MIU-Modell

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Das MIU-Modell (engl. money-in-utility model, etwa Geld in der Nutzenfunktion) nimmt an, dass die reale Geldmenge (pro Kopf) ein Argument der Nutzenfunktion ist. Geld stifte demnach also (ähnlich normalen Gütern) einen direkten Nutzen.[1]

Dieser Ansatz wurde schon von John R. Hicks vorgeschlagen und umfassend von Don Patinkin und Miguel Sidrauski ausgearbeitet.[1]

Ein verwandter Ansatz ist das CIA-Modell (Cash-in-advance).

Grundproblem

Das MIU-Modell dient unter anderem als Erweiterung des neoklassischen Solow-Modells, dass eine nicht-monetäre Ökonomie beschreibt. Hier werden Güter ausgetauscht und Transaktionen durchgeführt, aber ohne eine Tauschmedium. Um monetäre Aspekte zu untersuchen ist es nötig, zu spezifizieren, warum Menschen einen positiven Betrag an Geld halten (vgl. Geldnachfrage).[2]

Damit ist das MIU-Modell eine Antwort auf die theoretische Herausforderung ein Allgemeines Gleichgewichtsmodell zu entwerfen, in dem Geld nicht in die Präferenzen eingeht, aber im Gleichgewicht dennoch einen positiven Wert hat. Da Geld keinen intrinsischen Wert hat („Geld kann man nicht essen“) kommt es wahrscheinlich in der Nutzenfunktion nicht vor (wie sonst ökonomische Güter). In Anlehnung an Frank Hahn wird dieses grundsätzliche Problem auch als Hahn-Problem bezeichnet.[3]

Modell

Ausgangspunkt ist eine Nutzenfunktion mit positivem, abnehmendem Grenznutzen. Außerdem wird zukünftiger Nutzen abdiskontiert durch einen Faktor (vgl. Zeitpräferenz). Weiterhin wird angenommen:

  • Die Produktionsfunktion sei: , wobei Kapital mit einer Rate abgeschrieben wird.
  • Netto Gewinne durch Kapitel sind gegeben durch: .
  • Und es gibt einen brutto nominalen Zinssatz von .

Die Budgetbeschränkung kann dann wie folgt formuliert werden:

Auf der linken Seite der Gleichung steht das Einkommen des Haushaltes in der Periode : die Produktion, etwaige Transfers und finanzielles Vermögen (verzinstes Geld oder Wertpapiere). Auf der rechten Seite sind die realen Größen zum Zeitpunkt : der Pro-Kopf-Konsum (), die Kassenhaltung (), die Kapitalanschaffung (), und die Wertpapiere () die Ausgaben des Haushaltes. Dieser Zusammenhang gilt in jeder Periode. Das Ziel des Haushaltes ist die Nutzenmaximierung unter Berücksichtigung dieser Budgetrestriktion. Die Kontrollvariablen sind demnach .

Im Ergebnis zeigen sich die relativen Kosten der Geldhaltung:

Auf der linken Seite steht die Grenzrate der Substitution zwischen Geld und Konsum. Die rechte Seite beschreibt den relativen Preis (Opportunitätskosten) der Geldhaltung ausgedrückt in Einheiten des Konsumgutes. Die Opportunitätskosten betragen , aber werden erst in der nächsten Periode bezahlt. Deshalb betragen die diskontierten Opportunitätskosten: .

Alternative Modellierung

Die zeitliche Abfolge des Geldnutzens kann leicht verändert werden. So schlugen Carlstrom und Fuerst (2001) vor, dass Geld nur dann Nutzen stiftet, wenn es verfügbar ist bevor Konsumgüter gekauft werden. Eine alternative Modellierung verändert die Opportunitätskosten im Gleichgewicht des MIU-Modells. [4]

Ergebnisse

Unter der MIU-Annahme, dass Geld direkten Nutzen stiftet bewirkt Inflation immer einen Wohlfahrtsverlust, da sie den realen Wert des Geldes mindert. Die privaten Opportunitätskosten der Geldhaltung hängen vom Nominalzins ab. Wenn der Nominalzins Null ist, gibt es eine Deflation etwa in Höhe der Kapitalerträge (vgl. Fisher-Gleichung).

Robert E. Lucas (1994) beschäftigte sich unter anderem mit dem Wohlfahrtsverlust durch Inflation.[5] Er führte auch empirische Untersuchungen basierend auf US Daten von 1900 bis 1985. Demnach ergäbe sich aus einer Nominalinflationsrate von 10 % ein jährlicher Wohlfahrtsverlust (in Form von entgangenem Konsum) von 32 Mrd. US-Dollar.[6]

Andererseits beschäftigte sich Laurence Ball mit der Frage wie teuer eine Reduktion der Inflation wäre. Er berichtet von einem Tradeoff von 2,4 Prozent an Produktion die aufgegeben werden müssten, um die Inflation um 1 Prozent zu reduzieren.[7]

Insgesamt wird in dem MIU-Modell auch die Eigenschaft der Superneutralität des Geldes nachgewiesen: Geldmengenwachstum und Inflation haben keinerlei Wirkung auf reale Größen wie die Kapitalintensität und den Pro-Kopf-Konsum.[8]

Einzelnachweise

  1. a b Engels, Roland. Zur mikroökonomischen Fundierung der Geldnachfrage in allgemeinen Gleichgewichtsmodellen. Univ. Passau, 2004. S. 21. Online PDF
  2. Walsh, Carl E. Monetary theory and policy. MIT press, 2010. S. 33.
  3. Vergleich: Hahn, Frank H. "On some problems of proving the existence of an equilibrium in a monetary economy." The theory of interest rates (1965): 126-135.
  4. Walsh, Carl E. Monetary theory and policy. MIT press, 2010. S. 37.
  5. Lucas, Robert E. On the welfare cost of inflation. No. 394. Center for Economic Policy Research, Stanford University, 1994.
  6. Walsh, Carl E. Monetary theory and policy. MIT press, 2010. S. 55/56.
  7. Ball, Laurence. "How costly is disinflation? The historical evidence." Business Review Nov (1993): 17-28. S. 18
  8. monetäre Wachstumstheorie – Artikel im Gabler Wirtschaftslexikon.

Literatur

  • Sidrauski, Miguel. "Rational choice and patterns of growth in a monetary economy." The American Economic Review (1967): 534-544.
  • Walsh, Carl E. Monetary theory and policy. MIT press, 2010. Kapitel 2.

Weblinks

  • Geldnutzen – Definition im Gabler Wirtschaftslexikon
  • Geldtheorie – inkl. Geldnachfragetheorie im Gabler Wirtschaftslexikon