François Fénelon

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François de Salignac de la Mothe-Fénelon (* 6. August 1651 auf Schloss Fénelon im Périgord; † 7. Januar 1715 in Cambrai) war ein französischer Geistlicher und Schriftsteller.

Leben

François Fénelon

Fénelon stammte aus einer alten, aber verarmten Adelsfamilie des Périgord. Da er jüngerer Sohn war (zweitjüngstes von insgesamt 14 Kindern seines Vaters aus zwei Ehen) und die Familie schon mehrere Bischöfe hervorgebracht hatte, wurde er früh für die kirchliche Laufbahn bestimmt. Er ging erst in Cahors, später in Paris bei den Jesuiten zur Schule und studierte dann im elitären, ebenfalls den Jesuiten nahestehenden Pariser Priesterseminar Saint-Sulpice.

Nachdem er als junger Priester durch schöne Predigten auf sich aufmerksam gemacht hatte, wurde Fénelon 1678 zum Direktor des Institut des Nouvelles Catholiques ernannt, einer Pariser Internatschule zur Umerziehung junger Mädchen aus guter Familie, deren Eltern angesichts des brutaler werdenden Drucks der Staatsmacht auf die Protestanten zum Katholizismus konvertiert waren. 1681 reflektierte er seine pädagogische Praxis im Traité de l'éducation des filles (=Traktat über die Mädchenerziehung, publiziert erst 1687). Ende 1685, nach der Aufhebung des 1598 von Heinrich IV. erlassenen Toleranzedikts, unternahm er eine erste von mehreren Missionsreisen in damals protestantische Regionen Südwestfrankreichs, war offenbar aber nur mäßig erfolgreich.

Kurz zuvor, 1685, war er mit einer ersten theologischen Schrift hervorgetreten, dem anti-jansenistischen Traité de l'existence de Dieu et de la réfutation du système de Malebranche sur la nature et sur la Grâce (=Traktat über die Existenz Gottes und über die Widerlegung von M.s System der Natur und der Gnade); zugleich äußerte er sich zur Rhetorik in seinen Dialogues sur l'éloquence (=Dialoge über die Beredsamkeit, 1685).

Er zählte in diesen Jahren zum Kreis um Bossuet, den Primus der französischen Bischöfe. 1688 wurde er Madame de Maintenon vorgestellt, der zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich zur "linker Hand" angetrauten zweiten Gattin Ludwigs XIV. Madame de Maintenon war zu jener Zeit mit der rasch sehr bekannt gewordenen Madame de Guyon und deren „Quietismus“ bekannt geworden. Der Quietismus erschien vielen Franzosen als eine Art Evasionsmöglichkeit angesichts einer innen- und außenpolitisch zunehmend unfriedlichen Realität. Auch Fénelon war von Madame de Guyon tief beeindruckt, als er sie im Winter 88/89 kennenlernte.

Im Sommer 1689 wurde er auf (wohl auch auf Vorschlag der Madame de Maintenon) , deren geistlicher Berater er inzwischen geworden war, von Ludwig XIV. zum Erzieher seines 7-jährigen Enkels und eventuellen Thronfolgers, des Duc de Bourgogne, berufen. Dies verschaffte ihm eine einflussreiche Position am Hof und war sicherlich ausschlaggebend für seine Aufnahme in die Académie française (1693) sowie seine Ernennung zum Erzbischof von Cambrai (1695). Allerdings scheint Fenelon von der Rangerhöhung nicht in dem Maße begeistert gewesen zu sein, wie man es erwarten konnte. Zumindest der Herzog von Saint-Simon behauptete, dass Fenelon eher auf das vakante Erzbistum Paris spekuliert habe.

Für seinen fürstlichen Zögling schrieb Fénelon mehrere unterhaltende und zugleich belehrende Werke: zunächst eine Sammlung von Fabeln, sodann die Aventures d'Astinoüs (=die Abenteuer A.s) und die Dialogues de morts (=Totendialoge), vor allem aber den umfänglichen, 1694-96 verfassten Abenteuer-, Reise- und Bildungsroman Les Aventures de Télémaque, fils d'Ulysse (1733 in Deutsch erschienen als Die seltsamen Begebenheiten des Telemach).

In diesem pseudo-historischen und zugleich utopischen Roman führt er den jungen Odysseus-Sohn Télémaque und dessen Lehrer Mentor (der sichtlich Sprachrohr Fénelons ist) durch diverse antike Staaten, die meist durch Schuld ihrer von Schmeichlern und falschen Ratgebern umgebenen Herrscher ähnliche Probleme haben. Dank der Ratschläge Mentors vermag er jedoch in einem Paradefall diese Probleme durch friedlichen Ausgleich mit den Nachbarn und durch Wachstumskräfte freisetzende ökonomische Reformen zu lösen. Eine wichtiger Aspekt bei der Lösung war insbesondere die Förderung der Landwirtschaft und die Zurückdrängung der Luxusgüterproduktion.

Der Télémaque, der ab 1698 in Abschriften am Hof zirkulierte, stand in einer langen Reihe ähnlicher Publikationen, die seit Jahrhunderten für die Fürstenerziehung geschrieben wurden. In diesem speziellen Fall wurde er jedoch auch zugleich als kaum verschlüsselte Kritik am autoritären Regierungsstil Ludwigs XIV. sowie an seiner aggressiven, kriegerischen Außenpolitik und seiner exportorientierten merkantilistischen Wirtschaftspolitik interpretiert.

Fénelons größter Gegner am Hof, sein einstiger Förderer Bossuet, gewann nun die Oberhand, nachdem er ihn schon seit 1694 in scheinbar theologisch motivierte Querelen über den Quietismus gezogen und 1697 versucht hatte, eine Verteidigungsschrift Fénelons für Madame de Guyon (die nach und nach zum Quasi-Staatsfeind avanciert und 1698 inhaftiert worden war) vom Papst verurteilen zu lassen.

Anfang 1699 verlor Fénelon seinen Erzieherposten, und als im April sein Télémaque (zunächst anonym und ohne seine Zustimmung) im Druck erschien, wurde er vom Hof verbannt.

Er zog sich zurück in sein Bistum Cambrai, wo er, nicht ohne sich weiterhin als theologischer und politischer Autor zu betätigen, ein exemplarisches Regiment gemäß den Lehren seiner Figur Mentor zu führen versuchte

Fénelons Télémaque war im Frankreich des 18. und des 19. Jahrhunderts ein vielgelesenes Jugendbuch und gilt als ein wichtiger Markstein der beginnenden Aufklärung.

Literatur

  • Andrew Michael Ramsay (Chevalier de Ramsay): Histoire De La Vie Et Des Ouvrages De Messire François De Salignac de la Mothe-Fénelon, Archevêque de Cambray. – Amsterdam: François L'Honoré, 1727
  • Louis-Francois de Bausset: Histoire de Fénelon, archevêque de Cambrai, composée sur les manuscrits originaux. – Paris: Giguet & Michaud, 1808
  • Emanuel de Broglie: Fénelon a Cambrai. D'apres sa Correspondance 1699–1715. – Paris: Plon, 1884
  • Johannes Kraus u. Josef Calvet (Hg.): Fénelon. Persönlichkeit und Werk. – Festschrift zur 300. Wiederkehr seines Geburtstages, Baden-Baden: Verlag für Kunst und Wissenschaft, 1953

Weblinks