Felsen-Leimkraut

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Felsenleimkraut)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Felsen-Leimkraut

Felsen-Leimkraut (Atocion rupestre)

Systematik
Ordnung: Nelkenartige (Caryophyllales)
Familie: Nelkengewächse (Caryophyllaceae)
Unterfamilie: Caryophylloideae
Tribus: Sileneae
Gattung: Atocion
Art: Felsen-Leimkraut
Wissenschaftlicher Name
Atocion rupestre
(L.) Oxelman

Das Felsen-Leimkraut (Atocion rupestre, Syn.: Silene rupestris L.) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Atocion innerhalb der Familie der Nelkengewächse (Caryophyllaceae).[1]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Habitus und Blüten
Blütenstand

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Felsen-Leimkraut ist eine ausdauernde, aber nur kurzlebige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 10 bis 25 Zentimetern. Ihr am Grunde oft verzweigter Stängel ist kahl oder schwach behaart, aber nicht klebrig.

Die Laubblätter sind gegenständig angeordnet. Die einfachen Blattspreiten sind länglich-lanzettlich; die unteren enden stumpf, die oberen enden spitz und sind blau-grün.

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit liegt zwischen Juli und August. Der Blütenstand ist ein lockeres, meist reichblütiges Dichasium mit lang gestielten Blüten.

Die zwittrigen Blüten sind fünfzählig. Der Kelch ist zehnnervig, kreiselförmig und 4 bis 7 Millimeter lang. Die eiförmigen Kelchzähne sind fast halb so lang wie die Kelchröhre. Die fünf weißen oder rosafarbenen Blütenkronblätter sind 6 bis 9 Millimeter lang; die Platte ist verkehrt-herzförmig mit einer tiefen Ausrandung. Es sind drei Griffel vorhanden.

Die in den Kelch eingeschlossene Kapselfrucht ist bei einer Länge von 5 bis 6 Millimetern länglich-eiförmig. Der unbehaarte Karpophor ist ein Viertel so lang wie die Kapselfrucht. Die Samen besitzen eine körnig-raue Oberfläche. Eine mittelgroße Pflanze trägt etwa 40 Kapselfrüchte mit je 30 nierenförmigen Samen.[2]

Das Felsen-Leimkraut ist diploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 24.[3][4]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Verbreitungsgebiet des Felsen-Leimkrautes ist auf Europa beschränkt. Molekularphylogenetische Untersuchungen bestätigen eine nähere Verwandtschaft mit nordamerikanischen Arten nicht.[5] Sie kommt in Skandinavien und in den Gebirgen Mittel- und Südeuropas vor. In Skandinavien ist sie weit verbreitet in Norwegen (nördlich bis 70°N), Schweden, Finnland und im angrenzenden nordwestlichen europäischen Teil Russlands. Weiter kommt sie in Süddeutschland (Schwarzwald und Allgäu), in den Alpenländern Österreich, Schweiz und Slowenien, in Norditalien (außer in den Alpen auch im nördlichen Apennin), in Frankreich (außer in den Alpen und Pyrenäen auch im Zentralmassiv und in den Vogesen), in Korsika, im nördlichen (Pyrenäen und Kantabrisches Gebirge) und im südöstlichen (Sierra Nevada) Spanien,[6] im südöstlichen früheren Jugoslawien und im nördlich-zentralen Rumänien (im Rodnaer Gebirge in den Ostkarpaten) vor.[3] Der Fundort in Tschechien ist unsicher, die Funde in Sardinien und West-Sibirien beruhen auf Irrtum.[3]

In den Alpen gedeiht das Felsen-Leimkraut meist in Höhenlagen von 800 bis 2900 Metern und bevorzugt die Silikatgebiete. In den Allgäuer Alpen steigt es bis Höhenlagen von 1250 Metern (am Bärgündele in Bayern) bis zu 2300 Metern an anderer Stelle auf.[7]

Auf nährstoffarmen, kalkarmen, aber basenreichen Böden wächst das Felsen-Leimkraut in lichtoffenen Silikatfelsspalten, auf Felsgrus, an Erdanrissen, an Wegen, an vom Menschen beeinflussten Störstellen. Sie ist eine Kennart der Ordnung Sedo-Scleranthetalia.[4] Im Schwarzwald ist sie eine Charakterart des Sileno-Sedetum, in den Alpen des Sclerantho-Sempervivetum.[4] Sie kommt aber auch in Pflanzengesellschaften des Verbands Androsacion vandellii vor.[4]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt & al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 1+ (trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 2+ (unter-subalpin und ober-montan), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[8]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstveröffentlichung unter dem Namen (Basionym) Silene rupestris erfolgte 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Band 1, Lars Salvius, Stockholm, Seite 421.[9][10]

