Überabtastung

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In der digitalen Signalverarbeitung spricht man von Überabtastung oder englisch Oversampling [oʊvɚˈsæmplɪŋ], wenn ein Signal mit einer höheren Abtastrate bearbeitet wird, als für die Darstellung der Signalbandbreite benötigt wird.

Eine Überabtastung eines Signals kann applikative Vorteile haben. Einige dieser Applikationen sind Digital-Analog-Umsetzung, Analog-Digital-Umsetzung, SC-Filter

Nutzung von Überabtastung beim Digital-Analog-Umsetzen

Oversampling mit fs um im genutzten gelben Frequenzbereich das SNR zu verbessern

Überabtastung wird bei der Digital-Analog-Umsetzung genutzt, um

  • Frequenzen oberhalb der halben Zielabtastfrequenz zu entfernen,
    • um Übersteuerungen nachfolgender Verarbeitungsstufen durch Störsignale zu vermeiden,
    • um Störsignale durch Intermodulation dieser außerhalb des Übertragungsbandes liegenden Störsignale zu vermeiden, die bei schmalbandigen Signalen (beispielsweise Telefonen) hörbare nichtharmonische Verzerrungen darstellen,
  • den Signal-Rausch-Abstand (SNR) und die Linearität von Digital-Analog-Umsetzern zu verbessern. Diese Eigenschaft ist bei Sigma-Delta-Wandlern notwendig und wird auch als Rauschformung (englisch Noise Shaping) bezeichnet. In nebenstehender Darstellung ist die Rauschformung für verschiedene Sigma-Delta-Wandler mit Ordnung 1 bis 3 skizziert. Dabei wird durch die Überabtastung, welche durch den hellblauen Balken bis zur Frequenz fs dargestellt ist, im gelb eingezeichneten Nutzfrequenzbereich der Signal-Rauschabstand verbessert und das Rauschen in höhere Frequenzanteile verschoben. Diese oberen Frequenzbereiche mit verstärkten Rauschen können in Folge, da sie keine Information tragen, durch einen anschließenden Tiefpassfilter ausgefiltert werden und die Überabtastung durch eine Abtastratenkonvertierung auf f0

Die Überabtastung geschieht durch eine Abtastratenkonvertierung von der gegebenen Quellabtastfrequenz auf die gewünschte Zielabtastfrequenz, die meistens frei wählbar ist und geeignet gewählt werden kann. Üblicherweise wird auf ein Vielfaches der Quellabtastfrequenz hochgerechnet, wobei der Faktor meistens eine Zweierpotenz ist.

Bekannt wurde die Überabtastung im digitalen Bereich durch die Oversampling-Angabe bei den frühen CD-Spielern. Die Angabe war ein Verkaufsargument, das später seine Bedeutung verlor. Technisch wird dabei die Überabtastung nach der Lesefehlerkorrektur und vor dem Digitalfilter in den Datenstrom digitaler Audiodaten eingefügt, indem die ankommenden Datensätze um den Oversampling-Faktor vervielfältigt werden, bevor sie dem Digitalfilter zur Berechnung dienen. Der um den Faktor größer und schneller ausgelegte Digitalfilter, erzeugt eine um den Faktor erhöhte Anzahl Berechnungsergebnisse, die um den Faktor schneller zum angepassten Digital-Analog-Umsetzer gesendet, dort umgesetzt und an einen unaufwendigen Analogfilter ausgegeben werden. Neuere Entwicklungen kombinieren zum Überabtastungsfilter eine Upsampling-Schaltung, durch die noch einfachere Analogfilter möglich sind.

