Erich Müller (Aktivist)

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Erich Müller als Zeuge bei den Nürnberger Prozessen (1947)

Erich Heinrich Otto Müller (* 19. September 1902 in Dortmund; † nach 1947) war ein deutscher politischer Aktivist. Er war unter anderem Leiter des Deutschen Hochschulrings sowie leitender Mitarbeiter des I.G.-Farben-Konzerns.

Leben und Tätigkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In seiner Jugend besuchte Müller die Volksschule und das Bismarckgymnasium in Dortmund, das er 1921 mit dem Abitur verließ. Von 1921 bis 1923 studierte er Volkswirtschaften, Rechtswissenschaften und Geschichte in München. Anschließend setzte er sein Studium in Berlin (1923–1925) und zuletzt in Köln fort (1925–1926).

Seit seiner Studentenzeit tat Müller sich politisch hervor: Nachdem er bereits als Gymnasiast im Jugendbund der Deutschen Volkspartei, in der Jugendbewegung Falken und Adler sowie in der Völkischen Jugend Dortmund aktiv gewesen war, fand er als Student Anschluss an den Verband der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen (VC) sowie insbesondere an den rechtskonservativen Deutschen Hochschulring (auch Hochschulring deutscher Art), einer in der Zeit der Weimarer Republik im rechten Lager politisch sehr einflussreichen Sammlungsbewegung national und völkischer ausgerichteter Studenten. Im Hochschulring stieg Müller zunächst zum Leiter der Münchener Sektion auf. Im Herbst 1923 veröffentlichte er in dieser Eigenschaft einen Aufruf, in dem er „deutschvölkische Studenten“ aufforderte, sich dem sogenannten Deutschen Kampfbund zur Verfügung zu stellen, einem im Jahr 1923 formierten Zusammenschluss rechtsgerichteter, paramilitärischer Kräfte in Süddeutschland. Da der Kampfbund kurz darauf, im November 1923, als Hauptträger des Hitler-Putsches in München hervortrat, brachte dies Müller später in Teilen der Literatur den Vorwurf ein, er habe sich als Leiter des Hochschulrings in München „unmittelbar in die Putschvorbereitungen eingeschaltet“.

Noch im Jahr 1923 stieg Müller vom Vorsitzenden des Münchener Hochschulrings als Nachfolger von Wilhelm Zietz zum Vorsitzenden des Gesamtverbandes auf. Entsprechend den Usancen der Organisation behielt er seinen Posten ein Jahr lang bis 1924 bei (Nachfolger: Walter Kolbe). Er blieb aber auch nach seinem offiziellen Abtritt als Vorsitzender einer der führenden Repräsentanten des Hochschulrings. Im Rahmen dieser Tätigkeit knüpfte Müller zahlreiche Verbindungen zu Professoren, Journalisten und Politikern sowie sonstigen Vertretern des akademischen und politischen Leben. Großen Einfluss auf seine geistige Entwicklung erlangten zu dieser Zeit insbesondere Martin Spahn und Edgar Jung, mit dem er auch den Jungakademischen Klub an der Münchener Universität gründete.

Aufgrund einer länger anhaltenden wirtschaftlichen Notlage seiner Familie musste Müller sein Studium 1926 abbrechen und nach Dortmund zurückkehren, wo er sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlug und sich nebenbei privat wirtschaftlichen Studien widmete. Trotz des Endes seines Universitätsstudiums setzte er seine Tätigkeit im Hochschulring fort, den er beispielsweise auf der Harzburger Tagung vom September 1931 repräsentierte.

1929 begann Müller, der nun nach München zurückkehrte, journalistisch zu arbeiten. Eine Mitarbeit in dem von Otto Wagener herausgegebenen Wirtschaftspolitischen Pressedienst endete bereits nach kurzer Zeit aufgrund ideologischer Differenzen beider Männer: Während Wagener zu dieser Zeit zu einem führenden Funktionär der NSDAP und engen Mitarbeiter Hitlers aufstieg, orientierte Müller sich stark am Gedankengut der Konservativen Revolution.

