Everwin von Droste zu Hülshoff

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Wappen des Everwin Droste (1594)

Everwin Droste (* um 1540; † 13. Juni 1604) war ein katholischer Reformer, bischöflicher Offizial und Dechant (Dekan) an der Kollegiatkirche St. Martini in Münster.

Lebensweg

Everwin Droste stammte vermutlich aus einer Nebenlinie der Familie Deckenbrock/Droste zu Hülshoff, da er deren Wappen führte, mehrere nachweisliche Familienmitglieder den gleichen Vornamen trugen und weil an der Stiftskirche St. Martini in Münster in dieser Zeit Abkömmlinge aus Erbmänner-Familien wirkten. Everwin wurde vermutlich 1540 in oder bei Münster geboren. Als seine Eltern werden in der Literatur Johann Droste zu Borg, Kanoniker an St. Ludgeri in Münster[1], und Alheidt Droste genannt Kocks, genannt[2]. Möglicherweise war auch er ein Sohn des Johannes Droste zu Hülshoff, der schon Scholaster zu St. Martini war und dessen Sohn Rotger nach 1557 die Tochter des Domkellners (Zellerars) und Domkantors Melchior von Büren (Adelsgeschlecht) (* 1480 in Davensberg, † 1546 in Münster) heiratete. Er ist nicht zu verwechseln mit zahlreichen früheren und späteren Trägern des Namens Everwin in seiner weiteren Familie (insbesondere dem Ratsherrn und Droste des Domkapitels Everwin I. von Droste, 1326-1351, Everwin II. von Droste zu Handorf, † 1535, bis 1532 Bürgermeister, Verhandlungsführer des Stadtrates von Münster zu Beginn des Täuferreichs und Besitzer der Burg zu Münster-Handorf und dessen Sohn, Bürgermeister Everwin III.,† 1542). Ebenfalls nicht zu verwechseln ist er mit dem ebenfalls mutmaßlichen, aber viel jüngeren, Verwandten Everwin von Droste zu Möllenbeck (ca. 1592–1661), der nach Sachsen ausgewandert und protestantisch geworden war. Sondern der Geistliche Everwin war ein zeitgenössischer Verwandter des nachmaligen Bürgermeisters von Münster Bernhard II. von Droste zu Hülshoff[3]. Über seine Eltern und seine Kindheit ist nichts bekannt. Er besuchte wohl die Bildungsanstalt des Kollegiatstifts St. Martini in Münster. An welcher Hochschule er das Studium der Artes liberales begann, ist ungewiss. Er setzte es ab 1558 als Zögling des Gymnasium Montanum in Niederich (Köln) fort und wurde Baccalaureus und 1560 Lizenziat. Ob er verheiratet war oder in dem damals auch bei Kanonikern üblichen Konkubinat lebte, ist nicht bekannt. In seinem Testament von 1598 setzte er jedenfalls zwei Söhne, Franz und Johann, als Erben ein. Erst 1587 empfing er die Priesterweihe. Nach jahrzehntelangem Wirken in der Leitung des Kollegiatstifts St. Martini und als bischöflicher Offizial zu Münster verstarb er am 13. Juni 1604[4]. Seine Söhne Franz, der bereits 1605 verstarb und auch als Förderer des Jesuitenordens in Erscheinung trat, und Johann erbten die umfangreiche Bibliothek[5].

Dechant des Kollegialstiftes St. Martini

Kirche des ehemaligen Stifts St. Martini in Münster

Im Jahre 1564 verlieh Bischof Bernhard von Raesfeld Everwin Droste das Amt eines Dechanten des Kollegiatstifts St. Martini und die damit verbundene Pfründe. Für die dortige Stiftsschule verfasste er 1581 eine Schulordnung, welche vom Domkapitel von Münster für verbindlich erklärt wurde. Sein Wirken fiel in die Zeit der sogenannten Gegenreformation, nachdem die Herrschaft der Täufer in Münster zur Zerstörung der Stiftsschule und der Küsterei geführt hatten. Everwin Droste stieß trotz seiner hohen Autorität bei deren Neubau zunächst auf Widerstand.

