Das würde der Literarizität des Textes nicht gerecht werden - und man würde seiner evozierten Authentizität auf den Leim gehen. Literarische Texte können nicht ohne zusätzliche Quellenbelege als Wiedergabe der Realität behandelt werden. Ein solches Verfahren wäre unphilologisch. Eine unabhängige, nicht-fiktionale Quelle zur Entstehungsgeschichte existiert jedoch nicht. Dr. Hans Rudolf Wahl (nicht signierter Beitrag von 134.102.29.75 (Diskussion | Beiträge) 14:51, 16. Okt. 2009 (CEST)) Beantworten

Diskussion über die Fassung der Grenzgänger[Quelltext bearbeiten]

Auf einer Benutzer-Diskussionsseite hat sich eine Diskussion über eine passende Beschreibung für die von Den Grenzgängern gespielte Fassung entwickelt. --DufterKunde (Diskussion) 14:02, 1. Aug. 2014 (CEST)Beantworten

Ich kopiere einmal diese Diskussion auszugsweise (auszugsweise deswegen, weil darin auch noch andere Dinge angesprochen werden) hierher, so dass sie hier weitergeführt werden kann. --BurghardRichter (Diskussion) 12:51, 2. Aug. 2014 (CEST)Beantworten

Vielen Dank für die Korrekturen und kritischen Fragen zu meiner Ergänzung zu Wildgänse rauschen durch die Nacht!

Ich muss zugeben, dass ich damit gerechnet hatte, dass meine Verwendung des Adjektivs "vorsichtig" an dieser Stelle als zu subjektiv kritisiert werden würde. Mir ist trotz langem Überlegen nichts besseres eingefallen. Im zweiten Absatz des gleichen Abschnitts wird die "zackige" bzw. "schneidige" Vertonung als "Marschmelodie" beschrieben, die Ende der 20er Jahren populär wurde. Auch das sind sehr subjektive Einschätzungen. Wichtig war mir hervorzuheben, dass sich die Aufnahme der Grenzgänger von jener verbreiteten Spielweise deutlich abhebt, sich kritisch mit dem Text auseinandersetzt und ihn durch das Gesamtprojekt in Bezug zu anderen Liedern des Ersten Weltkriegs setzt. Am liebsten hätte ich an dieser Stelle eine Rezension als Einzelnachweis eingefügt. Die CD ist aber noch recht neu und eine entsprechende Besprechung dieses Liedes habe ich vergeblich gesucht.

Eben habe ich nochmal recherchiert. Die Melodie an sich ist nach wie vor die von Robert Götz. Die Grenzgänger singen sie aber eher getragen, langsam, melancholisch, mit sparsamer Instrumentierung. Eben alles andere als ein "zackiger Marsch", eher ein Abgesang auf die anfängliche Kriegsbegeisterung. Daher schreibe ich jetzt "... in einer eher getragenen Fassung". Die nächsten Wochen werde ich nach einer zitierbaren Rezensionen Ausschau halten und die Beschreibung gegebenenfalls anpassen. Ganz ohne Subjektivität wird es aber nicht gehen, wenn man die Wirkung eines Musikstücks beschreiben will. Und würde man einfach nur schreiben: "Die Grenzgänger spielen das Lied ebenfalls," so würde dies den beim Hören offensichtlichen Unterschied und auch die unterschiedliche Intention unter den Teppich kehren.

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--DufterKunde (Diskussion) 13:31, 29. Jul. 2014 (CEST)Beantworten

