König-Ludwig-Brücke

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 27. Mai 2016 um 17:04 Uhr durch Flummi-2011 (Diskussion | Beiträge) (HC: Ergänze Kategorie:Allgäubahn (Bayern)). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
König-Ludwig-Brücke
König-Ludwig-Brücke
König-Ludwig-Brücke
Im Vordergrund die König-Ludwig-Brücke
Nutzung aktuell gesperrt
Querung von Iller
Ort Kempten,
Deutschland Deutschland
Konstruktion Fachwerk, Holz
Gesamtlänge 121,6 m
Anzahl der Öffnungen 3
Pfeilerachsabstand 37,0 – 54,8 – 28,6 m
Höhe 30 m
Baubeginn 1847
Fertigstellung 1851
Lage
Koordinaten 47° 42′ 56″ N, 10° 19′ 18″ OKoordinaten: 47° 42′ 56″ N, 10° 19′ 18″ O
König-Ludwig-Brücke (Bayern)
König-Ludwig-Brücke (Bayern)

Die König-Ludwig-Brücke ist eine Brücke über der Iller in der Stadt Kempten im Allgäu. Errichtet wurde das Bauwerk von der Königlichen Bayerischen Staatseisenbahn Mitte des 19. Jahrhunderts. Nach mehreren Umbauten und Nutzungsänderungen ist die Brücke aktuell gesperrt, da nicht von einer sicheren Standfestigkeit ausgegangen werden kann.

Lage

Die Brücke überquert den Illerdurchbruch im Süden Kemptens. In der Erbauungszeit war das Gebiet rund um die Brücke kaum bebaut. Geologisch betrachtet steht das Brückenbauwerk auf Ablagerungen der Endmoränen und Rückzugsstadien der Würmeiszeit.

Geschichte

Die dreifeldrige Holzbrücke wurde von 1847 bis 1851 in der von dem amerikanischen Ingenieur William Howe entwickelten Fachwerk-Bauweise mit zwei parallelen Überbauten und obenliegender Fahrbahn für die Ludwig-Süd-Nord-Bahn errichtet.

Das Gewicht der Züge und Lokomotiven stieg schnell an, die Brücke wurde später eingleisig betrieben. Es durfte sich zur gleichen Zeit nur ein Zug auf der Brücke befinden. Im mittleren Brückenfeld wurden im Jahr 1880 aus Eisen gefertigte Zuggurte eingebaut.

1905 wurde das Bauwerk aufgrund der fast fertigen, benachbarten Betonbrücken (Obere Illerbrücken) für Züge gesperrt. Im Jahr 1911 erwarb die Stadt Kempten die Fachwerkbrücke und ließ sie für den Straßenverkehr umbauen. Im April 1945 sprengte die Wehrmacht das östliche Feld der hölzernen Überbauten. Noch 1945 konnte die Lücke durch eine hölzerne Behelfsbrücke geschlossen werden. 1957 wurde diese Behelfskonstruktion durch eine Verbundkonstruktion ersetzt.

Nach dem vollendeten Bau des neuen Kemptener Hauptbahnhofs im Jahr 1969 wurde eine der Betonbrücken nicht mehr von der Bahn benutzt und für den Straßenverkehr umgebaut. So konnte die Stadt im Jahr 1970 das älteste Brückenbauwerk der Stadt für Fußgänger und Fahrradfahrer freigeben. Ihren heutigen Namen König-Ludwig-Brücke erhielt die Brücke erst im Jahr 1988, amtlich heißt sie beim Denkmalamt Illerbrücke I. Zuvor waren die Brückenteile von 1957 wegen Korrosionsschäden demontiert worden. Zusätzlich wurden das Mittel- und das Weststück des nördlichen, hölzernen Überbaus 1986 mit einem Autokran ausgebaut. Das Weststück wurde gekürzt, um 180 Grad gedreht und ersatzweise in die östliche Lücke gesetzt.

Die Brücke ist die einzige erhaltene und längste aller Howe-Brücken in Deutschland,[1] vermutet wird sogar, dass dieses Alleinstellungsmerkmal weltweit für diese Brücke zutrifft. Im Jahr 2005 wurde das Lärchen- und Eichenholz der Brücke mit einem Netz aus Kunstfaser vor Sonneneinstrahlung geschützt, um der Holzalterung entgegenzuwirken.[2][3][4] Ursprünglich war die Brücke zum Schutz des Holzes gegen die Witterung verschalt. Diese Maßnahme konnte dennoch nicht gegen Feuchtigkeitsschäden vorbeugen.

