Neger (bemannter Torpedo)

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Torpedowaffe Neger
Schiffsdaten
Flagge Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffstyp Bemannter Torpedo
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 7,6 m (Lüa)
Breite 0,5 m
Verdrängung 2,7 t
 
Besatzung 1
Maschinenanlage
Maschine Elektromotor AEG-AV 76 Eto
Maschinen­leistung 12 PS (9 kW)
Dienst­geschwindigkeit

3,2 kn (6 km/h) Vorlage:Infobox Schiff/Antrieb/Geschwindigkeit_B

Höchst­geschwindigkeit 4,2 kn (8 km/h)
Einsatzdaten U-Boot
Aktionsradius bei 4 kn 48 sm
Tauchtiefe, max. kein Tauchen möglich m

Der Neger war im Zweiten Weltkrieg ein von der deutschen Kriegsmarine eingesetzter bemannter Torpedo, ein sogenannter „Ein-Mann-Torpedo“. Der Name Neger geht auf den Marinebaurat Richard Mohr (Mohr = Schwarzer und im damaligen Sprachgebrauch mit Neger bezeichnet) als geistigen Vater dieser Waffe zurück.[1]

Bau und Funktionsweise

Entwickelt wurde der Neger ab 1943 von der Torpedoversuchsanstalt Eckernförde. Er bestand aus zwei übereinander angeordneten elektrisch angetriebenen G7e-Torpedos. Im oberen Torpedo gab es ein winziges Cockpit mit einer Plexiglashaube, in dem ein mit Atemgerät und Armbandkompass ausgerüsteter Steuerer Platz hatte, während der untergehängte zweite Torpedo mit einer Sprengladung ausgestattet war. Das gesamte Fahrzeug war ansonsten unbewaffnet. Über ein einfaches Kimme-Korn-Visier in und vor der Glaskuppel konnte das Ziel angepeilt werden. In geeigneter Entfernung wurde der untere Torpedo ausgeklinkt und lief daraufhin alleine weiter. Der obere Teil konnte abdrehen, um im Falle eines Treffers ausreichend Abstand von der Explosion zu haben. Durch seine geringe Größe konnte der Neger nur schwer von feindlichen Ortungsgeräten wie Radar und Sonar erfasst werden.

Probleme

Vereinfachte Darstellung

Der Neger offenbarte schon bei seinen von Johann-Otto Krieg durchgeführten Testfahrten unzählige Mängel. Dazu zählte in erster Linie, dass der Torpedo nicht tauchen konnte. Trotz rascher Umbauversuche konnte dieses Problem nicht zufriedenstellend gelöst werden.

Da die Plexiglashaube des Neger über der Wasseroberfläche schwamm, war sie sowohl in der Nacht wie am Tag wie eine markante Leuchtboje weithin sichtbar. Selbst bei fahlem Nachtlicht konnte der Neger durch das sich auf der Haube brechende Licht mühelos erkannt werden. Man versuchte deshalb, sich mit einer List zu behelfen: Da die Neger-Piloten die Plexiglashaube wegen der Notwendigkeit ihrer eigenen Orientierung nicht verdunkeln konnten, sollten sie bei künftigen Angriffen Attrappen aussetzen, die nur aus einer runden Plexiglaskuppel bestanden, an der ein Gewicht hing, um die Kuppel auf dem Wasser tanzen zu lassen. Der Kuppel wurde ein Gesicht aufgemalt oder der Inhalt wurde mit einem Gummikopf ausgefüllt.

Einsätze

Insgesamt wurden im Laufe des Krieges etwa 200 Exemplare hergestellt. Im März 1944 stand das erste Versuchsexemplar zur Erprobung bereit. Da der Neger nicht bzw. in späteren Bauausführungen kaum tauchfähig war, wurden die Einsätze ausschließlich nachts durchgeführt. Der erste reguläre Einsatz erfolgte im April 1944, als 37 Einheiten im Raum Anzio-Nettuno gegen alliierte Schiffe eingesetzt wurden. Dabei löste keines der Neger-Geräte seinen Torpedo. Außerdem geriet ein Exemplar in die Hände der Alliierten, die dadurch gewarnt waren.

Im Juli und August des Jahres 1944 brachten Einsätze an der Normandieküste gegen an der Operation Overlord teilnehmende Schiffe der Alliierten mehr Erfolg. Der Kreuzer ORP Dragon, der Zerstörer HMS Isis sowie einige andere kleinere Kriegsschiffe wurden schwer beschädigt oder versenkt. Dem Obergefreiten Walter Gerhold wurde für die Versenkung von ORP Dragon am 6. Juli 1944 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen.

Etwa 80 Prozent der Besatzungen kamen bei Einsätzen mit dem Neger ums Leben, meist durch Ersticken, technische Probleme oder feindliches Abwehrfeuer.

Literatur

  • Cajus Bekker: „... und liebten doch das Leben.“ Die erregenden Abenteuer deutscher Torpedoreiter, Froschmänner und Sprengbootpiloten. 4. Auflage. Wilhelm Heyne Verlag, München 1975, ISBN 3-453-00009-9 (Heyne-Bücher 57).
  • Hans H. Hildebrand, Albert Röhr, Hans-Otto Steinmetz: Die deutschen Kriegsschiffe. Biographien, ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart. Mundus Verlag, Ratingen 1995, ISBN 3-88385-028-4.
  • Paul Kemp: Der Kampf zur See. 1939–1945. Bechtermünz Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-8289-5325-5.
  • Richard Lakowski: Deutsche U-Boote geheim 1935–1942. Mit 200 bisher unveröffentlichten Dokumenten aus den Akten des Amtes Kriegsschiffbau. 3. Auflage. Brandenburgisches Verlagshaus, Berlin 1997, ISBN 3-89488-030-9.
  • Eberhard Rössler: Geschichte des deutschen U-Bootbaues. 2. Auflage. Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1996, ISBN 3-86047-153-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eberhard Rössler: Geschichte des deutschen Ubootbaus. J. F. Lehmann Verlag, München 1975, ISBN 3-469005079, S. 404.