Geradezugverschluss

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Verschlussstück des Geradezugverschlusses mit sichtbarer Spiralnut (Schmidt-Rubin K31)

Der Geradezugverschluss (auch Geradzugverschluss) ist eine Bauart des Zylinderverschlusses.

Geradezugverschluss auf Grundlage des Drehkopfverschlusses

Diese Bauart greift auf das Verriegelungsprinzip eines Drehkopfverschlusses zurück. Dabei wird der drehbare Verschlusskopf, ähnlich wie beim herkömmlichen Zylinderverschluss, durch die Vorwärtsbewegung desselben in die Verschlusshülse eingeführt. Dies erfolgt, anders als beim Zylinderverschluss nach dem Prinzip des Mauser System 98, durch eine lineare Bewegung des Verschlussstücks, ohne die bei Repetiersystemen sonst übliche axiale Drehung mittels des Kammerstängels. Dazu ist in den Verschlusskopf eine Spiralnut eingefräst, in die ein Zapfen am Kammerstängel eingreift und für die axiale Drehung zur Verriegelung des Systems sorgt.

Erfolgreiche Militärgewehre nach diesem Prinzip waren die österreichischem Gewehre mit dem System Mannlicher nach dem Konstrukteur Ferdinand Ritter von Mannlicher und die Schweizer Schmidt-Rubin Langgewehre Mod. 1889, 1896, G11 (1911), sowie Karabiner K11 und Karabiner K31 nach dem Konstrukteur Rudolf Schmidt, im Kaliber 7,5 x 55 mm Schweiz Ord. (Gewehrpatrone 11, GP 11), einer Entwicklung von Eduard Rubin.

Weniger Erfolg hatte das kanadische Ross-Gewehr Mod. 1905 Mk. II und Mod. 1910 Mk. III, beide wurden schon 1916 ausgemustert. Sein Verschluss konnte falsch zusammengesetzt werden, worauf er nicht richtig verriegelte, was fatale Folgen hatte.

Schweizer Karabiner Mod 11, Verschluss: Primäre Extraktion, Winkel der Verriegelungselemente

Andere Varianten

Geradezugverschluss, geöffnet (Schmidt-Rubin K31)

Die ersten Gewehre mit Geradezugverschluss waren die frühen System Mannlicher-Armeegewehre (Oesterreich, Modell 1886, 1888, 1888/90), sie hatten einen Schwenkriegelverschluss, der am Rücklauf mit einem Schwenkriegel gehindert wurde. Beim von Winchester hergestellten Lee Navy-Gewehr Mod. 1895 klappte beim Zurückziehen des Ladehebels der Verschlussblock zum Entriegeln nach oben. Beide Systeme waren dem Zylinderverschluss nach dem Prinzip des Mauser System 98 unterlegen, da bei ihnen keine Lockerung festgesessener Hülsen durch primäre Extraktion möglich war. Beim schweizerischen Karabiner Mod. 11 bewirkt die Drehung der Verschlusshülse einen Verschlussrücklauf von etwa einem Millimeter, was die abgeschossene Patronenhülse lockert. Ein praktisches Problem ist auch der erhöhte Zugwiderstand und die höhere mechanische Beanspruchung, was weiterer Verbreitung dieses Systems unzuträglich war.

Moderne Formen des Geradezugverschlusses finden sich im jagdlichen und sportlichen Bereich. So entwickelte der Büchsenmacher Peter Fortner 1984 ein Biathlon-Gewehr mit einem Geradezugverschluss, der auf dem Prinzip des Rollenverschlusses aufbaut. Dieser Verschluss ermöglichte durch den vereinfachten Bewegungsablauf eine schnellere Schussfolge im Wettkampf. Die Konstruktion erwies sich als überaus erfolgreich, und bis 2007 wurden etwa 7000 dieser Waffen hergestellt.[1][2] Ziel der Entwicklung war es, den technischen Rückstand gegenüber den Biathlon-Gewehren des Herstellers Baikal (Sowjetunion) und den Gewehren des Jagdwaffenwerkes Suhl wettzumachen, deren Kniegelenkverschlüsse sehr schnelles Repetieren ermöglichten.[3] Horst Blaser entwickelte die Repetierermodellreihe Blaser R93. Von der Blaser R93 wurden seit der Markteinführung 1993 bisher (2010) mehr als 100.000 Exemplare gefertigt. Mit der Blaser R8 ist seit 2008 das Nachfolgemodell der R93 auf dem Markt.

Einzelnachweise

  1. Ulrich Eichstädt, "Der Goldschmied", Visier, Das internationale Waffenmagazin, Vogt-Schildt Deutschland GmbH, 02/2007 S. 40 ff.
  2. Anschütz Modell 1827 Fortner Sprint, Geradezugverschluss mit Mehrladevorrichtung
  3. Ulrich Eichstädt, "Schnee-Kanonen, acht Biathlongewehre im Test", Visier, Das internationale Waffenmagazin, Pietsch + Scholten Verlag GmbH, 02/1993 S. 40 ff.