Eigentliche Rinder

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Eigentliche Rinder

Gaur (Bos frontalis)

Systematik
Unterordnung: Wiederkäuer (Ruminantia)
ohne Rang: Stirnwaffenträger (Pecora)
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Bovinae
Tribus: Rinder (Bovini)
Gattung: Eigentliche Rinder
Wissenschaftlicher Name
Bos
Linnaeus, 1758

Die Eigentlichen Rinder (Bos) sind eine Gattung der Rinder aus der Familie der Hornträger (Bovidae). Neben dem Auerochsen beziehungsweise seiner domestizierten Form, dem Hausrind, umfasst die Gattung noch sieben weitere, in Asien und Nordamerika lebende Arten. Dazu gehören vor allem der Yak, der Gaur, der Banteng und der wahrscheinlich ausgestorbene Kouprey. Der Amerikanische Bison und der Wisent wurden ursprünglich in der Gattung Bison geführt, die aber molekulargenetischen Untersuchungen zufolge keine natürliche Einheit bildet.

Merkmale

Die Eigentlichen Rinder sind große, stämmig gebaute Tiere mit kräftigen Gliedmaßen und einem langen Schwanz. Diese Tiere erreichen Kopf/Rumpf-Länge von 1,80 bis 3,2 Meter, wozu noch ein 0,6 bis über 1 Meter langer Schwanz kommt. Die Schulterhöhe beträgt 1,2 bis 2 Meter und das Gewicht 400 bis über 1000 Kilogramm, wobei die Männchen meist deutlich schwerer als die Weibchen werden. Im Gegensatz zu anderen Hornträgern sind keine Drüsen unter dem Auge oder zwischen den Hufen vorhanden. Beide Geschlechter tragen Hörner, die der Männchen sind aber größer und wuchtiger als die der Weibchen.

Verbreitung und Lebensweise

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Eigentlichen Rinder umfasste große Teile Eurasiens sowie das nördliche Afrika. Lebensraum dieser Tiere sind vorwiegend offene Waldgebiete oder Grasländer, dies ist jedoch je nach Art variabel. Während die wildlebenden Formen in einem Großteil ihres Verbreitungsgebietes teilweise schon seit Jahrhunderten ausgerottet wurden, haben die domestizierten Formen im Gefolge des Menschen eine weltweite Verbreitung erlangt.

Eigentliche Rinder leben in Herden, die sich meist aus einem einzigen Männchen, zahlreichen Weibchen und dem dazugehörigen Nachwuchs zusammensetzen. Andere Männchen leben einzelgängerisch oder in Junggesellengruppen. Diese Tiere sind Pflanzenfresser, wie alle Wiederkäuer haben sie einen mehrkammerigen Magen zur besseren Verdauung der Pflanzennahrung.

Eigentliche Rinder und Menschen

Vier der acht Arten der Eigentlichen Rinder wurden domestiziert, dieser Prozess begann vor rund 8000 Jahren. Heute werden diese Tiere unter anderem als Zugtiere, Fleisch- und Milchlieferanten zum Teil weltweit gehalten. Die Bestände der wildlebenden Formen hingegen sind zunehmend gefährdet, das Wildrind ist ausgestorben, der Kouprey gilt laut IUCN als wahrscheinlich ausgestorben, der Banteng als stark gefährdet und Yak und Gaur als gefährdet.

Stammesgeschichte

Die ältesten gesicherten Funde von Rindern der Gattung Bos sind etwa 600.000-800.000 Jahre alt und stammen aus Äthiopien. Traditionell werden sie meist in die Verwandtschaft der pliozänen Gattung Leptobos gestellt. Neue Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen deuten allerdings darauf hin, dass die frühen Formen der Gattung Pelorovis sehr eng mit den Eigentlichen Rindern verwandt sind und möglicherweise die ersten Vertreter der Gattung repräsentieren. Die spätpleistozäne Form (Pelorovis antiquus) war dagegen offenbar eng mit dem Kaffernbüffel (Syncerus) verwandt.[1]

