Landwirtschaft in Entwicklungsländern

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Markt in Kambodscha

Die Landwirtschaft in Entwicklungsländern stellt meist einen der wichtigsten Wirtschaftszweige in den jeweiligen Ländern dar. Häufig liegt der Anteil der Landwirtschaft zum nationalen Bruttoinlandsprodukt bei über 10 %, wobei hier noch nicht die weiterverarbeitende Industrie hinzugezählt wird.[1] Typisch für Entwicklungsländer ist ein hoher Anteil von Beschäftigten in diesem primären Wirtschaftssektor, der zwischen 60 und 90 % der Bevölkerung ausmachen kann. Die überlieferte Landwirtschaft ist in vielen Entwicklungsländern wenig produktiv, viele Subsistenz-Bauern sind meist nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen.

Oft haben Krieg und Bürgerkrieg, korrupte Verwaltungen und unzureichende Marktstrukturen zu einer Vernachlässigung der ländlichen Räume geführt. In Ländern wie Simbabwe wurde auch die vorhandene funktionierende Landwirtschaft und der Anbau von Cash Crops auf Großfarmen von Regierungsseite systematisch zerstört. Das Sozialprodukt ist damit insgesamt sehr klein, die Deviseneinnahmen sehr gering, Unterernährung und Hungersnöte und die Abhängigkeit von Hilfslieferungen gravierend, Bildung und Gesundheit bleiben auf niedrigstem Niveau.

Einigen ehemaligen Entwicklungsländern gelang es hingegen, aus diesem Teufelskreis auszubrechen. Sie erreichten eine beachtliche Steigerung der landwirtschaftlichen und industriellen Produktivität und konnten Hungersnöte erfolgreich bekämpfen. Neben China und Indien wurde insbesondere Brasilien durch die Entwicklung eines starken speziell an das lokale Klima angepassten "Agrobusiness", etwa durch Anwendung der Gentechnik, Einführung ausländischer Arten, Hybridisierung von Nutztierrassen, neue Zuckerrohr-, Soja- und Baumwollsorten, Aufwertung und Düngung von Böden, intensive Mechanisierung, Direktpflanzung[2] ein bedeutender Spieler auf den globalen Märkten. Diese Länder führen globale Initiativen an (so die Gruppe der Zwanzig) und sind in der Lage, ihre Interessen etwa in der WTO gegenüber entwickelten Ländern zu vertreten. Ein kleineres Land mit bedeutenden Erfolgen im Aufbau einer global konkurrenzfähigen Landwirtschaft ist Vietnam, welches unter anderem Ende der 1970er Jahre in Reaktion auf Versorgungskrisen im damaligen Ostblock den Kaffeeanbau intensivierte und zum zweitgrößten Kaffeehersteller weltweit reüssierte.

Klimatische Bedingungen

Klimadiagramm einer Dornsavanne in Niger

Während sich die "klassischen" Industrienationen vor allem in der nördlichen gemäßigten Zone finden lassen, liegt die Mehrheit der Entwicklungsländer in den Tropen, Subtropen, mediterranen und monsunalen Klimazonen. Deshalb ist es vor allem in politischen und wirtschaftlichen Gesprächen zwischen Entwicklungs- und Industrieländern üblich geworden, von einem Nord-Süd-Konflikt zu sprechen.

Aufgrund ihrer geographischen Lage haben Entwicklungsländer oft einen großen Anteil an Wüsten und Savannen. Diese ariden Räume eignen sich nur bedingt zur landwirtschaftlichen Nutzung. Oft ist dies auch nur unter Einsatz von Bewässerungstechnik möglich, die jedoch oft auch Versalzungserscheinungen hervorruft und die fruchtbaren Gebiete nachhaltig schädigen kann. Besonders betroffen sind die Länder der Sahelzone, die von der Desertifikation bedroht sind. Sie gehören zu den allerärmsten Ländern der Erde und werden regelmäßig von Hungersnöten heimgesucht.

Förderungsmaßnahmen

Bodenreform

Zu den dringlichsten strukturverbessernden Maßnahmen gehört die Bodenreform. Für Entwicklungsländer charakteristisch ist der Gegensatz zwischen einer kleinen Schicht von Großgrundbesitzern (z.B. Latifundien) und der breiten Masse der landlosen Lohnarbeiter und Pächter oder den Kleinstbetrieben (z.B. Minifundien), deren Produktion oft nicht einmal für die Selbstversorgung ausreicht und so ein Grund für die Landflucht ist. Die hohen Pachtabgaben führen zusätzlich häufig zu einer Verschuldung der Pächter. Ein weiteres Problem ist der in orientalischen Ländern verbreitete Rentenkapitalismus. Darunter versteht man eine Wirtschaftsweise, bei welcher die Landeigentümer ihre Ertragsanteile aus der Landwirtschaft abschöpfen, jedoch nicht in die Landwirtschaft reinvestieren. Aufgrund der kleinen Parzellen müssen die Bauern intensiver wirtschaften, was zu höheren Hektarerträgen führt. Jedoch reichen die Einnahmen der Kleinstbetriebe nicht aus, um Investitionen in besseres Saatgut, Düngemittel oder Pestizide zu tätigen.

