Hermann Neubert (Bibliothekar)

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Herrmann Neubert (* 9. Dezember 1892 in Leipzig[1]; † 20. April 1980 in Berlin[1]) war ein deutscher Bibliothekar und Direktor der Technischen Hochschulbibliothek Berlin,[1][2] Leiter der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden[1] sowie Leiter der Bibliothek der Technischen Universität Berlin-Charlottenburg.[1]

Leben und Wirken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herrmann Neubert wurde am 9. Dezember 1892 als Sohn des Postsekretärs Emil Neubert und dessen Frau Emma Johanna Maria in Leipzig geboren. Schüler war er an der Bürgerschule in Oschatz. 1912 absolvierte Neumann sein Abitur an der Fürsten- und Landesschule Grimma.[3]

Während des Ersten Weltkriegs meldete sich Neubert 1914 freiwillig für den Kriegsdienst, wurde nach einer schweren Verwundung, bei der er seine rechte Hand verlor, im März 1915 jedoch wieder aus dem Kriegsdienst entlassen. Nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst studierte Neubert in Leipzig Mathematik, Geografie und Physik. 1919 promovierte er mit der Thematik „Karte der Grundsteuer-Reinerträge des Ackerlands von Rheinland und Westfalen“. Anschließend an seine bibliothekarische Fachprüfung, trat Herrmann Neubert 1921 in die Sächsische Landesbibliothek ein. Nachdem Martin Bollert um fachmännische Hilfe bei der Leitung der Technischen Hochschulbibliothek Berlin gebeten hatte, wurde Neubert 1928 der erste fachmännische Direktor der TH-Bibliothek Berlin und somit auch der erste Bibliothekar, der von der Landesbibliothek an eine Hochschulbibliothek wechselte.[4][5][6]

1933 kehrte Neubert als Oberbibliothekar, als stellvertretender Direktor, an die Sächsische Landesbibliothek zurück. Dort veranlasste er die Verbesserungen der Räumlichkeiten, unter anderem durch die Trennung von Ausleihe und Lesesaal. Zudem wurde unter Neubert eine Leseraum-Handbibliothek und eine studentische Bücherei mit 3500 Bänden im Studentenhaus Mommsenstraße errichtet. 1939 übernahm er dann die vollständige Leitung der Sächsischen Landesbibliothek bis 1945.[4]

Neubert arbeitete daran, den Bibliotheksstandort im Japanischen Palais auszubauen. In den Jahren als Leiter der Sächsischen Landesbibliothek versuchte Neubert auch den Einfluss der NSDAP innerhalb der Bibliothek, durch zum Beispiel Betriebsappelle, zu erweitern. Diese Hörigkeit gegenüber dem NS-Regime kam der Bibliothek zugute, da sie in den Augen des Regimes als problematische Zuflucht für systemkritische Mitarbeitende und Nutzende gesehen wurde. Zwar wurde dieser Status als Refugium durch die Zensur und die Eingriffe des NS-Regimes sowie die Anbiederung Neuberts an das Regime abgeschwächt, blieb aber weiterhin bestehen. Neubert wurde aber als „serviler Direktor der Bibliothek“ angesehen, was auf seine Hörigkeit dem NS-Regime gegenüber hindeutet. Auch in dieser Zeit, ähnlich wie zu Bollerts Zeiten, fügte sich die Landesbibliothek unter der Leitung Neuberts den Anordnungen des Volksbildungsministeriums. Widerstand wurde größtenteils nur gegenüber zu starken Eingriffen und Provokationen von NSDAP-Parteimitgliedern gezeigt.[5][6]

In den Kriegsjahren arbeitete Neubert mit seinen Mitarbeitenden daran, die Bestände der Sächsischen Landesbibliothek an sichere Orte zu bringen, die vor Bombenangriffen geschützt waren. Nach dem Ende des Krieges wurde Herrmann Neubert im Zuge der Verordnung der Landesverwaltung Sachsen über Beschäftigung im öffentlichen Dienst am 31. Oktober 1945 aus dem Dienst in der Sächsischen Landesbibliothek entlassen, nachdem bereits einige Mitarbeitende den Dienst freiwillig verlassen hatten.[6]

Nach einer kurzen Anstellung bei einer Tiefbaufirma übernahm Neubert 1950 die Direktion der Bibliothek der Technischen Universität Berlin. Der Bestand dieser Bibliothek wurde durch den Krieg fast vollständig zerstört. Neubert legte bis zu seinem Ruhestand 1958 den Grundstein für den Wiederaufbau der größten Büchersammlung auf technisch-naturwissenschaftlichem Gebiet in Berlin.[5]

Für sein bibliothekarisches Wirken wurde er 1962 durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse geehrt. Am 20. April 1980 verstarb Herrmann Neubert in Berlin.[4][3]

Schriften (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zur Geschichte der Sächsischen Landesbibliothek. Leipzig 1936.
  • (Hrsg.): Festschrift Martin Bollert zum 60. Geburtstage. Dresden 1936.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Neubert, Hermann. In: Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1966. Walter de Gruyter & Co, Berlin 1966, S. 1715.
  • Konstantin Hermann: Die Sächsische Landesbibliothek 1933–1945. Martin Bollert und Hermann Neubert – zwei Epochen in zwölf Jahren? In: Wissenschaftliche Bibliothekare im Nationalsozialismus, 2011, S. 289–308.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e Hans-Dieter Wüstling: Die Direktoren der Universitätsbibliothek Dresden von 1828 bis 1996: ein Gang durch die Geschichte der Bibliothek (= Schriftenreihe der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) 9). Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek, Dresden 2005, ISBN 978-3-910005-37-2, S. 50.
  2. Alexandra Habermann, Rainer Klemmt, Frauke Siefkes: Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare: 1925 - 1980 (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderhefte 42). Klostermann, Frankfurt am Main 1985, ISBN 978-3-465-01664-9, S. 230 - 231.
  3. a b Karin Müller-Kelwing, Gilbert Lupfer: Zwischen Kunst, Wissenschaft und Politik: die Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in Dresden und ihre Mitarbeiter im Nationalsozialismus. Böhlau Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-412-51863-9, S. 396 - 397.
  4. a b c Hans-Dieter Wüstling: Die Direktoren der Universitätsbibliothek Dresden von 1828 bis 1996: ein Gang durch die Geschichte der Bibliothek (= Schriftenreihe der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) 9). Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek, Dresden 2005, ISBN 978-3-910005-37-2, S. 50.
  5. a b c Alexandra Habermann, Rainer Klemmt, Frauke Siefkes: Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare: 1925 - 1980 (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie Sonderhefte 42). Klostermann, Frankfurt am Main 1985, ISBN 978-3-465-01664-9, S. 230 - 231.
  6. a b c Konstantin Herrmann: Die Sächsische Landesbibliothek 1933 – 1945. Martin Bollert und Herrmann Neubert, zwei Epochen in zwölf Jahren? In: Michael Knoche, Wolfgang Schmitz (Hrsg.): Bibliothekare im Nationalsozialismus: Handlungsspielräume, Kontinuitäten, Deutungsmuster (= Wolfenbütteler Schriften zur Geschichte des Buchwesens). Nr. 46. Harrassowitz, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-447-06407-1, S. 306 - 308.