Décollage

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Décollage (frz.: décoller = abheben, losmachen, trennen, abkratzen) bezeichnet eine künstlerische Technik der 1950er und 1960er Jahre die auch als „Plakatabriss“ bezeichnet wird. Dabei werden bereits zerstörte Plakate aus dem öffentlichen Raum in ganzen Stücken oder in Streifen und Fetzen abgerissen und als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Kunstwerken verwendet.

Geschichte

Seit 1949 wurde die Décollage in Frankreich von Raymond Hains, Jacques de la Villeglé [1] und ab 1957 von François Dufrêne verwendet; sie gehörten im Jahr 1960 zu den Gründungsmitgliedern des Nouveau Réalisme. Seit Anfang der 1950er Jahre wurde die Technik auch von Mimmo Rotella und Wolf Vostell praktiziert. Des Weiteren wurde diese Technik in abgewandelter Form von Robert Rauschenberg genutzt, der Fotografien verwischte und Bilder und Texte übermalte; César und John Chamberlain pressten Metallkonsumgegenstände aller Art zusammen.[2][3]

Eine weitere Form der Décollage ist die Dé-coll/age von Wolf Vostell, dem es nicht nur um das Zerstören, sondern um das Sichtbarmachen, im Sinne von Verwischen und weiteren Formen, wie auswischen, entfärben, doublieren, verzerren, verwackeln und übereinanderdrucken, ging. Wolf Vostell fand am 6. September 1954 in Paris auf der Titelseite des Le Figaro das Wort "décollage", das im Zusammenhang mit einem Absturz einer Lockheed Super Constellation in den Shannon benutzt wurde. Er übertrug den Begriff auf seine Plakatabrisse und Happenings. 1958 änderte Wolf Vostell für sich die Schreibweise in Dé-coll/age. Dé-coll/age wurde für Wolf Vostell zum Gestaltungsprinzip und umfassenden Kunstbegriff.[4] Die Dé-coll/age des Happenings zielt auf eine bewußtseinskritische Aufschlüsselung absurder Umweltbedingungen, die den Menschen bedrängen, um zum Beispiel auf die Vorgänge im Alltag, beispielsweise des Autoverkehrs, zu verweisen. So wurden in den Dé-coll/age-Happenings der frühen 1960er-Jahre in kritisch-provokativer Demontagehandlung Materialien bis zur Unbrauchbarkeit zerstört.[5][6]

Siehe auch

Literatur

  • Phasen. Jürgen Becker und Wolf Vostell, Vorwort von Max Bense, Galerie Der Spiegel, Köln 1960.
  • TPL. François Dufrêne, Alain Jouffroy, Wolf Vostell, Verlag Der Kalender, Wuppertal 1961.[7]
  • Dufrene, Hains, Rotella, Villegle, Vostell. Plakatabrisse aus der Sammlung Cremer, [8] Staatsgalerie Stuttgart, 1971 (ohne ISBN)
  • Karin Thomas: DuMont’s kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Von Anti-Kunst bis Zero. DuMont Buchverlag, Köln 1977, ISBN 3-7701-0622-9.
  • Sam Hunter, Mimmo Rotella. Décollages 1954 - 1964. Galleria Marconi, Electa, Mailand, 1986.
  • Raymond Hains. Akzente 1949–1995. Ritter-Verlag, Klagenfurt 1995, ISBN 3854151802.
  • Pierre Leguillon: Raymond Hains – J'AI La Memoire Qui Planche. Centre Georges Pompidou Service Commercial, Paris 2001, ISBN 2844260624.
  • Nouveau Réalisme. Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2005. ISBN 3-938821-08-6.
  • Ulrich Krempel: Nouveau Réalisme. Revolution des Alltäglichen, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2007, ISBN 978-3-7757-2058-8.
  • Pierre Restany: Manifeste des Nouveaux Réalistes. Éditions Dilecta, Paris 2007 (ohne ISBN)
  • Wolf Vostell. Dé-coll/age, Editorial Pintan Espadas Nr.10, 2008, ISBN 978-84-7796-165-9.
  • Mimmo Rotella. American Icons and Early Works. Meredith Malone, Mullen Books Inc., New York, 2009, ISBN 978-0-9820-7493-0.
  • Klaus Gereon Beuckers: Dé-coll/age und Happening. Studien zum Werk von Wolf Vostell. Ludwig, Kiel 2012, ISBN 978-3-86935-145-2.
  • Klaus Gereon Beuckers, Hans-Edwin Friedrich und Sven Hanuschek: dé-coll/age als Manifest, Manifest als dé-coll/age. Manifeste, Aktionsvorträge und Essays von Wolf Vostell. neoAvantgarden, Bd. 3, edition text + kritik: München 2014, ISBN 978-3-86916-260-7.[9]
  • Poesie der Grossstadt. Die Affichisten. Bernard Blistène, Fritz Emslander, Esther Schlicht, Didier Semin, Dominique Stella. Snoeck Verlag. 2014. ISBN 978-3-9523990-8-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jacques de la Villeglé, Ahlers- Portale Abgerufen am 10. November 2013
  2. Les Nouveaux Réalistes, contemporart.voila.net Abgerufen am 10. November 2013
  3. Wolf Vostell, NRW- Museum Abgerufen am 10. November 2013
  4. museums plattform nrw - Wolf Vostell, "décollage", 1954 Abgerufen am 13. Dezember 2014
  5. Karin Thomas:DuMont’s kleines Sachwörterbuch zur Kunst des 20. Jahrhunderts. Von Anti-Kunst bis Zero. DuMont Buchverlag, Köln 1977, S. 56
  6. Begriff »Décollage« Abgerufen am 13. Dezember 2014
  7. TPL, 1961 Abgerufen am 20. Juni 2014
  8. Sammlung Cremer Abgerufen am 10. November 2013
  9. dé-coll/age als Manifest, Manifest als dé-coll/age. Manifeste, Aktionsvorträge und Essays von Wolf Vostell Abgerufen am 16. Dezember 2014