Bibelvers

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Ein Bibelvers bezeichnet die kleinste Einheit eines Textstückes in der Bibel. Jedes Kapitel ist im Durchschnitt in 26 Verse unterteilt. Der Zweck besteht vor allem darin, dass man auf bestimmte Aussagen der Bibel hinweisen kann und Leser die betreffenden Aussagen leicht auffinden können. Das an Versen gemessen längste Kapitel der Bibel ist Psalm 119 mit 176 Versen, das kürzeste Psalm 117 mit nur zwei Versen. In der Hebräischen Bibel haben die kürzesten Verse (Ex 20,13–15 EU) je sechs Buchstaben in zwei Wörtern und stehen in den Zehn Geboten; der längste Vers (Est 8,9 EU) hat 193 Buchstaben in 43 Wörtern.

Geschichte

Die Einteilung geht auf den französischen Theologen und Verleger Robert Estienne (genannt Stephanus) zurück, der sich im Jahr 1550 dem Calvinismus anschloss. Im Jahre 1551 nummerierte er in seinen Bibelausgaben als erster den Text nach Kapiteln und Versen. Die Kapiteleinteilung übernahm Estienne von dem Engländer Stephen Langton, der den Text im Jahre 1206 neu eingeteilt und verschiedene ältere Kapitelsysteme ersetzt hatte; die weitere Unterteilung in Verse übernahm Estienne für das Alte Testament aus der jüdischen Tradition (wobei er diese mit den Langton'schen Kapiteln in Übereinstimmung brachte), für das Neue Testament schuf er sie selbst.

1553 veröffentlichte Estienne eine französische Bibel, die die erste vollständige Bibel mit der heute noch aktuellen Bibelverseinteilung war. Die neue Einteilung wurde aufgrund ihrer praktischen Vorteile nach einiger Zeit von allen Konfessionen übernommen.

Neben den Einheiten „Buch“, „Kapitel“ und „Sinnabschnitt“ dient der Bibelvers der Strukturierung des Textes und zur eindeutigen Referenzierung einer Stelle. Dies ist nötig, da im Gegensatz zu Quellenangaben und Verweisen in anderen Büchern die Seitenzahl abhängig von Sprache, Übersetzung und Druckausgabe ist. Außerdem unterscheiden sich einige biblische Bücher im Umfang: Daniel und Esther enthalten in der griechischen Übersetzung (Septuaginta) einige Zusätze, die auch in der lateinischen Bibel (Vulgata) und somit im katholischen Bibelkanon beibehalten wurden.

Ähnlich einem Vers in lyrischen Texten können sie aus einem Teil eines Satzes bis hin zu mehreren Sätzen bestehen.

Zur Angabe eines Verses werden verschiedene Muster verwendet. Grundsätzlich wird das biblische Buch, das Kapitel und der Vers angegeben.

Die Namen der biblischen Bücher unterscheiden sich von Ausgabe zu Ausgabe, am gebräuchlichsten ist für deutsche Versionen die Namensgebung nach den Loccumer Richtlinien.

Konventionen zur Angabe eines Verses

Es werden verschiedene Schreibweisen bei der Angabe von Versen praktiziert. Aber meist gilt die folgende Notation:

  • 1. Stelle: Nummer des biblischen Buches, falls es unter dem gleichen Namen mehrere Teile gibt.
Das ist bei folgenden Schriften der Fall: Mose, Samuel, Könige, Makkabäer, Chronik, Johannes (Briefe), Korinther, Thessalonicher, Timotheus und Petrus. Bei voll ausgeschriebenem Namen wird die Ziffer mit Punkt und Leerzeichen vorangestellt (z. B. 1. Buch der Könige oder 2. Korintherbrief). Wenn nur der Name des Buches in voller und vor allem in abgekürzter Form angegeben wird, folgt kein Punkt auf die Ziffer (z. B. 1 Chronik oder 1 Sam). Nach den Loccumer Richtlinien soll jedoch zwischen Ziffer und Name ein Leerzeichen gesetzt werden. In der Praxis – auch in der theologischen Wissenschaft – wird dies jedoch sehr uneinheitlich gehandhabt. Es treten also sowohl 1Joh als auch 1 Joh auf.
  • 2. Stelle: Name des Buches
Der Name des Buches wird entsprechend der jeweiligen Namenskonvention angegeben. Falls das angegebene Kapitel im selben Buch wie die Nennung steht (z. B. bei Querverweisen) kann statt des Namens des Buches auch „Kapitel“ angegeben werden. Der Name kann abgekürzt werden, jedoch wird nach der Abkürzung kein Punkt geschrieben (z. B. „Apg“ statt „Apostelgeschichte“ oder „Kap“ statt „Kapitel“). Nach dem Namen folgt ein Leerzeichen.
  • 3. Stelle: Nummer des Kapitels
Es wird die Nummer des Kapitels angegeben, bei den Psalmen die Nummer des Psalms.
  • 4. Stelle: Nummer des Verses
Wenn nicht auf ganze Kapitel verwiesen wird, folgt auf die Nummer des Kapitels die Nummer des Verses. Kapitel und Vers werden durch ein Komma voneinander getrennt. Im englischen Sprachraum wird hierfür ein Doppelpunkt verwendet.
  • Notation zur Angabe mehrerer Kapitel oder Verse
Werden zwei aufeinander folgende Kapitel oder Verse angegeben, so werden deren Nummern ohne Leerzeichen mit einem Punkt hintereinandergeschrieben (z. B. Mt 3.4 oder 1 Thess 1,2.3). Werden mehrere aufeinander folgende Kapitel oder Verse angegeben, so wird dieser Bereich mit einem Bis-Strich gekennzeichnet, ebenfalls ohne Verwendung von Leerzeichen (z. B. Joh 1,1–18 oder Gal 1,6–2,10).