Mittlerweile sind die Schäden durch Witterung so weit fortgeschritten, dass sich die Stadt Kempten im Dezember 2013 entschied, die Brücke aus Sicherheitsgründen zu sperren. Ein kleiner Personenkreis stellte die Sanierung der Brücke in Frage und forderte sogar einen Abriss. Aktuell sollen Konzepte für eine Instandsetzung ausgearbeitet werden. Wann genau die Arbeiten beginnen sollen ist unklar, da vor allem die Frage der Finanzierung aufgrund der kommunalen Haushaltsdisziplin ungeklärt ist. Personenkreise wünschen sich ein Verdecken der Holzkonstruktion nach der Instandsetzung, um den Alterungsprozess der Baumaterialien zu verlangsamen. Präventiv wurden wichtige Elemente mit Folien eingehüllt, um sie vor der winterlichen Witterung zu schützen.[5]

Konstruktion

Die Brücke überspannt das 120 Meter breite und an dieser Stelle 34 Meter tiefe Illertal mit drei Trägern, deren Spannweiten 35, 52 und 26 Meter (von West nach Ost) betragen.[6] Der Querschnitt des hölzernen Brückenüberbaus, zwei kastenförmige Konstruktionen, haben jeweils zwei vertikale, 5,26 Meter hohe Trägerwände und je einen unten- und obenliegenden Windverband. Diese kastenförmigen Konstruktionen wurden etwa alle zwölf Meter durch Andreaskreuze quer ausgesteift[7]. Die Trägerwände haben drei Schichten. Die beiden äußeren bestehen aus den Hauptstreben, die zur Brückenmitte ansteigen. Die Gegenstreben bilden die mittlere Schicht der Trägerwand. Die Streben haben einen quadratischen Querschnitt mit 19 Zentimeter Kantenlänge und sind aus behauenen Schweizer Lärchenbalken gefertigt. Daneben kam ölgetränktes Eichenholz zum Einsatz.[8] Die Streckbäume (Obergurt und Untergurt) sind aus jeweils drei parallelen Balken mit rechteckigen Querschnittsabmessungen von 22 x 28 Zentimetern aufgebaut und sind etwa 10,6 Meter Lang. Die paarweisen eisernen Hängestangen sind in den Brückenfeldern etwa alle 2,12 Meter angeordnet. Die Durchmesser variieren zwischen fünf Zentimetern in der Nähe der Auflager und vier Zentimetern in Feldmitte.[9] Dies weist auf die Berechnung der Howeschen Träger durch Karl Culmann hin.[10] Die Hängestangen wurden bei der BHS in Sonthofen hergestellt. Diese beiden Kastenkonstruktionen tragen über gemeinsame Querbalken die beiden Gleise der Eisenbahn. Die gesamte Holzkonstruktion ruht auf zwei Pfeilern mit ungefähr 25 Meter Höhe und auf zwei Widerlagern, die aus Bruchsteinmauerwerk mit einer Verblendung aus Werkstein ausgeführt sind. Die beiden Widerlager haben spitztonnenförmige Räume, die auch als Löschwasserlager dienten.[11] Der Schutz der Holzkonstruktion wurde durch ein „Dach“ aus doppelter Holzverschalung und einer Abdeckung mit Weißblech, der Seiten durch hängende Holztafeln erreicht.[12] Diese Verkleidung schützte vor den Wettereinflüssen (Regen, Sonne) und vor Funkenflug und Asche der Dampflokomotiven.[13]

Wegen des steigenden Gewichts der Lokomotiven (im Jahr 1854 etwa 19, 1859 etwa 30, 1890er Jahre etwa 60 Tonnen[14]) wurde die Brücke später eingleisig betrieben. Im mittleren Brückenfeld wurden im Jahr 1880 aus Eisen gefertigte Zuggurte (Unterspannung) eingebaut, die an den hölzernen Oberbäumen (Funktion als Druckgurt der Konstruktion) befestigt wurden.[15][16]

Nachdem im Jahr 1911 die Brücke von der Stadt Kempten gekauft wurde, wurden die Gleise abgebaut und die ursprüngliche Unterkonstruktion der Eisenbahnbrücke mit einer Straßenfahrbahn versehen.

Im Jahr 1945 wurde von der Wehrmacht kurz vor Kriegsende die östlichen Träger gesprengt und nach Kriegsende mit einer Behelfskonstruktion wieder geschlossen, die 1951 durch eine Verbundkonstruktion ersetzt wurde.

Die Stadt baute im Jahr 1970 die Straßenbrücke für Fußgänger und Fahrradfahrer um und sperrt sie für den Autoverkehr.

Im Jahr 1986 wurde die ganze Brücke umfangreich umgebaut. Der nördliche Träger wurde mit allen drei Teilträgern ausgebaut, der westliche Träger wurde umgebaut, gedreht und ersetzte im östlichen Teil des südlichen Trägers[17] die Verbundkonstruktion aus dem Jahr 1951. Das Holz des mittleren, nördlichen Trägers ging unter. Die hängenden Holztafeln an den Seiten wurden entfernt, damit der Blick auf die Trägerkonstruktion frei wird.