Danke für deine Rückmeldung hier! Mein Kritikpunkt war nicht, dass das Adjektiv vorsichtig zu subjektiv sei. Es erschien mir einfach unverständlich, was mit einer „vorsichtigen Vertonung“ gemeint sei. Unter vorsichtig versteht man ein Verhalten, bei dem man darauf achtet, dass nichts Schlimmes passieren kann. Dieses, auf die Vertonung eines Liedes bezogen, ergab für mich keinen Sinn. Ausserdem bedeutet die Vertonung eines Liedes nach meinem Verständnis, dass zu einem vorliegenden Text eine neue Melodie geschaffen wird. Aber darum geht es ja gar nicht, wie ich jetzt aus deinen obigen Ausführungen sehe. Es geht vielmehr um die Art und Weise des Vortrags des Liedes mit der altbekannten Melodie. Der Vortrag kann mit Attributen wie getragen, langsam, melancholisch sicher gut charakterisiert werden. Deine neue Formulierung „in einer eher getragenen Fassung“ erscheint mir gut verständlich. Danach kann ich mir ungefähr vorstellen, wie der Vortrag klingt, obwohl ich ihn nicht gehört habe.
Das Problem bei dem Lied ist, dass die bekannte Melodie von Robert Götz mit ihrem fröhlichen Marschrhythmus und ihrer freudestrahlenden Dur-Tonart (diese Einschätzung ist natürlich subjektiv, aber dennoch nicht ganz ungegründet) eigentlich schlecht zu dem nachdenklich-ernsten Charakter des Textes passt. Zu Versen wie „Fahrt ihr nach Süden übers Meer, was ist aus uns geworden?“ und „Und fahr’n wir ohne Wiederkehr, rauscht uns im Herbst ein Amen“ passt einfach keine zackige, schneidige Marschmelodie. ...
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--BurghardRichter (Diskussion) 20:22, 29. Jul. 2014 (CEST)Beantworten
Danke für die Antworten! Dann sind wir uns bezüglich der Änderung an "Wildgänse rauschen" jetzt einig. Nebenbei, da du anscheinend ziemlich in dem Thema steckst: Ich habe die Grenzgänger an Pfingsten mit ihrem neuen Programm live gehört. Auf WDR 3 lief neulich ein Konzertmitschnitt zu "Maikäfer Flieg!" und kann noch die nächsten zwei Wochen im WDR3-Konzertplayer online nachgehört werden. Am 30.08.2014 wird das Konzert nochmal ausgestrahlt. Michael Zachcial gibt zwischen den Liedern einige interessante Anmerkungen und in der Pause ein Interview. Auch die CD (mit zugehörigem Booklet) finde ich sehr empfehlenswert.
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--DufterKunde (Diskussion) 13:38, 30. Jul. 2014 (CEST)Beantworten
Vielen Dank für den Link auf die Konzertaufnahme der Grenzgänger! Ich habe es mir angehört, besonders natürlich das Wildgänse-Lied. Ich finde, die Formulierung „getragene Fassung“ passt doch nicht so ganz. „Getragen“ würde nach meinem Verständnis etwa bedeuten: langsam, ernst, feierlich, und das trifft ja nicht zu. Wie kann man es aber besser charakterisieren, wie die Darbietung der Grenzgänger sich vom gewohnten Gesang eines Volkslieds unterscheidet? Robert Götz hat das Lied, wie auch seine anderen Lieder, in der Absicht komponiert, dass es von Gruppen von jungen Menschen auf einer Wanderung, am Lagerfeuer oder bei anderem geselligem Beisammensein, aus einer Gemeinschaftsstimmung heraus gesungen wird, aber nicht für den Vortrag von einem einzelnen Sänger vor einem Publikum. Wenn Götz vor einem Publikum Lieder vortrug, dann war es in der Absicht, seine Zuhörer zum Mitsingen zu animieren. Er wollte, dass seine Zuhörer einen seelischen Gleichklang mit ihm empfanden und aus diesem Gefühl heraus in den Gesang mit einstimmten. Ganz anders dagegen der Vortrag der Grenzgänger: Er ist so angelegt, dass die Zuhörer, auch wenn sie das Lied gut kennen, sich überhaupt nicht animiert (anima = Seele) fühlen mitzusingen. Er will nicht die Seele, sondern den Verstand der Zuhörer ansprechen. Das erinnert mich sehr an den „Verfremdungseffekt“ bei den Brechtschen Theaterstücken. Brecht wollte damit, im Gegensatz zum traditionellen Theater, erreichen, dass die Zuschauer sich nicht seelisch mit dem Protagonisten identifizierten und mit ihm mitfieberten und hofften, dass es für ihn gut ausgeht, sondern dass sie eine innere Distanz bewahrten und verstandesmässig zu gewissen Erkenntnissen gelangen sollten.