Von 1930 bis 1931 hatte er die kaufmännische Verlagsleitung des Verbandes der Turnerschaften auf deutschen Hochschulen inne. Anschließend fungierte er von 1932 bis 1935 als Schriftleiter der Zeitschrift VC-Rundschau (später in Der Turnerschafter umbenannt). Von 1933 bis 1934 war Müller auf Vermittlung Edgar Jungs zusätzlich journalistisch und kaufmännisch in dem Verlag Hans Boerner tätig, für den er an den Korrespondenzen Deutsche Führerbriefe und Osthilfe sowie die Zeitschrift Deutscher Volkswirt mitarbeitete.

1934 arbeitete Müller in dem von seinem Freund Jung organisierten Netzwerk mit, das auf einen gewaltsamen Sturz des NS-Regimes durch einen durch den Reichspräsidenten von Hindenburg zu verhängenden Ausnahmezustand hinarbeitete. Unter anderem agierte Müller für Jung als Verbindungsmann, außerdem schrieb er Artikel mit regimekritischen Subtexten, die in der von Jungs Freund Rudolf Pechel herausgegebenen Deutschen Rundschau. Nach der Ermordung Jungs im Zuge der Röhm-Affäre vom 30. Juni und 1. Juli 1934 zog sich Müller aus der aktiven politischen Arbeit zurück. Vor weiteren Nachstellungen blieb er Dank der Protektion durch seinen Freund aus der Zeit des Hochschulrings Werner Best, der inzwischen zum stellvertretenden Leiter des Geheimen Staatspolizeiamtes aufgestiegen war, verschont.

Von 1934 bis 1945 war Müller in leitender Stellung als kaufmännischer Angestellter im Berliner Büro der I.G. Farbenindustrie tätig: Als Mitarbeiter von Heinrich Gattineau wurde er in der Wirtschaftspolitischen Abteilung des Büros beschäftigt, in der er zunächst volkswirtschaftlicher Hilfsarbeiter, dann Referent und schließlich als stellvertretender Abteilungsleiter fungierte.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete Müller zunächst von 1945 bis 1946 als Sägewerksarbeiter in Gieboldehausen im Landkreis Duderstadt. 1946 siedelte er nach Hamburg über, wo er als Syndikus beim Verband deutscher Küstenschiffer arbeitete. Außerdem beteiligte er sich am Aufbau von Fabrikationsstätten zur Trümmerverwertung und zur Baustoffproduktion in der Elbmetropole.

1947 wurde Müller im Rahmen der Nürnberger Prozesse, speziell im Zuge des Prozesses gegen die IG Farben, als Zeuge vernommen.[1] In diesem Zusammenhang ist er nicht zu verwechseln mit dem zur selben Zeit als Angeklagter vor dem Nürnberger Gericht stehenden Krupp-Direktor Erich Müller.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Edmund Forschbach: Edgar J. Jung. Ein konservativer Revolutionär, 30. Juni 1934. Neske, Pfullingen 1984, ISBN 3-7885-0267-3.
  • Gerhard Fließ, Jürgen John: Deutscher Hochschulring (DHR) 1920–1933. In: Dieter Fricke (Hrsg.): Die Bürgerlichen Parteien in Deutschland. Handbuch der Geschichte der bürgerlichen Parteien und anderer bürgerlicher Interessenorganisationen vom Vormärz bis zum Jahre 1945. Band 1: Alldeutscher Verband – Fortschrittliche Volkspartei. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1968, S. 469–474.
  • Karl Martin Graß: Edgar Jung, Papenkreis und Röhmkrise 1933/34. Heidelberg 1966, (Heidelberg, Universität, Dissertation, 1967).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. https://www.archives.gov/files/research/captured-german-records/microfilm/m1019.pdf