Joint European Torus

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Experimenthalle des JET im Jahr 1991. Das von den orangen Magnetfeldspulen umschlossene torusförmige Plasmagefäß ist von Messgeräten und Heizsystemen umgeben. Die beiden in der Mitte unten stehenden Menschen geben einen Eindruck von der Größe des Experiments.

Joint European Torus (JET) ist eine europaweit gemeinsam betriebene Versuchsanlage in Culham (Großbritannien) zur Entwicklung von Kernfusionsreaktoren des Typs Tokamak. JET ist zurzeit das weltweit größte Experiment nach dem Prinzip des magnetischen Einschlusses und verfolgt verschiedene Aspekte eines künftigen realen Fusionskraftwerks wie die Untersuchung der Zündbedingungen des Plasmas und ebnet den Weg für das ITER-Projekt.

Geschichte

Die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft beschlossen 1973 ein gemeinsames Projekt zur Realisierung der Kernfusion. Bereits 1977 wurde Culham in England als Standort festgelegt und mit dem Bau begonnen. Die Gründung der betreibenden Gesellschaft JET Joint Undertaking erfolgte 1978. Am 25. Juni 1983 nahm JET den Experimentierbetrieb auf. Königin Elisabeth II. weihte die Anlage am 9. April 1984 offiziell ein. Erster Direktor war Hans-Otto Wüster (bis 1985), gefolgt von Paul-Henri Rebut (1985 bis 1992), Martin Keilhacker (1992 bis 1999), Jean Jacquinot (1999), Jérôme Paméla (2000–2006) und Francesco Romanelli (2006–2014).

Organisation

Die Forschungen am JET standen in Konkurrenz zum US-amerikanischen Projekt TFTR an der Princeton University. Am 9. November 1991 wurden erste nennenswerte Erfolge bei der Energieerzeugung mittels Kernfusion verzeichnet. Man schaffte es, für zwei Sekunden ein energielieferndes Plasma herzustellen – die erste kontrollierte Kernfusion der Geschichte. Dabei kam es mit einem Deuterium-Tritium-Mischungsverhältnis 86:14 zu einer Leistung von 1,8 Megawatt. Nachdem 1993 ein nach neuesten Erkenntnissen entwickelter Divertor nachgerüstet worden war konnte 1997, mit einem Mischungsverhältnis D:T 50:50, wie es für zukünftige Reaktoren vorgesehen ist, eine Fusionsleistung von 16 Megawatt erreicht werden, etwa 2/3 der eingekoppelten Heizleistung. Ende der neunziger Jahre wurde mit der Entwicklung ferngesteuerter Bedienungssysteme, [engl. Remote Handling] begonnen eine Technik, die für zukünftige Fusionsreaktoren unabdingbar ist. JET’s Nachfolger ITER, der derzeit im französischen Cadarache als internationales Projekt gebaut wird, soll demonstrieren, dass eine positive Energiebilanz mittels Fusionsreaktionen erzielt werden kann.

Zwischen 2000 und 2014 wurde JET’s wissenschaftliches Programm unter dem European Fusion Development Agreement koordiniert, das im Zuge einer profunden Re-organisierung des europäischen Fusionsprogramms in EUROfusion aufging. Mit dem in Kraft treten des achten Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020 wird JETs wissenschaftliche Ausrichtung nun von EUROfusion koordiniert, während ein bilateraler Vertrag zwischen EURATOM und dem JET-Gastgeber Culham Centre for Fusion Energy (CCFE) das operative Geschäft regelt. Unter Horizont 2020 wird JET für den Zeitraum von 2014 bis 2018[veraltet] mit 283 Millionen Euro gefördert.

Technische Daten

Der Tokamak hat rund 15 m Durchmesser bei 12 m Höhe. Das ringförmige Vakuumgefäß hat einen D-förmigen Querschnitt von 4,2 m Höhe und 2,5 m Breite, einen äußeren Durchmesser von 8,4 m und ein Volumen von 200 m3. Das darin magnetisch eingeschlossene Plasma hat einen großen Radius (siehe Torus) von 2,96 m, einen mittleren kleinen Radius von 1,5 m, ein Volumen von 80 bis 100 m3 und eine Masse von weniger als einem Zehntel Gramm. Der Eisenkern zur Kopplung des Stroms in der zentralen Spule mit dem Strom im Plasma, bis 5 Megaampere, wiegt dagegen 2800 Tonnen und besteht aus acht rechteckigen Rahmen mit gemeinsamem zentralen Schenkel. 32 D-förmige Spulen erzeugen das bis zu 4 Tesla starke toroidale Magnetfeld für den Einschluss und benötigen während der Brennphase eines Plasmapulses 250 Megawatt elektrische Leistung, weitere 250 MW teilen sich die verschiedenen Einrichtungen zur Erzeugung von Plasmastrom und -temperatur, wobei der Strom hauptsächlich der Stabilisierung des Plasmas dient, aber auch einige Megawatt zur Heizung beiträgt. Größte Heizquelle ist das Neutralteilchen-Injektionssystem (Neutral Beam Injection System) (netto bis 34 Megawatt), gefolgt von der Ionen-Zyklotron-Resonanzheizung (Ion Cyclotron Resonance Heating, 10 MW) und dem Lower Hybride Current Drive (bis 7 MW), der durch Wanderwellen den Strom treibt. Für Fusionen ist die Leistungsaufnahme deutlich höher, insbesondere des Poloidalfeld-Systems, das deshalb von zwei Schwungradspeichern à 775 Tonnen gespeist wird. Die Pulsdauer ist durch die schnelle Erwärmung der Kupferspulen begrenzt und beträgt, abhängig von der gewünschten Feldstärke, 20 bis 60 Sekunden. Die Pausen dauern 15 Minuten, in denen die Wärme über Kühlkreisläufe zu Kühltürmen transportiert wird (4 × 35 MW) und die Schwungradspeicher geladen werden (2 × 8 MW). Die Umwälzpumpen verbrauchen mehr Energie als durch Kernfusion frei wird.[1][2]

Weblinks

  • EUROfusion Homepage: JET

Einzelnachweise

  1. Offizielle Webseite, Main Features
  2. Focus on JET (PDF)

Koordinaten: 51° 39′ 33″ N, 1° 13′ 35″ W