International Financial Reporting Standard 9

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Der International Financial Reporting Standard 9 - Finanzinstrumente (IFRS 9) ist eine Rechnungslegungsvorschrift des IASB.

Einleitung

Der International Financial Reporting Standard 9 Finanzinstrumente (IFRS 9) ist ein internationaler Rechnungslegungsstandard (IFRS) des International Accounting Standards Board (IASB), der Ansatz und Bewertung von Finanzinstrumenten regeln soll. Ziel ist die vollständige Ablösung des aktuell gültigen International Accounting Standard 39. IFRS 9 behandelt drei großen Themen, die in drei Phasen erarbeitet wurden. Deshalb werden sie auch jetzt noch so bezeichnet. Phase 1 behandelt das Thema Klassifizierung und Messung von Finanzinstrumenten, Phase 2 das Thema Wertminderung, Phase 3 die Bilanzierung von Hedgegeschäften.

Entwicklung

IFRS 9 wurde am 24. Juli 2014 in der finalen Version veröffentlicht [1] und löst zum Erstanwendungszeitpunkt 1. Januar 2018 den bisher geltenden IAS 39 ab.

Das IASB startete das Projekt am 19. März 2008 mit dem Versand des Diskussionspapiers "Reducing Complexity in Reporting Financial Instruments"[2]. Kommentare konnten bis zum 19. September 2008 abgegeben werden. Anschließend beschloss das IASB, das Projekt in die genannten drei Phasen zu unterteilen.

Für Phase 1[3] wurde im November 2009 ein erster Entwurf[4] für die Bilanzierung der Aktiva publiziert, im Oktober 2010 folgten die Anforderungen für die Passiva[5]. Es folgten wenige Anpassungen[6] bis zur Veröffentlichung der finalen Version, im Wesentlichen wurde eine weitere Kategorie hinzugefügt: "fair value through other comprehensive income".

Phase 2[7] begann mit der Publikation eines Diskussionspapiers im März 2008, das das v.a. das Ziel der Komplexitätsreduktion vorgab.[8] Nach einer Bitte um Einschätzungen zur Durchführbarkeit[9] wurde am 5. November 2009 ein Entwurf[10] veröffentlicht, der die erwarteten Zahlungsströme zum Ausgangspunkt der Wertminderung machte. Es sollte ein Wechsel von einem "Incurred Loss" zu einem "Expected Loss" Modell erfolgen. Am 31. Januar 2011 veröffentlichten das IASB und das FASB ein ergänzendes Dokument[11], das kleinere Anpassungen als Reaktion auf die Kommentare zum Entwurf enthielt. Am 7. März 2013 folgte schließlich der letzte Entwurf[12], der noch einmal öffentlich kommentiert werden konnte. Hier wurde erstmals die Kategorisierung aller Instrumente in drei Stufen aufgenommen. Auf Grundlage der Kommentare wurden die Anforderungen im Februar 2014 finalisiert und schließlich mit dem fertigen Standard im Juli 2014 veröffentlicht.

Phase 3[13] hatte zum Ziel, die Aktivitäten im Bereich des Risikomanagements besser in der Bilanzierung abzubilden. Auch sollte die Komplexität der alten Regeln reduziert werden. Erste Vorschläge zur Vereinfachung[14] wurden vom IASB im März 2008 veröffentlicht. Ein erster Entwurf[15] folgte im Dezember 2010, der nach der Kommentierungsphase intern bis September 2011 diskutiert wurde. Es folgte ein ausführlicher Prüfprozess bis zur Veröffentlichung der Phase 3 im November 2013.[16] Bis zur Veröffentlichung des gesamten Standards erfolgten keine weiteren Änderungen.

Schließlich wurde der fertige Standard am 24. Juli 2014 veröffentlicht. Wie alle (fertigen) IFRS-Standards ist dieser nicht öffentlich zugänglich, sondern nur für "IFRS Foundation Subscriber" [17] abrufbar. Das ist eine Besonderheit: Jedes andere Gesetz der EU oder in Deutschland ist im Internet zugänglich.