Gestützt auf molekularphylogenetische Untersuchungen wurde das Felsen-Leimkraut 2001 zusammen mit vier anderen Arten als Atocion rupestre (L.) Oxelman in der Gattung Atocion Adans. von der Gattung Silene abgetrennt.[11][5] (Seit 2013 sind in der Gattung Atocion sechs Arten enthalten.)[1] Weitere Synonyme für Atocion rupestre (L.) Oxelman sind: Cucubalus saxatilis Lam. nom. illeg., Oncerum rupestre (L.) Dulac, Silene alpestris Willd. ex Nyman nom. inval. non Jacq., Silene kaulfussii Spreng.[1]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Arthur Oliver Chater, Stuart Max Walters, John Robert Akeroyd: Silene L. In: T. G. Tutin, N. A. Burges, A. O. Chater, J. R. Edmondson, V. H. Heywood, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. 2., überarbeitete Auflage. Volume 1: Psilotaceae to Platanaceae. Cambridge University Press, Cambridge / New York / Melbourne 1993, ISBN 0-521-41007-X, S. 209–210 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Hans-Christian Friedrich: Silene rupestris. In: Karl Heinz Rechinger (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. Begründet von Gustav Hegi. 2., völlig neubearbeitete Auflage. Band III. Teil 2: Angiospermae: Dicotyledones 1 (Phytolaccaceae – Portulacaceae). Paul Parey, Berlin / Hamburg 1979, ISBN 3-489-60020-7, S. 1115–1118 (erschienen in Lieferungen 1959–1979).
  • Božo Frajman, Mikael Thollesson, Bengt Oxelman: Taxonomic revision of Atocion and Viscaria (Sileneae, Caryophyllaceae). In: Botanical Journal of the Linnean Society, Volume 173, 2013, S. 203. DOI:10.1111/boj.12090 online.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Felsen-Leimkraut (Atocion rupestre) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Božo Frajman, Mikael Thollesson, Bengt Oxelman: Taxonomic revision of Atocion and Viscaria (Sileneae, Caryophyllaceae). In: Botanical Journal of the Linnean Society, Volume 173, Issue 2, 2013, S. 203. DOI:10.1111/boj.12090 online.
  2. Otti Wilmanns, Sibylle Rupp: Silene rupestris, das Felsen-Leimkraut, als Glazialrelikt im Schwarzwald. In: Mitteilungen des Badischen Landesvereins für Naturkunde und Naturschutz, N.F. Band 9. Freiburg i. Br. 1966, S. 381–389 (zobodat.at [PDF; 543 kB; abgerufen am 24. April 2023]).
  3. a b c Jaakko Jalas, Juha Suominen (Hrsg.): Atlas Florae Europaeae. Distribution of Vascular Plants in Europe. 7. Caryophyllaceae (Silenoideae). Akateeminen Kirjakauppa, The Committee for Mapping the Flora of Europe & Societas Biologica Fennica Vanamo, Helsinki 1986, ISBN 951-9108-06-8, S. 84–85. Silene rupestris auf S. 84–85 in der Google-Buchsuche
  4. a b c d Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 362–363.
  5. a b Bengt Oxelman, Magnus Lidén, R. K. Rabeler, Magnus Popp: A revised generic classification of the tribe Sileneae (Caryophyllaceae). In: Nordic Journal of Botany. Band 20, Nr. 6, 2000 (publ. 2001), S. 743–748 DOI: 10.1111/j.1756-1051.2000.tb00760.x (PDF-Datei).
  6. S. Talavera: Silene. In: Santiago Castroviejo, Manuel Laínz, G. López González, P. Montserrat, Félix Muñoz Garmendia, Jorge Paiva, L. Villar (Hrsg.): Flora Ibérica. Plantas vasculares de la Península Ibérica e Islas Baleares,. II: Platanaceae-Plumbaginaceae (partim). Real Jardín Botánico, CSIC, Madrid 1990, ISBN 84-00-07034-8, S. 381–382.
  7. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 477.
  8. Silene rupestris L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 5. April 2021.
  9. Carl von Linné: Species Plantarum. Band 1, Lars Salvius, Stockholm 1753, S. 421, Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fwww.biodiversitylibrary.org%2Fopenurl%3Fpid%3Dtitle%3A669%26volume%3D1%26issue%3D%26spage%3D421%26date%3D1753~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D
  10. Silene rupestris im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
  11. Magnus Lidén, Magnus Popp, Bengt Oxelman: A revised generic classification of the tribe Sileneae (Caryophyllaceae). In: Nordic Journal of Botany. Band 20, Nr. 5, 2000 (publ. 2001), S. 513–518 (versehentlich veröffentlichte Entwurfsfassung mit gültigen nomenklatorischen Änderungen; Umkombination auf S. 517), DOI: 10.1111/j.1756-1051.2000.tb01595.x