Johann Mercker

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Johann Mercker, auch Johannes Märker, (* Dezember[1] 1659 in Essen; getauft 1. Januar 1660 in Essen; † 1728 ebenda) war ein deutscher evangelischer Geistlicher, Prediger und Rektor der lutherischen Lateinschule in Essen.[2]

Leben und Wirken

Als Sprößling einer alten märkischen Pfarrersfamilie in Essen geboren, absolvierte er eine theologische Ausbildung an den Universitäten in Halle und Gießen. Er wird als ein früher, radikaler, sehr ehrlicher aber auch sehr ungeschickter Pietist gesehen, der bereits während seiner theologischen Ausbildung unter den Einfluss des Pietismus geriet. Die aus seiner Betrachtungsweise völlig verfallene Kirche wollte er reformieren - aus seiner Reformation wurde eine Revolution. Seine bedeutenden Schriften sind das Traktat von 1699 und die "christliche Unterweisung von der Freiheit zu lehren" von 1703. [3]

Johann Mercker war der Sohn von Johann Anton Mercker († 5. Februar 1691 [4]), dem ersten evangelischen Pfarrer in Essen, der offiziell amtieren konnte. Vater, Großvater und Neffe waren als evangelischer Pfarrer in Westfalen tätig. Sein Großvater hatte reformierten Glauben in Herbede und Linden (heute Bochum Linden) eingeführt [5]. Johann Mercker war am 22. April 1682 an der Universität Gießen immatrikuliert. Zwei Jahre später, mit 25 Jahren wurde er Rektor der lutherischen Lateinschule und dritter Prediger in Essen. Während dieser Zeit hielt er eine äußerst heftige Predigt über die römische katholische Kirche und trug zur Verschärfung des innenpolitischen Klimas in der Stadt Essen bei. Am 31. Oktober 1687 wurde Mercker als Pfarrer in Mülheim am Rhein eingeführt. Nach dem Tod seines Vaters wurde er am Sonntag nach Trinitatis, am 1. Juli 1691, als Nachfolger seines Vaters Pfarrer in Essen. Am 1. Dezember 1691 wird er als zweiter Pfarrer in Essen erwähnt.[6]

Ende des 17. und im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts war Johann Mercker weit über seine Heimatstadt hinaus einer der bekanntesten Essener Bürger. Auch in Zedlers Universallexikon ist ein Artikel über ihn zu finden. Mercker vertrat das Programm des radikalen Pietismus und verfasste mehrere theologische Streitschriften, mit denen er aufgrund seiner vehementen Auffassung ebenso viele Gegenschriften hervorrief. Dieser Streit sorgte innerhalb kirchlicher Kreise für reichsweites Aufsehen. Er lehnte die Autorität der Theologen generell ab und vertrat ein radikales Priestertum aller Gläubigen. Das meinte, dass jeder Christ predigen, Sünden vergeben und Sakramente spenden könne und dass es kirchliche Zeremonien nicht mehr geben dürfe, da der seligmachende Glaube durch das Werk gelebt werden müsse. Mercker verlangte vom Essener Magistrat ein grundsätzliches Verbot aller Wirtshausbesuche sowie die Abschaffung aller kostspieligen Prozesse. Der Magistrat war bereit, ihm weitgehend entgegenzukommen, doch Mercker trieb es so weit, dass er einzelne Mitglieder des Stadtrates exkommunizierte und dem langjährigen Bürgermeister Heinrich Leimgardt die Leichenpredigt verweigerte.

