Marginalie

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Gedruckte und handschriftliche Marginalien
Handschriftliche Marginalien

Eine Marginalie (von lateinisch margo ‚Rand‘, marginalis ‚zum Rand gehörig‘) ist eine auf dem Rand einer Buchseite oder eines Manuskripts platzierte Bemerkung, die einen Kommentar, Hinweis oder eine Korrektur zu einer Stelle des Textes bietet.[1]

In übertragener Bedeutung bezeichnet „Marginalie“ eine Nebensächlichkeit.

Typen von Marginalien

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Marginalien in antiken und mittelalterlichen Handschriften, wie zum Beispiel die Griffelglossen, oder in Frühdrucken können ebenso wie andere Arten der Glossen wertvolle Verständnishilfen bieten; sowohl zum Verständnis des Textes selbst als auch zum Verständnis dessen, wie der Text in der Entstehungszeit der Marginalie rezipiert wurde. Bisweilen finden sich Marginalien aber auch als bildhafte Darstellungen ohne inhaltlichen Bezug zum Text; teils als reine Ornamentik, teils erzählen sie eigene Geschichten.[2] Zuweilen wurde der Rand der Drucke auch für Schreibübungen benutzt.

In drucktechnischem Kontext bezeichnet der Begriff auch gedruckte Randbemerkungen, z. B. als Erläuterung oder statt einer Abschnittsüberschrift, in ihrer Funktion vergleichbar den sogenannten ‚lebenden Kolumnentiteln‘. In dieser Verwendung werden die Marginalien oft ins Inhaltsverzeichnis aufgenommen, darin allerdings meist unter der zugehörigen Kapitelüberschrift als Fließtextaufzählung (jede Marginalie mit der zugehörigen Seitenzahl dahinter, abgetrennt von der Nachfolgerin durch ein geeignetes Zeichen, z. B. einen Gedankenstrich) präsentiert.

Im Manuskript eines zu publizierenden Textes, der gegengelesen wird, oder in dessen Druckfahnen kann die Marginalie eingesetzt werden, um Ergänzungen und Korrekturhinweise anzubringen, wofür dann oft ein entsprechend geräumiger Papierrand vorgesehen ist.

Bei der Untersuchung von privaten Bibliotheken, Leseexemplaren, Akten oder Briefen interessierender Persönlichkeiten, z. B. von Künstlern, Dichtern, Wissenschaftlern oder Politikern, können die von dem Betreffenden angebrachten Marginalien wertvolle Hinweise bieten, dass er bestimmte Aussagen des Textes besonders beachtet hat oder von ihnen zu eigenen Überlegungen angeregt wurde. Marginalien unbekannter Verfasser in den Büchern von öffentlichen Bibliotheken und Sammlungen oder auch in ausgeliehenen Schulbüchern gelten dagegen als Kritzeleien, Ärgernis und Sachbeschädigung.

  • H. J. Jackson: Marginalia: Readers Writing in Books. Yale University Press, New Haven, London 2001, ISBN 0-300-08816-7 (Rezension).
  • Wolfgang Neuber: Topik als Lektüremodell. Zur frühneuzeitlichen Praxis der Texterschließung durch Marginalien am Beispiel einiger Drucke von Hans Stadens ‚Wahrhaftiger Historia‘. In: Thomas Schirren, Gert Ueding (Hrsg.): Topik und Rhetorik. Ein interdisziplinäres Symposium. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-68013-X, S. 177–197.
  • Evelyne Polt-Heinzl: Begegnungen am Bücherrand. Der Kosmos der Lesespuren – abgründig und erlesen. In: Neue Zürcher Zeitung, 30./31. Dezember 2000, Nr. 304, Internationale Ausgabe, S. 49.
  • Evelyn B. Tribble: „Like a Looking-Glas in the Frame“: From the Marginal Note to the Footnote. in: D. C. Greetham (Hrsg.): The Margins of the Text. The University of Michigan Press, Ann Arbor 1997, ISBN 0-472-10667-8, S. 229–244.
Wiktionary: Marginalie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Erwin Koppen: Marginalien. In: Kleines literarisches Lexikon. 4., neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Band 3: Sachbegriffe. In Fortführung der von Wolfgang Kayser besorgten 2. und 3. Auflage hrsg. von Horst Rüdiger, Erwin Koppen. Francke, Bern 1966, S. 250; Marginalien und Marginalglosse. In: Helmut Hiller: Wörterbuch des Buches. 4., vollständig neu bearbeitete Auflage. Klostermann, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-465-01384-0, S. 192.
  2. Lucy Freeman Sandler: The study of marginal imagery: past, present, and future. In: Studies in Iconography. Band 18, 1997, S. 1–49.