(S)-2-Methyl-3,4,5,6-tetrahydropyrimidin-4-carbonsäure

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Strukturformel
Struktur von Ectoin
Allgemeines
Name (S)-2-Methyl-3,4,5,6-tetrahydropyrimidin-4-carbonsäure
Andere Namen

(S)-2-Methyl-1,4,5,6-tetrahydropyrimidin-4-carbonsäure

Summenformel C6H10N2O2
Kurzbeschreibung

farbloses Pulver[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 96702-03-3
Wikidata Q414414
Eigenschaften
Molare Masse 142,2 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

280 °C[1]

Löslichkeit

568,8 g·l−1[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Ectoin ist ein zur Gruppe der kompatiblen Solute gehörender Naturstoff. Es wird unter anderem von halophilen (salzliebenden) Bakterien gebildet. Diese schützen sich so vor extremen Umweltbedingungen, wie z. B. starken Temperaturschwankungen, hohen Salzkonzentration, Austrocknung oder UV-Strahlung. Ein Überleben dieser extremophilen Organismen unter solchen Stressbedingungen wird so ermöglicht.

Vorkommen

Ectoin ist eines der am weitest verbreiteten kompatiblen Solute. Es wurde 1985 erstmals in dem Purpurbakterium Halorhodospira halochloris (früher Ectothiorhodospira halochloris genannt, daher kommt der Name Ectoin) nachgewiesen, das aus einem Salzsee in Wadi El Natrun, Ägypten (Sketische Wüste) stammte. Heute ist bekannt, dass Ectoin in einer Vielzahl gramnegativer und grampositiver Bakterien auftritt.

Um bei hohen Salzkonzentrationen den osmolytischen Effekt auszugleichen und einem Wasserverlust vorzubeugen, bilden diese extremophilen Bakterien das Ectoin im Zytoplasma in zum Teil sehr hohen Konzentrationen. Ectoin dient hierbei einerseits zur Regulation des osmotischen Stresses, andererseits schützt und stabilisiert es Proteine, Enzyme, Nukleinsäuren und Zellmembranen ohne in den Stoffwechsel der Bakterien einzugreifen.

Eigenschaften und Wirkung

Ectoin wirkt hydratisierend und umgibt auch benachbarte Strukturen wie etwa Proteine und Zellmembranen mit einer schützenden Wasserschicht (preferential hydration). In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass diese Wasserschicht sehr stabil ist.[3] Man geht davon aus, dass neben der Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen auch andere Mechanismen wirksam sind, die unter anderem durch den zwitterionischen Charakter des Ectoins bedingt sind. Ectoin geht selber keine Verbindung mit Proteinen ein, noch ist es in der Lage, in eine Zelle vorzudringen.

Herstellung

Die Herstellung von Ectoin kann sowohl fermentativ, chemisch als auch enzymatisch erfolgen. Im industriellen Maßstab wird Ectoin heute fermentativ produziert. Hierzu wird ein spezifischer, nicht gentechnisch veränderter Stamm der halophilen Bakterien Halomonas elongata genutzt. Die Aufreinigung erfolgt mit Hilfe von z. B. Mikro-/Ultrafiltration, Elektrodialyse und Chromatographie. Die Herstellung von Ectoin im industriellen Maßstab erfolgt bei der bitop AG in Witten, Deutschland.

Verwendung

Kosmetik und Medizin

Ectoin wirkt befeuchtend und stabilisiert die natürliche Struktur von Biopolymeren wie Proteinen, Nukleinsäuren und Biomembranen. Es wird daher in der kosmetischen Pflege zum Schutz der Haut vor Schäden durch Stressfaktoren wie UV-Strahlung, Trockenheit, Feinstäube oder Allergene angewendet. Darüber soll es bestehende Falten reduzieren und die Haut vor der Bildung neuer Falten bewahren.

Darüber hinaus wird Ectoin in der medizinischen Pflege – als Medizinprodukt – etwa bei Reizungen oder entzündlichen Erkrankungen der Haut oder der Schleimhäute verwendet. Dazu zählen Erkältungen,[4] Allergien,[5] Atemwegserkrankungen,[6] trockene Nase und Augen, Mukositis, Juckreiz oder Entzündung des äußeren Gehörgangs oder entzündliche Hauterkrankungen[7] wie Neurodermitis, Psoriasis oder Ekzeme.

Gegenanzeigen und unerwünschte Wirkungen

Bei einer Überempfindlichkeit gegen Ectoin dürfen Ectoin-haltige Produkte nicht verwendet werden. Es liegen derzeit keine Daten zur Anwendung von Ectoin-haltigen Produkten während der Schwangerschaft und in der Stillzeit vor. Es sind keine wiederholt auftretenden oder anhaltenden Nebenwirkungen bekannt. Nach Anwendung auf der Haut wurde in Einzelfällen nach dem Auftragen ein vorübergehendes, örtlich begrenztes Brennen beobachtet.

Fertigpräparate

actiMare FACE Anti Aging (D), Ectoin Dermatitis Cream 7% (D), Hylo Protect Augentropfen (A, D), MedEctoin (D), Olynth Ectomed Nasenspray (D), Sanactiv Antiallergischer Nasenspray (CH), Sanactiv Antiallergische Augentropfen (CH), Sanadermil EctoinAcute/EctoinAcute Creme (CH), SOS Allergie-Nasenspray (D), Triofan Heuschnupfen/Naturel Nasenspray (CH)

Biochemie

Ectoin wird in der Biochemie zur Stabilisierung von biologisch aktiven Substanzen wie z. B. Proteinen, Nukleinsäuren oder Zellen eingesetzt. Mit Hilfe von Ectoin können biologisch aktive Substanzen bei der Lagerung (z. B. Einfrieren/Auftauen) geschützt und Antikörper oder Enzyme sowohl in Stammlösungen als auch in verdünnten Gebrauchslösungen (z. B. für die PCR) stabilisiert werden.

Einzelnachweise

  1. a b c Datenblatt Ectoin (PDF-Datei; 33 kB), Sigma-Aldrich, abgerufen am 21. November 2011.
  2. a b c Datenblatt Ectoine bei Sigma-Aldrich (PDF). Angabe des Markenparameters in Vorlage:Sigma-Aldrich fehlerhaft bzw. nicht definiertVorlage:Sigma-Aldrich/Abruf nicht angegeben (s. Link auf MSDS).
  3. Graf et al.: The multifunctional role of ectoine as a natural cell protectant. In: Clinics in Dermatology. 2008 Jul-Aug;26(4):326-33. doi:10.1016/j.clindermatol.2008.01.002.
  4. Eichel A, Wittig J, Sha-Hosseini K, Mösges R. (2013) A prospective, controlledstudy of SNS01 (ectoine nasal spray) compared to BNO-101 (phytotherapeutic dragées) in patients with acute rhinosinusitis. CMRO.
  5. Sonnemann, U. and Sonne. (2013) Die nächste Generation der natürlichen Heuschnupfen-Produkte. pharmaJournal , 36. (GENERIC)
  6. Unfried K, Sydlik U, Peuschel H, Albrecht C, Bilstein A, Krutmann J. (2010) The compatible solute ectoine prevents neutrophilic lung inflammation induced by environmental model nanoparticles in vivo [Abstract]. European Respiratory Journal 36.
  7. Marini A, Reinelt K, Krutmann J, Bilstein A. (2014) Ectoine-Containing Cream in the Treatment of Mild to Moderate Atopic Dermatitis: A Randomised, Comparator-Controlled, Intra-Individual Double-Blind, Multi-Center Trial. Skin Pharmacol Physiol 27:57–65.