Mir scheint, genau dasselbe ist auch die Absicht Zachcials, nicht nur bei diesem Lied, sondern auch bei den anderen. Er will nicht das Gefühl, sondern den Verstand der Zuhörer ansprechen. Das Ansprechen des Gefühls ist ein Mittel, dessen sich auch Demagogen bedienen; mit Musik, die das Gefühl anspricht – das tut besonders die Marschmusik mit ihrem einzigartigen Zusammenwirken von Rhythmus, Harmonie und Melodie –, kann man Menschen dazu bringen, dass sie unkritisch und mit grosser Begeisterung einem Führer in den Krieg folgen. Darum verfremdet Zachcial das Lied so, dass nicht das Gefühl der Zuhörer angesprochen wird (und sie sich also auch nicht zum Mitsingen animiert fühlen können), sondern dass sie mit wachem Verstand dem Text des Liedes folgen und dessen Botschaft aufnehmen. Die Mittel der Verfremdung sind erstens die einfache Instrumentierung und die unnatürlich starke Betonung einzelner Wörter, zweitens und vor allem aber die leichten Modifikationen der Melodie, wie etwa am Ende des ersten Verses jeder Strophe eine Sekunde nach oben statt nach unten, und besonders die übermässige Verlängerung einzelner Silben (etwa das Wort „Nooooorden“ am Ende des ersten Verses). Die damit verbundene Störung des Rhythmus ist sehr geschickt am Ende eines Verses plaziert, so dass sie einerseits ihn selbst nicht aus dem Takt bringt, andererseits aber die Entstehung von Resonanzgefühlen in den Köpfen der Zuhörer verhindert. Ja, ich denke, Verfremdung (im Sinne von Brecht) ist sicher ein treffender Ausdruck, um die Art des Vortrags zu charakterisieren. Tatsächlich erscheint einem ja das vertraute Lied, wenn man es so hört, irgendwie fremd. Ich fürchte nur, dass die Beschreibung des Vortrags als „verfremdet“ (oder vielleicht besser: „verfremdend“?) schon allzu sehr Theoriefindung ist, als dass man sie ohne ausdrücklichen Beleg in den Artikel aufnehmen könnte.
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--BurghardRichter (Diskussion) 03:34, 1. Aug. 2014 (CEST)Beantworten
Danke für die Antwort!
Ich weiß nicht, ob der Vergleich mit den Brechtschen Verfremdungseffekten so passend ist. Dass Götz das Lied mit der Intention vertont hat, dass es mitgesungen wird, stimmt wohl. Es stimmt auch, dass man bei den Vorträgen der Grenzgänger sich nicht motiviert fühlt mitzusingen (und dass dies auch nicht in deren Sinn wäre).
Darin sehe ich aber keine bewusste Verfremdung, es ist vielmehr notgedrungen so. In den 1910er und 1920er Jahren haben wohl nicht nur die damals zahlenmäßig sehr starken Jugendgruppe, sondern auch weite Teile der gesamten Gesellschaft selbst gesungen. Heute ist das gemeinsame Singen leider aus der Mitte unserer Gesellschaft weitgehend verschwunden (und nur noch bei ein paar versprengten Pfadfinder- und Wandervogelgruppen sowie Hippies üblich). An die Stelle ist, beflügelt durch die Technik, ein passiver Musikkonsum getreten. Ein paar wenige schaffen Musik, der Rest der Gesellschaft rezipiert diese. Es ist wohl nicht die Intention der Grenzgänger, die Lieder gezielt so zu verfremden, dass niemand mehr mitsingen mag. Es ist eher der Versuch, die Lieder vor dem Vergessen zu bewahren, obwohl sie keiner mehr singt. (Das „vor dem Vergessen bewahren“ betonen sie auch selbst im Booklet, auf der Webseite und in den Ansagen im Konzertmitschnitt.) Trotzdem verfremden die Grenzgänger manche der Weltkriegs-Lieder tatsächlich: Während man ein Lied eines desertieren Soldaten oder Liebeslieder heute noch so spielen kann, wie es der Soldat vielleicht selbst getan hat, bringen die Grenzgänger bei Propagandaliedern (z. B. Lass mich gehn) oder solchen, die später missbraucht wurden (wie eben Wildgänse rauschen), ihre eigene gegensätzliche Sicht musikalisch ein. Bei Wildgänse rauschen kann man es auch so sehen, dass sie vorsichtiger auf den Originaltext Bezug nehmen und ihn nicht im Marsch tottrampeln. Ich glaube nicht, dass sie dabei grundsätzlich eine Verstand-statt-Gefühl (in Brechts Sinn) Rezeption erreichen wollen. Auch die Vortragsweise der Grenzgänger ist emotional. Sie versuchen vielmehr, die Lieder so vorzutragen, dass gewisse emotionale Effekte (Wir-Gefühl, …) nicht zum Tragen kommen, andere (Befremden, Angst, Entsetzen, …) aber umso mehr. Dass keiner mehr mitsingen würde, das war sowieso, unabhängig vom Vortragsstil, klar.
