Gleichgewicht (Systemtheorie)

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Gleichgewicht ist der statische oder stationäre Zustand eines Systems der Systemtheorie. Entsprechend den Gründen, warum sich Zustandsgrößen nicht oder nur langsam ändern, gibt es verschiedene Arten von Gleichgewichten.

Statisches Gleichgewicht

Das System ist in Ruhe und es gibt ein Gleichgewicht der Kräfte (sie addieren sich zu null), sodass es auch keine Ursache für eine Änderung gibt. In einem See mit stabiler Temperaturschichtung sind z.B. Gewichts- und Auftriebskräfte für jedes Volumenelement im Gleichgewicht. Horizontale Strömungen verändern die Schichtung nicht, vertikale Abweichungen führen zu internen Wellen. Details siehe unten, Verhalten von Gleichgewichten bei Störungen.

Dynamische Gleichgewichte

Es gibt Prozesse innerhalb des Systems oder Flüsse über die Systemgrenzen hinweg, die sich in ihrem Einfluss auf die Zustandsgrößen des Systems gegenseitig aufheben. Für die Klassifizierung von Systemen nach der Durchlässigkeit ihrer Grenzen siehe thermodynamisches System.

Dynamisches Gleichgewicht in einem geschlossenen System

Im Fall nicht-offener Systeme sind es nur innere Prozesse, die Einfluss auf die Zustandsgrößen des Systems haben. Die oben formulierte Gleichgewichtsbedingung ist in Systemen chemischer Reaktionen genau dann erfüllt, wenn die chemischen Potentiale ausgeglichen sind. Beispiel: Ein thermisch isolierter Drucktopf mit heißem Wasser und Wasserdampf. Die beiden beteiligten Reaktionen heißen Verdampfung und Kondensation. Verdampfung senkt die Temperatur und steigert den Druck, was weitere Verdampfung verlangsamt bzw. die Kondensation beschleunigt. Nach einiger Zeit stellt sich ein Gleichgewicht ein, in dem beide Reaktionen gleich schnell verlaufen und die Zustandsgrößen Druck, Temperatur und Dampfmenge konstant bleiben.

Für Systeme in dynamischem Gleichgewicht gilt der Virialsatz im jeweiligen Teilgebiet der Physik. Die explizite Kenntnis von Bahnen ist dafür nicht erforderlich.

Quasistatische Zustandsänderungen

Im Allgemeinen gibt es mehr als zwei Reaktionen, die gleichzeitig ablaufen. Das Gleichgewicht kann dann zwischen allen beteiligten Elementen des Systems bestehen oder sich auf ein Teilsystem beschränken. Sind die Prozesse des Teilsystems schnell gegenüber Austauschprozessen mit der Umgebung, so treten quasistatische Zustandsänderungen auf. Beispiel: Der langsam abkühlende Drucktopf. Die Abgabe von Wärme an die Umgebung senkt die Temperatur, den Druck und die Dampfmenge, aber nicht unabhängig voneinander, sondern der Systemzustand bleibt stets nahe an der Dampfdruckkurve.

Ob es in einem speziellen Fall eine Trennung in schnelle und langsame Prozesse gibt und wie die Änderungen der Zustandsgrößen zeitlich verlaufen, ist Gegenstand der Kinetik.

Fließgleichgewichte in offenen Systemen

Existieren mehrere Kopplungsprozesse mit der Umgebung, so kann der Zustand des Systems konstant bleiben, indem sich diese mehr oder weniger zufällig in ihrer Wirkung aufheben. Fließgleichgewichte sind stets mit einer Produktion von Entropie verbunden, die für einen stationären Zustand abgeführt werden muss.

Enge Kopplung

Dominiert ein Kopplungsprozess die anderen Prozesse, so ist der Zustand des Teilsystems in der betroffenen Zustandsgröße festgelegt. Beispiele: Der Topf ist offen, der Druck ist auf den atmosphärischen Druck festgelegt, selbst große Heizleistung erhöht die Temperatur nicht über den Siedepunkt, solange noch Wasser im Topf ist. In der Elektrotechnik ist bei Anschluss eines Kleinverbrauchers an eine Spannungsquelle die Spannung festgelegt (geklemmt). Ein ökonomisches Beispiel ist die Buchpreisbindung (für Werke ohne Alternative, etwa spezielle Fachbücher).

Fließgleichgewicht im rückwirkungsfreien System

Ohne enge Kopplung werden Systeme meist mit deutlichen Änderungen ihres Zustandes auf Änderungen in der Umgebung reagieren. Die Bezeichnung Fließgleichgewicht legt folgendes Beispiel nahe: Der Füllstand einer Badewanne ohne Stöpsel wird sich bei gegebenem Zufluss so einpegeln, dass der vom Pegel abhängige Abfluss dem Zufluss gleich ist. Fließgleichgewichte gibt es aber auch mit vielen anderen physikalischen und nicht-physikalischen Größen, etwa Energie oder Reichtum.

Homöostatisches Gleichgewicht

Die Flüsse über die Systemgrenze können auch dadurch ausgeglichen werden, indem das System durch interne Regelungsprozesse auf sie Einfluss nimmt. Das Teilsystem eines komplexen Systems, das den Regelungsmechanismus bildet, nennt die Systemtheorie allgemein Homöostat, das prototypische Beispiel ist der Thermostat.

Der Begriff Homöostase wurde im Zusammenhang mit lebenden Systemen geprägt, in denen meist viele Systemparameter einer Regelung unterliegen: pH-Wert, osmotischer Druck, Enzymkonzentrationen, Temperatur, Zellenzahl – um nur einige zu nennen.

Verhalten von Gleichgewichten bei Störungen

stabil
Das System kehrt nach einer Störung wieder in seinen Ausgangszustand zurück.
labil
Das System geht bei der kleinsten Störung in einen anderen Zustand über.
indifferent
Das System kommt nach jeder Störung in einem neuen Zustand zur Ruhe.
metastabil
Das System geht nach einer ausreichend großen Störung in einen stabileren Gleichgewichtszustand über.