Parallel zu den drei Phasen von IFRS 9 startete das IASB ein Projekt mit dem Titel "Accounting for Dynamic Risk Management: a Portfolio Revaluation Approach to Macro Hedging" (Bilanzierung für dynamisches Risikomanagement: Ein Portfolio-Neubewertungsansatz zum Macro Hedging).[18] Zu diesem Thema wurde im April 2014 ein Diskussionspapier veröffentlicht.[19] Kommentare konnten bis zum 17. Oktober 2014 eingereicht werden. Da dieses Projekt bis heute nicht abgeschlossen ist und dasselbe Thema betrifft wie Phase 3 von IFRS 9, ist es den Banken freigestellt, die neuen Regelungen zum Hedge Accounting anzuwenden oder bei den alten Regeln des IAS 39 zu bleiben. Das könnte ihnen eine weitere Umstellung innerhalb sehr kurzer Zeit ersparen.

In der EU werden die IFRS-Standards nur durch eine Bestätigung (Endorsement) durch das Accounting Regulatory Committee (ARC) verpflichtend, das sich aus je zwei Vertretern der 27 EU-Mitgliedstaaten zusammensetzt - in der Regel aus dem jeweiligen Justiz- und Wirtschaftsministerium.[20] Vorab gibt die EFRAG (European Financial Reporting Advisory Group) eine Empfehlung ab. Derzeit (Stand Juni 2016) liegt diese Bestätigung nicht vor, jedoch schon ein positives Votum der EFRAG. Die Bestätigung wird für Ende 2016 erwartet.[21]

Inhalt

Im Folgenden wird der Inhalt des Standards, unterteilt auf die drei Phasen, wiedergegeben. Da dieser nicht (legal) öffentlich zugänglich ist, wird primär auf die vom IASB veröffentlichte Übersicht verwiesen.

Phase 1: Klassifizierung und Messung

Übersicht über die Klassifizierungsregeln

Die Klassifizierung der Finanzinstrumente folgt nun einfachen Regeln. Entscheidend sind zwei Kriterien: Das Geschäftsmodell (Soll das Finanzinstrument gehalten oder verkauft werden?) und die Art der Zahlungsströme (Handelt es sich nur um die Rückzahlung des Nennwertes oder Zinsen?). Diese Kriterien entscheiden, ob das Instrument nach Anschaffungskosten oder nach dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) zu bewerten ist. Zusätzlich räumt das IASB die Option ein, das Instrument unter bestimmten Bedingungen mit dem Fair Value zu bewerten.[22] Eine Übersicht bietet die Grafik nebenan.

Phase 2: Wertminderung

Der neue Standard vollzieht beim Thema Wertminderung (engl.: Impairment) gegenüber dem alten IAS 39 einen Paradigmenwechsel. Während der alte einem Incurred-Loss-Model folgte, wird nun ein Expected-Loss-Model genutzt. Wertminderungen traten beim alten Standard tendenziell erst im Falle des Ausfalls der Gegenpartei auf. Nach dem neuen Standard müssen jedoch signifikante Veränderungen der Bonität der Gegenpartei registriert werden und der durchschnittlich erwartete Verlust unter Profit and Loss berichtet werden. Im Detail:

Alle Finanzinstrumente müssen in eine der Kategorien "performing", "under-performing" oder "non-performing" eingeordnet werden. Dabei werden alle Instrumente, die das erste Mal bilanziert werden, zunächst als "performing" eingestuft, solange die Gegenpartei nicht schon ausgefallen ist. Für diese Anlagen ist der Expected Loss für den Zeitraum von 12 Monaten zu berechnen und abzuschreiben.

Erhöht sich das Kreditrisiko signifikant, so ist die Anlage als "under-performing" einzustufen. Zu beachten ist, dass diese Erhöhung des Risikos an der Ausfallswahrscheinlichkeit der Gegenpartei abzulesen ist, nicht am erwarteten Verlust. In diesem Fall ist die Wertminderung gleich dem erwarteten Verlust für die gesamte Laufzeit des Instruments. Diese mittlere Stufe ist der zentrale Unterschied zu IAS 39.

