Tränkverfahren (Bergbau)

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Als Tränkverfahren, oder Kohlenstoßtränkung bezeichnet man im Bergbau ein Verfahren, das dazu dient, den bei der Gewinnung der Steinkohle entstehenden Kohlenstaub zu binden.[1] Durch die Kohlenstoßtränkung soll eine gleichmäßige Durchfeuchtung der Kohle erreicht werden.[2] Tränkverfahren sind im deutschen Steinkohlenbergbau durch die Bergverordnungen vorgeschrieben.[3]

Grundlagen und Geschichtliches[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch den Abbaudruck werden in einem im Verhieb befindlichen Flöz Drucklagen gebildet. Dadurch wird die Kohle zum Teil zerteilt und zerrieben und es entsteht ein großer Teil an Kohlenstaub.[4] Weiterer Kohlenstaub befindet sich auf den im Flöz vorhandenen Schlechten.[1] Damit dieser Kohlenstaub bei der Gewinnung der Kohle nicht in den Wetterstrom gelangt, sondern größtenteils schon vorher gebunden und an der Mobilisierung gehindert wird, wird die Kohle mittels Wasser angefeuchtet.[3] Dadurch wird der Staub schon vor der Freiwerdung bekämpft.[5] Das Verfahren wurde bereits im Jahr 1890 von dem Bergingenieur Meißner beschrieben.[6]

Das grundsätzliche Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zunächst einmal werden mit einer Drehbohrmaschine in den Kohlenstoß mehrere Löcher mit einem von der Tränkart abhängigen Abstand von drei bis zehn Metern gebohrt.[4] Die Bohrungen können aus dem Strebraum, aus den Begleitstrecken oder aus einem außerhalb der Gewinnung befindlichen Grubenbau durchgeführt werden.[1] Die Löcher haben einen Durchmesser von 40 bis 50 Millimeter.[3] Sie werden mehrere Meter in das Flöz gebohrt[4] und mittels einer Tränksonde abgedichtet.[1] Wenn alle erforderlichen Löcher fertiggestellt sind, werden diese über die Sonden mit unter Druck befindlichem Wasser beaufschlagt.[3] Je nach Druckhöhe des Wassers unterscheidet man zwischen dem Niederdrucktränken und Hochdrucktränken. Das Flöz wird nun über einen bestimmten Zeitraum, die Tränkzeit, mit Wasser beaufschlagt.[4] Das Wasser wird dabei entweder kontinuierlich oder diskontinuierlich in das Flöz gepresst.[3] Pro Kubikmeter Kohle werden, je nach Tränktiefe, zwischen fünf und zwölf Liter Wasser benötigt.[4] Aufgrund des Druckes dringt das Wasser in der Kohle in die feinsten Klüfte und Spalten, dadurch wird die Kohle durchfeuchtet.[6] Außerdem wird die Kohle teilweise aufgelockert, was sich positiv auf die Abbauleistung auswirkt.[5] Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Tränktiefe stets größer sein muss als der Abbaufortschritt des jeweiligen Betriebspunktes.[7]

Unterschiede[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Laufe der Jahre wurden mehrere Verfahren entwickelt, die sich hinsichtlich des verwendeten Wasserdruckes und der Bohrlochlänge unterscheiden.[3] Man unterscheidet zwischen der Nahtränkung, der Ferntränkung, der Tieftränkung, der Langfronttränkung, der Diagonaltränkung und der Vorferntränkung.[1] Bei der Nahtränkung werden aus dem Streb heraus in das Kohlenflöz die Tränklöcher gebohrt.[5] Die Löcher werden dann solange mit Wasser beaufschlagt, bis die Kohle zu "schwitzen" beginnt.[3] Beim Tieftränken werden die Löcher etwa zehn Meter tief in das Flöz eingebracht. Dadurch ist es möglich, das Flöz für mehrere Abbautage im Voraus zu tränken.[4] Beim Ferntränken werden täglich versetzt angeordnete Löcher vom Streb in den Strebstoß gebohrt.[1] Sie werden bis zu 30 Meter tief in das Flöz gebohrt.[3] Die Bohrlöcher werden bei sämtlichen dieser Verfahren rechtwinklig zum Strebstoß erstellt.[7] Beim Langfronttränken werden aus den Abbaubegleitstrecken bis zu 80 Meter lange Löcher in das Flöz gebohrt.[1] Beim Vorferntränken werden die Löcher aus einem anderen Grubenbau in das zu tränkende Flöz eingebracht.[5] Beim Diagonaltränken werden die Bohrlöcher aus den Abbaubegleitstrecken mit einem Winkel von 66 bis 77 Gon bis auf eine Länge von 40 Meter in das Flöz gebohrt.[1]