Systematik

Banteng

Die Systematik der Eigentlichen Rinder ist umstritten, was unter anderem daran liegt, dass Wild- und Haustierformen der gleichen Art oft als verschiedene Arten betrachtet wurden und die einzelnen Arten zum Teil untereinander kreuzbar sind. Heute werden acht Arten unterschieden:[2][3]

  • Der Amerikanische Bison (Bos bison Linnaeus, 1758; auch Bison bison) lebt in den Grasländern Nordamerikas.
  • Der Wisent (Bos bonasus Linnaeus, 1758; auch Bison bonasus) kommt in den Flachlandgebieten Osteuropas vor.
  • Der ausgestorbene Bergwisent (Bos caucasicus Satunin, 1904; auch Bison caucasicus) war einst im Kaukasus verbreitet.
  • Der Gaur (Bos gaurus) ist die größte Rinderart und lebt in Süd- und Südostasien. In Form des Gayals ist er domestiziert worden, allerdings nur in einem kleinen Bereich seines Verbreitungsgebietes, dem nordöstlichen Indien und angrenzenden Ländern. Der wissenschaftliche Name Bos frontalis wurde früher auf die domestizierten Formen angewandt.
  • Der Banteng (Bos javanicus) stammt ebenfalls aus Südostasien. In Form des Balirindes wurde er domestiziert, verwilderte Populationen des Balirindes kommen in einigen südostasiatischen Ländern sowie in Australien vor.
  • Der Yak (Bos mutus) bewohnt Steppengebiete und Hochländer in Nord- und Zentralasien. Seit zumindest 2000 Jahren wurde er in Form des Hausyaks domestiziert. Bos grunniens war früher die wissenschaftliche Bezeichnung des Hausyaks.
  • Der ausgestorbene Auerochse (Bos primigenius) ist in freier Wildbahn ausgestorben, die letzten überlebenden wurden im heutigen Polen erlegt. In Form des Hausrindes ist die Art jedoch weltweit verbreitet. Die südasiatischen, als Zebus bezeichneten Formen stammen offenbar von einer anderen Unterart des Auerochsen oder sogar einer weiteren, heute ebenfalls ausgestorbenen Art der Wildrinder (Bos indicus) ab.
  • Der Kouprey (Bos sauveli), eine Art aus Südostasien, ist vermutlich ausgestorben.

Manchmal werden einige Arten in eigene Untergattungen (Novibos für den Kouprey, Bibos für den Banteng und den Gaur und Poephagus für den Yak) eingeordnet. Der Amerikanische Bison und der Wisent wurden ursprünglich in eine eigene Gattung (Bison) gestellt. Molekulargenetische Studien aus dem Jahr 2004 ergaben, dass der Yak möglicherweise näher mit dem Amerikanischen Bison, der Wisent dagegen mit dem Hausrind (beziehungsweise dem Auerochsen) verwandt ist. Demnach ist die Gattung Bison als paraphyletisch aufzufassen.[4]

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999. ISBN 0-8018-5789-9
  • D. E. Wilson, D. M. Reeder: Mammal Species of the World. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2005. ISBN 0-8018-8221-4

Einzelnachweise

  1. Bienvenido Martínez-Navarro, Juan Antonio Pérez-Claros u. a.: The Olduvai buffalo Pelorovis and the origin of Bos. In: Quaternary Research. 68, 2007, S. 220, doi:10.1016/j.yqres.2007.06.002.
  2. Colin Groves und Peter Grubb: Ungulate Taxonomy. Johns Hopkins University Press, 2011, S. 1–317 (S. S. 110–124)
  3. Colin P. Groves und David M. Leslie Jr.: Family Bovidae (Hollow-horned Ruminants). In: Don E. Wilson und Russell A. Mittermeier (Hrsg.): Handbook of the Mammals of the World. Volume 2: Hooved Mammals. Lynx Edicions, Barcelona 2011, ISBN 978-84-96553-77-4, S. 572–588
  4. Alexandre Hassanin und Anne Ropiquet: Molecular phylogeny of the tribe Bovini (Bovidae, Bovinae) and the taxonomic status of the Kouprey, Bos sauveli Urbain 1937. Molecular Phylogenetics and Evolution 33, 2004, S. 896–907

Weblinks