Ich habe mir das Lied noch ein paar Mal angehört und die Dynamik, insbesondere gegen Ende, ist tatsächlich alles andere als „getragen“. Ich suche weiter nach einem passenden Adjektiv.
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--DufterKunde (Diskussion) 13:50, 1. Aug. 2014 (CEST)Beantworten
Der grosse Unterschied zwischen heute und der Zeit vor hundert Jahren besteht natürlich darin, dass die Musik (leider) weitgehend zu einem Konsumartikel geworden ist. Einige wenige produzieren sie mit Einsatz raffinierter technischer Mittel, vermarkten sie kommerziell, und die breite Masse konsumiert nur. Zu Götz’ Zeit war das noch anders; da hatten nur wenige die Möglichkeit, im Konzertsaal oder bei anderen Aufführungen Musik zu hören. Wer Musik haben wollte, musste selbst kreativ sein, und dafür hat Götz den jungen Menschen Lieder zur Verfügung gestellt.
Die alten Lieder vor dem Vergessen zu bewahren, das ist zweifellos ein grosses Verdienst von Gruppen wie den Grenzgängern; das gilt vor allem für die sehr unbekannten Lieder, die sie im Deutschen Volksliedarchiv ausgegraben haben. Bei den bekannteren Liedern, die von Robert Götz vertont wurden, machen das auch andere auf ganz andere Weise, zum Beispiel Heino, nämlich auf die Schlagermanier. Das ist sogar viel effizienter, weil dadurch ein Massenpublikum erreicht wird. Heino spricht natürlich auch seine Zuhörer emotional an, und ebenso wie bei den Grenzgängern sind die Zuhörer reine Konsumenten, siehe z.B. hier. Oder hier ein Beispiel mit einem anderen Sänger; da dürfen die Zuhörer auch mitklatschen – den Text des Liedes kennen ja vermutlich ohnehin nur die wenigsten auswendig. Auch von Wildgänse rauschen durch die Nacht gibt es eine Aufnahme mit Heino, siehe hier, die ich allerdings nicht auf youtube gefunden habe. Worin unterscheidet sich die Aufführung der Grenzgänger von diesen schlagerartigen Darbietungen? Wodurch erreichen sie, dass sie kein begeistertes Wir-Gefühl, sondern statt dessen eher Befremden, Angst und Entsetzen hervorrufen? Mit der Antwort auf diese Frage hätten wir das, was ihre Aufführung im Vergleich zu anderen charakterisiert.
Wenn wir das passende Adjektiv nicht finden, müssen wir es eben mit Vergleichen versuchen – vielleicht etwa so:
„Die Gruppe Die Grenzgänger spielt das Lied mit der Melodie von Götz im Rahmen ihres Weltkriegslieder-Projekts Maikäfer Flieg! – Verschollene Lieder 1914–1918 (2014), aber weder in der traditionellen Marschmanier noch in der schlagerartigen Präsentationsweise anderer heutiger Interpreten wie Heino, die ein Massenpublikum oberflächlich-emotional ansprechen, sondern in einer Weise, die eher geeignet ist, die Zuhörer nachdenklich zu machen“,
oder vielleicht kürzer:
„Die Gruppe Die Grenzgänger spielt das Lied mit der Melodie von Götz im Rahmen ihres Weltkriegslieder-Projekts Maikäfer Flieg! – Verschollene Lieder 1914–1918 (2014), und zwar in einer Vortragsweise, die im Vergleich zu anderen eher geeignet ist, die Zuhörer nachdenklich zu machen“? --BurghardRichter (Diskussion) 01:22, 3. Aug. 2014 (CEST)Beantworten
Ich finde die zweite Variante sehr gut, würde die Wortstellung aber etwas ändern:
„Die Gruppe Die Grenzgänger spielt das Lied im Rahmen ihres Weltkriegslieder-Projekts Maikäfer Flieg! – Verschollene Lieder 1914–1918 (2014) zwar mit der Melodie von Götz, aber in einer Vortragsweise, die im Vergleich zu anderen eher geeignet ist, die Zuhörer nachdenklich zu machen.“
Können wir uns darauf einigen? --DufterKunde (Diskussion) 11:36, 5. Aug. 2014 (CEST)Beantworten
Gut! Möchtest du es ändern, oder soll ich es tun? --BurghardRichter (Diskussion) 11:47, 5. Aug. 2014 (CEST)Beantworten
Ich habe es jetzt eingebaut. Danke für die spannende Diskussion! --DufterKunde (Diskussion) 12:25, 5. Aug. 2014 (CEST)Beantworten
Für mich war die Diskussion auch sehr fruchtbar. Vielen Dank! --BurghardRichter (Diskussion) 13:00, 5. Aug. 2014 (CEST)Beantworten

