Instituto Nacional de Reforma Agraria

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Das Instituto Nacional de Reforma Agraria, kurz INRA, (deutsch Nationalinstitut zur Landwirtschaftsreform) wurde bereits kurz nach der Kubanischen Revolution (26. Juli 1953 bis 1. Januar 1959) am 17. Mai 1959 auf Grundlage des Kapitel VI des am selben Tage erlassenen (Ersten) Gesetzes zur Landwirtschaftsreform (spanisch (Primera) Ley de Reforma Agraria) geschaffen. Am selben Tag unterzeichnete Manuel Urrutia Lleó, der erste Präsident der Republik Kuba, zwei Dekrete, mit denen Fidel Castro zum Präsidenten und Antonio Núñez Jiménez zum Geschäftsführer des INRA ernannt wurden. INRA übernahm die Funktion des Landwirtschaftsministeriums, das durch das Gesetz Nr. 905 abgeschafft wurde.[1]

Ziel des INRA war es, die Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der geplanten Landwirtschaftsreform in Einklang zu bringen, was eines der Hauptversprechen der Revolutionäre um Fidel Castro gegenüber den Bauern war, deren Zustimmung sie sich für eine erfolgreiche Revolution versichern mussten. Die Mehrheit der Kubaner lebte zu dieser Zeit von Landwirtschaft. Zur Umsetzung bekam das INRA weitreichende Befugnisse.[1]

Das Industrie-Referat im INRA, das von Che Guevara geleitet wurde, wurde im Februar 1961 durch das Gesetz Nr. 932 zum eigenständigen Ministerio de Industrias (deutsch Industrieministerium) unter der Leitung Guevaras ausgelagert. Im Jahre 1976 wurden im Zuge der Institutionalisierung des Landes mehrere Ministerien geschaffen, darunter das Ministerio de Agricultura (deutsch Landwirtschaftsministerium), die die institutionelle Fortsetzung des INRA darstellt.[1]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während der Kolonialzeit, und auch noch nach der Unabhängigkeit Kubas von Spanien, befand sich der Großteil der Landwirtschaft in den Händen weniger Landbesitzer, was zu einer ungleichen Verteilung von Ressourcen führte und eine Benachteiligung und Abhängigkeit kleiner Landwirte und Landarbeiter zur Folge hatte. Folge davon war eine ausgeprägte Armut und soziale Ungerechtigkeit in der ländlichen Gesellschaft.[2]

Seit der Unabhängigkeit Kubas im Jahre 1902 bis zur Revolution 1959 durchlief das Land eine äußerst komplexe und turbulente Geschichte, die von politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen geprägt war. Die kubanische Wirtschaft war stark von der Zuckerindustrie abhängig, was zu einer hohen Anfälligkeit für Schwankungen auf dem Weltmarkt und einer mangelnden Diversifizierung der Wirtschaft führte. Zudem war die Souveränität Kubas bis 1934 durch das Platt Amendment eingeschränkt, das den USA bei Beeinträchtigung US-amerikanischer Interessen ein Interventionsrecht gab.

In den 1930er und 1940er Jahren wurden in Kuba einige Landwirtschaftsreformen umgesetzt, deren Auswirkungen jedoch marginal waren und nicht dazu führten, um die beschriebene Landkonzentration aufzulösen und die Situation der Ungleichheit grundlegend zu verbessern. 85[2] % der meist kleinen Bauernhöfe zahlten Pacht und standen ständig vor der Gefahr, geräumt zu werden. Ein Großteil der besten landwirtschaftlichen Flächen befand sich in den Händen ausländischer Besitzer. 200.000[2] bäuerliche Familien besaßen kein Ackerland, während 300.000[2] Caballerías [Flächenmaß: 1 Caballería = 13,01189 Hektar > 3.903.567 ha], die in den Händen großer Großgrundbesitzer lagen, brach lagen. Viele Bauern lebten demnach in Armut und hatten nur begrenzten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und anderen grundlegenden Dienstleistungen. Die Landarbeiterbewegung, die für bessere Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit kämpften, gewannen in Folge an Einfluss und wurde von den Revolutionären rund um Fidel Castro unterstützt. Die Revolutionäre versprachen, die Landkonzentration aufzulösen und den Landarbeitern mehr Chancen und Rechte zu geben.[1][2]

Umsetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Sieg der Revolutionäre erwies sich die Frage der Agrarreform als ein sehr wichtiges Anliegen, weil vor allem die Zuckerproduktion und deren Export, das mit Abstand wichtigste Produktionsmittel der kubanischen Wirtschaft war. Daher wurde die Umsetzung der Landwirtschaftsreform auch schnell angegangen und um die Umsetzung zu gewährleisten, wurde mit Fidel Castro der Anführer der Revolution zum Präsidenten ernannt, um den Zielen den notwendigen Druck zu verleihen. Die INRA war für die Festlegung der Zuckerpolitik, der Verkaufspreise, der Enteignung großer Ländereien im Zuge der Landwirtschaftsreformen und der Zahlung von Entschädigungen, der Verstaatlichung privater Unternehmen usw. zuständig. Es wurde die mächtigste Körperschaft Kubas. Innerhalb seiner Struktur wurde 1959 die Abteilung für Industrialisierung gegründet, deren Leitung Ernesto Guevara übertragen wurde. 1960 wurde diese Abteilung zum Ministerio de Industria (Industrieministerium).[1]

