Gebundenes System

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 16. Juli 2016 um 11:20 Uhr durch Bjs (Diskussion | Beiträge) (→‎Einleitung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Prinzip Gebundenes System; Rot: Querbindung

Ein gebundenes System ist die typische enge Raumgliederung einer Basilika, die besonders in Deutschland ein charakteristisches Merkmal des romanischen Kirchenbau wurde.

Beschreibung

In den Kirchen des frühen Mittelalters ist die Wirkung von Mittel- und Seitenschiff durch die parallele Anordnung der Räume bestimmt. Die Schiffe sind durch massive, regelmäßige Pfeiler-Arkaden getrennt. Das Hauptschiff hat eine Flachdecke, ein Tonnen- oder Gurtgewölbe. In der Gliederung einer dreischiffigen Basilika entspricht ein Joch des Hauptschiffs jeweils einem oder zwei Jochen der Seitenschiffe. Es herrscht ein linearer Raumeindruck vor.

Das gebundene System erzeugt eine engere Raumbeziehung zwischen den Schiffen mit einer optischen Querbindung. Durch die Entwicklung des Kreuzgewölbes wurde ein Stützenwechsel zwischen dickeren und dünneren Pfeilern möglich. An den vier Ecken eines Joches im Hauptschiff bilden vier kräftige Pfeiler ein Quadrat im Grundriss. An dieses Quadrat schließen sich in den Seitenschiffen jeweils zwei Quadrate mit halber Kantenlänge, die je einem Joch entsprechen, an. Die Zwischenpfeiler wurden in der Regel leichter ausgeführt, so dass eine rhythmische Gliederung entsteht.

Beispiele

Beispiel Speyerer Dom

Im Grundriss des Speyerer Doms ist das gebundene System ablesbar: ein Joch im Hauptschiff entspricht zwei Jochen in den Seitenschiffen, der Stützenwechsel ist erkennbar. An diesem Bau wurde vermutlich zu Ende des 11. Jahrhunderts das gebundene System in Deutschland begründet, da die später eingefügten Gewölbe des Mittelschiffs auf die schmalen Seitenschiffsgewölbe, die schon vorhanden waren, Bezug nehmen mussten. Durch die enorme Spannweite der Gewölbe wären bei einer gleichmäßigen Jochfolge (ein Mittelschiffjoch entspricht einem Seitenschiffjoch) stark querrechteckige Gewölbeeinheiten entstanden. Um dies zu vermeiden, wurden jeweils zwei Achsen des Mittelschiffes zu einem Joch zusammengefasst. Die gewölbetragenden Pfeiler wurden im Mittelschiff mit zusätzlichen Wandvorlagen (eine Lisene mit vorgelegter Dreiviertelsäule) verstärkt. Weitere Beispiele der unmittelbaren Nachfolge sind im Wormser Dom und in Kloster Eberbach zu finden.

Siehe auch

Literatur

  • dtv-Atlas Baukunst. Band 2. 13. Auflage. dtv, München 2005, ISBN 3-423-03021-6.
  • Wilfried Koch: Baustilkunde. 27. Auflage. Wissen Media Verlag, Gütersloh/München 2006, ISBN 3-577-10089-3
  • Hans Koepf: Bildwörterbuch der Architektur. Alfred Kröner Verlag, Zweite Auflage, Stuttgart 1985, ISBN 3-520-19402-3, S. 168