Im Dezember 1702 hielt er seine Abschiedspredigt und wurde am 18. Januar 1703 suspendiert, zunächst für 4 Wochen. Nach enormen Unruhen in Essen wurden Frömmigkeitsveranstaltungen in den Häusern der Gläubigen abgehalten. Seine Anhänger waren bereit, sich für ihn einzusetzen. Wegen der vermuteten Spaltung der Bürger und Einmischung des Landesherrn wurde Mercker aufgefordert, seine Lehrsätze zu widerrufen. Im Mai 1703 setzte der Magistrat Mercker ab. Friedrich I schaltete sich in die Auseinandersetzung ein und beauftragte den Klevischen Rat mit der Verfolgung des Falles, später auch die juristische Fakultät der Universitäten Halle und Leipzig. Mercker lehnte es jedoch ab, in künftigen Predigen seine Lehrsätze und Ansichten nicht mehr zu vertreten und kam den Anregungen der Fakultäten nicht nach. Auch der Essener-Magistrat war an einer Wiedereinstellung bzw. Aufhebung der Suspension nicht interessiert. 1705 verwarfen endgültig die Gießener Theologen Merckers Lehren. Mit einem großzügigen Vergleich der Stadt Essen wurde Mercker/Märker abgefunden und der Streit beendet. Erst im März bzw. August 1713 wird Mercker wieder als Vikar in Hattingen erwähnt. [7][8]

1728 starb Johann Mercker in Hattingen, der Stadt seiner Vorfahren. Vermutlich litt er in den letzten Jahren vor seinem Tod an einer Gemütskrankheit.[9]

Literatur

  • Wilhelm Rotscheidt: Pastor Johannes Mercker in Essen 1659–1728. Ein Kapitel aus der Geschichte des rheinischen Pietismus. In: Monatshefte für rheinische Kirchengeschichte 17. 1923, S. 65–78.
  • Christian Peters: Pietismus in Essen und Dortmund. In: Bernd Hey, Volkmar Wittmütz (Hrsg.): Evangelische Kirche an Ruhr und Saar. Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89534-696-5, S. 11–44.
  • Erwin Dickhoff: Essener Köpfe. Hrsg.: Stadt Essen, Historischer Verein für Stadt und Stift Essen. Klartext, Essen 2015, ISBN 978-3-8375-1231-1, S. 242 f.
  • Acta Essendia II
  • Monatshefte für ev. Kirchengeschichte Rheinland 1965 S. 39
  • Kirche im Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft 1993
  • Bibliographie Prof Dr Volkmar Wittmütz, Kirchenstreit in Essen. Pfarrer Johannes Mercker und der Rat der Stadt Essen 1691 - 1705., in: Kirche im Spannungsfeld von Staat und Gesellschaft (Festschrift für G. van Norden). Köln, 1993. S. 29-45.
  • Mühlhaupt Rheinische Kirchengeschichte 1970
  • Rietschl… Geschichte des Pietismus 1883
  • Jahn - Essener Geschichte
  • rheinische Kirchengeschichte "Aus Vergangenheit + Gegenwart unserer Kirche in Essen" 1978, Band 54
  • Pfarrer Nonne, Hattingen, 1890 zur Geschichte der Vikarie St. Stephanie
  • Mercker, Johannes Einfältiger Traktat von der Wiederbringung aller Dinge
  • Essen, Reichsstift, Gericht und Stadt Essen, Best. 115V (Vollmachtsurkunden), A 93A
  • Franckesche Stiftungen zu Halle (Saale)
  • Studienzentrum August Hermann Francke
  • A Trip to the past...Ullrich Märker, Hattingen, 2000 www.Märker-ahnen.de

Einzelnachweise

  1. http://www.märker-ahnen.de
  2. Ullrich Märker, Hattingen
  3. Ullrich Märker, Hattingen
  4. Ullrich Märker, Hattingen
  5. Ullrich Märker, Hattingen
  6. Recherchen Ullrich Märker, Hattingen, 1998.
  7. Ullrich Märker, Hattingen,
  8. Michael Basse, Traugott Jähnichen, Harald Schroeter-Wittke (Hrsg.): Protestantische Profile im Ruhrgebiet: Fünfhundert Lebensbilder aus fünf Jahrhunderten. Hartmut Spenner, Kamen 2009, ISBN 978-3-89991-092-6, S. 94 f.
  9. Recherchen Ullrich Märker, Hattingen, 1998.