Margaretenbad

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Mitten zwischen Gründerzeithäusern

Das Margaretenbad, ein Freibad im Grazer Bezirk Geidorf, wurde 1928 nach einem Entwurf des jüdischen Architekten Eugen Székely errichtet und gilt als erstes modernes Freibad von Graz.[1]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bebauungsplan von 1910 von Alexander Zerkowitz
Bebauungsplan von 1910 von Alexander Zerkowitz

1910 erwarb der Grazer Stadtbaumeister Alexander Zerkowitz von den Freiherrn Zschock den Freihof an der Körblergasse mit angeschlossenem Englischen Garten, ein Areal von etwa einem Hektar. Geplant war die Wastlergasse bis zur Körblergasse weiterzuführen und in Blockbauweise dreizehn Häuser und weitere acht gegenüber, Richtung Franckstraße, zu errichten.[2] Nach dem Bau von vier Gebäuden vereitelte der Erste Weltkrieg die weitere Umsetzung. Nach Alexanders Tod übernimmt seine Witwe Jenny Zerkowitz das Bauunternehmen und errichtet auf eigenem Grund das Margaretenbad.[3]

Architektur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Architekturhistorikerin Antje Senarclens de Grancy spricht von einer „schlichten, funktionalen Anlage mitten im Hof eines gründerzeitlichen Wohnblocks mit Blick auf die Bäume der Nachbargärten und die Klopfbalkone der Hoffassaden.“ Der Architekt Eugen Székely gruppiert auf unterschiedlichen, dem Geländeverlauf entsprechenden Niveaus eine Vielfalt kleiner, eingeschossiger, nach ihren Funktionen aneinandergefügte Holzbauten (Eingangs-, Kabinen-, Restaurantbereich etc.) mit weiß gestrichenen Kippfenstern.[4]

Bis Ende der 1970er Jahre bleibt das Bad in seinem ursprünglichen Erscheinungsbild erhalten. In der folgenden Umgestaltungsphase werden zuerst die Sanitäranlagen erneuert, 1984 dann das neue Eingangsgebäude nach Plänen des Architekten Emo Meister errichtet, das neue Stahlbecken kam schließlich 1985. Nach mehreren Umbauten und Sanierungen sind nur noch wenige Spuren des ursprünglichen Bades erkennbar.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name des Grazer Freibads soll in Gedenken an das Kindermädchen der Familie Zerkowitz, Margarete, gewählt worden sein, welches in einer Badewanne ertrank.[5]

Die ersten zehn Jahre seines Bestehens erfreut sich das „Margerl“, wie es von der Bevölkerung bis heute liebevoll genannt wird, großer Beliebtheit. Sportwettkämpfe wie Österreichische Schwimm- und Wasserballmeisterschaften werden hier ausgetragen. Das erste Grazer GAK-Freiluft-Tischtennisturnier fand am 29. Juli 1933 im Margaretenbad statt.[6] 1938 wird die jüdische Familie Zerkowitz enteignet und das Bad am 17. Juli 1938 „nach Absingen nationalsozialistischer Kampflieder“ wiedereröffnet.[1] Nach dem Zweiten Weltkrieg wird das Bad an die Familie zurückgegeben.[7] Von 1945 bis 1961 bleibt es ein Privatbad, geführt von Anny Zerkowitz, der Schwiegertochter der Gründerfamilie. Dann wird es von der Stadt Graz übernommen und vom Grazer Athletiksport-Klub bis 1971 betrieben. Schwimmer, Wasserspringer und Wasserballer nützen die Anlage.[8] Im 1984 errichteten Eingangsgebäude wurde bis in die 2000er Jahre eine großzügige und beliebte Saunalandschaft betrieben, nach Ausscheiden des Pächterehepaars standen ca. 600 m² im Obergeschoss mehr als 12 Jahre leer. Heute sind das Universitätssportinstitut und der Kärntner Chor eingemietet.

Als 2007 das Bad geschlossen werden soll, gründet sich die Bürger:inneninitiative zur Erhaltung und Belebung des Margaretenbads, die bis heute erfolgreich bleiben sollte. Aus ihr entsteht 2015 die Grätzelinitiative Margaretenbad[9], die nahe dem Freibad ein ganzjähriges Nachbarschaftszentrum betreibt und auch im Margaretenbad aktiv ist.[10]

Margaretenbad 2008

Das öffentliche Freibad ist im Besitz der Stadt Graz und wird von der Holding Graz Freizeit betrieben.

Ausstattung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ganzjähriges Restaurant mit Freibad-Terrasse. 25-Meter-Becken mit Nichtschwimmerbereich, Kinderrutsche „Cobri“, Kinderareal mit Kinderplanschbecken, 2 Beachvolleyballplätze inkl. Sandspielbereich, Tischtennis.[11]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Otto Hochreiter. (Hrsg.): Brücken. Bäder. Boulevards. Erinnerungen an das alte Graz. Leykam, Graz-Wien 2019, ISBN 978-3-7011-8144-5, S. 88.
  2. Claudia Zerkowitz-Beiser: Meine jüdische Familie. Ihr Leben in Graz und ihre Auslöschung. Clio, Graz 2021, ISBN 978-3-902542-91-5.
  3. Bernhard Bachinger, Gerald Lamprecht, Martina Zerovnik (Hrsg.): Jüdisches Leben in Graz. Mandelbaum, 2023, ISBN 978-3-99136-002-5, S. 146 f.
  4. Antje Senarclens de Grancy, Heidrun Zettelbauer (Hrsg.): Architektur. Vergessen. Jüdische Architekten in Graz. Böhlau, Wien-Köln-Weimar 2011, ISBN 978-3-205-78472-2, S. 123–142.
  5. Spaziergang mit Paula | Grillparzerstraße: Wenn Franz und Margarete baden gehen. 8. Mai 2022, abgerufen am 10. November 2023.
  6. Wolfgang Gruber: Im Schatten. In: www.grazerak.at. Grazer Athletiksport Klub 1902, 18. August 2023, abgerufen am 10. November 2023.
  7. Doris Griesser: Verschwundene Zeugen der Moderne. In: derStandard.at. 7. Mai 2013, abgerufen am 10. November 2023 (österreichisches Deutsch).
  8. Stadt in Bewegung. Grazer Sportgeschichte. In: Walter M. Iber, Christoph Hofer, Harald Knoll, Reinhard Lux-Skalka (Hrsg.): Veröffentlichungen des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung. Band 31. Graz/Wien/Raaba 2022, S. 217 ff.
  9. Claudia Beiser: Grätzelinitiative Margaretenbad. Soziale Skulptur und VerORTung von Erinnerungen. In: Eva Klein, Christina Pichler, Margit Stadlober (Hrsg.): Denk!mal weiter. Grazer Universitätsverlag-Leykam-Karl-Franzens-Universität Graz, Graz 2018, S. 181–196.
  10. Grätzelinitiative Margaretenbad. Abgerufen am 10. November 2023.
  11. Margaretenbad - Freibad in Graz. Abgerufen am 10. November 2023 (deutsch).

Koordinaten: 47° 4′ 51,8″ N, 15° 26′ 37,5″ O