INRA setzte zwei Landwirtschaftsreformen, die zu den wichtigsten Reformen der Kommunistische Partei Kubas überhaupt zählen, um[3]:

Zur Umsetzung der Landwirtschaftsreformen gründete die INRA eine Reihe lokaler Organisationen namens Zonas de Desarrollo Agrario (deutsch landwirtschaftliche Entwicklungszonen), die große Bedeutung erlangten und nicht nur an jedem Ort kontrollierten, dass die Agrarreform effektiv durchgeführt wurde, sondern auch die Bildung von Genossenschaften unter Bauern förderten und die Entwicklung der Landwirtschaft organisierten Produktion. 1962 wurde Carlos Rafael Rodríguez zum Präsidenten der INRA ernannt und bekleidete diese Position bis 1965.

Das INRA führte zur Enteignung großer Plantagen und zur Umsetzung umfassender Agrarreformen: Die Landkonzentration wurde aufgelöst und das Land wurde an die kleinen Landwirte verteilt. Die Landarbeiter erhielten auch mehr Rechte, wie z. B. das Recht auf Gewerkschaftsbildung und das Recht auf faire Löhne. Die Agrarreformen hatten einen positiven Effekt auf die Lebensbedingungen der Landarbeiter. Die Armut und die Unterernährung wurden reduziert und die Lebensqualität der Landarbeiter verbesserte sich. Die Agrarreformen trugen auch zur Entwicklung der Landwirtschaft in Kuba bei. Die landwirtschaftliche Produktion stieg und Kuba wurde ein Exporteur von landwirtschaftlichen Produkten. Die Agrarreformen waren ein wichtiger Bestandteil der kubanischen Revolution. Sie trugen dazu bei, die soziale Ungleichheit zu verringern und die Lebensbedingungen der Landarbeiter zu verbessern.

Parallel zur Produktionsentwicklung wurden soziokulturelle Fortschritte im bäuerlichen Sektor verzeichnet. Tausende von Häusern wurden gebaut, Elektrifizierung erreichte bisher unzugängliche Orte, und die Bildung von Gemeinden schuf günstige Bedingungen für eine größere Beteiligung unserer Bauern an sozialen, kulturellen, sportlichen und Freizeitaktivitäten.

Das INRA spielte eine Schlüsselrolle bei der Formation der landwirtschaftlichen Struktur Kubas. Die Enteignung der Großgrundbesitzer und die Verteilung des Landes an die Bauern trug dazu bei, die Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung zu verbessern und die landwirtschaftliche Entwicklung des Landes zu fördern, waren die Ziele. Es war eine der wichtigsten Institutionen der kubanischen Revolution und sein Erbe ist heute noch sichtbar.[1]

Heutige Situation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die kubanische Landwirtschaft, die sich seit dem Zusammenbruch des großen Wirtschaftspartners Sowjetunion im Jahre 1991 in einer sehr herausfordernden Konsolidierungsphase befindet (siehe: Sonderperiode in Kuba), ist mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, darunter:

  • Mangel an moderner Infrastruktur und Gerätschaften
  • Mangel an qualifizierten Arbeitskräften
  • hohe Produktionskosten und dadurch mangelnde internationale Wettbewerbsfähigkeit
  • niedrige Erlöse für landwirtschaftliche Produkte, bedingt durch die Planwirtschaft Kubas

Diese Probleme haben dazu geführt, dass die kubanischen Landwirtschaft nicht in der Lage ist, die wachsende Nachfrage der Bevölkerung nach Lebensmitteln zu decken. Kuba muss Importe von Lebensmitteln aus anderen Ländern bezahlen, was zu einer Belastung der Staatsfinanzen führt. Die kubanischen Regierungen müssen die Probleme der Landwirtschaft angehen, wenn sie die Ernährungssicherheit des Landes gewährleisten wollen. Dazu sind Investitionen in landwirtschaftliche Infrastruktur, Ausbildung von landwirtschaftlichen Fachkräften und Preisanpassungen für landwirtschaftliche Produkte erforderlich, so ein Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Román García Báez und andere: Lecciones de Economía Política de la Construcción del Socialismo, Editorial Pueblo y Educación, La Habana, 2001.
  • Sergio Guerra Vilaboy, Gallardo Alejo Maldonado: Historia de la Revolución Cubana. Síntesis y comentarios, Ediciones La Tierra, Quito, 2005.
  • Antonio Núñez Jiménez: En marcha con Fidel, 1959, 4ta. Ed., Editorial Ciencias Sociales, La Habana, 2002.
  • José Luis Rodríguez García: Estrategia del desarrollo económico en Cuba, Editorial Ciencias Sociales, La Habana, 1990.
  • Carlos Rafael Rodríguez Rodríguez: Cuba en el tránsito al socialismo. 1959–1963, Editorial Pueblo y Educación, La Habana, 1983.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Instituto Nacional de Reforma Agraria - EcuRed. Abgerufen am 26. Juli 2023 (spanisch).
  2. a b c d e Agropecuario. 12. Februar 2007, abgerufen am 26. Juli 2023.
  3. a b Dr. José M. Garea Alonso, Lic. Mario La O Sosa: Reforma Agraria : La Experiencia Cubana auf www.fao.org [Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen]