Idyll

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Nicolas Poussin: Les Bergers d’Arcadie ou Et in Arcadia ego, 1638–1640

Der Ausdruck Idyll (auch: Idylle) bezeichnet heute harmonisch verklärtes ländliches Leben. Man meint damit meist ein Bild oder einen Zustand, die auf den Betrachter beschaulich und friedlich wirken. Das Wort stammt vom Griechischen eidyllion und bedeutet ursprünglich „kleines, eigenständiges Gedicht“, oder „Bildchen“. Gestellte reizvolle Landschaftsaufnahmen, die häufig Burgen, Schlösser und einprägsame Naturobjekte oder Kulturlandschaften bildlich oder graphisch darstellen, bei denen störende Objekte retuschiert werden, werden als Postkartenidylle bezeichnet.

Darüber hinaus bezeichnet die epische Idylle eine literarische Gattung, die auf die Werke des antiken griechischen Dichters Theokrit Idyllen zurückgehen, die in Hirtengedichten (Bukolik, Pastoralen) das ländliche Leben zu ihrem Hauptgegenstand machen.

Zur Geschichte der Gattung „Idylle“

Römische Dichter wie Vergil und Catull oder der englische Dichter Tennyson haben diese Dichtung nachgeahmt. In der deutschen Literatur hatte die Idylle im 18. Jahrhundert ihre Blütezeit. Besonders einflussreich war etwa Salomon Gessner. Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts begann man mit der Umdeutung der Idylle, zum Teil gesellschaftskritisch, wie bei Johann Heinrich Voß, zum Teil mündend in eine bürgerliche Idylle wie in Johann Wolfgang Goethes Hermann und Dorothea oder gar ganz in ein städtisches Milieu verpflanzt wie in Johann Martin Usteris De Herr Heiri oder in Jonas Breitensteins Der Her Ehrli. Zur literarischen Idylle gehört der Topos des locus amoenus, des lieblichen Ortes, oft an einem abgelegenen Quell oder in einem ruhigen Hain gelegen. Eng verbunden ist die Idylle mit der Vorstellung von Arkadien, einem Ort jenseits aller gesellschaftlichen Zwänge.

Innerhalb der amerikanischen Literatur hat die Idylle mit der Amish Romance Novel seit den 2000er Jahren eine gewisse Wiederbelebung gefunden.

Johann Heinrich Voß löste den Begriff von der Bindung an das Landleben und vor allem vom Stimmungsgehalt der "Heilen Welt" und harmonischen Miteinanders. Seine Idyllen stellen menschliche Grundhaltungen wie Liebe, Zufriedenheit, aber auch Aberglauben oder Freiheitsstreben in leicht überschaubaren Szenen dar. Mit der „Luise. Ein ländliches Gedicht in drei Idyllen“ bahnte er den Weg zum Klein-Epos, das mit Goethes „Hermann und Dorothea“ begann und sogleich den Gipfel erreichte. Im Unterschied zur statischen Idylle schildert das Klein-Epos ein Geschehen, in dem ein unvorhergesehenes Ereignis zu neuen Entwicklungen führt.[1]

Literatur

  • Carsten Behle: „Heil dem Bürger des kleinen Städtchens“. Studien zur sozialen Theorie der Idylle im 18. Jahrhundert. Niemeyer, Tübingen 2001, ISBN 3-484-36571-4 (Kurzfassung von Dissertation Uni Gießen 2000).
  • Karin Kluger: Der letzte Augenblick der hübschen Idylle: Rezeptionsästhetische und rezeptionsgeschichtliche Überlegungen zur Problematisierung der Idylle bei Wilhelm Raabe, UMI, Ann Arbor, MI 1999 DNB 956059244 (Dissertation Universität New York, NY, 256 Seiten).
  • York-Gothart Mix: Idylle. In: Dieter Lamping (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit Sandra Poppe, Sascha Seiler, Frank Zipfel: Handbuch der literarischen Gattungen. Kröner, Stuttgart 2009, S. 393–402, ISBN 978-3-520-84101-8.
  • Helmut J. Schneider: Bürgerliche Idylle: Studien zu einer literarischen Gattung des 18. Jahrhunderts am Beispiel von Johann Heinrich Voss. Bonn 1975, DNB 878230471(???) (Dissertation Universität Bonn 1975, 202 Seiten).
  • Helmut J. Schneider (Hrsg.): Idyllen der Deutschen. Texte und Illustrationen. Insel, Frankfurt am Main 1978, ISBN 3-458-05031-0.
  • Johann Heinrich Voß: Die kleinen Idyllen; herausgegeben von Klaus Langenfeld (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr. 416). Heinz, Akademischer Verlag Stuttgart, Stuttgart 2004, ISBN 3-88099-421-8.
  • Gero von Wilpert: Stichwort „Idylle“. In: Sachwörterbuch der Literatur. 8., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2001, ISBN 3-520-23108-5.

Einzelnachweise

  1. Johann Heinrich Voß: Die kleinen Idyllen; herausgegeben von Klaus Langenfeld (= Stuttgarter Arbeiten zur Germanistik Nr. 416). Heinz, Akademischer Verlag Stuttgart, Stuttgart 2004, ISBN 3-88099-421-8.