Tea Bag Index

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Der Tea Bag Index (TBI) beschreibt ein international standardisiertes Verfahren zur Abschätzung der Aktivität von Böden.[1] Der TBI wurde entwickelt, um Daten zur Zersetzung von Streu weltweit einheitlich zu erheben.[2] Betrachtet wird das Verhältnis von Zersetzungs- bzw. Abbauraten im Boden[3] zu einem Stabilisierungsfaktor, der von den Umweltbedingungen beim Umbau von chemisch labilen in persistente Verbindungen abhängt.[1][4]

Vereinfacht wird auch die Methode, mit der vergleichend die Ausgangsdaten zur Berechnung dieses Index bei der dreimonatigen Zersetzung von zwei unterschiedlich gut abbaubaren Teesorten im Boden ermittelt werden, Teebeutel-Methode[5] bzw. Tea Bag Index-Methode[6] genannt.

Entwicklung der Teebeutel-Methode[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Tea Bag Index wurde 2013 durch eine Arbeitsgruppe unter Führung des niederländischen Ökologen Joost Keuskamp entwickelt.[7] Er baut auf der etablierten, bereits 1962 eingeführten „litter bag“-Methode auf, bei der Beutel mit Laubstreu präpariert und im Habitat exponiert werden. Diese verwendet meist standardisierte Laubstreu in Beuteln von 10 mal 10 Zentimeter mit einer Maschenweite von 1 Millimeter, es gibt aber je nach Fragestellung zahlreiche abweichende Varianten.[8] Die Nutzung von Teebeuteln zeichnet sich demgegenüber durch den Vorteil der leichteren Anwendbarkeit und (bei Wahl einheitlicher Teesorten) Standardisierung aus. Der Legende nach stellten die Forscher bei einer Teepause fest, dass die Teebeutel aus dem gleichen Material gefertigt waren wie die Probenbeutel, die sie selber in großer Zahl verwendeten.[9]

Aufgrund ihrer Einfachheit[4] und des vergleichsweise geringen materiellen Aufwandes[10] ist die Anwendung der Teebeutel-Methode auch durch Laien möglich, zum Beispiel im Rahmen von ökologischen Initiativen und Schulprojekten.[6] Erforderlich sind lediglich geeignete Kunststoffnetz-Teebeutel (z. B. der Firma Lipton), ein Grabewerkzeug und eine präzise Feinwaage, die in Hundertstel- oder Tausendstel-Gramm-Schritten wiegen kann. Die Methode wird mittlerweile auch von Forschungsstellen wie der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau eingesetzt.[11]

Im Kern wird dabei die Gewichtsveränderung von im Boden vergrabenen Teebeuteln benutzt, um daraus Aussagen über die biologische Bodenaktivität abzuleiten. Zu diesem Zweck werden handelsübliche unbenutzte Teebeutel von zwei Sorten (Grüntee und Rooibos-Tee) in 8 cm tiefen Löchern im Boden vergraben und nach 90 Tagen Liegezeit wieder geborgen.[5] Blätter des Grünen Tees (aus Camellia sinensis) sind dabei leichter abbaubar als solche des Rooibos-Tees (Aspalathus linearis), so dass leicht bzw. schwer abbaubare Laubstreu untersucht und damit der Stabilisierungsfaktor für den Index ermittelt werden kann.

Nach einer Trocknungszeit von drei Tagen auf einer Heizung oder in der Sonne wird der verbliebene Inhalt des Teebeutels auf einer Präzisionswaage ausgewogen. Die Gewichtsveränderung gegenüber der Ausgangsgröße ist ein Maß für den biologischen Stoffumsatz organischen Materials in dem betrachteten Bodenareal.

Die Teebeutel-Methode wurde bis zum Jahr 2019 mehr als 2000-mal angewandt und in über 70 Fachpublikationen zitiert. Inzwischen liegen chemische Untersuchungen vor, die eine bessere Vergleichbarkeit der Resultate mit anderen Versuchen zur Streuabbau sicherstellen sollen.[12] Eine Anpassung an tropische Habitate, in denen Termiten entscheidende Beiträge zum Streuabbau leisten, wurde entwickelt und vorgeschlagen.[13]