Nutzung von Überabtastung beim Analog-Digital-Umsetzern

Überabtastung wird bei der Analog-Digital-Umsetzung genutzt, um

  • Frequenzen oberhalb der halben Zielabtastfrequenz zu entfernen (teilweise Verlagerung der Filterung vom Analog- in den (einfacher zu handhabenden) Digital-Bereich)
    • um irreparable Aliasingfehler im Zielsignal zu vermeiden
  • Den Signal-Rauschabstand und die Linearität von Analog-Digital-Umsetzern zu verbessern
    • Diese Eigenschaft ist bei Sigma-Delta-Umsetzern notwendig

In der Praxis wird ein Signal, das eine Nutzbandbreite von mit typischerweise hat, mit statt mit abgetastet. Das notwendige analoge Antialiasing-Filter hat dann statt einem Übergangsbereich von den größeren Übergangsbereich von , was sich wesentlich einfacher realisieren lässt.

Eingangs-Audiosignal mit 1,76 kHz (rote Linie) wird mittels Pulsdichtemodulation zu einem 1-Bit Datenstrom digitalisiert (Kästchen, blau=1, weiß=0) unter Anwendung der Zielabtastfrequenz 176,4 kHz, entsprechend der Quellabtastfrequenz 44,1 kHz mit 4-facher Überabtastung.

Die Überabtastung geschieht durch eine Abtastratenkonvertierung von der meistens frei wählbaren Quellabtastfrequenz auf die gewünschte Zielabtastfrequenz. Dieses geschieht durch eine Tiefpassfilterung mit anschließender Dezimierung der Abtaststellen.

Praxis

In der Praxis werden beim Oversampling ganzzahlige Frequenzverhältnisse, vorzugsweise Zweierpotenzen verwendet. Das reduziert den Rechenaufwand. Bei Oversampling höherer Ordnung wird häufig die notwendige Abtastratenkonvertierung mehrstufig durchgeführt.

Höhere Abtastraten werden hierbei dadurch erreicht, dass im Frequenzbereich die Summen- und Differenzbänder bei ungeradzahligen Vielfachen der Abtastfrequenz entfernt werden. Dadurch treten im Zeitbereich doppelt so viele Abtastwerte auf, die Abtastrate ist also verdoppelt. Dieses Verfahren nennt man Zweifach-Oversampling. Bei Vierfach-Oversampling werden die Summen- und Differenzbänder auch bei geradzahligen Vielfachen, außer bei 4*n, der Abtastfrequenz entfernt.

Entsprechend der Bedingung des Nyquist-Shannon-Abtasttheorems muss die Abtastrate über dem Doppelten der höchsten vorkommenden Signalfrequenz liegen, um eine fehlerfreie Rekonstruktion zu erlauben. Das Theorem setzt ideale Antialias- und Rekonstruktionsfilter voraus.

In der Praxis sind hierzu Filter nötig, die eine hohe Flankensteilheit und eine hohe Dämpfung haben (z. B. muss bei einem CD-Player das Filter zwischen 20 kHz und 22,05 kHz um ca. 100 dB fallen). Mit analoger Technik sind Filter mit solchen Anforderungen technisch äußerst aufwendig und teuer. Oversampling erlaubt es hingegen, die Filterung vom analogen in den digitalen Bereich zu verschieben. Die Filterung erfolgt mit einem Digitalfilter, am Ausgang ist dann nur noch ein sehr einfaches analoges Filter notwendig.

Oversampling führt nicht zu höheren Datenraten und höherem Speicherplatzverbrauch. Dieses Verfahren findet beim Auslesen und nicht beim Schreiben von Daten Anwendung. Ein Nebeneffekt ist, dass durch Oversampling der Störabstand, beispielsweise bei CD-Wiedergabe, verbessert wird. Die Rauschleistung wird durch Überabtastung gleichmäßig auf ein größeres Frequenzintervall verteilt.

Hinweis

Häufig wird Antialiasing auch falsch als Oversampling bezeichnet.

Literatur

  • Dieter Stotz: Computergestützte Audio- und Videotechnik. 2. Auflage. Springer Verlag 2011, ISBN 978-3-642-23252-7

Siehe auch

Weblinks