Wer hat die schönsten Schäfchen

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Wer hat die schönsten Schäfchen ist ein Wiegenlied des deutschen Dichters August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Er verfasste es im Jahr 1830.[1] Gedruckt erschien es erstmals in Amadeus Wendts Musenalmanach 1832.[2]

Inhalt, Stoff- und Motivgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gedicht stellt den Mond bildhaft als Schäfer dar, dessen Herde die Sterne bilden. Der Text mündet in der Lehre an die Kinder, sich das friedliche Miteinander der Sterne zum Vorbild zu nehmen.

Hoffmann von Fallersleben greift mit dem Gedicht ein Motiv aus der Barocklyrik auf. Das Bild des Mondes als Himmelsschäfer und Sternenhirt geht auf den Kirchenlieddichter und Jesuiten Friedrich Spee zurück, der es schon Anfang des 17. Jahrhunderts in die Literatur einführte.[3][4] In der Romantik wurde das Motiv mehrfach aufgenommen.[5] Clemens Brentano, der eines von Spees Gedichten mit dieser Motivik in Des Knaben Wunderhorn aufnahm,[6] hatte das Motiv mehrfach aufgegriffen,[7] am deutlichsten in seinem Märchen von dem Myrtenfräulein.[8]

Das Lied[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Druck in: Lionel von Donop (Hrsg.): Hoffmann von Fallersleben. Kinderlieder. 2. Auflage. Grote, Berlin 1878

Wer hat die schönsten Schäfchen?
Die hat der goldne Mond,
Der hinter unsern Bäumen
Am Himmel drüben wohnt.

Er kommt am späten Abend,
Wenn alles schlafen will,
Hervor aus seinem Hause
Zum Himmel leis’ und still.

Dann weidet er die Schäfchen
Auf seiner blauen Flur;
Denn all die weißen Sterne
Sind seine Schäfchen nur.

Sie thun sich nichts zu leide,
Hat eins das andre gern,
Und Schwestern sind und Brüder
Da droben Stern an Stern.

Und soll ich dir eins bringen,
So darfst du niemals schrei’n,
Mußt freundlich wie die Schäfchen
Und wie ihr Schäfer sein.[2]

In Fünfzig Kinderlieder (1843) findet sich eine abweichende fünfte Strophe:

Wenn ich gen Himmel schaue,
so fällt mir immer ein:
O lasst uns auch so freundlich
wie diese Schäfchen sein![9]

Vertonungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im 19. Jahrhundert wurde das Lied auf verschiedene Melodien gesungen. Carl von Winterfeld, ein Förderer Hoffmanns von Fallersleben, verfasste schon 1831 eine erste Vertonung,[1] die Hoffmann 1843 in seiner Sammlung Fünfzig Kinderlieder veröffentlichte.[9] Auch auf die Melodie des Volksliedes Der Tod von Basel („Als ich ein jung Geselle war“) wurde das Lied gesungen.[10][11] Vertonungen als Kunstlied schufen u. a. Wilhelm Baumgartner (op. 13,2; 1848), Otto Dresel (1849), Carl Reinecke (op. 37,7; 1853),[12][13] Friedrich Reichel (op. 6,2; 1874), Carl Götze (op. 182,5; 1886), Adolf Sandberger (op. 22,5), Othmar Schoeck (WoO 15; 1904–05) und Leo Blech (op. 28,2; 1925).[14]

Heute wird das Lied üblicherweise zu einer Melodie gesungen, die Johann Friedrich Reichardt bereits 1790 zu dem Lied In stillem, heiterm Glanze (Text von Caroline Rudolphi[15]) komponiert hatte.[16]

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Die hat der gold -- ne Mond,
der hin -- ter un -- sern Bäu -- men
am Him -- mel drü -- ben wohnt. }

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Hoffmann von Fallersleben: Unsere volksthümlichen Lieder. 2. Auflage. Engelmann, Leipzig 1859, S. 145 (Textarchiv – Internet Archive).
  2. a b Musenalmanach für das Jahr 1832 (Hrsg. Amadeus Wendt). Leipzig, S. 202 f. (Digitalisat).
  3. Friedrich Spee: Trutznachtigall. Halle a.d.S. 1936, S. 178–183 (online bei Zeno.org.); S. 227–234 (online bei Zeno.org.).
  4. Wolfgang Nowak: Versuch einer motivischen Analyse des Schäferhabits bei Friedrich von Spee. Dissertation, Berlin 1954, OCLC 632433673. Zitiert nach: Gerhard Schaub: Die Spee-Rezeption Clemens Brentanos. In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch 13 (1972), S. 151–180.
  5. Dieter Martin: Barock um 1800. Klostermann, Frankfurt am Main 2000, ISBN 3-465-03039-7, S. 483–496.
  6. Achim von Arnim, Clemens Brentano (Hrsg.): Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Mohr und Zimmer, Heidelberg 1806, S. 283–289 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  7. Gerhard Schaub: Die Spee-Rezeption Clemens Brentanos. In: Literaturwissenschaftliches Jahrbuch 13 (1972), S. 151–180, hier S. 175 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Clemens Brentano: Das Märchen von dem Myrtenfräulein im Projekt Gutenberg-DE
  9. a b August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Ernst Heinrich Leopold Richter: Funfzig Kinderlieder. Mayer u. Wigand, Leipzig 1843, S. 27 (Digitalisat).
  10. Theo Mang, Sunhilt Mang (Hrsg.): Der Liederquell. Noetzel, Wilhelmshaven 2007, ISBN 978-3-7959-0850-8, S. 702 f.
  11. Franz Magnus Böhme: Volksthümliche Lieder der Deutschen im 18. und 19. Jahrhundert. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1895, S. 473 (Textarchiv – Internet Archive).
  12. Carl Reinecke: 8 Kinderlieder, Op. 37: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
  13. Carl Reinecke: Jungbrunnen. Sammlung der schönsten Kinderlieder mit Clavierbegleitung. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1876, S. 4 f. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  14. Wer hat die schönsten Schäfchen? bei The LiederNet Archive, abgerufen am 7. März 2019
  15. Karoline Christiane Louise Rudolphi: Gedichte. Zweite Sammlung. Braunschweig 1787, S. 72–74 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  16. Victorie Gervinus: Naturgemässe Ausbildung in Gesang und Klavierspiel. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1892, S. 132 u. 177 (Textarchiv – Internet Archive)