Haggenbrücke

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Die «Ganggelibrugg»

Die Haggenbrücke ist eine 1936/37 erbaute, 355,5 m lange Stahl-Fachwerkbrücke über die Sitter. Sie verbindet das St. Galler Stadtviertel Haggen mit der Appenzell Ausserrhoder Gemeinde Stein. Obwohl ursprünglich als Autobrücke konzipiert, kann sie aufgrund statischer Schwingungen nur als Fussgängerbrücke benutzt werden. Aufgrund ihres Schwankens wird sie im Volksmund «Ganggelibrugg» genannt.

Technische Daten

Die Haggenbrücke ist 355,50 m lang, an ihrer höchsten Stelle 98,6 m hoch, 3,8 m breit und hat von der Appenzeller in St. Galler Richtung eine Steigung von 3,9 % (14 m Höhenunterschied). Für die Fachwerkkonstruktion wurden rund 350 Tonnen Stahl verbaut.[1] Die Brücke steht auf zwölf Pfeilern, welche direkt auf den Fels betoniert sind und teilweise bis zu drei Meter unter den Wasserspiegel der Sitter reichen. Die Brücke ist mit dem Haggener Widerlager nicht starr verbunden, sondern ruht auf starken Rollen welche die eintretende Verschiebung auffangen. Die Schlossereiwerkstatt Zwicker von St.Gallen verfertigte und montierte über 700 m Geländer. Die Gesamtkosten der Brücke beliefen sich auf 348'826 Franken.[2]

Baugeschichte

Der alte Saumpfad durch die Sitterschlucht war mühsam, gefährlich und oft in schlechtem Zustand. 1885 kam deshalb erstmals die Idee auf, eine direkte Brücke zu bauen anstelle der zwei kurzen Holzbrücken in der Schlucht. Im Kontext der Wirtschaftskrise und der Stagnation der Heimindustrie scheiterte das Projekt allerdings an der Finanzierung.[1] 1920 scheiterte ein zweiter Anlauf. 1926 präsentierte der junge Ingenieur Rudolf Dick an einer Interessentenversammlung in Bad Störgel Pläne und Kostenberechnungen für eine Eisenbrücke, welche er in Eigeninitiative erstellt hatte. Doch erst als die 365 Stufen der so genannten Hundwiler Leiter 1933 wieder renovationsbedürftig wurden, wurde das Brückenprojekt ernsthaft an die Hand genommen. Den Zuschlag erhielt schliesslich eine Arbeitsgemeinschaft von Rudolf Dick aus Luzern und Ernst Scheer aus Herisau.

Die Finanzierung wurde durch den Verkehrsfonds, die Stadt St. Gallen, die Gemeinde Stein, Bund, Kanton und Privaten gewährleistet. Gerade die grosse Beteiligung von Privaten verlieh dem Bau die Aura einer Volksbrücke.

Die Brücke wurde von der Steiner Seite her frei vorgebaut. Der Materialbereitstellungsplatz befand sich beim Restaurant Schäfli im Störgel.[2] Obwohl der seinerzeit spektakuläre Bau für die Arbeiter ziemlich gefährlich war, ereignete sich nur ein Unfall, welcher erst noch glimpflich verlief. Der damals 20 Jahre alte Maurerlehrling Ernst Buob stürzte 36 m in die Tiefe, wurde von einer Tanne abgebremst und überlebte.

Am 28. Oktober 1937 wurde mit sechs 8-Tonnen-Wagen die Belastungsprobe erfolgreich vollzogen. Doch als zur Eröffnungsfeier am 31. Oktober 1937 5600 Besucher auf der Brücke weilten, geriet diese in bedrohliche Schwingungen. Der Kantonsingenieur von Appenzell AR erstellte daraufhin einen besorgniserregenden Bericht. Trotz Nachbesserungen konnte die Brücke nie für den Autoverkehr zugelassen werden.

2010 wurde die Brücke von der Firma Basler & Hofmann komplett saniert, die Fundamente in Stand gesetzt und der alte Beton- und Asphaltbelag, welcher ursprünglich für die Autobrücke vorgesehen war, durch eine leichtere Stahldecke ersetzt. Die Wiedereröffnung der Brücke fand am 24. Oktober 2010 statt.[3]

Blick durch die Sicherheitsnetze zu den Holzbrücken hinunter

Bedeutung

Die Haggenbrücke ist im schweizerischen Inventar der Kulturgüter als Objekt von nationaler Bedeutung eingetragen. Ihre ursprüngliche Funktion als Autobrücke und wichtige Verkehrsverbindung zwischen Stein und St. Gallen konnte die Haggenbrücke nie erfüllen. Als Fussgängerbrücke ist sie hingegen ein beliebtes Ausflugsziel. Die spektakuläre Aussicht über das Sitter- und Wattbachtobel, das Wanken bei starken Winden oder bei Belastung sowie der leichte Zugang zur Gemeinde Stein AR für Wanderausflüge verleihen der „Ganggelibrugg“ eine lokale Bedeutung.

Die Brücke wurde auch immer wieder für Suizide verwendet, weshalb schon früh Warntafeln angebracht wurden. 2010 wurden im Rahmen der Gesamtsanierung Auffangnetze angebracht.

Die zwei alten überdachten Holzbrücken über Wattbach und Sitter im Tal unterhalb der «Ganggelibrugg» bestehen weiterhin. Der Wanderweg dem Wattbach entlang führt über die Sitterbrücke nach Süden und dann dort steil nach oben zur Appenzeller Seite der Stahlbrücke. Die Holzbrücke über den Wattbach dient keinem Zweck mehr, denn der Weg der «Hundwiler Leiter» hinauf zum St. Galler Ende der Haggenbrücke ist inzwischen durch Erosion gänzlich zerstört worden.

Literatur

Weblinks

Commons: Eisensteg Zweibruggen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Schoch, Zeitzeugnisse.
  2. a b pd, QV Riethüsli. (PDF; 240 kB)
  3. Homepage baslerhofmann.ch (Zugriff am 7. Oktober 2012).

Koordinaten: 47° 23′ 59,2″ N, 9° 20′ 21,7″ O; CH1903: 743473 / 251620