Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium

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Der Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO) ist das Gesetzbuch der katholischen Ostkirchen. Das legistische Äquivalent für die lateinische Teilkirche (d. h. römische Kirche) ist der Codex Iuris Canonici (CIC).

Der CCEO wurde am 18. Oktober 1990 mit der Apostolischen Konstitution Sacri Canones von Papst Johannes Paul II. promulgiert. Er regelt die kirchenrechtlichen Belange der mit Rom unierten 23 Ostkirchen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits unter Papst Leo XIII. wurde im Apostolischen Schreiben Orientalium dignitas das Interesse an einer Klärung der rechtlichen Situation der katholischen Ostkirchen betont. Aus dem ab 1935 erarbeiteten Codexentwurf, der schließlich 2666 Kanones umfasste, wurden in den folgenden Jahren bis 1957 immer wieder Teile ad experimentum promulgiert, sodass rund zwei Drittel der Kanones Rechtskraft erlangten.[1] Johannes XXIII. vertagte die weitere Promulgierung im Hinblick auf das Zweite Vatikanische Konzil. In weiterer Folge führte das Konzilsdekret Orientalium Ecclesiarum zu einer neuen Würdigung der Tradition der Ostkirchen. Die Kommission für die Revision des Ostkirchenrechts nahm 1974 ihre Arbeit auf; ihre Arbeiten publizierte sie zwischen 1975 und 1990 in einer eigenen Zeitschrift. Der CCEO wurde per 18. Oktober 1990 promulgiert und ist seit 1. Oktober 1991 in Geltung.[2]

Aufbau des Codex[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit dem 1546 Kanones umfassenden Codex wurde ein einheitliches kirchliches Gesetzbuch für die mehr als 20 selbständigen katholischen Ostkirchen (Ecclesiae sui iuris), die aus fünf Traditionen entstammen, geschaffen. Der CCEO ist nicht wie der CIC in (sieben) Bücher, sondern in dreißig Titel (von kleinerem Umfang) gegliedert und erinnert an die systematische Sammlung des byzantinischen Kirchenrechts. Der authentische Gesetzestext wurde in Latein abgefasst.[2]

Zu den Spezifika des katholischen Ostkirchenrechts gehört zum Beispiel, dass ein Patriarch oder Großerzbischof nicht vom Papst ernannt, sondern von der Synode gewählt (CCEO Canon 63) und vom Heiligen Stuhl nur bestätigt wird (Can. 77). Die meisten katholischen Ostkirchen kennen weiterhin auch verheiratete Priester, im Gesetzbuch wird hier auf die Praxis der jungen Kirche und der orientalischen Kirche verwiesen (Can. 373). Die Heirat muss aber vor der Diakonatsweihe stattfinden (Can. 804), für Bischöfe wird in jedem Fall der Zölibat vorgeschrieben (Can. 180).[2] Außer in Notfällen muss auf die Taufe sogleich die Firmung gespendet werden (Can. 695). Die Beichte wird ohne Beichtstuhl abgenommen (Can. 736), eine jährliche Beichtpflicht (wie im Westen) gibt es in den katholischen Ostkirchen nicht (Can. 719). Bei der Eheschließung ist die Mitwirkung eines Priesters, der den Segen zu erteilen hat, ausdrücklich und zwingend vorgeschrieben. Die Anwesenheit eines Diakons genügt nicht (Can. 826).