Unstäte Fahrt![Quelltext bearbeiten]

Ist unstät ein Schreibfehler? --Alle Gorie (Diskussion) 19:10, 22. Dez. 2017 (CET)Beantworten

Nein. Das Zitat gibt die Originalfassung des Liedes wieder. Der Duden von 1880 kennt nur die Schreibweise „unstät“; der Duden von 1934 nennt noch beide Schreibweisen, „unstät“ und „unstet“. Es ist also nach der Orthographie der Zeit, in der das Lied gedichtet und veröffentlicht wurde, eindeutig richtig. --BurghardRichter (Diskussion) 20:14, 22. Dez. 2017 (CET)Beantworten
Dankesehr! Weil nun darüber von verschiedenen Liederbüchern die Rede ist, fände ich als Quellennachweis hier eine exakte bibliografische Angabe gut, etwa als Fußnote. Vielen Dank auch für den Artikel an sich. Ich musste das Lied als Kind in der Nachkriegszeit singen, fand den Text unheimlich und war später davon überzeugt, dass die jungen Erzieherinnen noch nichts Geeigneteres kannten. Wie alt das Gedicht damals schon war, wusste ich nicht, ich habe sie Entstehung der Zeit des Nationalsozialismus zugeordnet. Gruß --Alle Gorie (Diskussion) 06:46, 23. Dez. 2017 (CET)Beantworten
Danke für deinen Hinweis! Dass das Lied aus Walter Flex’ Buch Der Wanderer zwischen beiden Welten ist, wird in der Einleitung mitgeteilt, und bei dem Zitat des Textes ist angegeben, dass es sich um den Originalwortlaut aus diesem Buch handelt, dessen Titel darüber verlinkt ist. Dort findet man die bibliographischen Angaben zu den verschiedenen Ausgaben des Buches. Wenn wir hier in diesem Artikel noch eine Quellenangabe dazu machen würden, welche Ausgabe sollten wir dann nennen? Darum halte ich es so, wie es jetzt ist, für besser.
Ein Kinderlied ist das Lied ganz gewiss nicht. Ich halte auch die fröhliche Melodie von Robert Götz für unpassend zu dem ernsten Text. --BurghardRichter (Diskussion) 14:39, 23. Dez. 2017 (CET)Beantworten

Verschiedene Textvariationen[Quelltext bearbeiten]

Es gibt in verschiedenen Liederbüchern eine ganze Reihe von Abwandlungen des Textes von der Originalveröffentlichung von Walter Flex (und unterschiedlichen Kombinationen der einzelnen Abwandlungen). Die alle im Artikel aufzuzählen, ist nicht sinnvoll und auch gar nicht möglich. Es ist deshalb nur eine Abwandlung, die besonders häufig vorkommt (Singt statt Rauscht am Anfang des letzten Verses der letzten Strophe) explizit genannt. Hopman44 hat nun noch eine zweite Abwandlung (Carmen statt Amen am Ende desselben Verses) hinzugefügt. Diese Variation war mir bisher noch nicht begegnet; darum bezweifle ich, dass sie ähnlich häufig vorkommt wie die andere genannte Variation.
Deshalb meine Frage an Hopman: Warum hältst du diese Abwandlung für so bedeutend, dass sie hier genannt werden sollte? In wievielen verschiedenen Liederbüchern oder anderen Veröffentlichungen hast du sie gefunden? Gegen die Nennung dieser Textvariante spricht meines Erachtens auch, dass sie nach deiner Meinung einer Erklärung bedarf, was hier konkret mit einem Carmen gemeint ist. Dass derjenige, der diese Textänderung vorgenommen hat, dabei an ein Trauerlied im Zusammenhang mit Tod und Beerdigung dachte, ist zu vermuten. Dennoch dürfen wir gemäss WP:Keine Theoriefindung in einem WP-Artikel keine eigene Interpretation vornehmen. Du müsstest also eine Quelle angeben, die diese Bedeutung des Wortes Carmen in der von dir angeführten Textvariation belegt. Selbst wenn es eine solche Quelle geben sollte, wäre das doch viel zu aufwendig für eine Textvariante, deren Relevanz ohnehin zweifelhaft erscheint. Alles in allem erscheint es mir ratsam, deine Einfügung wieder ganz zu entfernen. --BurghardRichter (Diskussion) 22:55, 28. Aug. 2021 (CEST)Beantworten

Okay, gelöscht. Hatte es so gelernt, sicherlich nicht so häufig wie rauscht/singt...--Hopman44 (Diskussion) 11:02, 29. Aug. 2021 (CEST)Beantworten
(Leich-Carmen, kennt heutzutage wohl niemand mehr)--Hopman44 (Diskussion) 11:11, 29. Aug. 2021 (CEST)Beantworten
Das ist leider das Elend: Jeder hat das Lied aus einem anderen Liederbuch gelernt und ist geneigt, der Fassung, die er gelernt hat, eine grössere Bedeutung beizumessen. --BurghardRichter (Diskussion) 13:53, 29. Aug. 2021 (CEST)Beantworten