Zehntner

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Der Zehntner (auch Zehentner, Zehendner oder Zehentherr; lat. exactor canonis metallici)[1] war in den Bergbauregionen und Bergbaustädten der Finanzbeamte des Landesherrn.[2] Seine Aufgabe war es, die Steuern, den landesherrlichen Zehnt, zu kassieren und zu verrechnen.[3] Im österreichischen Bergbau gab es anstatt des Zehntners den Frohnwäger, der mit ähnlichen Aufgaben betraut war.[4]

Grundlagen

Dem Landesherrn standen aufgrund des Bergrechts zehn Prozent des geförderten Erzes zu.[5] Dieses wurde anfänglich tatsächlich als Erz vom Schichtmeister dem Zehntner übergeben. Der Schichtmeister übergab dem Zehnter das ausgeschmolzene Metall, dieser zog von dem Erlös die Abgaben an den Landesherrn ab und teilte anschließend die eventuell vorhandene Ausbeute an die Gewerken aus.[6] Diese unpraktische Handhabung wurde allerdings schnell in einen Geldwert umgewandelt.[7] Die Gewerken, deren Bergwerke zu wenig Erz förderten und dadurch unter hohen Kosten litten, mussten statt des Zehnten, nach der jeweilig in Anrechnung gebrachten Bestimmung des Landesherren, den Vierzehnten, Sechzehnten oder auch nur den Zwanzigsten zahlen. Es gab – je nach Revier – auch weitere Varianten.[8]

Voraussetzungen und Amtsausübung

Die Stellung des Zehntners war eine vertrauensvolle Position, denn sie sorgten dafür, dass die Steuern den Gesetzen entsprechend eingenommen wurden und Betrug sowie Steuerhinterziehung unterbunden wurde. Sie entschieden auch weitestgehend über die Verwendung des Zehnten. Deshalb wurden nur ehrliche Männer eingesetzt, die das Vertrauen des Landesherrn genossen.

Der Zehntner war direkt am Bergamt ansässig und hatte stets die Möglichkeit, Einblick in das Buch des Gegenschreibers zu nehmen. Bei Bedarf konnte er das Gegenbuch mit den Büchern des Rezessschreibers und des Hüttenschreibers vergleichen. Dadurch hatte er immer einen Überblick über die Gewinne und Verluste der Bergwerke sowie über die Ausbeute der Schmelzhütten. Deshalb musste der Zehntner gute Kenntnisse vom Rechnungswesen haben.

In einigen Bergbauregionen war das Amt des Zehntners so wichtig, dass es zeitweise mehrere Zehntner mit unterschiedlichen Aufgaben gab. In der Bergstadt Annaberg gab es im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts einen Oberzehntner, der mit erweiterten Aufgaben und Befugnissen ausgestattet war. Die Oberzehntner waren vom Oberbergamt zur Aufsicht über die Tätigkeit der einzelnen Bergmeister bestellt. Dem Oberzehntner waren die Zinnzehntner, auch Unterzehntner genannt, unterstellt.[9]

Literatur

  • Magazin der Bergbaukunde. Erster Teil, Walterische Hofbuchhandlung, Dresden 1785
  • Hermann Brassert: Berg-Ordnungen der Preussischen Lande. F.C. Eisen's Königliche Hof-Buch- und Kunsthandlung, Köln 1858

Einzelnachweise

  1. Johann Christoph Stößel (Hrsg): Bergmännisches Wörterbuch. Chemnitz 1778.
  2. Moritz Ferdinand Gätzschmann: Sammlung bergmännischer Ausdrücke. Verlag Craz & Gerlach, Freiberg 1859.
  3. Christian Heinrich Gottlieb Hake: Commentar über das Bergrecht. Kommerzienrath J.E. v. Seidel Kunst und Buchhandlung, Sulzbach 1823.
  4. Carl von Scheuchenstuel: IDIOTICON der österreichischen Berg- und Hüttensprache. k. k. Hofbuchhändler Wilhelm Braumüller, Wien 1856
  5. Carl Friedrich Gottlob Freiesleben, Friedrich Bülau: Darstellung der Grundlagen der sächsischen Bergwerksverfassung. Verlag von Otto Wigand, Leipzig 1837, S. 27, 151.
  6. Johann Christian Fabricius: Anfangsgründe der öconomischen Wissenschaften zum Gebrauch academischer Vorlesungen. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage, bey C. G. Prost, Kopenhagen 1783, S. 195.
  7. Hubert Ermisch: Das sächsische Bergrecht des Mittelalters. Giesecke & Devrient, Leipzig 1887.
  8. Carl Hartmann (Hrsg): Handwörterbuch der Mineralogie, Berg-, Hütten- und Salzwerkskunde. Zweite Abtheilung L-Z, Gedruckt und verlegt bei Bernhard Friedrich Voigt, Ilmenau 1825, S. 817-818.
  9. Hermann Breithaupt, August Breithaupt: Die Bergstadt Freiberg im Königreich Sachsen, in Hinsicht auf Geschichte, Statistik, Cultur und Gewerbe, besonders auf Bergbau und Hüttenwesen. Zweite Auflage, bei Craz und Gerlach, Freiberg 1847, S. 96.