Synopse CCEO/CIC[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO) Codex Iuris Canonici (CIC)
can. Titel Benennung can. Buch Benennung
1 0 Einleitende Canones 1 1,0 (Einleitende Canones)
7 I Christgläubige und ihre gemeinsamen Rechte und Pflichten 208 2,11 Pflichten und Rechte aller Gläubigen
27 II Eigenberechtigte Kirchen und Riten (111 1,06 Physische und juristische Personen)
42 III Höchste Autorität der Kirche 330 2,21 Die höchste Autorität der Kirche
55 IV Patriarchatskirchen 368 2,22 Teilkirchen und deren Verbände
151 V Großerzbischöfliche Kirchen
155 VI Metropolitankirchen und andere eigenberechtigte Kirchen
177 VII Eparchien und Bischöfe
311 VIII Exarchien und Exarchen
322 IX Konvente der Hierarchen mehrerer eigenberechtigter Kirchen
323 X Kleriker 232 2,13 Geistliche Amtsträger oder Kleriker
399 XI Laien 224 2,12 Pflichten und Rechte der Laien
410 XII Mönche, andere Religiose und Mitglieder weiterer
Institute des geweihten Lebens
573 2,30 Institute des geweihten Lebens und
Gesellschaften des apostolischen Lebens
573 XIII Vereine von Christgläubigen 298 2,15 Vereine von Gläubigen
584 XIV Evangelisierung der Völker 747 3 Verkündigungsdienst der Kirche
595 XV Kirchliches Lehramt
667 XVI Gottesdienst; insbesondere Sakramente 834 4 Heiligungsdienst der Kirche
896 XVII Nichtkatholische Getaufte, die zur vollen Gemeinschaft
mit der katholischen Kirche gelangen
(204 2,10 Die Gläubigen)
902 XVIII Ökumenismus oder Förderung der Einheit der Christen (755 3 Verkündigungsdienst der Kirche)
909 XIX Personen und Rechtshandlungen 96
124
1,06
1,07
Physische und juristische Personen
Rechtshandlungen
936 XX Ämter 145 1,09 Kirchenämter
979 XXI Leitungsvollmacht 129 1,08 Leitungsgewalt
996 XXII Rekurse gegen Verwaltungsdekrete 1732 7,51 Beschwerde gegen Verwaltungsdekrete
1007 XXIII Zeitliche Güter der Kirche 1254 5 Kirchenvermögen
1055 XXIV Gerichtsverfahren im Allgemeinen 1400 7,10 Gerichtswesen im Allgemeinen
1185 XXV Streitverfahren 1501 7,20 Streitverfahren
1357 XXVI Besondere Arten von Verfahren
(Eheprozesse, Weihenichtigkeit, Amtsenthebung/Versetzung)
1671 7,30 Besondere Arten von Verfahren
1740 7,52 Verfahren zur Amtsenthebung oder Versetzung von Pfarrern
1401 XXVII Strafbestimmungen in der Kirche 1311 6 Strafbestimmungen in der Kirche
1468 XXVIII Verfahren bei der Verhängung von Strafen 1717 7,40 Strafprozess
1488 XXIX Gesetz, Gewohnheit und Verwaltungsakte 7 1,01 Kirchliche Gesetze usw.
1540 XXX Ersitzung, Verjährung und Zeitberechnung 197
200
1,10
1,11
Ersitzung und Verjährung
Zeitberechnung

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Carl Gerold Fürst: Canones-Synopse zum Codex iuris canonici und Codex canonum ecclesiarum orientalium. 2. Auflage. Herder, Freiburg (Breisgau) u. a. 1992, ISBN 3-451-22636-7.
  • Dietmar Schön: Der Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium und das authentische Recht im christlichen Orient. Eine Untersuchung des Kirchenrechts in sechs katholischen Ostkirchen (= Das östliche Christentum. Abhandlungen. NF Bd. 47). Augustinus-Verlag, Würzburg 1999, ISBN 3-7613-0193-6 (Zugleich: Wien, Universität, Dissertation, 1998: Der CCEO und das authentische Recht im christlichen Orient.).
  • Libero Gerosa, Peter Krämer (Hrsg.): Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium = Gesetzbuch der katholischen Ostkirchen (= Amateca – Repertoria. Bd. 2). Lateinisch-deutsche Ausgabe. Bonifatius, Paderborn 2000, ISBN 3-89710-128-9.
  • Gregor Bier: Einführung in das Kirchenrecht. In: Clauß Peter Sajak: Praktische Theologie. Modul 4. Schöningh, Paderborn 2012 (UTB; 3472), ISBN 978-3-8252-3472-0, S. 136 f.
  • Ludger Müller, Martin Krutzler (Hrsg.): Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium. Kodex der Kanones der Orientalischen Kirchen in lateinisch-deutscher Ausgabe. Bonifatius, Paderborn 2020, ISBN 978-3-89710-875-2.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. AAS 41 (1949) 89–119: Eherecht; AAS 42 (1950) 5–120: Prozessrecht; AAS 44 (1952) 65–152: Religiose/Temporalien/Definitionen; AAS 49 (1957) 433–603: Personenrecht
  2. a b c Richard Potz: Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium. In: Wolfgang Thönissen (Hrsg.): Lexikon der Ökumene und Konfessionskunde. Im Auftrag des Johann-Adam-Möhler-Instituts für Ökumenik. Herder, Freiburg (Breisgau) 2007, ISBN 978-3-451-29500-3, S. 231–235.