Beispiele

  • Angabe eines biblischen Buches: 2 Tim (auch: 2Tim), Matthäus
  • Angabe eines Kapitels: Neh 11, 1 Korinther 3 (auch 1Kor 3)
  • Angabe mehrerer Kapitel: Jos 14.15, Jos 9–15, Hebräer 10.11, Hebr 8–10
  • Angabe eines Verses: Joh 3,12, 2 Samuel 3,1 (auch: 2Sam 3,1)
  • Angabe mehrerer Verse: Ps 42,2.3, 1 Kor 1,8.9 (auch: 1Kor 1,8.9), Ez 13,1–16, Amos 8,1–3

Nicht eindeutige Versangaben

Die meisten Versangaben bezeichnen einen Bibelvers eindeutig, unabhängig von der verwendeten Sprache und Übersetzung und von der konfessionellen Tradition. In einigen Fällen weichen allerdings die Angaben für einen bestimmten Bibelvers voneinander ab. Das muss man besonders dann beachten, wenn man Texte mit Bibelstellenangaben zitiert oder übersetzt, die aus einem anderen Kulturkreis stammen; dann sollten diese Angaben für das Zielpublikum bei Bedarf angepasst werden.

Die folgenden Abweichungen betreffen vor allem das Alte Testament. Die protestantischen Übersetzungen in den Ländern mit lutherischer oder reformierter Tradition wie Deutschland, den nordischen Ländern, der Schweiz und Frankreich (wo die Übersetzung des Schweizers Louis Segond eine vorherrschende Rolle spielt) sowie moderne katholische Ausgaben, die nicht mehr wie früher aus der Vulgata übersetzt sind (etwa die deutsche Einheitsübersetzung oder die englische New American Bible), stimmen in der Kapitel- und Verseinteilung mit dem masoretischen Text überein. Damit haben die gängigsten deutschen Übersetzungen (Luther, Einheitsübersetzung, Gute Nachricht Bibel) dieselbe Einteilung. Werden im Folgenden Textpassagen genannt, dann nach dieser Kapitel- und Verseinteilung.

  1. Die wichtigste Abweichung ist die unterschiedliche Zählweise der Psalmen.
  2. In manchen Bibelausgaben fehlen die Überschriften der Psalmen aus dem hebräischen Urtext, (z.B. Ps 51,1–2 EU) oder sie werden dem Text des Psalms ohne Versnummer vorangestellt. Die nachfolgenden Verse haben dann in 62 der Psalmen eine um 1 – selten auch 2 – kleinere Nummer.
  3. An vielen Stellen werden Kapitelgrenzen um einen oder zwei Verse versetzt gemacht, so dass der letzte Vers eines Kapitels in anderen Ausgaben zum ersten des nächsten Kapitels wird oder umgekehrt, womit sich die nachfolgenden Versnummern entsprechend verschieben. Findet man einen zitierten Vers nicht an der angegebenen Stelle, ist es immer sinnvoll, auch die umgebenden Verse mit zu abzusuchen.
  4. An mehreren Stellen gibt es größere Abweichungen in der Vulgata: Dort bilden die Kapitelanfänge Num 17,1–15, 1Kön 5,1–14 und Ez 21,1–5 jeweils das Ende des vorangehenden Kapitels, wodurch sich die folgenden Versnummern verkleinern; umgekehrt bilden die Kapitelenden Ex 7,26–29, Lev 5,20–26, 1Chr 5,27–41, Neh 3,33–38, Ijob 40,25–32, Dan 3,31–33 und Mal 3,19–24 jeweils den Anfang des folgenden Kapitels, wodurch sich dort die Versnummern erhöhen.
  5. In ähnlicher Weise bildet das ganze Kapitel Joel 3 in der Vulgata das Ende von Kapitel 2. Dieser Text wird in der Apostelgeschichte zitiert (Apg 2,17–21 EU) und infolgedessen auch oft in christlicher Sekundärliteratur.
  6. Unter den deuterokanonischen Texten gibt es welche, die Zusätze zu den kanonischen Büchern Ester und Daniel bilden, z.B. 67 nach Dan 3,23 eingeschobene Verse, wodurch die Versnummern ab 24 sich auf den kanonischen Text oder den eingeschobenen deuterokanonischen beziehen können. Zitate solcher Texte werden aber gewöhnlich hinreichende Hinweise enthalten, wie sie gemeint sind.

Ältere katholische Übersetzungen haben wie die Vulgata die Abweichungen nach (1), (4) und (5), die Septuaginta (LXX) die nach (1) und einen kleinen Teil der nach (4). Bibeln aus dem orthodoxen Raum haben die meist die Abweichungen der LXX und einen Teil derer der Vulgata. Die Abweichungen (2), (4) und (5), aber nicht (1), sind typisch für die meisten protestantischen englischsprachigen Bibeln, insbesondere die King-James-Bibel; es gibt sie auch in anderssprachigen Bibeln, deren Übersetzer von dieser Tradition geprägt sind.

Siehe auch