Bereits 2015 und 2016 nutzten Citizen Scientists in Schweden und in Österreich den TBI zur Untersuchung der Bodenaktivität.[2] 2021 finanzierte das deutsche Bundesforschungsministerium auch in Deutschland ein Citizen-Science-Projekt „Expedition Erdreich“ mit der Tea-Bag-Index-Methode.[14] In diesem Projekt wird an bis zu 9000 Standorten unter Beteiligung vieler Schulen die Bodenfruchtbarkeit untersucht.[15][16][17]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Zu dem Projekt gibt es eine (englischsprachige) Internetseite teatime4science.org, auf der Interessierte sowohl genaue Hinweise und Arbeitsanleitungen für die Ermittlung des TBI finden wie auch ermittelte Messwerte in einer Datenbank eintragen können.
  • Unter nutrinet.agrarpraxisforschung.de findet sich eine bebilderte deutschsprachige Seite mit Erklärungen zu der Forschungsmethode.
  • Joost A. Keuskamp et al.: Tea Bag Index: a novel approach to collect uniform decomposition data across ecosystems, 2013, British Ecological Society. doi:10.1111/2041-210X.12097

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Wilfried Dossou-Yovo u. a. Tea Bag Index to Assess Carbon Decomposition Rate in Cranberry Agroecosystems Soil Systems 5(3) (2021): 44
  2. a b Tea Bag Index citizen-science.at
  3. Sebastian Wolfrum, Anna Köhler, Lucie Chmelikova, Norman Siebrecht, Kurt-Jürgen Hülsbergen Entwicklung von Instrumenten für das Biodiversitätsmanagement in Wertschöpfungsketten ökologisch erzeugter Lebensmittel Seite 49 ff, Deutsche Bundesstiftung Umwelt
  4. a b Loewan L. Erasmus; Helga van Coller; Frances Siebert: Teatime in Kruger: Tailoring the application of the Tea Bag Index approach to an African savann South African Journal of Science
  5. a b Fünf Methoden um den Boden zu testen Bauernzeitung (Schweiz) 6. Januar 2019
  6. a b Wissenschaft mit Teebeutel fr.de
  7. Joost A. Keuskamp, Bas J. J. Dingemans, Taru Lehtinen, Judith M. Sarneel, Mariet M. Hefting (2013): Tea Bag Index: a novel approach to collect uniform decomposition data across ecosystems. Methods in Ecology and Evolution 2013, 4, 1070–1075 doi:10.1111/2041-210X.12097
  8. Felix Bärlocher: Leaf Mass Loss estimated by Litter Bag Technique. Chapter 6 in: Manuel A.S. Graça, Felix Bärlocher, Mark O. Gessner: Methods to Study Litter Decomposition. A Practical Guide. Springer, Dordrecht etc. 2005. ISBN 978-1-4020-3348-3
  9. Für Teebeutel wurde damals fast immer Nylon verwendet; seit 2017 werden Teebeutel häufig aus Polyethylenterephthalat oder aus sich evtl. parallel abbauendem Biokunststoff (Polylactide) gefertigt; in Deutschland sind überwiegend Beutel aus Papier, teilweise mit Polypropylen versetzt, im Einsatz. vgl. Teebeutel geben grosse Mengen Mikroplastik abNeue Zürcher Zeitung, 25. September 2019
  10. Markus Wagner, Bernd Ahrends, Henning Meesenburg Die Nutzung der Teebeutel-Methode für standardisierte Streuabbauversuche in nordwestdeutschen Wäldern im Rahmen des LTER-Projektes „TeaComposition“ Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt, Folie Idee, ufz.de
  11. Teebeutel im Weinberg: Versuch der Landesanstalt für Weinbau br.de
  12. Sarah Duddigan, Liz J. Shaw, Paul D. Alexander, Chris D. Collins (2020): Chemical Underpinning of the Tea Bag Index: An Examination of the Decomposition of Tea Leaves. Applied and Environmental Soil Science 2020, Article ID 6085180. doi:10.1155/2020/6085180
  13. Aloysius Teo, Nadiah P.Kristensen, Joost A.Keuskamp, Theodore A.Evans, Maosheng Foo, Ryan A. Chisholm (2020): Validation and extension of the Tea Bag Index to collect decomposition data from termite-rich ecosystems. Pedobiologia 80, article 150639. doi:10.1016/j.pedobi.2020.150639
  14. „Das Forschungsministerium hat eine großangelegte Bodenuntersuchung gestartet, bei der Tausende Schüler:innen Teebeutel vergraben. Ein Citizen-Science-Projekt, von dem viele etwas haben.“ Die Teebeutel-Forscher:innen, klimareporter.de, 30. April 2021
  15. Bronner-Schule untersucht Erde der Stadtwingertanlage: "Expedition Erdreich" - Wie steht es um den Boden vor der Haustür? - Teebeutel als Indikator, rnz.de, 30. Juni 2021
  16. „Expedition Erdreich“: Schönberger beteiligt sich an Projekt: Teebeutel vergraben für die Wissenschaft, merkur.de, 16. Juli 2021
  17. Forschungsprojekt :Teebeutel in der Erde, sueddeutsche.de, 14. Juli 2021