George Lakoff

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George Lakoff

George P. Lakoff (* 24. Mai 1941 in Bayonne, New Jersey) ist ein US-amerikanischer Linguist. Er ist derzeit Professor für Linguistik an der University of California, Berkeley.

Akademischer Werdegang

Lakoff schloss sein Studium der englischen Literatur und Mathematik am MIT 1962 ab. Zu seinen linguistischen Lehrern am MIT zählten Roman Jakobson, Morris Halle und Noam Chomsky. Im Jahr 1966 wurde er an der Indiana University promoviert. Von 1965 bis 1969 lehrte er Linguistik an der Harvard University. Seit 1972 unterrichtet Lakoff an der University of California, Berkeley.

Als Schüler von Noam Chomsky arbeitete er zunächst auf dem Gebiet der Generativen Transformationsgrammatik und entwickelte in den 1960er Jahren mit seiner Generativen Semantik[1] eine Alternative zu der von Jerrold Katz und Jerry Fodor[2] konzipierten und von Chomsky[3] übernommenen Interpretativen Semantik. In diesem Zusammenhang entzündete sich in den 1960er und 1970er Jahren die als „The Linguistics Wars“ bezeichnete - nicht allein auf die Linguistik begrenzte - wissenschaftliche Debatte zwischen Chomsky, Lakoff und ihren Anhängern. Infolge wandte sich Lakoff seinem - in Spannung zu Chomskys Forschungen stehenden - neuen Spezialgebiet zu: der Kognitiven Linguistik. Am bekanntesten sind seine Theorien über die Sprache als Metaphersystem im menschlichen Denken, politischen Verhalten und Gesellschaft. In den letzten Jahren engagierte er sich mehr und mehr in der US-amerikanischen Politik. Im Juni 2003 gründete er das Rockridge Institute, eine progressive Denkfabrik, die Politiker der Demokratischen Partei beriet und progressive Öffentlichkeitsarbeit betrieb. Ende April 2008 musste das Institut wegen Finanzierungsproblemen geschlossen werden.

George Lakoff vertritt die These, dass Menschen in Metaphern denken; dies geschehe zumeist unbewusst, da die Metaphern nicht mehr wahrgenommen werden würden. Trotzdem sei es relevant, in welchen Metaphern man denke und welche rhetorisch genutzt werden, da Metaphern immer einem Denkmodell unterliegen, das man durch die Verwendung seiner Schlüsselbegriffe stützt. Benutzt man beispielsweise militärische Metaphern („Gewehr bei Fuß stehen“, „Zweifrontenkrieg“ usw.), so wird etwas implizit als Krieg angesehen. Als wichtigste Vorbilder seines Denkens bezeichnet er John Dewey und Maurice Merleau-Ponty.

Lakoff wendet seine Analyse der Metaphern, die er wie oben beschrieben als konzeptionelle Konstruktionen begreift, u.a. auf den Bereich der (amerikanischen) Politik an: der Rhetorik der Konservativen unterliegt die Vorstellung, Staat und Gesellschaft seien eine Familie mit einem strengen Vater (Staat), dessen Kinder (Bürger) diszipliniert werden müssen, damit sie verantwortliche Erwachsene werden. Die Liberalen/Demokraten teilen eher die Metapher einer schützenden, geborgenen Familienumgebung, in der die Kinder (die ja in der Metapher tatsächlich schon Bürger sind) von den Eltern vor negativen Einflüssen geschützt werden, damit sie sich frei entfalten können (für die Politik würde das z.B. bedeuten: strenge Umweltstandards und allgemeine Gesundheitsversorgung). Lakoff sieht weiter das Problem der Demokraten seit den 80er Jahren, dass sie sich zu sehr den Diskursmetaphern der Konservativen angepasst haben. Das bedeutet, sie benutzen die gleichen Metaphern, die aber dem konservativen Modell entsprechen, also unbewusst dieses Modell stützen. Bsp. 'tax relief' Steuererleichterung impliziert, dass Steuern per se etwas Schlechtes seien.

Werke

  • George Lakoff: Linguistik und natürliche Logik. Frankfurt 1971.
  • George Lakoff und Mark Turner: More Than Cool Reason: A Field Guide to Poetic Metaphor. The University of Chicago Press, 1989.
  • George Lakoff: Women, Fire, and Dangerous Things: What Categories Reveal About the Mind. The University of Chicago Press, 1987. ISBN 0-226-46803-8.
  • George Lakoff: Moral Politics. What Conservatives Know that Liberals Don't. The University of Chicago Press, 1996.
  • George Lakoff und Mark Johnson: Philosophy In The Flesh: the Embodied Mind and its Challenge to Western Thought. Basic Books, 1999.
  • George Lakoff und Rafael Núñez: Where Mathematics Comes From: How the Embodied Mind Brings Mathematics into Being. Basic Books, 2000, in: Journal of Experimental & Theoretical Artificial Intelligence, Vol. 17, No. 3, September 2005, S. 305–315. (Rezension von Ernest Davis, PDF; 108 kB)
  • George Lakoff: Don't Think of an Elephant: Know Your Values and Frame the Debate. Chelsea Green Publishing, 2004.
  • George Lakoff: The Political Mind / A cognitive Scientist's Guide to Your Brain and its Politics. Penguin, 2008, ISBN 978-0-67001-927-4.
  • George Lakoff und Mark Johnson: Metaphors We Live By. University of Chicago Press, 1980. (Deutsche Übersetzung: Leben in Metaphern. Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern. 7. Aufl., Heidelberg: Carl-Auer-Systeme-Verl., 2011. ISBN 3-89670-487-7.)
  • George Lakoff, Elisabeth Wehling: The Little Blue Book – The Essential Guide to Thinking and Talking Democratic. Free Press, New York 2012, ISBN 978-1-4767-0001-4 (englisch).
  • George Lakoff und Elisabeth Wehling: Auf leisen Sohlen ins Gehirn. Politische Sprache und ihre heimliche Macht, 3. Auflage, Heidelberg: Carl-Auer-Verlag 2014, ISBN 978-3-89670-695-9.

Weblinks

Commons: George Lakoff – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. George Lakoff: Linguistik und natürliche Logik. Frankfurt 1971
  2. Jerrold J. Katz und Jerry A. Fodor: Die Struktur einer semantischen Theorie. In: Hugo Steger (Hrsg): Vorschläge für eine strukturelle Grammatik des Deutschen. Darmstadt 1970.
  3. Noam Chomsky: Aspekte der Syntaxtheorie (Übersetzung von: Aspects of the Theory of Syntax, 1965). Frankfurt 1969.