Um das Konstruktionsholz der Brücke vor der Strahlung der Sonne zu schützen, wurde sie im Jahr 2005 mit einem Netz aus Kunstfaser verkleidet.[18]

Im Dezember 2013 wurde von der Stadt Kempten die Brücke gesperrt. Die Träger wurden aufwändig mit Folien verpackt, damit es zu keinen weiteren Witterungseinflüssen auf die Konstruktion kommen kann.[19] Die Standsicherheit der Brücke wurde geprüft, mit dem Ergebnis der Prüfung soll ein Sanierungsplan ausgearbeitet werden. Im August 2015 entschied der Stadtrat von Kempten die Brücke zu sanieren. Die Kosten werden auf 3,3 Millionen Euro geschätzt, aus dem „Bundesprogramm für Nationale Projekte des Straßenbaus“ sollen zwei Drittel Zuschuss fließen. Nach der Sanierung soll die Brücke wieder dem Fußverkehr und dem Radverkehr zur Verfügung stehen.[20]

Bedeutung

Alleinstehende König-Ludwig-Brücke um 1853 nach Zeichnung Eberhard Emmingers
  • Die König-Ludwig-Brücke ist aufgrund des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes ein Baudenkmal.[21]
  • Am 20. April 2012 wurde die Brücke von der Bundesingenieurkammer als „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland“ ausgezeichnet.[22] Die Gründe der Auszeichnung waren nicht nur, dass sie weltweit eine der ältesten (> 150 Jahre) hölzernen Eisenbahnbrücken und in Europa die älteste Brücke nach dem Howe-System[23] ist sondern lagen auch darin, dass die Bemessung der Brücke nicht auf empirischen sondern auf berechneten Grundlagen beruht. Die Brücke markiert somit den Übergang zur theoretisch begründeten Konstruktion im 19. Jahrhundert. „Ohne Übertreibung ist sie als weltweit einzigartiges Monument der Bautechnik anzusehen.“[24]

Darstellung in der Kunst

Das Bauwerk zeugte von der Industrialisierung und über die Bewunderung des technischen Fortschritts. Aus diesem Grund entstanden zahlreiche Lithographien und Zeichnungen in dieser Zeit die Brücke als Hauptmotiv. Dies änderte sich mit der Fertigstellung der benachbarten Betonbrücken, hierbei wurde die Holzkonstruktion aus den Lichtbildern vollständig retuschiert.

Die Brücke war nach ihrer Errichtung bis zum Jahr 1986 immer mit Holztafeln verschalt, die Fachwerkkonstruktion war daher nicht sichtbar. Trotzdem zeigen viele Abbildungen – auch Bildnisse aus der Zeit der Inbetriebnahme – die Brücke mit offenliegendem Fachwerk.

Einzelnachweise

  1. Weltrekord-Brücke in Kempten. TU-Dresden, 3. Oktober 2007, abgerufen am 6. März 2011.
  2. Im Bauch der Brücke. In: all-in. Allgäuer Zeitung, 9. September 2010, abgerufen am 6. März 2011.
  3. König-Ludwig-Brücke. In: Structurae. 4. April 2008, abgerufen am 6. März 2011.
  4. Karl Gotsch: Illerbrücken in Kempten. Februar 2007, abgerufen am 6. März 2011.
  5. Melanie Läufle: König-Ludwig-Brücke muss saniert werden. „Massive Schädigungen“ In: kreisbote.de, 5. Dezember 2013 (abgerufen am 12. Dezember 2013)
  6. Holzer, 2012, S. 9
  7. Holzer, 2012, S. 35
  8. Holz-Zentralblatt 2012 Nr.17/38
  9. Holzer, 2012, S. 36
  10. Holzer, 2012, S. 46/47
  11. Holzer, 2012, S. 43
  12. Holzer, 2012, S. 61
  13. Holzer, 2012, S.43
  14. Holzer, 2012, S. 69
  15. Holzer, 2012, S. 69
  16. Holzer, 2012, S. 69 (Grafik).
  17. Holzer, 2012, S. 34
  18. Im Bauch der Brücke. In: all-in. Allgäuer Zeitung, 9. September 2010, abgerufen am 6. März 2011.
  19. Melanie Läufle: König-Ludwig-Brücke muss saniert werden. „Massive Schädigungen“ In: kreisbote.de, 5. Dezember 2013 (abgerufen am 12. Dezember 2013)
  20. König-Ludwig-Brücke wird saniert
  21. Informationen über das Ensemble Illerbrücken, abgerufen am 6. März 2011.
  22. Bundesingenieurkammer: König-Ludwig-Brücke in Kempten wird Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst
  23. Holzer, 2012, S. 11
  24. Historische Wahrzeichen Ingenieurbaukunst in Deutschland. Abgerufen am 15. Juni 2014.

Literatur

  • Stefan M. Holzer: Die König-Ludwig-Brücke Kempten. Historische Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst in Deutschland. Hrsg.: Bundesingenieurkammer. Bundesingenieurkammer, Berlin 2012, ISBN 978-3-941867-09-3.
  • Reinhold Breubeck: Eisenbahnknoten Kempten (Allgäu). Die Eisenbahn im Oberallgäu und Außerfern. Eisenbahn-Fachbuch-Verl., Neustadt/Coburg 2005, ISBN 3-9807748-9-9.
  • Klaus Stiglat: Brücken am Weg. Frühe Brücken aus Eisen und Beton in Deutschland und Frankreich. Ernst, Berlin 1997, ISBN 3-433-01299-7, S. 139 ff.

Weblinks

Commons: König-Ludwig-Brücke – Sammlung von Bildern