Wasserdrücke[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Tränkwasser wird, je nach Bohrlochlänge, mit unterschiedlichen Druck in das Bohrloch eingebracht.[3] Beim Niederdrucktränken erfolgt dies mit einem Wasserdruck von fünf bis 20 bar. Hierbei ist der normale Betriebsdruck aus der Frischwasserleitung in der Regel ausreichend.[4] Bei tieferen Bohrlöchern ist dieser Druck nicht hoch genug, es muss mit einem deutlich höheren Druck gearbeitet werden, damit sich die erforderlichen Fließwege zum Durchfeuchten der Kohle öffnen können.[3] Bei dem als Hochdrucktränken bezeichneten Verfahren werden Tränkdrücke von 30 bis 250 bar, teilweise auch darüber, benötigt.[4] Diese hohen Drücke, die bis zu 450 bar betragen können, lassen sich nur mit speziellen Hochdruckpumpen, wie Differential- oder Drillingskolbenpumpen, erzeugen.[3] Mit diesen hohen Drücken lassen sich die Schlechten und Drucklagen öffnen, damit das Wasser in die Kohle eindringen kann.[3]

Nachteile und Probleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Damit das Verfahren seine beste Wirkung entfalten kann, muss die Kohle porös, aber nicht zu klüftig sein.[6] In geneigten Lagerstätten können Probleme durch das Gefüge und die Belastbarkeit der Kohle auftreten.[8] Bei sehr harter Kohle kann es vorkommen, dass das Tränkwasser nicht genügend in die Kohle eindringt. Dadurch bleibt die Kohle bereits in kurzer Entfernung vom Bohrloch trocken.[6] In wenig poröser Kohle kann, bei unverritzten Flözen, keine genügend hohe Wassermenge eingedrückt werden. Dies ist insbesondere ein Problem beim Tieftränken.[7] Bei wasserempfindlichem Nebengestein mit hereinbrechenden Dachschichten und abrutschendem Liegenden ist das Verfahren nicht geeignet.[8] Bei klüftiger Kohle kann das Wasser zu schnell entweichen, sodass die Kohle nicht ausreichend durchfeuchtet wird.[6] Aufgrund von breiten Rissen in der Kohle wird die Kohle ungleichmäßig befeuchtet.[8] Durch das Bohren im Streb wird der Abbau in seinem Arbeitsfluss behindert. Die Tränkarbeiten lassen sich somit nur auf einer gewinnungsfreien Schicht durchführen.[7]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  2. Klaus-Peter Renner: Die technische Staubbekämpfung im Steinkohlenbergbau. In: Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen. (Hrsg.): Jahresbericht 2009 der Bergbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen, Druck Bezirksregierung Arnsberg, Düsseldorf 2010, S. 44–48
  3. a b c d e f g h i j k l Ernst-Ulrich Reuther: Lehrbuch der Bergbaukunde. Erster Band, 12. Auflage, VGE Verlag GmbH, Essen 2010, ISBN 978-3-86797-076-1, S. 773–776.
  4. a b c d e f g h Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Zweiter Band, 10. Auflage, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1962, S. 607–610.
  5. a b c d Veröffentlichungsdienst der Europäischen Gemeinschaften (Hrsg.): Die Silikosebekämpfung. Robert Pfützner GmbH, München 1967.
  6. a b c d e Fritz Heise, Fritz Herbst: Lehrbuch der Bergbaukunde mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band, Fünfte verbesserte Auflage, Verlag von Julius Springer, Berlin 1923, S. 157–159.
  7. a b c d Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Technische Staubbekämpfung im Bergbau. Stand der Forschungsarbeiten auf den Gebieten der Arbeitshygiene, Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit am 1. Januar 1967, Luxemburg 1967, S. 13–19.
  8. a b c Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Hrsg.): Technische Staubbekämpfung im Bergbau. Band I, Bericht über die Ergebnisse der mit finanzieller Unterstützung der Hohen Behörde der EGKS durchgeführten Forschungen (1960–1963) Luxemburg 1966, S. 15–32.