Mitwirkung an der katholischen Reform im Hochstift Münster

Everwin Droste, der als "gebildet und glaubensstark" sowie hochverdient bezeichnet wird[2][6], war ein Vertrauensmann von Gottfried von Raesfeld, Domdechant von Münster, sowie von Bischof Johann IV. von Hoya, der durch Petrus Canisius für die katholischen Reformen des Konzils von Trient gewonnen worden war. Er wurde in die Kommission berufen, die 1571 das Hochstift Münster einer Visitation gemäß den Beschlüssen des o. g. Konzils und des kanonischen Rechts unterziehen sollte. Bischof Ernst von Bayern (1554–1612) bestimmte ihn daraufhin zum Geistlichen Rat und Vertreter des Stiftsklerus von Münster[7].Er war auch Jurist, wurde an das geistliche Hofgericht berufen und wirkte an der Verbesserung der Gerichtsordnung mit. In dieser Funktion oblag ihm u. a. die Durchsetzung der vernachlässigten Residenzpflicht der Domherren. Er verfasste das Directorium archidiaconalis iurisdictionis. Der Codex ist für die Münstersche Diözesangeschichte und die Geschichte des Archidiakonats von besonderem Interesse.

Schriftstellerisches Wirken

Everwin Droste verfasste (neu-)lateinische Hymnen auf seine westfälische Heimat, noch im 19. Jahrhundert seiner Verwandten, der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, bekannt waren, von ihr als "sauberes Mönchslatein" bezeichnet und auch schriftstellerisch verwertet wurden[8]. 1578 veröffentlichte er auch eine niederdeutsche Liederhandschrift[9]. Eines seiner Epigramme von 1600 bezog sich auch auf das Wappentier der Droste zu Hülshoff, den fliegenden Barsch[10]. Er besaß eine humanistische Bildung und hinterließ eine bedeutende Bibliothek.

Würdigung

Viktor Huyskens bezeichnet Everwin Droste als „eine ideal angelegte Natur, von wissenschaftlichem Sinne belebt, durchdrungen von der Wichtigkeit guter Schulen.“ Er habe die einschlägige Literatur verwertet und „mit der Feder in der Hand“ gearbeitet.

Die mit Everwin entfernt verwandte Dichterin Annette von Droste-Hülshoff war möglicherweise im Besitz einer seiner Handschriften. In ihrem Fragment „Bei uns zulande auf dem Lande - nach der Handschrift eines Edelmannes aus der Lausitz“ entnahm sie vermutlich daraus - übersetzt aus dem lateinischen Original - das Zitat „O lachender Erdenwinkel“. Ein lateinisches Lied aus der Feder von Everwin veröffentlichte noch im 19. Jahrhundert August von Haxthausen[11].

Literatur

  • Viktor Huyskens: Everwin von Droste und die Stiftsschule seiner Zeit, Beilage zum Jahresberichte des Städtischen Gymnasiums und Realgymnasiums zu Münster in Westfalen, 1907
  • Kohl, Wilhelm (Bearbeiter): Das Bistum Münster, 4,1 Das Domstift St. Paulus zu Münster, Berlin, New York 1987, S. 297 und 304.
  • Winfried Woesler (Hrsg.): Annette von Droste-Hülshoff - Historisch-Kritische Ausgabe V,2 (Prosa, Dokumentation) Tübingen 1984

Einzelnachweise

  1. Annette von Droste-Hülshoff - zum 125. Todestag am 24.4.1973, Seite 18
  2. a b Alois Schroer: Die Kirche in Westfalen I im Zeichen der Erneuerung 1555-1648, S. 220
  3. Holsenbürger, J.: Die Herren v. Deckenbrock (v. Droste-Hülshoff) und ihre Besitzungen. Münster i.W., 1869.
  4. Viktor Huyskens: Everwin von Droste und die Stiftsschule seiner Zeit, Beilage zum Jahresberichte des Städtischen Gymnasiums und Realgymnasiums zu Münster in Westfalen, 1907
  5. Helga Österreich, Hans Mühl, Bertram Haller: Bibliothek in vier Jahrhunderten-Jesuitenbibliothek,1988
  6. Das Bistum Münster, Band I., Band 7, S.545
  7. Herbert Immenkötter: Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Münster in Westfalen, S. 32
  8. Woesler, Winfried: "Drostes Kenntnis der lateinischen und italienischen Kultur" in Droste-Jahrbuch 10, 2013/2014
  9. Niederdeutsches Wort - Bände 18-20, 1979, Seite 12
  10. Annette von Droste-Hülshoff - zum 125. Todestag am 24.5.1973, S. 18
  11. Winfried Woesler (Hrsg.): Annette von Droste-Hülshoff - Historisch-Kritische Ausgabe V,2 (Prosa, Dokumentation) Tübingen 1984