Poneratoxin

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Poneratoxin (Raummodell des Proteins, das mit 1g92 Code registriert ist)

Poneratoxin (PoTX)[1] ist das Nervengift der Ameisengattung Paraponera mit der Art 24-Stunden-Ameise (Paraponera clavata) sowie der Gattung Dinoponera wie Dinoponera longipes aus dem tropischen Regenwald Süd- und Mittelamerikas. Es wird über einen Giftstachel verabreicht und gilt als besonders schmerzhaft, ohne Gewebeschäden zu verursachen.

Giftstachel einer Dinoponera

Zusammensetzung

Poneratoxin ist ein Pentacosa-Peptid, ein Neuropeptid.[1][2] Unter pH 4,5 ist es löslich.[2]

Das Gift liegt in einer Giftblase als inaktiver Präkursor vor, bestehend aus einer Aminosäuresequenz von 25 Aminosäuren.[2]

Giftwirkung

Poneratoxin ist ein starker aber langsam wirkender Agonist der glatten Muskulatur.[1]. Es bindet zunächst an Zellwände[2] und blockiert synaptische Übertragungen im Nervensystem der Insekten und beeinflusst spannungsabhängig Natrium Ionenkanäle im Zentralnervensystem.[1] Es beeinträchtigt sowohl Axone von Insekten als auch Skelettmuskeln von Fröschen und Ratten.[1]

Mit Poneratoxin lähmt die 24-Stunden-Ameise Beutetiere oder weist Angreifer ab. Bei Menschen kann der äußerst schmerzhafte Stich Fieber, kalte Schweißausbrüche und Herzrhythmusstörungen hervorrufen, er wird als der schmerzhafteste Insektenstich überhaupt bezeichnet.[3] Nach dem Stich-Schmerzindex (Schmidt Sting Pain Index) des US-Insektenforschers Justin O. Schmidt, der die Heftigkeit von Schmerzen auf einer Skala von 1,0 bis 4,0+ beschreibt, steht das Insekt bei 4,0+.[4] Die Schmerzen werden oft beschrieben, als würde man bei lebendigem Leib verbrennen. Sie lassen nach etwa 24 Stunden nach – daher der Name der Ameise. Eine sofortige Behandlung des Stiches mit Eiswasser und nachfolgender Einnahme von Benadryl-Kapseln (Diphenhydramin, ein Antihistaminikum) mildert die Schmerzen.

Die Giftwirkung hinterlässt keine bleibenden Schäden im Gewebe.

Anwendungen durch den Menschen

Quellen von Poneratoxin

Chemisch synthetisiertes Poneratoxin ist gleichermaßen wirksam wie natürliches oder rekombinantes.[1][2] Als Vektor zur Rekombination wurde Baculovirus verwendet.[2] Für biochemische Studien wird häufig synthetisches PoTX eingesetzt. Klininische Applikationsmöglichkeiten und die Verwendung als Insektizid werden erforscht.

Verwendung in Ritualen

Bei einer indigenen Volksgruppe in Südamerika, den Sateré-Mawé, die im Grenzgebiet der brasilianischen Bundesstaaten Pará und Amazonas leben, sind die Riesenameisen Teil eines Initiationsrituals. Dazu werden zahlreiche Ameisen in einen aus Pflanzenfasern gewebten Handschuh eingefüllt, den der Junge dann nahezu 30 Minuten lang an seiner Hand tragen muss. Dieser Ritus gilt als Mutprobe – Jungen, die den Schmerz der Stiche ertragen, können Führungspositionen im Stamm erreichen. Um sich diesen Respekt zu verdienen, muss dieser Vorgang im Leben des Jungen zunächst bis zu 25 Mal wiederholt werden.[3]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Tom Piek, Alain Duval, Bernard Hue, Henk Karst, Bruno Lapied, Piet Mantel, Terumi Nakajima, Marcel Pelhate, Justin O. Schmidt: Poneratoxin, a novel peptide neurotoxin from the venom of the ant, Paraponera clavata. In: Comparative Biochemistry and Physiology Part C: Comparative Pharmacology 99, Nr. 3, 1991, S. 487–495, doi:10.1016/0742-8413(91)90276-Y.
  2. a b c d e f Ewa Szolajska, Jaroslaw Poznanski, Miguel López Ferber, Joanna Michalik, Evelyne Gout, Pascal Fender, Isabelle Bailly, Bernard Dublet, Jadwiga Chroboczek: Poneratoxin, a neurotoxin from ant venom In: European Journal of Biochemistry Band 271, Nr. 11, Juni 2004, S. 2127–2136, doi:10.1111/j.1432-1033.2004.04128.x.
  3. a b Vidal Haddad Junior, João Luiz Costa Cardoso, Roberto Henrique Pinto Moraes: Description of an injury in a human caused by a false tocandira (Dinoponera gigantea, Perty, 1833) with a revision on folkloric, pharmacological and clinical aspects of the giant ants of the genera Paraponera and Dinoponera (sub-family Ponerinae). Revista do Instituto de Medicina Tropical de São Paulo, vol.47, no.4, São Paulo, Juli/Aug. 2005 Artikel (portugiesisch, englisch)
  4. Justin O. Schmidt, M. S. Blum und W. L. Overal: Hemolytic activities of stinging insect venoms. Arch. Insect Biochem. Physiol., 1, 1984, S. 155–160.