Ist die Gegenpartei ausgefallen oder erscheint eine weitere Zahlung unwahrscheinlich (als Kriterium wird ein Verzug von mehr als 90 Tagen genannt), so ist die Anlage als "non-performing" einzustufen. Auch hier ist der Lifetime-Expected-Loss zu rechnen, dies entspricht aber schlicht dem schon eingetretenen Verlust - ganz wie beim alten IAS 39.[23]

Das IASB lässt einige Dinge offen: So sind keine genauen Kriterien für die Klassifizierung vorgeschrieben. Auch für die Modellierung der erwarteten Verluste gibt es nur grobe Richtlinien. So müssen historische Daten, gegenwärtige Informationen und Prognosen für die Zukunft einbezogen werden, um die Ausfallswahrscheinlichkeit oder die erwarteten Verluste abzuschätzen.

Phase 3: Hedge Accounting

Die Mängel des alten Standards bestanden v.a. in der Beschränkung der Instrumente, die gesichert werden konnten ("hedged items"). Diese Beschränkungen sind nun deutlich gelockert. Insbesondere konnten Risiken, die nicht aus reinen Finanzgeschäften stammten (z.B. Rohstoffpreise) nicht gehedgt werden. Die Lockerung ist also v.a. für Nicht-Banken relevant, denn bei solchen Institutionen dürften derlei Risiken die reinen Finanzrisiken überwiegen.

Die Bilanzierung von Hedging Instruments erfolgt dann aber wie unter dem alten Standard.

Zusätzlich stellt das IASB es frei, ob man sofort die neuen Regeln übernimmt oder noch weiter die Regeln des alten IAS 39 anwendet. Grund ist ein Projekt zum sog. Macro Hedging, das in den kommenden Jahren abgeschlossen werden soll. Dieses Projekt wird die Regeln zum Hedge Accounting noch einmal verändern. Sollte ein Unternehmen von den neuen Regeln nicht signifikant profitieren, kann es sich so eine Umstellung ersparen.[24]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. IFRS.ORG: IASB completes reform of financial instruments accounting
  2. Reducing Complexity in Reporting Financial Instruments
  3. Financial Instruments—Phase I: Classification and Measurement. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  4. Financial Instruments:Classification and Measurement. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  5. Fair Value Option for Financial Liabilities. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  6. Classification and Measurement: Limited Amendments to IFRS 9. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  7. Financial Instruments—Phase II: Impairment. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  8. Discussion Paper: Reducing Complexity in Reporting Financial Instruments. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  9. Request for Information (‘Expected Loss Model’): Impairment of Financial Assets: Expected Cash Flow Approach. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  10. Exposure Draft ED/2009/12: Financial Instruments: Amortised Cost and Impairment. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  11. Supplement to ED/2009/12: Financial Instruments: Impairment. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  12. Exposure Draft ED/2013/3: Financial Instruments: Expected Credit Losses. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  13. Financial Instruments—Phase III: Hedge Accounting. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  14. Discussion Paper: Reducing Complexity in Reporting Financial Instruments. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  15. Exposure Draft ED/2010/13: Hedge Accounting. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  16. IASB completes important steps in reform of financial instruments accounting. IASB, abgerufen am 14. Juni 2016.
  17. Zugang über eIFRS
  18. Financial Instruments: Accounting for Dynamic Risk Management: a Portfolio Revaluation Approach to Macro Hedging. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  19. Discussion Paper:Accounting for Dynamic Risk Management: a Portfolio Revaluation Approach to Macro Hedging. IASB, abgerufen am 13. Juni 2016.
  20. Teilnehmer und Beschlüsse
  21. EFRAG Endorsement Status Report 08 June 2016. EFRAG, abgerufen am 13. Juni 2016.
  22. Project Summary: IFRS 9: Financial Instruments. IASB, S. 6-12, abgerufen am 14. Juni 2016.
  23. Project Summary: IFRS 9: Financial Instruments. IASB, S. 14-22, abgerufen am 14. Juni 2016.
  24. Project Summary: IFRS 9: Financial Instruments. IASB, S. 24-30, abgerufen am 14. Juni 2016.