Dem kann durch eine Neu- und Umverteilung des Bodeneigentums, das vor allem durch Enteignung der Großgrundbesitzer freigesetzt wird, an die Kleinbauern und Landarbeiter entgegengewirkt werden. Durch Bildung von Produktionsgemeinschaften, bis hin zur vollkommenen Kollektivierung der Landwirtschaft, um größere Besitzeinheiten zu bilden, werden Voraussetzungen für moderne Produktionsmethoden geschaffen. Auch eine Verbesserung des Pachtsystems, etwa durch feste Verträge, Übergang von Naturalpacht zur Geldpacht und die Abschaffung von Zwischen- und Unterpacht führt zu verbesserten Bedingungen für Kleinbauern.

Eine Landreform alleine ist jedoch nicht ausreichend. Viele solche Reformen, teilweise in Verbindung mit radikalen Enteignungen und sozialistisch-marxistischen Umwandlungen der Gesellschaftsstruktur führten nur zu geringem Erfolg. Auch muss gewährleistet sein, dass tatsächlich die armen Kleinbauern und Landarbeiter von einer Landreform profitieren und nicht die politischen Günstlinge eines Regimes, wie es gegenwärtig in Simbabwe geschieht.

Erschließung neuer Landreserven

Eine weitere Möglichkeit zur Förderung landwirtschaftlich geprägter Räume besteht in der Umwandlung von Wald-, Grasland-, Moor- und Sumpfgebieten in Agrarland oder in der Vergrößerung von Bewässerungsflächen in Trockengebieten. Hier besteht für den Staat oder für Entwicklungsgesellschaften die Möglichkeit moderne Betriebsformen, Anbaumethoden und Vertriebsysteme zu fördern und an die Gegebenheiten des einzelnen Landes anzupassen.

Diese scheinbar einfache Methode ist jedoch besonders schwierig, da die hierfür nötigen Investitionen von den Entwicklungsländern meist nicht aufgebracht werden können. Die nicht erschlossenen Landreserven liegen außerdem oftmals in äußerst labilen ökologischen Zonen wie dem tropischen Regenwald, den Feucht-/Trocken-/Dornsavannen und in Gebirgsregionen. Dementsprechend führt die landwirtschaftliche Erschließung dieser Gebiete zu Erosionsschäden, Versalzungserscheinungen, Desertifikation, Degradation der Böden und anderen schweren ökologischen Problemen. Ist die Landwirtschaft nicht an diese Bedingungen angepasst, so kollabiert nach geringer Zeit das gesamte Ökosystem und somit die Grundlage für die Landwirtschaft.

Bewirtschaftungsreform

Wegen der begrenzten Möglichkeiten zur Erschließung neuen Ackerlands, kann auch die Intensivierung der landwirtschaftlichen Produktion gefördert werden. Dies erfordert eine Verstärkung des Einsatzes der Bewässerungstechnik, der Mineraldüngung, des Pflanzenschutzes und hochwertigerem Pflanzen- und Tiermaterial. Auch muss extensive Landwirtschaft (Wanderfeldbau) in intensive Landwirtschaft (permanente Bodennutzung) umgewandelt und Fruchtfolgen müssen eingeführt und verbessert werden. Die größte Auswirkung auf die Produktivität hat die Bewässerungswirtschaft, diese ist jedoch zugleich mit ökonomischen und ökologischen Problemen verbunden, wie die hohen Anschaffungs- und Instandhaltungskosten und die Gefahr der Vernässung oder Versalzung der Böden. Im weiteren Sinne gehört auch die Neuorganisation des Markt- und Kreditwesens, die Förderung von Genossenschaften und die Umwandlung der Subsistenzwirtschaft in Produktion zu diesen Reformen.

Grüne Revolution

Hauptartikel: Grüne Revolution

Unter der „Grünen Revolution“ versteht man eine Reihe von ertragssteigernden Innovationen seit den 60er Jahren. Ihr Ziel war es, eine sich anbahnende Hungerkatastrophe in der Dritten Welt zu verhindern.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. FAO-Bericht "Global trends in GDP and Agriculture Value Added (1970-2013)"
  2. [1] Stellungnahme der brasilianischen Botschaft zum primären Sektor Brasiliens Landwirtschaft und Bergbau, abgerufen 10/2008